Schlagwort-Archiv Arbeitsvertrag

VonRA Moegelin

Ablösung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nach Betriebsübergang

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tango-arrows-blueDer Übergang eines Betriebes mit der Folge, dass ein neuer Arbeitgeber zur Partei des Arbeitsvertrages wird, ist in § 613a BGB geregelt. Durch diese Norm wird das Recht des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes in besonderer Weise geschützt. Das LAG Berlin-Brb hatte zu entscheiden, ob das auch für eine arbeitsvertraglich vereinbarte unbedingte Bezugnahme auf einen Tarifvertrag gilt.

Dem liegt der Fall eines nichttarifgebundenen Arbeitnehmers zugrunde. Er wurde von dem Rechtsvorgänger der Arbeitgeberin als Krankenpfleger eingestellt. In dem Arbeitsvertrag vom 05.08.2002 wurde auf den BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis ging im Jahr 2006 vom Land Brandenburg auf die beklagte Arbeitgeberin über, einer privaten Krankenhausbetreiberin, die im Jahr 2013 mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di mehrere Haustarifverträge abschloss und sie auf das Arbeitsverhältnis anwendete. Die Arbeitgeberin weigerte sich, die für den öffentlichen Dienst vereinbarten Gehaltserhöhungen an den Kläger zu zahlen.

Eine arbeitsvertraglich vereinbarte unbedingte Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung bindet im Falle eines Betriebsübergangs nach § 613 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Betriebserwerber. Ihre Wirkung wird nicht durch den Abschluss von Haustarifverträgen, die nicht kraft Tarifbindung oder einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, beseitigt. Dem steht das Unionsrecht nicht entgegen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.12.2014 – 24 Sa 1126/14)

Das Landesarbeitsgericht gab damit dem Arbeitnehmer Recht, wonach die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes weiterhin in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Das Arbeitsverhältnis sei nicht auf der Grundlage der Haustarifverträge durchzuführen, weil diese weder einzelvertraglich vereinbart worden seien noch kraft Tarifbindung gölten. Eine Ablösung der in Bezug genommenen Tarifverträge sei wegen der fehlenden Tarifbindung des Arbeitnehmers auch nicht infolge des Betriebsübergangs (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB) erfolgt. Die zeitdynamische Weitergeltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes widerspreche nicht dem Unionsrecht und der Entscheidung des EuGH vom 08.07.2013 (- C-426/11 – Alemo-Herron). Der von der Richtlinie 2001/23/EG geforderte Schutz der Erwerberinteressen und die in der Grundrechtecharta garantierte Unternehmerfreiheit geböten es nicht, eine Bindung des Betriebserwerbers an die arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge auszuschließen, solange das nationale Recht eine Anpassung des Vertrages durch einvernehmliche Änderung oder Änderungskündigung ermögliche. Ein anderes Verständnis der genannten Entscheidung des EuGH sei aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

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VonRA Moegelin

Anspruch auf Erholungsurlaub trotz unbezahltem Sonderurlaub

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07-Juli-goin-on-a-summer-holidayIm hier zugrunde liegenden Fall hatte das BAG über die Abgeltung von 15 Tagen gesetzlichen Urlaub aus dem Jahr 2011 von 1.846 € zu entscheiden. Die Klägerin war bei der beklagten Universitätsklinik seit August 2002 als Krankenschwester beschäftigt. Vom 1. Januar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. September 2011 hatte sie unbezahlten Sonderurlaub und verlangte danach die Urlaubsabgeltung. Die Beklagte meint, sie sei befugt, die Abgeltung wegen eines von den Parteien vereinbarten Sonderurlaubs, in der das Arbeitsverhältnis nach ihrer Ansicht ruhte, zu kürzen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage der Krankenschwester abgewiesen. Auf ihre Berufung hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Arbeitgebers hat das BAG zurückgewiesen.

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien unbezahlten Sonderurlaub, hindert die Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht das Entstehen gesetzlicher Urlaubsansprüche (BAG, Urteil vom 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12).

Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der Urlaubsanspruch nach den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG steht nach der Rechtsprechung nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat, so dass auch dann Urlaubsansprüche entstehen, wenn das Arbeitsverhältnis ruht und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses darauf zurückzuführen ist, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen seine Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht erfüllen kann. Dabei kommt es nach Ansicht des BAG nicht darauf an, dass das Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Antrags der Klägerin vereinbart wurde.

Allerdings sehen spezialgesetzliche Regelungen für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG) oder Wehrdienst (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG) vor. Eine Kürzungsregelung beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG) findet sich dagegen nicht. Hier ist es aber zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien gekommen. Dies hinderte im einschlägigen Fall weder das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs noch war der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs berechtigt, z.B. wegen Pflegezeit.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12

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VonRA Moegelin

Entgelterhöhung bei Altersteilzeit in der Charité

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pitr-Medicine-iconDie Parteien eines Arbeitsvertrages haben in einem Zeitraum über 6 Jahre von 2007 bis 2013 eine dreijährige Arbeitsphase und eine dreijährige Freistellungsphase vereinbart. Die Parteien streiten nun darüber, ob die Arbeitnehmerin Anspruch auf hälftige Gewährung einer tariflichen Einmalzahlung hat. Es hat zur Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis in 2011 bestand. In dieser Zeit befand sich die Klägerin in der Freistellungsphase.

Im maßgeblichen § 9 Abs. 1 Satz 1 ETV-Charité heißt es: „Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis am 1. Juni 2011 bestanden hat, haben Anspruch auf eine mit der Entgeltzahlung für Juni 2011 fällige Einmalzahlung in Höhe von 300,00 Euro. Die Einmalzahlung deckt den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011 ab.“

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision des beklagten Arbeitgebers hat das Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Ein Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befindet, hat Anspruch auf Teilzeitvergütung in einem sogenannten Blockmodell (BAG, Urteil vom 22. Juli 2014 – 9 AZR 946/12).

§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 ETV-Charité begründet auch für Teilzeitbeschäftigte und damit ebenso für Arbeitnehmer in Altersteilzeit einen Anspruch auf die Einmalzahlung, die nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ETV-Charité den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2011 abdeckt.

Hat ein Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell (hier: 3 Jahre Arbeit + 3 Jahre Freistellung) während der Freistellungsphase Anspruch auf die durch seine Vorarbeit in der Arbeitsphase erworbenen Entgeltansprüche, hindert dies eine Erhöhung des Entgelts in der Freistellungsphase demach nicht.  Begründet wird das mit der Vorleistung des Arbeitnehmers während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase, wodurch er sich Entgelte erarbeitet, die nicht im Monat der Arbeitsphase ausgezahlt, sondern für die spätere Freistellungsphase zeitversetzt angespart würden. Die Vorleistungen führten zu einem Zeitguthaben. Kommt es –wie hier- zu Lohnerhöhungen, ist zumindest das auszuzahlen, was der Altersteilzeitarbeitnehmer erarbeitet hat und zwar hier die Hälfte der tariflichen Einzahlung.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 22. Juli 2014 – 9 AZR 946/12

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VonRA Moegelin

Übergang des Arbeitsverhältnisses eines Hausverwalters

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housekeeper_portrait_png_2013_04_21_19_50_43_0Das BAG hat zur Frage des Betriebsübergangs im einschlägigen Fall gut verständlich es wie folgt auf den Punkt gebracht: „Was immer die KG gemacht hat, die Beklagte macht dies nicht.“ Der Kläger war bei einer Kommanditgesellschaft (KG) als technisch-kaufmännischer Sachbearbeiter beschäftigt. Einziges Betätigungsfeld der KG war die Verwaltung eines ihr gehörenden Büro- und Geschäftshauses in Magdeburg. Die beklagte Stadt Magdeburg war Hauptmieterin des Gebäudes. Im Jahr 2010 erwarb sie diese Immobilie, welche den einzigen Grundbesitz der A. KG darstellte. Nach dieser Grundstücksveräußerung wurde die A. KG liquidiert. Der Kläger macht geltend, sein Arbeitsverhältnis sei im Wege eines Betriebsübergangs auf die Stadt Magdeburg übergegangen. Der Klage auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit dieser fortbesteht, hat das Arbeitsgericht stattgegeben. Die Berufung der beklagten Stadt hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.

In den ersten beiden Instanzen wurde der Klage auf Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Stadt Magdeburg fortbesteht, stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Das von einer Hausverwaltung betreute Grundstück stellt kein Betriebsmittel dar, sondern ist das Objekt der Verwaltungstätigkeit. Die Arbeitsverhältnisse der mit der Grundstücksverwaltung betrauten Arbeitnehmer der Hausverwaltungsgesellschaft gehen deshalb nicht auf den Erwerber der verwalteten Immobilie über (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. November 2012 – 8 AZR 683/11).

Das BAG führt aus, dass bei einer Hausverwaltung bei wertender Betrachtungsweise das Grundstück nicht den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs dar stellt. Es ist kein Betriebsmittel der Hausverwaltung, sondern Objekt der Verwaltung. Betriebsmittel sind vielmehr die für die kaufmännische Sachbearbeitertätigkeit notwendigen Mittel wie Büro, EDV-Ausstattung sowie die im Rahmen der technischen Sachbearbeitung erforderlichen Arbeitsgeräte.

Betriebszweck der KG sei einzig die Verwaltung der in ihrem Eigentum stehenden Immobilie in Magdeburg. Sie war demnach ein Dienstleistungsbetrieb. Diesen habe die beklagte Stadt Magdeburg nicht dadurch übernommen, dass sie lediglich das von der KG verwaltete Grundstück erworben hat. Gegen das Vorliegen eines Betriebsübergangs spreche des Weiteren, dass der Betriebszweck nicht gleich geblieben sei. Die Beklagte nutzt die Immobilie weit überwiegend als Eigentümerin selbst. Die von der KG (auch) betriebene gewerbliche Hausverwaltung, die auf eine vermietete Immobilie bezogen war, unterscheidet sich von einer Verwaltung, die eine vom Eigentümer selbst genutzte Immobilie zum Gegenstand hat. Mit anderen Worten: „Was immer die KG gemacht hat, die Beklagte macht dies nicht.“

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 15. November 2012 – 8 AZR 683/11

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VonRA Moegelin

Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch ehrenamtliche Tätigkeit

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1415896117Das Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen durch die Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeit ein Arbeitsverhältnis begründet werden kann.

Der Beklagte ist Träger einer örtlichen Telefonseelsorge. Zu diesem Zweck unterhält er Räumlichkeiten, in denen ein hauptamtlicher und rund fünfzig ehrenamtliche Mitarbeiter den Seelsorgedienst verrichten. Nach der Dienstordnung für die ehrenamtlichen Kräfte wird deren regelmäßige Beteiligung erwartet. Jeweils im Vormonat legt der Beklagte Dienstpläne für den Folgemonat aus, in die sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter eintragen. Die Klägerin war auf der Grundlage von schriftlichen „Beauftragungen“ seit dem 26. April 2002 als ehrenamtliche Telefonseelsorgerin unentgeltlich im Umfang von zehn Stunden im Monat für den Beklagten tätig. Die Klägerin erhielt lediglich einen Unkostenersatz von 30,00 Euro monatlich. Am 22. Januar 2010 wurde die Klägerin mündlich von ihrem Dienst entbunden.

Die von der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage blieb in allen Instanzen erfolglos. Ihre Revision wurde vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Durch die Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeit wird kein Arbeitsverhältnis begründet. Jedoch darf – wie die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten – auch die Beauftragung zu ehrenamtlicher Tätigkeit nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen im Sinne von §§ 134, 138 BGB führen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. August 2012 – 10 AZR 499/11).

Zwischen den Parteien bestand nach den richterlichen Feststellungen kein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin unterlag keinem arbeitsrechtlichen Direktionsrecht. Der Beklagte ordnete den Einsatz der Klägerin nicht an. Die Klägerin erhielt vom Beklagten keine Weisung, zu bestimmten Zeiten Telefondienst zu leisten. Sie war auch frei zu entscheiden, ob sie sich überhaupt in die Dienstpläne eintragen wollte. Allerdings wurde von ihr erwartet, dass sie im Monat zehn Stunden zum Telefondienst bereit stand. Ferner war sie an Weisungen des Beklagten gebunden, was die inhaltliche Gestaltung ihrer Beratungsaufgabe betrifft. Diese Umstände erachtete das BAG aber nicht als Ausdruck eines von dem Beklagten in Anspruch genommenen arbeitsvertraglichen Direktionsrechts, sondern hielten sich in den für den Auftrag typischen, auf die Erledigung des jeweiligen Auftrags bezogenen Grenzen des Weisungsrechts nach § 665 BGB. Den Inhalt ihrer Telefongespräche hatte allein die Klägerin zu verantworten.

Die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit von Dienstleistungen ist – bis zur Grenze des Missbrauchs – rechtlich zulässig, wenn eine Vergütung, wie bei ehrenamtlicher Tätigkeit, nicht zu erwarten ist. Die Ausübung von Ehrenämtern dient nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz. Sie ist Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls und den Sorgen und Nöten anderer Menschen. In diesem Sinne regelt § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, dass Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, nicht als Arbeitnehmer gelten. Es spricht nichts für einen Missbrauchs. Denn den karitativen und unentgeltlichen Charakter ihrer Tätigkeit zieht die Klägerin selbst nicht in Zweifel. Ihre Tätigkeit hat sie nicht in der Erwartung einer Gegenleistung erbracht.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 29. August 2012 – 10 AZR 499/11

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VonRA Moegelin

Außerordentliche Änderungskündigung zur Herabgruppierung eines Croupiers

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chipsDer Betreiber eines Spielcasinos erteilten einem seiner Croupiers die außerordentliche Änderungskündigung, der zu diesem Zeitpunkt ausgeschiedenes Ersatzmitglied des Betriebsrats war. Auslöser der Kündigung war die ärztlich attestierte Befreiung vom Einsatz im Poker-Spiel. Aufgrund eines Haustarifvertrages war der Croupier in der Tarifstufe I eingruppiert, in der ein Croupier alle Spiele wahrnimmt. Daraufhin kündigte das Casino außerordentlich mit Auslauffrist, verbunden mit dem Angebot, den Kläger mit dem Aufgabengebiet und der Vergütung eines Croupiers der niedrigerenTarifstufe III weiter zu beschäftigen. Der Coupier nahm das Angebot unter Vorbehalt an und erhob gleichzeitig Klage.

Die Croupierstufen sind wie folgt ausgestaltet:

„Croupier I + II: arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.          Croupier III – X: arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.“

Die Vorinstanzen haben die Klage des Croupiers abgewiesen. Auf seine Revision hat aber das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Kündigungsschutzklage stattgegeben.

Ist das Arbeitsverhältnis nur aus wichtigem Grund kündbar, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig zuzumuten, eine krankheitsbedingte Leistungsminderung des Arbeitnehmers durch entsprechende Maßnahmen, etwa eine dies berücksichtigende Aufgabenverteilung, auszugleichen (BAG, Urteil vom 20. März 2014 – 2 AZR 825/12).

Die (Änderungs-)Kündigung des Klägers in seiner Eigenschaft als ausgeschiedenes Ersatz-Betriebsratsmitglieds nach Beendigung seiner Vertretungstätigkeit konnte gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur außerordentlich erfolgen. Innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden ist die Kündigung nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Voraussetzung ist damit das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Erforderlich ist, dass die krankheitsbedingte Einschränkung der Einsetzbarkeit des Klägers seine Umgruppierung und Rückstufung in die Croupierstufe III rechtfertigt.

Die beim Croupier festgestellte krankheitsbedingte Leistungsminderung kann einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen, z.B. -wie hier- bei einem Ausschluss der ordentlichen Kündigung. Schon an eine ordentliche Kündigung wegen krankheitsbedingter Einschränkungen des Arbeitnehmers ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Anforderungen an die Wirksamkeit einer auf Krankheit gestützten außerordentlichen Kündigung gehen darüber noch hinaus. Es bedarf eines gravierenden Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Schon eine ordentliche Kündigung wegen einer Leistungsminderung setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die verbliebene Arbeitsleistung die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung des Arbeitgebers in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar ist. Für die außerordentliche Kündigung gilt dies in noch höherem Maße.

Der Kläger war zwar nicht mehr am Pokertisch einsetzbar. An den übrigen Tischen und Spielen gab es jedoch genügend Aufgaben, um ihn vollschichtig zu beschäftigen. Der Umstand, dass die Planungs- und Organisationshoheit insofern eingeschränkt ist und infolge der Befreiung des Klägers andere Mitarbeiter vermehrt beim Poker-Spiel eingesetzt werden müssen, stellt für sich betrachtet nicht einmal im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Belange dar.

Ein wichtiger Grund folgt auch nicht aus der angestrebten tarifgerechten Eingruppierung.

Anfangs erfüllte der Kläger die Anforderung an die Tarifgruppe I. Ein Fall irrtümlich zu hoher Eingruppierung lag daher nicht vor. Der Umstand, dass ein Einsatz des Klägers beim Poker-Spiel nachträglich aus gesundheitlichen Gründen entfiel, machte es der Beklagten nicht unzumutbar, ihn weiter als Croupier der Tarifstufe I zu beschäftigen und zu vergüten. Für eine Rückstufung ist selbst dann kein wichtiger Grund gegeben, wenn der Kläger wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen die tarifvertraglichen Anforderungen für die erstmalige Übertragung einer Stelle der Tarifstufe I / II nicht mehr erfüllen sollte. Es ist nicht ersichtlich, dass die tatsächliche Arbeitsleistung des Klägers die von einem Croupier I zu erwartende Leistung in einem Maße unterschritte, das der Beklagten ein Festhalten an dem bestehenden Arbeitsvertrag unzumutbar machen würde.

Dem beklagten Arbeitgeber war es nach den zuvor dargestellten Wertungen des BAG zuzumuten, die krankheitsbedingte Leistungsminderung seines Croupiers durch entsprechende Maßnahmen auszugleichen, z.B. durch Einsetzen an einem anderen Spieltisch.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 20. März 2014 – 2 AZR 825/12

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