Schlagwort-Archiv Arbeitsvertrag

VonRA Moegelin

Bestimmtheit einer Arbeitnehmer-Kündigung durch Insolvenzverwalter

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Vulture_Eine Industriekauffrau, deren inzwischen insolventer Arbeitgeber Teppiche vertrieb, erhielt die Kündigung vom Insolvenzverwalter.

Im Kündigungsschreiben ist unter anderem wie folgt formuliert:

„…Als Insolvenzverwalter spreche ich hiermit die ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus….Wenn das Arbeitsverhältnis keine 2 Jahre bestanden hat, wirkt die Kündigung mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats. Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 2 Jahren endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 5 Jahren mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats….“

Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision des Insolvenzverwalters hatte Erfolg. Die Kündigungserklärung genügt dem Bestimmtheitsgebot und beendete somit das Arbeitsverhältnis.

Eine Kündigung ist bestimmt und unmissverständlich zu erklären. Der Empfänger einer ordentlichen Kündigung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Dafür genügt bei einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgebliche gesetzliche Regelung reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11).

Die Kündigung des Arbeitsvertrages hat den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes zu entsprechen. Dabei ist nicht nur auf ihren Wortlaut abzustellen, sondern es sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte, zu würdigen. Es muss erkennbar sein, wann das Arbeitsverhältnis sein Ende finden soll. Ausreichend ist schon die Formulierung „zum nächst möglichen Zeitpunkt“, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen Regelungen (tariflich) oder (gesetzlich: § 622 BGB) reicht aus, wenn sich der Beendigungstermin leicht herleiten lässt. Davon kann der Arbeitgeber Regel ausgehen, konkret, dass der Arbeitnehmer seine Betriebszugehörigkeit kennt und in der Lage ist, die einschlägigen Rechtsvorschriften selbst zu ermitteln

Eine Kündigung ist allerdings dann  nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll. Der Grund der Kündigung muss im Kündigungsschreiben nicht genannt werden. Soweit die Kündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen wurde, ist erst in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess der Grund vom Arbeitgeber anzugeben, soweit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11

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VonRA Moegelin

Forderung eines ausgeliehenen Arbeitnehmers auf Urlaubsentgelt – BAG 9 AZR 510/09

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Architetto_--_Carpentiere_3Die Klage eines Leiharbeitnehmers gegen seinen Verleiher wegen der Nichtzahlung von Urlaubsentgelt wurde in den ersten beiden Instanzen abgewiesen. Zu Unrecht, wie das Bundesarbeitsgericht meinte. Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war bei der Beklagten, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer überlässt, bis Januar 2007 als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag (MTV BZA) Anwendung. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 MTV BZA hat der Leiharbeitnehmer während des Urlaubs Anspruch auf das tarifliche Entgelt sowie auf die tariflichen Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit. Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien darüber hinaus eine Zulage in Höhe von 6,96 Euro für den Einsatz bei der A. (Entleiherzulage) sowie 0,81 Euro Schicht-Nachtarbeitspauschale. Diese Vergütungsbestandteile zahlte die Beklagte weder während des Urlaubs noch im Rahmen der Urlaubsabgeltung. Der Kläger verlangt deshalb eine weitere Zahlung in Höhe von 936,06 Euro brutto. Dem hat das BAG entgegen der Auffassung der Vorinstanzen stattgegeben und die Sache zur weiteren Tatsachenfeststellung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Während des Urlaubs hat der Arbeitgeber den Arbeitsverdienst weiter zu zahlen. Dieser berechnet sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat (Referenzzeitraum) (BAG, Urteil vom 21. September 2010 – 9 AZR 510/09).

§ 13 Abs. 3 Satz 1 MTV BZA schließt den Anspruch auf Weiterzahlung der übertariflichen Vergütungsbestandteile während des Urlaubs nach Ansicht des BAG nicht aus. Er regelt ausschließlich die urlaubsrechtliche Behandlung der tariflichen Ansprüche und weicht nicht von § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ab. Der Senat hat nicht abschließend entscheiden können. Es fehlen Feststellungen zur durchschnittlich verdienten Schicht-Nachtarbeitspauschale in den maßgeblichen Referenzzeiträumen. Der Neunte Senat hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 21. September 2010 – 9 AZR 510/09

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VonRA Moegelin

Schadensersatz wegen falscher Arbeitgeberauskunft – BAG 9 AZR 184/09

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UnbenanntDer Arbeitgeber hat gegenüber seinen Arbeitnehmern die vertragliche Nebenpflicht, keine falschen Auskünfte zu erteilen. Entsteht dem Arbeitnehmer durch eine schuldhaft erteilte unrichtige Auskunft ein Schaden, kann der Arbeitgeber zum Schadensersatz verpflichtet sein (BAG, Urteil vom 4. Mai 2010 – 9 AZR 184/09).

Das Urteil des BAG beruht auf folgendem Sachverhalt:

Der 1944 geborene Kläger war seit 1991 beim beklagten Land in der Bauverwaltung beschäftigt. Er wurde seit 1. Dezember 2001 nach der Vergütungsgruppe IIa – Fallgruppe 1b – Teil I der Anlage 1a zum BAT-O vergütet. Tariflich war ein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe Ib BAT-O nach sechsjähriger Bewährung möglich. Die Parteien schlossen am 20. Oktober 2003 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell beginnend mit dem 1. November 2003. Die sich an die Arbeitsphase anschließende Freistellungsphase sollte vom 17. Oktober 2006 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2009 laufen. Die sechsjährige Bewährungszeit wäre mit Ablauf des 30. November 2007 erreicht gewesen. Vor Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags hatte das beklagte Land dem Kläger auf dessen Frage ohne jeden Vorbehalt mitgeteilt, Altersteilzeitarbeit führe auch bei Blockmodellen für die Freistellungsphase nicht zur Verlängerung von Aufstiegszeiträumen. Dennoch verweigerte es dem Kläger den Bewährungsaufstieg zum 1. Dezember 2007.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision des beklagten Landes führte vor dem Neunten Senat zur Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Arbeitsgerichts. Während der Freistellungsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell wird die für den Bewährungsaufstieg nach § 23a BAT-O notwendige Bewährungszeit unterbrochen. Wer nicht arbeitet, kann sich nicht bewähren. Der Bewährungsaufstieg steht dem Kläger auch nicht als Schadensersatzanspruch zu. Zwar erteilte das beklagte Land eine unrichtige Rechtsauskunft. Der Kläger hat jedoch nicht ausreichend dargelegt, dass er ohne die Pflichtverletzung des beklagten Landes am Bewährungsaufstieg hätte teilnehmen können.

Das Urteil macht deutlich, wie wichtig der substantiierte und zudem rechtzeitige Sachvortrag ist. Häufig erfolgt der Vortrag  erst im Laufe des Verfahrens, hier gar erst in der dritten  Instanz. Das führt üblicherweise zur Nichtanerkennung des Vortrags wegen Verspätung. So meinte das BAG zur erstmals in der Revisionsinstanz aufgestellten Behauptung, der Kläger hätte von vornherein bei richtiger Auskunft die Altersteilzeitvereinbarung nicht im Blockmodell, sondern im alternativ angebotenen Teilzeitmodell abgeschlossen, wie folgt lapidar: Der Vortrag kann schon deswegen nicht berücksichtigt werden, weil dies als neuer Vortrag anzusehen ist.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 4. Mai 2010 – 9 AZR 184/09

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VonRA Moegelin

Wie im „Gottesstaat“ – weltfremdes inhumanes Kirchenrecht macht Kündigung zulässig

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UnbenanntDas BVerfG (2 BvR 661/12) hat nur unwesentlich strenger geurteilt als zuvor das BAG. In einer unsäglichen Weise ist der gekündigte Chefarzt vom BAG als „illoyal“ bezeichnet worden, da er zum zweiten Mal geheiratet hat. Es geht um die Tiefen des Kirchenrechts (Iuris Canonici), die das BAG als Maßstab genommen hat. Außer Acht gelassen hat das BAG die „christliche Nächstenliebe“, die im Arbeitsvertrag festgeschrieben war. Zweifelhaft ist, ob man überhaupt noch in unserer heutigen Zeit dem moralisch fragwürdigen Kirchenrecht so eine Bedeutung zumessen darf, wenn es um die existenzielle Frage geht, ob ein Arbeitnehmer seinen Job behalten darf oder nicht.

Zutreffend hat das Bundesarbeitsgericht die Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung für rechtswidrig erklärt (BAG, Urteil vom 8. September 2011 – 2 AZR 543/10). Nachdem das BVerfG das Urteil nun kassiert hat, ist unter Maßgabe des strenger als zuvor anzulegenden „kirchlichen Selbstverständnisses“ neu zu entscheiden.

Das vorausgegangene Urteil des BAG ist widersprüchlich und inkonsequent, soweit es um die Frage der Illoyalität des klagenden Arztes geht, die vom BAG bejaht wurde. Trotz des vermeintlich illoyalen Verhalten sei aber die Kündigung unverhältnismäßig gewesen. In zweifelhafter Weise meint das BAG, der Chefarzt sei seinem Arbeitgeber gegenüber „illoyal“ gewesen, indem er ein zweites Mal geheiratet hat.

Aus Sicht eines Nicht-Katholiken dürfte das nur Befremden hervorrufen, dass eine Wiederheirat als „illoyal“ gegenüber dem Arbeitgeber gewertet werden kann. Denn ein normaler Arbeitnehmer verhält sich unter keinen Umständen illoyal, wenn er ein verfassungsrechtlich verbürgtes Grundrecht wahrnimmt, indem er die Eingehung einer Ehe vollzieht, egal ob zum ersten oder zweiten Mal.

Richtig ist, dass der Kläger mit seiner Wiederverheiratung gegen Kirchenrecht verstoßen hat und zwar gegen Iuris Canonici von 1983 CIC Can. 1055, 1056, 1134,1141. Allein daraus folgt jedoch nicht die Annahme, der Kläger sei illoyal. Daraus folgt nur, dass ein Verstoß gegen Kirchenrecht vorliegt. Die Frage ist, wie der Verstoß arbeitsrechtlich zu bewerten ist. Im Arbeitsvertrag ist geregelt, dass ein solcher Verstoß als illoyal bewertet wird und die Kündigung zur Folge hat. Allerdings gilt der im Arbeitsvertrag festgeschriebene Grundsatz der „christlichen Nächstenliebe“ für die Parteien. Das hat das BAG aber nicht in seine Entscheidung einbezogen.  Der Kläger hat sich ernsthaft bemüht um die Anerkennung seiner zweiten Ehe, um wieder in Einklang mit den Grundsätzen der katholischen Kirche zu kommen. Das ist möglich nach kanonischem Recht, wenn die erste Ehe als nichtig angesehen wird.

Zitat des BAG hierzu: „Der Kläger stellt die mit seiner Religionszugehörigkeit verbundenen ethischen Pflichten nicht in Abrede und hat sich zu keinem Zeitpunkt gegen die kirchliche Sittenlehre ausgesprochen oder ihre Geltung oder Zweckmäßigkeit in Zweifel gezogen. Im Gegenteil versucht er, den ihm nach kanonischem Recht verbliebenen Weg zur kirchenrechtlichen Legalisierung seiner Ehe zu beschreiten. Seine Leistung und sein Einsatz für die ihm anvertrauten Patienten, für seine Mitarbeiter und für sie selbst werden von der Beklagten anerkannt. Störungen des Leistungsaustauschs bestehen nicht.“ Diese Wertung des Gerichts lässt es schwer fallen, den Kläger als „illoyal“ gegenüber seinem Arbeitgeber anzusehen.

Bei Anwendung der „christlichen Nächstenliebe“, der schließlich zum Inhalt des Arbeitsvertrages gemacht wurde, führen die Bemühungen des Klägers zur Vergebung seines Pflichtverstoßes, der ihn im Ergebnis gegenstandslos macht.

Ein Drahtseilakt vollzieht das BAG, indem es die der katholischen Kirche eigenen religiösen Sichtweisen zum Maßstab macht, egal wie „unplausibel, irrational oder rückwärtsgerichtet (sie) erscheinen mögen“.

Diese Erwägungen basieren auf der grundrechtlich verbürgten Religionsfreiheit. Diese zutreffenderweise absurden religiösen Vorstellungen haben sich unterzuordnen, wenn andere verfassungsrechtliche Güter betroffen sind. Das ist hier der Fall mit der Berufsfreiheit des Chefarztes. Bei der existenziellen Frage ob er seinen Job behalten kann oder nicht, wiegen seine Rechte offensichtlich schwerer, als die diffusen, inhumanen Glaubenssätze einer religiösen Vereinigung.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 8. September 2011 – 2 AZR 543/10

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VonRA Moegelin

Versetzung einer Zeitungsredakteurin in eine andere Abteilung – BAG 9 AZR 3/09

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Damit die Versetzung eines Arbeitnehmers wirksam ist, muss sie vom Arbeitsvertrag gedeckt sein. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, bzw. sonstige Regelungen festgelegt sind.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun über die Klage einer Redakteurin zu entscheiden, die von ihrem Arbeitgeber, einem Zeitungsverlag, in eine andere Redaktion versetzt worden ist.

Der Versetzung lag folgende Regelung im Arbeitsvertrag zu Grunde:

„Der Verlag behält sich vor, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten zu übertragen, wenn es dem Verlag erforderlich erscheint und für den Redakteur zumutbar ist …“

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die ausgesprochene Versetzung unwirksam ist. Sie verlangt außerdem Beschäftigung in ihrer bisherigen Redaktion. Das Arbeitsgericht hat die Klage gegen die Versetzung abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Nach dem Arbeitsvertrag ist die Beklagte nur berechtigt, der Klägerin eine Redakteurstätigkeit bei anderen Objekten/Produkten zu übertragen. Es gehört nicht zum Berufsbild des Redakteurs, nur neue Produkte zu entwickeln, ohne noch zur Veröffentlichung bestimmte Beiträge zu erarbeiten. Zudem übertrug die Beklagte der Klägerin keine anderen Produkte, sondern entzog ihr ausschließlich die bisher bearbeiteten Produkte (BAG, Urteil vom 23. Februar 2010 – 9 AZR 3/09).

Die Revision des beklagten Zeitungsverlags blieb ohne Erfolg, da die Versetzung nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt war. Der Zeitungsverlag hätte hier besser eine Änderungskündigung ausgesprochen, um die Versetzung in eine andere Redaktion rechtswirksam zu erreichen.

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