Monatsarchiv 25. Februar 2022

VonRA Moegelin

Fristlose Kündigung einer Sixt-Mitarbeiterin

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Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die von SIXT ausgesprochenen, insgesamt drei fristlosen Kündigungen ihrer Sixt-Mitarbeiterin, unter anderem wegen Unpünktlichkeit sowie Verletzung des Hausrechts, unwirksam sind.

Volltext der Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.02.2022:

Vor dem Arbeitsgericht ist heute über die Wirksamkeit dreier außerordentlicher Kündigungen einer Mitarbeiterin des Autovermieters Sixt am Standort Flughafen Düsseldorf entschieden worden.

Die Mitarbeiterin hatte am 20.08.2021 mit zwei Kolleginnen zu einer Betriebsversammlung eingeladen. Dort sollte ein Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl gewählt werden.

Am 27.08.21 kündigte die Arbeitgeberin fristlos und hilfsweise fristgerecht wegen wiederholten Zuspätkommens zur Arbeit trotz einschlägiger Abmahnung.

Am 21.09.21 sollte die Betriebsversammlung stattfinden. Der Einladung waren rund 15 Beschäftigte gefolgt, der zu diesem Zweck angemietete Raum allerdings mit Blick auf die Coronaschutzvorschriften zu klein. Daraufhin wurde die Versammlung abgesagt, nachdem die Mitarbeiterinnen es abgelehnt hatten, diese in anderen, kurzfristig von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten abzuhalten.

Dies nahm die Arbeitgeberin zum Anlass für eine weitere außerordentliche Kündigung vom 03.11.2021. Sie erhob den Vorwurf, dass die Mitarbeiterinnen absichtlich einen zu kleinen Raum anmieteten, um sicher zu sein, dass die Betriebsversammlung nur stattfinden kann, wenn kaum Beschäftigte der Einladung folgen und sie sich selbst zum Wahlvorstand hätten wählen können. Die Mitarbeiterinnen seien davon ausgegangen, dass durch die Absage der Betriebsversammlung der Weg zum Arbeitsgericht offen stünde, um sich dort per Beschluss als Wahlvorstand einsetzen zu lassen.

Am 09.12.2021 betrat die Mitarbeiterin ohne vorherige Absprache mit der Arbeitgeberin zusammen mit einer Kollegin den Backoffice-Bereich der Filiale und hängte dort eine neue Einladung zu einer Wahlversammlung aus. Hierauf kündigte die Arbeitgeberin, die in diesem Verhalten einen Hausfriedensbruch sah, erneut fristlos. Zudem habe sie beim Durchqueren der Filiale Kunden massiv verschreckt.

Das Arbeitsgericht hat die außerordentlichen und auch die jeweils hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen als unwirksam erachtet. Dem lagen zusammengefasst im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Der Vorwurf wiederholten Zuspätkommens könne in der Regel nur den Ausspruch einer ordentlichen, nicht den einer fristlosen Kündigung rechtfertigen. Eine ordentliche Kündigung der Mitarbeiterin komme wiederum nicht in Betracht, weil sie als Initiatorin einer Betriebsratswahl besonderen Kündigungsschutz genieße und eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sei.

Die zweite fristlose Kündigung habe keinen Bestand, weil es für die von der Arbeitgeberin behaupteten Absichten der Mitarbeiterinnen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte gebe.

Die dritte Kündigung sei wiederum unwirksam, da die Mitarbeiterin zwar das Hausrecht der Arbeitgeberin verletzt habe, als sie – bereits fristlos gekündigt – unabgesprochen deren Betriebsräume betreten habe. Die Pflichtverletzung sei jedoch nicht so schwerwiegend, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Der Ausspruch einer Abmahnung wäre ausreichend gewesen, da das Erscheinen der Mitarbeiterin am Arbeitsplatz keine gravierenden Auswirkungen auf die Betriebsabläufe gehabt und aus ihrer Sicht der Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Rechte gedient habe.

Gegen das Urteil kann die beklagte Arbeitgeberin Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf einlegen.

Arbeitsgericht Düsseldorf, 10 Ca 4119/21, Urteil vom 23.02.2022

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VonRA Moegelin

Rückzahlung einer hohen Abfindung aus Aufhebungsvertrag

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Kein Anspruch auf Rückzahlung einer hohen Abfindung aus Aufhebungsvertrag wenn nicht erkennbar ist, dass der beklagte Arbeitnehmer mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages gegen Strafgesetze oder die guten Sitten verstoßen hat.

Volltext der Pressemitteilung des 05.02.2022 des Landesarbeitsgericht Hamm:

Hohe Abfindung wirksam vereinbart – Stadt Iserlohn unterliegt in zweiter Instanz mit Rückforderungsanspruch.

Die Stadt Iserlohn hat keinen Anspruch auf Rückzahlung einer Abfindung in Höhe von rund 265.000,00 €, welche sie einem Verwaltungsangestellten im Rahmen eines am 24. Januar 2019 geschlossenen Aufhebungsvertrages zugesagt und später auch gezahlt hatte. Das hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm durch Urteil vom 15. Februar 2022 entschieden. Damit änderte sie das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 7. April 2021 (Aktenzeichen 1 Ca 737/20) ab. Das Arbeitsgericht hatte den ausgeschiedenen Arbeitnehmer in erster Instanz zur Rückzahlung der Abfindung in Höhe des zugesagten Bruttobetrages verurteilt, was Anlass des Berufungsverfahrens war. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Der beklagte Verwaltungsanstellte war seit Januar 2008 bei der Stadt Iserlohn gegen ein monatliches Tarifentgelt in Höhe von rund 3.700,00 € brutto beschäftigt. Nach Differenzen mit Vorgesetzten unter anderem wegen der Einführung eines neuen Schichtdienstmodells, bot die Stadt diesem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei rund siebenmonatiger bezahlter Freistellung und gegen Zahlung einer Abfindung von 250.000,00 € zuzüglich Steigerungsbeträgen bei vorzeitiger Beendigung an. Bei Aufhebung letztlich zum 30. April 2019 zahlte die Stadt eine Abfindung in Höhe von 264.800,00 € brutto. Es folgten die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, die Anordnung eines Vermögensarrests gegen den Beklagten in Höhe der Zahlung durch das Amtsgericht Hagen und das Eingreifen der Kommunalaufsicht. Gegen den im Kontext dieses Sachverhalts zurückgetretenen früheren Bürgermeister der Stadt Iserlohn, den damaligen Bereichsleiter Personal und den beklagten Arbeitnehmer ist zwischenzeitlich Anklage mit dem Tatvorwurf der Untreue bzw. der Beilhilfe zur Untreue erhoben worden.

Der parallel zum Strafverfahren im April 2020 anhängig gemachten Klage der Stadt auf Rückzahlung der Abfindung gab das Arbeitsgericht Iserlohn statt. Der Aufhebungsvertrag sei gemäß § 74 Abs. 3 Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) NRW unwirksam. Die Stadt habe den Personalrat nicht ausreichend über die Inhalte des Aufhebungsvertrages informiert und insbesondere keine Angaben zur Höhe der Abfindung gemacht. Dies führe zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages und lasse den Rechtsgrund für die darauf geleisteten Zahlungen entfallen. Dem folgte das Landesarbeitsgericht nach der kurzen mündlichen Urteilsbegründung am Schluss der Sitzung nicht. Die mangelhafte Beteiligung des Personalrats gehe auf ein Versäumnis der Stadt zurück, weshalb sich diese auf eine daraus folgende Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages nicht berufen könne. Es sei auch nicht erkennbar, dass der beklagte Arbeitnehmer mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages gegen Strafgesetze oder die guten Sitten verstoßen habe. Selbiges könne allein aus einer im Vergleich zu den Gepflogenheiten öffentlicher Arbeitgeber ungewöhnlich hohen Abfindung nicht gefolgert werden. Vielmehr habe dieser das ihm vorteilhaft erscheinende Angebot annehmen dürfen (LAG Hamm – Aktenzeichen 6 Sa 903/21).

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VonRA Moegelin

Weiterbeschäftigung Arbeitnehmer als Mitglied des Wahlvorstands trotz Kündigung

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Die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber wegen einer Teilnahme an einem illegalen Streik erfordert die Beschäftigung bis zum Ablauf der vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Mitglied des Wahlvorstands gewesen ist

Volltext der Pressemitteilung Nr. 01/22 vom 07.02.2022 des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg:

Ein Arbeitnehmer eines Kurierdienstes und Mitglied des Wahlvorstands muss trotz ausgesprochener Kündigung vorläufig beschäftigt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes entschieden.

Der Kurierdienst erklärte gegenüber einem als „Rider“ beschäftigten Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung und macht zur Begründung geltend, der Rider habe sich an einem illegalen Streik beteiligt. Der Arbeitnehmer hat im Wege des einstweiligen Rechtschutzes seine weitere tatsächliche Beschäftigung verlangt und geltend gemacht, er müsse auch vor der bisher noch ausstehenden Entscheidung des Arbeitsgerichts über diese Kündigung vorläufig weiterbeschäftigt werden. Die Kündigung sei offensichtlich unwirksam, weil er Mitglied des Wahlvorstands für die anstehende Betriebsratswahl gewesen sei.

Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitnehmers für die Zeit bis zum Ablauf der vereinbarten Befristung seines Arbeitsverhältnisses anders als zuvor das Arbeitsgericht stattgegeben und ausgeführt, der erforderliche Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund liege vor. Es sei von einer offensichtlichen Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung auszugehen. Der Arbeitnehmer sei gemäß den von ihm glaubhaft gemachten Angaben zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Mitglied des Wahlvorstands gewesen und werde damit von dem besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Absatz 3 Kündigungsschutzgesetz erfasst. Die aufgrund dieses Sonderkündigungsschutzes für eine Kündigung gemäß § 103 Absatz 2a) Betriebsverfassungsgesetz erforderliche vorherige gerichtliche Zustimmungsersetzung liege nicht vor. Da von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis auszugehen sei, bestehe auch ein Anspruch auf Beschäftigung. Dieser Anspruch sei im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes durchsetzbar, da einerseits das Recht des Arbeitnehmers auf Beschäftigung sonst durch Zeitablauf unwiederbringlich verloren sei und andererseits kein berechtigtes Interesse der Arbeitgeberin an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes angenommen werden könne. Ausgehend hiervon überwiege auch im Hinblick auf den Zweck des gesetzlichen Sonderkündigungsschutzes das Beschäftigungsinteresse.

Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nicht gegeben.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Januar 2022, Az. 23 SaGa 1521/21

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VonRA Moegelin

Kein Bestreiten im Termin nach Kündigung des Arbeitnehmers

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Der Vortrag für die Kündigungsschutzklage im Termin beim Arbeitsgericht erfordert gemäß § 138 ZPO ein konkretes Entgegentreten gegen die vom Arbeitgeber erhobenen Vorwürfe, die dem Arbeitnehmer aus eigener Wahrnehmung möglich gewesen wären. Das erachtet das Arbeitsgericht Düsseldorf als erforderlich, um den Sachverhalt als streitig anzusehen.

Volltext der Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.01.2022:

Vor dem Arbeitsgericht ist heute über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung des Leiters des Gesundheitsamtes durch die Stadt Düsseldorf entschieden worden.

Der Kündigung liegt folgender Vorwurf der beklagten Stadt zugrunde: Die Ehefrau des Klägers, die wie der Kläger Ärztin ist, hat eine Honorarvereinbarung mit der Stadt, aufgrund derer sie Notarztdienste für die Stadt wahrnimmt. Auf Grundlage dieser Vereinbarung hat sie Dienste abgerechnet, die jedoch zumindest zum Teil nicht von ihr, sondern vom Kläger geleistet worden sein sollen. Im Arbeitsvertrag des Klägers besagt eine Klausel, dass die Tätigkeit als Leitung des Gesundheitsamtes die gelegentliche Teilnahme am Notarztdienst umfasst. Die beklagte Stadt hörte den Kläger im Juni letzten Jahres vor Ausspruch der Kündigung zu dem erhobenen Vorwurf an. Laut Niederschrift zu dieser Anhörung, die der Kläger einen Tag später unterzeichnet hat, räumte er ein, dass er abgerechnete Dienste zum Teil für seine Frau wahrgenommen habe.

Das Arbeitsgericht hat die zum 28.02.22 ausgesprochene Kündigung für wirksam erachtet und die Kündigungsschutzklage des Leiters des Gesundheitsamtes abgewiesen. Hierbei wurde der von der Stadt erhobene Vorwurf als berechtigt angesehen. Zwar habe der Kläger die erhobenen Vorwürfe im Verfahren nicht ausdrücklich eingeräumt. Er sei dem Vortrag der Beklagten aber auch nicht konkret entgegen getreten, obwohl ihm eine eindeutige Erklärung dazu, ob er Dienste für seine Frau geleistet hat, aus eigener Wahrnehmung möglich gewesen wäre. Dies wäre gemäß § 138 der Zivilprozessordnung aus Sicht der Kammer erforderlich gewesen, um den Sachverhalt als streitig anzusehen.

§ 138 ZPO lautet wie folgt:
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Gegen das Urteil kann der Kläger Berufung beim Landesarbeitsgericht einlegen.

Arbeitsgericht Düsseldorf, 11 Ca 4335/21, Urteil vom 28.01.2022

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