Monatsarchiv 24. Februar 2024

VonRA Moegelin

Haftung des Reiseveranstalters für verpasstes Boarding

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Einem Reiseveranstalter ist die Verzögerung bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen nicht als Verschulden zuzurechnen. Die Personen- und Gepäckkontrolle ist keine Leistungserbringung des Reiseveranstalters oder der für ihn handelnden Fluggesellschaft. Im Rahmen des Reisevertrages handelt es sich bei der Sicherheitskontrolle gemäß Luftsicherheitsgesetz um eine hoheitliche Aufgabe des Staates. Etwaige Fehler der Planung der Luftsicherheitsbehörden bei der Sicherheitskontrolle der Passagiere muss sich der Reiseveranstalter daher nicht zurechnen lassen.

Volltext der Pressemitteilung 27 des Amtsgerichts München vom 28.08.2023 – 158 C 1985/23:

Das Amtsgericht München wies eine Klage gegen einen Reiseveranstalter auf Rückerstattung des Reisepreises für eine Pauschalreise in Höhe von 1.648 Euro ab. Die Reisenden hatten nach Verzögerungen bei der Sicherheitskontrolle das Boarding verpasst.

Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau im Oktober 2022 eine Pauschalreise nach Madeira gebucht. Beim Online-Check-in erhielt der Kläger die Weisung, um 12:50 Uhr am Gate zu sein. Tatsächlich erreichten der Kläger und seine Ehefrau das Gate um 13:05 Uhr. Obwohl das Flugzeug noch in Parkposition stand, verweigerte das Bodenpersonal den Reisenden den Zutritt zum Flugzeug.

Der Kläger führt aus, er habe sich am Abreisetag gemeinsam mit seiner Ehefrau um 10:15 Uhr, damit 3 Stunden und 20 Minuten vor Abflug, in die Flughafenhalle begeben. Der Schalter zur Gepäckabgabe für den gebuchten Flug sei jedoch erst um 11:00 Uhr geöffnet worden. Der Kläger und seine Ehefrau hätten ihr Gepäck abgegeben und sich im Anschluss daran gegen 11:20 Uhr direkt zur Sicherheitskontrolle begeben. Die Sicherheitskontrolle habe dann jedoch bis ca. 13:00 Uhr gedauert, da anstelle der ca. 20 Schalter der Sicherheitskontrolle für einen gesamten Abflugbereich, lediglich nur ein einziger Schalter geöffnet gewesen sei.

Nach Auffassung des Klägers habe er gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückerstattung des Reisepreises. Die Beklagte hätte jedenfalls wissen müssen, dass nicht hinreichend Personal in der Sicherheitskontrolle zur Verfügung stand. Entsprechend hätte die Beklagte auf eine frühere Öffnung der Gepäckabgabeschalter der Airline hinwirken müssen und die Reisenden auf überlange Wartezeiten aufmerksam machen müssen.

Nach Sichtweise der Beklagten, hätten weder die Beklagte noch deren Leistungserbringer die Vertragsdurchführung vereitelt. Eine zu langsame Sicherheitskontrolle am Flughafen sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Es handele sich bei den Sicherheitsbehörden nicht um Erfüllungsgehilfen der Beklagten oder deren Leistungsträger. Die Durchführung von Sicherheitskontrollen sei keine vertragliche Obliegenheit der Beklagten, sondern eine hoheitlich staatliche Aufgabe, deren Durchführung und Organisation von der Beklagten nicht beeinflusst werden könne. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, Schalter mehr als 2,5 Stunden vor geplantem Abflug zu öffnen. Die Beklagte könne sich grundsätzlich darauf verlassen, dass die Luftsicherheitsbehörde den Ablauf der Sicherheitskontrollen so gestalte, dass die Sicherheitskontrolle vor Abflug unproblematisch erfolgen könne.

Das Amtsgericht München wies die Klage auf Rückerstattung des Reisepreises gegen den Reiseveranstalter ab und führte in den Entscheidungsgründen wie folgt aus:

„Die streitgegenständliche Pauschalreise leidet nicht an einem Mangel. Vielmehr befand sich der Kläger mit dem Antritt der Reise in Annahmeverzug, indem er das Abflug-Gate des gebuchten Fluges erst nach dessen Schließung um 13:05 Uhr anstatt um 12:50 Uhr erreichte. Nachdem das Gate geschlossen war, bestand kein Anspruch des Klägers mehr auf Zutritt zum Flugzeug und damit auf Beförderung durch die Leistungserbringer der Beklagten.

Die Beklagte muss sich eine etwaige Verzögerung bei der sog. „Sicherheitskontrolle“ am Flughafen auch nicht zurechnen lassen. Die Personen- und Gepäckkontrolle ist keine Leistungserbringung der Beklagten oder ihrer Leistungsträger im Rahmen des Reisevertrages, sondern es handelt sich hierbei gemäß Luftsicherheitsgesetz, insbesondere § 5 LuftSiG, um eine hoheitliche Aufgabe des Staates, die durch die zuständige Luftsicherheitsbehörde regelmäßig unter Beauftragung der Bundespolizei ausgeführt wird. Etwaige Fehler der Planung der Luftsicherheitsbehörden bei der Sicherheitskontrolle der Passagiere muss sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. (…)

Die Beklagte war auch nicht gehalten, den Gepäckabgabeschalter mehr als zweieinhalb Stunden vor Abflug zu öffnen, sondern durfte sich darauf verlassen, dass die Sicherheitskontrolle so organisiert ist, dass ein Erreichen des Gates bis zur angegebenen Boardingzeit problemlos innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeitspanne möglich ist. Auch eines Hinweises auf eine etwaige längere Dauer der Sicherheitskontrolle durch die Beklagte bedurfte es nicht; der Hinweis auf die Boardingszeit beim Check-In war ausreichend. Es wäre vielmehr an dem Kläger gewesen, für ein rechtzeitiges Passieren der Sicherheitskontrolle, gegebenenfalls durch ein Herantreten an andere Reisende mit der Bitte um bevorzugte Abfertigung unter Hinweis auf die gesetzte Boardingzeit, Sorge zu tragen. Der Vortrag des Klägers erscheint auch unplausibel vor dem Hintergrund, dass andere Reisende das Flugzeug offenbar trotz der vorgetragenen Verzögerungen in der Sicherheitskontrolle rechtzeitig erreicht haben – es ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass das Flugzeug nicht ohne Passagiere und Gepäck nach Madeira geflogen ist. Ein zur Minderung des Reisepreises (gar auf Null) berechtigender Reisemangel ist nach alledem nicht erkennbar. Der Kläger hat es zudem verabsäumt, etwaige Mängel der Reiseleistung gegenüber der Beklagten anzuzeigen und diese zur Abhilfe aufzufordern.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 12.07.2023
Aktenzeichen: 158 C 1985/23

München, 28.08.2023
Pressestelle Amtsgericht München

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VonRA Moegelin

Versicherungspflicht der weiteren geringfügigen Tätigkeit

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Die (richtige) sozialversicherungsrechtliche Meldung von Beschäftigten liegt grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Etwaige Fehlbeurteilungen bzw. Irrtümer seien auf den Eintritt der gesetzlich angeordneten Versicherungs- und Beitragspflichten ohne Einfluss. Die rechtlich fehlerhafte Beurteilung des ihm bekannten Sachverhalts ist einer dem Arbeitgeber unverschuldeten, schutzwürdigen Unkenntnis einer bereits ausgeübten geringfügigen Nebenbeschäftigung nicht gleichzusetzen. Das gilt damit im hier einschlägigen Fall, wonach es keine Ausnahme vom Zusammenrechnungsgebot gibt, wenn ein Beschäftigter neben seiner versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mehrere geringfügige Nebenbeschäftigungen ausübt.

Volltext der Pressemitteilung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 02.02.2024 – L 8 BA 194/21:

Die Klägerin betreibt eine hausärztliche Gemeinschaftspraxis. Die Beigeladene war von April bis Oktober 2023 bei ihr als medizinische Fachangestellte beschäftigt (Ø 2 Std./Wo., rund 80 €/Mon.). Nach dem Arbeitsvertrag übte sie bei Aufnahme ihrer Beschäftigung bei der Klägerin bereits zwei sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigungen und eine weitere geringfügige Beschäftigung aus. Im streitigen Zeitraum entrichtete die Klägerin für die Beigeladene Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung. Nach einer Betriebsprüfung erhob die beklagte Deutsche Rentenversicherung Westfalen Beiträge zur Sozialversicherung nach (gut 900 €). Pauschalbeiträge seien nur für die erste geringfügige Beschäftigung zu entrichten. Die hier zu beurteilende zweite sei in vollem Umfang versicherungspflichtig. Dagegen wehrte sich die Klägerin vergeblich vor dem SG Dortmund.

Dessen Urteil hat das LSG nun bestätigt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Wenn ein Beschäftigter neben seiner versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mehrere geringfügige Nebenbeschäftigungen ausübe, sei nach § 8 Abs. 2 S. 1 SGB IV nur eine (einzige) dieser Tätigkeiten vom Zusammenrechnungsgebot ausgenommen. Als diese eine zusammenrechnungsfreie Tätigkeit habe die Beklagte zutreffend diejenige angesehen, die zeitlich vor der streitigen Tätigkeit bei der Klägerin begonnen worden sei. Die rechtlich fehlerhafte Beurteilung des ihm bekannten Sachverhalts sei einer dem Arbeitgeber unverschuldeten, schutzwürdigen Unkenntnis einer bereits ausgeübten geringfügigen Nebenbeschäftigung nicht gleichzusetzen. Die (richtige) sozialversicherungsrechtliche Meldung von Beschäftigten liege grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Etwaige Fehlbeurteilungen bzw. Irrtümer seien auf den Eintritt der gesetzlich angeordneten Versicherungs- und Beitragspflichten ohne Einfluss. Schwierigkeiten bei der (rechtlich) zutreffenden Meldung sei durch die Einholung von Informationen bei sachkundigen Personen und Stellen zu begegnen. Nahe liege es hier insbesondere, eine förmliche Entscheidung der Einzugsstelle (§ 28i S. 5 SGB IV) zu beantragen.

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VonRA Moegelin

Vergleichsmehrwert für Einigung über Entfernung von Abmahnungen

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Wird zugleich über ein Zwischen- und – ggf. auch nur hilfsweise – über ein Endzeugnis gestritten und wird zu beiden Zeugnisvarianten eine inhaltlich korrespondierende oder überhaupt nur eine Regelung getroffen, so betrifft der Gesamtkomplex das Zeugnisinteresse insgesamt nur einmal (vgl. LAG München 6. Juni 2023 – 3 Ta 59/23, Rn. 112, mwN zur Rspr. und Nr. I 29.3 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit; LAG Hamm 27. Januar 2023 – 8 Ta 232/22, Rn. 13 f.; LAG Nürnberg 30. Juni 2022 – 2 Ta 12/22, Rn. 25; 24. Februar 2020 – 5 Ta 12/20, Rn. 10 ff.). Der Gegenstand „Entfernung von unmittelbar vor einer verhaltensbedingten Kündigung ausgesprochenen Abmahnungen aus der Personalakte“ in einem Vergleich ist mit dem Wert für den die verhaltensbedingte Kündigung betreffenden Kündigungsschutzantrag abgegolten. (Leitsatz)

Volltext des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.01.2024 –
26 Ta (Kost) 6005/24:

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Berlin, 27. Dezember 2023, 20 Ca 13097/23, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde der Klägervertreter gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Dezember 2023 – 20 Ca 13097/23 – wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Parteien haben über eine verhaltensbedingte Kündigung vom 14. November 2023 gestritten, der vier Abmahnungen vom 2., 4., 6. und 9. Oktober 2023 vorausgegangen waren.

Die Klägerin hat in der Klageschrift ua einen Kündigungsschutzantrag und einen Antrag auf Verurteilung zur Abgabe eines Zwischenzeugnisses angekündigt, hilfsweise im Falle des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag die Verurteilung zur Erteilung eines Endzeugnisses. In einem Vergleich vom 8. Januar 2024 haben sich die Parteien ua auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt, die Entfernung von vier Abmahnungen aus der Personalakte sowie die Zahlung einer Abfindung und die Erstellung eines Zwischenzeugnisses sowie eines Endzeugnisses.

Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert für das Verfahren auf 33.009 Euro festgesetzt. Dabei hat es für den Kündigungsschutzantrag drei Bruttoeinkommen und für die Zeugnisanträge ein Bruttoeinkommen angesetzt.

Mit ihrer Beschwerde machen die Klägervertreter geltend, für die Einigung über die Entfernung der vier Abmahnungen müsse ein Vergleichsmehrwert in Höhe von vier Bruttoeinkommen und für die Regelung über die Erteilung der beiden Zeugnisse jeweils ein Bruttoeinkommen festgesetzt werden.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 17. Januar 2024 nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Es ist kein Vergleichsmehrwert angefallen.

1) Die anwaltliche Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 der Anlage 1 zum RVG). In den Wert eines Vergleichs sind daher die Werte aller rechtshängigen oder nichtrechtshängigen Ansprüche einzubeziehen, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren und die mit dem Vergleich geregelt wurden. Demgegenüber ist die bloße Begründung einer Leistungspflicht in dem Vergleich für den Vergleichsmehrwert ohne Bedeutung; denn es kommt für die Wertfestsetzung darauf an, worüber – und nicht worauf – die Parteien sich geeinigt haben. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass durch den Vergleich ein Streit vermieden wurde. Ein Titulierungsinteresse kann nur dann berücksichtigt werden, wenn der geregelte Anspruch zwar unstreitig und gewiss, seine Durchsetzung aber ungewiss war (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 8. März 2017 – 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 2).

Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts ist danach nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die Parteien während ihrer Vergleichsverhandlungen über die gerichtlich anhängigen Gegenstände weitere Ansprüche ansprechen und auch sie eine Regelung in dem Vergleich erfahren. Zwar wird eine Einigung der Parteien häufig nur zu erreichen sein, wenn derartige Vereinbarungen getroffen werden; denn die Parteien sind nicht selten nur dann zum Abschluss eines Vergleichs bereit, wenn weitere Fragen geregelt werden und ein diesbezüglicher zukünftiger Streit vermieden wird. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts, die zum Abschluss eines Vergleichs führt, ist jedoch mit der Einigungsgebühr als solcher abgegolten. Für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts und die damit verbundene Gebührenerhöhung muss darüber hinaus festgestellt werden, dass die geregelten Gegenstände vor Abschluss des Vergleichs streitig oder ungewiss waren. Hierzu genügen weder die Vergleichsverhandlungen als solche noch Regelungen, durch die Leistungspflichten erstmals begründet oder beseitigt werden, die Rechtsverhältnisse lediglich klarstellen oder auf sonstige Weise ausschließlich einen künftigen Streit der Parteien vermeiden. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass eine der Parteien in den Vergleichsverhandlungen Forderungen aufstellt, um dann im Wege des Nachgebens einen Vergleich zu erreichen; für einen Vergleichsmehrwert muss vielmehr der potentielle Streitgegenstand eines künftigen Verfahrens eine Regelung erfahren (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 8. März 2017 – 17 Ta (Kost) 6013/17, Rn. 3).

2) Danach ist ein Vergleichsmehrwert nicht angefallen.

a) Soweit der Vergleich eine Regelung bezüglich der Zeugnisse beinhaltet, ist das bereits darauf zurückzuführen, dass der Gegenstand durch den für das Verfahren festgesetzten Betrag abgegolten ist. Das Arbeitsgericht hat insoweit zutreffend ein Bruttoeinkommen in Ansatz gebracht.

aa) Wird zugleich über ein Zwischen- und – ggf. auch nur hilfsweise – ein Endzeugnis gestritten und wird zu beiden Zeugnisvarianten eine inhaltlich korrespondierende oder letztlich überhaupt nur eine Regelung getroffen, so betrifft der Gesamtkomplex das Zeugnisinteresse insgesamt nur einmal. Denn dann geht es im Kern um die Darstellung einer Tätigkeit und eine Beurteilung von Leistung und Führung in einem engen zeitlichen Zusammenhang. In diesem Fall ist für eine unterschiedliche bzw. abweichende Darstellung oder Beurteilung in beiden Varianten des Arbeitszeugnisses regelmäßig kein Raum, jedenfalls, wenn Anlass oder Notwendigkeit einer zwischenzeitlichen und gegebenenfalls abweichenden Neubeurteilung nicht erkennbar sind. Bei der gebotenen Betrachtung nach dem Interesse der klagenden Partei sind Zwischen- und Endzeugnis dann regelmäßig wertidentisch. Etwaige Begleitangaben begründen insoweit keinen in einem zusätzlichen Ansatz auszudrückenden Mehrwert (vgl. LAG München 6. Juni 2023 – 3 Ta 59/23, Rn. 112, mwN zur Rspr. und Nr. I 29.3 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit).

bb) So liegt der Sachverhalt hier. Es bestand von Anfang an ein unmittelbarer zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang. Das Endzeugnis war gerade für den Fall der Erfolglosigkeit der Klage geltend gemacht worden. Im Vergleich sind dann ein Zwischen- und ein Endzeugnis vereinbart worden. Hinsichtlich des Endzeugnisses waren damit die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 GKG erfüllt. Der Umstand, dass es auch in dem Vergleich sowohl um ein Zwischen- als auch um ein Beendigungszeugnis gegangen ist, führt nicht dazu, dass zwei Bruttoeinkommen anzusetzen wären. Der zeitliche und inhaltliche Zusammenhang wird hier gerade auch durch den Vergleichsinhalt deutlich. Bei beiden Zeugnissen sollte die Klägerin berechtigt sein, „auf das erteilte Zeugnis Änderungswünsche vorzubringen, die die Beklagte übernehmen wird“. Beide Zeugnisse sollten die Note „sehr gut“ in allen Elementen beinhalten. Zwischen dem Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs und dem der vorgesehenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses lag kein wesentlicher Zeitraum. Zudem ist die Klägerin ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses von der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt worden.

b) Die Reglung unter Nr. 1 des Vergleichs über die Verpflichtung der Beklagten zur Entfernung der vier Abmahnungen aus der Personalakte der Klägerin hat einen Vergleichsmehrwert ebenfalls nicht ausgelöst. Der Gegenstand „Entfernung von unmittelbar vor einer verhaltensbedingten Kündigung ausgesprochenen Abmahnungen aus der Personalakte“ in einem Vergleich ist mit dem Wert für den die verhaltensbedingte Kündigung betreffenden Kündigungsschutzantrag abgegolten. Die vier in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang kurz vor Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung in einem Abstand von jeweils zwei bis drei Tagen ausgesprochenen Abmahnungen sind von dem Streitgegenstand „verhaltensbedingte Kündigung“ umfasst. Das schließt eine gesonderte Bewertung aus. Auf die Frage, welche Bedeutung die Entfernung der Abmahnung für die Klägerin vor dem Hintergrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch hatte, kommt es daher im Ergebnis nicht an.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 33 Abs. 9 RVG. Eine Gebühr ist angefallen.

IV.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

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