Monatsarchiv 28. Februar 2015

VonRA Moegelin

Schutz der Bezeichnung „Bayerisches Bier“

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nicubunu-Beer-mugDeutsches und ganz besonders bayersiches Bier genießt in der ganzen Welt höchtes Ansehen. Dabei verwenden immer mehr deutsche Brauereien das minderwertige Hopfenextrakt, obwohl hierzulande hochwertiger (nicht extrahierter) Hopfen verwendet werden könnte. Trotzdem dürfen Brauereien deklarieren, dass das Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut worden ist. Denn seit 1968 gilt auch Hopfenextrakt als zulässige Zutat nach Maßgabe des Reinheitsgebots.

Ob eine niederländische Brauerei mit der Bezeichnung „BAVARIA HOLLAND BEER“ hierdurch die geschützte geographischen Angabe „Bayerisches Bier“ verletzt hat, hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden.

Der Kläger, der Bayerische Brauerbund e.V., ist der Dachverband der bayerischen Brauwirtschaft. Auf seinen Antrag ist die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ am 20. Januar 1994 von der Bundesregierung zur Eintragung in das von der Europäischen Kommission geführte Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geographischen Angaben angemeldet worden. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1347/01 des Rates vom 28. Juni 2001 ist die Eintragung der geographischen Angabe erfolgt. Die beklagte niederländische Brauerei ist Inhaberin der international registrierten Marke Nr. 645 349 mit den Wortbestandteilen „BAVARIA HOLLAND BEER“. Diese Marke genießt in Deutschland mit dem Zeitrang vom 28. April 1995 unter anderem für die Ware „Bier“ Schutz. Der Bayerische Brauerbund sieht darin, dass die Beklagte den Schutz dieser internationalen Marke auf Deutschland hat erstrecken lassen, eine Verletzung der geschützten geographischen Angabe „Bayerisches Bier“. Er verlangt von der Beklagten, dass sie auf den Schutz ihrer Marke in Deutschland verzichtet.

Die Klage hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Nach einer ersten Verhandlung hat der BGH dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt.

Der Streit zwischen der bayerischen Brauwirtschaft und der niederländischen Brauerei BAVARIA über die Marke „BAVARIA HOLLAND BEER“ ist noch nicht endgültig entschieden.

Die geographische Angabe „Bayerisches Bier“ war nach einem in der einschlägigen EU-Verordnung vorgesehenen vereinfachten Verfahren eingetragen worden, wobei ungeklärt war, mit welchem Zeitrang eine auf diese Weise eingetragene Angabe Schutz genießt. Nachdem der EuGH diese Frage mit Urteil vom 22. Dezember 2010 (C-120/08) in der Weise beantwortet hat, dass es nicht auf die – im Jahre 1994 erfolgte – Anmeldung durch die Bundesregierung, sondern auf die – hier erst 2001 erfolgte – Veröffentlichung der Eintragung im europäischen Recht ankommt, hat der BGH das zugunsten des Bayerischen Brauerbundes ergangene Urteil aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 22. September 2011 – ZR I 69/04).

Das Oberlandesgericht hat nun zu entscheiden, ob der geltend gemachte Anspruch aus den Bestimmungen des deutschen Markengesetzes zum Schutz geographischer Herkunftsangaben (§§ 126, 127 MarkenG) hergeleitet werden kann. Dieser Schutz nach nationalem Recht tritt zwar grundsätzlich hinter den Schutz aus dem europäischen Recht zurück, besteht aber bis zur Eintragung der Angabe „Bayerisches Bier“ in dem bei der Europäischen Kommission geführten Register fort. In Betracht kommt vorliegend, dass die Marke der Beklagten den Ruf der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ in unlauterer Weise ausnutzt (§ 127 Abs. 3 MarkenG).

Die Beklagte hat letztendlich den Rechtsstreit verloren. Das OLG München (Urteil vom 25. Oktober 2012 – 29 U 5084/03) hat die Beklagte verurteilt, in die Schutzentziehung der IR-Marke Nr. 645 349 in Deutschland einzuwilligen. Das OLG hat seine Entscheidung wie folgt ausgeführt: Bei der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ handelt es sich um eine geografische Herkunftsangabe gemäß § 126 Abs. 1 MarkenG. Diese geografische Herkunftsangabe genießt einen besonderen Ruf gemäß § 127 Abs. 3 MarkenG. Sie wird im geschäftlichen Verkehr benutzt und wurde dies auch bereits vor dem Zeitpunkt der Priorität der streitgegenständlichen IR-Marke. Die Benutzung der geografischen Herkunftsangabe „Bayerisches Bier“ für Bier anderer – außerbayerischer – Herkunft ist geeignet, den Ruf der geografischen Herkunftsangabe in unlauterer Weise auszunutzen. Diese Eignung zur Rufausbeutung bestand auch bereits zum Zeitpunkt der Priorität der streitgegenständlichen IR-Marke.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 22. September 2011 – ZR I 69/04

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VonRA Moegelin

Die unzureichende Kastration als Sachmangel

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Centaur-RedheadOb ein Käufer das Recht zur sofortigen Minderung des Kaufpreises bei einem arglistigen Verschweigen des Mangels durch den Verkäufer hat, auch wenn der Mangel behebbar ist, hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden.

Die Käuferin und spätere Klägerin kaufte von den Beklagten den Wallach „Diokletian“ als Dressurpferd zum Preis von 45.000 €. Sie verlangt im Wege der Minderung die Rückzahlung der Hälfte des Kaufpreises mit der Begründung, der Wallach sei mangelhaft, weil er aufgrund nicht vollständig gelungener Kastration zu „Hengstmanieren“ neige und deshalb als Dressurpferd weniger geeignet sei; dies hätten die Beklagten arglistig verschwiegen.

Die Vorinstanzen haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe es versäumt, die Beklagten unter Fristsetzung aufzufordern, den durch eine operative Nachkastration des Pferdes behebbaren Mangel zu beseitigen; eine solche Fristsetzung sei hier auch unter dem Gesichtspunkt der von der Klägerin behaupteten arglistigen Täuschung nicht entbehrlich gewesen. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.

Ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrags rechtfertigendes Interesse des Käufers ist im Regelfall anzunehmen, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen hat (Bundesgerichtshof, Urteil vom 9. Januar 2008 – VIII ZR 210/06).

Dies hat der BGH bereits für den sofortigen Rücktritt von einem Grundstückskaufvertrag entschieden (Beschluss vom 8. Dezember 2006 – V ZR 249/05,). Dieser Rechtsprechung hat sich der VIII. Zivilsenat mit der hier einschlägigen Entscheidung zum Recht des Käufers auf sofortige Minderung des Kaufpreises bei einem Tierkauf angeschlossen.

Demnach steht der Umstand, dass die Klägerin der Beklagten eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gemäß § 439 Abs. 1 BGB nicht gesetzt hat, auch dem Recht der Klägerin auf Minderung des Kaufpreises gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen, wenn die Klägerin – entsprechend ihrer Behauptung – von den Beklagten über den Mangel arglistig getäuscht worden war. Wenn der Verkäufer einen behebbaren Mangel arglistig verschweigt, ist der Käufer im Regelfall zur sofortigen Minderung des Kaufpreises gemäß §§ 323 Abs. 2 Nr. 3, 441 Abs. 1 Satz 1 BGB berechtigt. In einem solchen Fall ist nach Ansicht des BGH in der Regel die für eine Mangelbeseitigung durch den Verkäufer erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt. Entschließt sich der Verkäufer, einen ihm bekannten Mangel nicht zu beseitigen und die Sache in einem vertragswidrigen Zustand zu veräußern, so bestehe auch keine Veranlassung, ihm noch eine zweite Chance zu gewähren, nachdem der Käufer den Mangel entdeckt hat. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, gelte dies in der Regel auch, wenn der Mangel durch einen Dritten – hier: durch einen Tierarzt – zu beseitigen ist. Auch bei einer Mangelbeseitigung, die durch einen vom Verkäufer auszuwählenden Dritten vorzunehmen ist, fehle auf Seiten des Käufers in der Regel die für die Mangelbeseitigung durch den Verkäufer erforderliche Vertrauensgrundlage.

Die Sache war an das  OLG zurückzuverweisen, um die Behauptung der Klägerin zu prüfen, ob sie von den Beklagten arglistig getäuscht wurde.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 – BGH VIII ZR 210/06

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Anrechenbare Arbeitgeberleistungen als Erfüllung eines Mindestlohnanspruchs

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johnny-automatic-bag-of-moneyDas Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob Arbeitgeberleistungen, z.B. Zuschläge, als Erfüllung eines Mindestlohnanspruchs nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz anzusehen sind

Die Arbeitsverhältnisse des Klägers unterlag im Streitzeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008 den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen des Gebäudereinigerhandwerks und der am 1. April 2008 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Mindestarbeitsbedingungen im Gebäudereinigerhandwerk nach § 1 Abs. 3a AEntG 2007. Die beklagte Arbeitgeberin gehört zum Deutsche-Bahn-Konzern und vergütet den Kläger nach einem konzerneigenen Tarifvertragssystem. Die im Streitzeitraum danach gezahlten Grundstundenlöhne lagen unterhalb der jeweiligen Mindestlöhne der Gebäudereinigertarifverträge. Die Beklagte zahlte aber neben den Stundenlöhnen verschiedene Zuschläge, Einmalzahlungen, Urlaubsgelder und vermögenswirksame Leistungen, die sie – ua. unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) – sämtlich auf die von den Klägern geltend gemachten Mindestlöhne nach den Gebäudereinigertarifverträgen angerechnet hat. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, diese weiteren Leistungen könnten nicht auf die Mindestlöhne angerechnet werden, so dass die Arbeitgeberin zur Zahlung der Differenz weiterhin verpflichtet sei.

Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis im Geltungsbereich eines nach § 5 TVG allgemeinverbindlichen oder in seiner Wirkung nach § 1 Abs. 3a AEntG 2007 (jetzt § 7 AEntG 2009) auf bisher nicht an ihn gebundene Arbeitsverhältnisse erstreckten Tarifvertrages liegt, hat gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf den dort geregelten Mindestlohn. Für die Frage, ob und inwieweit der Arbeitgeber diesen Anspruch durch anderweitige Leistungen erfüllt hat, kommt es darauf an, welchen Zweck die anderen Leistungen haben. Sie sind dann als funktional gleichwertig zum Mindestlohn anzusehen, wenn sie dazu dienen, die nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag vorausgesetzte „Normalleistung“ abzugelten, nicht jedoch, wenn sie über die vom Tarifvertrag vorausgesetzte Verpflichtung hinaus geleistete Arbeitsstunden oder unter demgegenüber besonderen Erschwernissen geleistete Arbeit vergüten sollen (BAG, Urteil vom 18. April 2012 – 4 AZR 139/10).

Das BAG hat damit der Arbeitgeberin Recht gegeben, weil die von ihr neben dem Tarifstundenlohn für jede Arbeitsstunde gezahlte „Verkehrsmittelzulage“, unter deren Einschluss der Kläger mehr als den Mindestlohn erhielt, auf den geschuldeten Mindestlohn anzurechnen ist. Eine solche Zulage war für die von dem Arbeitnehmer verrichtete Arbeit nach den Gebäudereinigertarifverträgen nicht vorgesehen, die aber ausweislich ihres Geltungsbereichs den Mindestlohn auch für Verkehrsmittelreinigung festlegt hatten.

Bei der Anrechnung von Leistungen auf tariflich begründete Forderungen stellt das BAG darauf ab, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit der tariflich begründeten Zahlung zu vergüten ist. Die Beklagte zahlt die Verkehrsmittelzulage nach den richterlichen Feststellungen für die vom Kläger geleistete Arbeit, ohne dass eine Voraussetzung für einen Zuschlag oder einer Zulage nach dem Tarifvertrag verwirklicht wäre. Die Verkehrsmittelzulage ist demnach eine Vergütung auf den Mindestlohn.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 18. April 2012 – 4 AZR 139/10 

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Kündigung eines Reisevertrages wegen Flugverbots

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1362873679Der Bundesgerichtshof hatte zu entscheiden, ob ein Reisevertrag über eine Kreuzfahrt wegen höherer Gewalt gekündigt werden darf, wenn die Flugverbindungen zum Ausgangspunkt der Kreuzfahrt wegen eines behördlich angeordneten Flugverbots ausgefallen sind.

Der Kläger buchte über ein Reisebüro der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Karibikkreuzfahrt, die von der am Verfahren beteiligten Streithelferin veranstaltet wurde und am 19. April 2010 in Fort Lauderdale/USA beginnen sollte. Die Hin- und Rückflüge sowie weitere Leistungen buchte er gesondert. Im April 2010 wurde aufgrund der von dem isländischen Vulkan Eyjafjallajökull ausgestoßenen Aschewolke ein Flugverbot angeordnet. Der Kläger und seine Ehefrau konnten die gebuchten Flüge in die USA nicht antreten und deshalb an der Kreuzfahrt nicht teilnehmen. Mit Schreiben vom 18. April 2010 kündigte der Kläger gegenüber der Reiseveranstalterin den Vertrag über die Kreuzfahrt wegen höherer Gewalt. Die Reiseveranstalterin verlangte Stornogebühren von 90% des Reisepreises, die die Beklagte an sie zahlte.

Der Kläger verlangte von der Beklagten die Erstattung einer geleisteten Anzahlung. Die Beklagte forderte im Wege der Widerklage die Erstattung der an die Reiseveranstalterin gezahlten Stornogebühren.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Beklagten Ersatz für die Stornogebühren zugesprochen. Mit der Revision begehrte der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Bundesgerichtshof hat der Revision überwiegend stattgegeben.

Beim Vertrag über die Teilnahme an der Kreuzfahrt handelt es sich um einen Reisevertrag im Sinne des § 651a BGB, den der Reisende wirksam wegen höherer Gewalt gemäß § 651j BGB kündigen kann. Maßgeblich für das Kündigungsrecht ist, dass die individuelle Reise des Reisenden infolge bei Vertragsschluss nicht vorhersehbarer höherer Gewalt nicht stattfinden kann. Hier konnte die Kreuzfahrt als solche zwar durchgeführt werden, an ihr teilzunehmen war den Reisenden jedoch offensichtlich nicht möglich, zumindest aber erheblich erschwert (Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Dezember 2012 – X ZR 2/12).

Der Ansicht des LAG, der Vertrag über die Kreuzfahrt sei kein Reisevertrag und könne deshalb nicht wegen höherer Gewalt gekündigt werden, hat der BGH damit eine Abfuhr erteilt.

Infolge der wirksamen Kündigung durch den Kläger hat die Reiseveranstalterin gemäß § 651j Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 651e Abs. 3 Satz 1 BGB den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis verloren. Die Beklagte kann deshalb vom Kläger keine Erstattung des an die Reiseveranstalterin gezahlten Betrages verlangen. Einen Anspruch auf Erstattung der Anzahlung kann der Kläger hingegen nicht gegen das beklagte Reisebüro, sondern allenfalls gegen die Reiseveranstalterin geltend machen.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 – X ZR 2/12

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Urlaubsgeld im gekündigten Arbeitsverhältnis

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Tux-at-the-Beach-by-Merlin2525-remixKlauseln im Arbeitsvertrag unterliegen der AGB-Kontrolle. Im vorliegenden Streit geht es um eine Klausel die den Anspruch auf Urlaubsgeld für 30 Tage pro Jahr regelt. Voraussetzung ist nach der Regelung, dass der Arbeitnehmer sich im ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet. Zudem enthält die Regelung einen  Freiwilligkeitsvorbehalt. Zum 30.09.11 erfolgte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Teilweise hatte die Arbeitnehmerin bereits Urlaub genommen. Urlaubsgeld wollte ihr Arbeitgeber jedoch nicht bezahlen.

Die streitgegenständliche Klausel hat folgenden Wortlaut:

„4. Weiterhin erhält der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin pro genommenen Urlaubstag ein Urlaubsgeld von 2,4 % des monatlichen Bruttogeldes. Das Urlaubsgeld wird am Monatsende ausgezahlt. Voraussetzung für die Auszahlung des Urlaubsgeldes ist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis.        5. Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind ausdrücklich freiwillige Leistungen der Firma. Die Firma behält sich vor, diese Gratifikationen jederzeit herabzusetzen oder ganz entfallen zu lassen.…“

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen Die Revision der Klägerin wurde vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Nach der richterlichen Wertung dient hier die Sonderzuwendung im Form des Urlaubsgelds nicht der Vergütung für erbrachte Arbeitsleistungen, sondern der Arbeitgeber verfolgt damit andere Zwecke, wie hier eine Honorierung für Betriebstreue. Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass das Urlaubsgeld nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen (BAG, Urteil vom 22. Juli 2014 – 9 AZR 981/12).  Eine solche Stichtagsregelung ist nach der Rechtsprechung nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer gedacht, sondern auch als motivierende Wirkung für Arbeitnehmer die dem Betrieb weiterhin angehören.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 22. Juli 2014 – 9 AZR 981/12

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VonRA Moegelin

Recht auf Lüge bei Frage an Bewerber nach eingestellten Ermittlungsverfahren

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pinocchioprofileFragt ein Arbeitgeber in einem Einstellungsgespräch nach einer Schwangerschaft, besteht ein „Recht auf Lüge“. Das BAG hatte zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer auch wahrheitswidrige Angaben über gegen ihn anhängige Ermittlungsverfahren machen darf.

Der spätere Kläger bewarb sich als sogenannter Seiteneinsteiger im Sommer 2009 als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen. Vor seiner Einstellung wurde er aufgefordert, auf einem Vordruck zu erklären, ob er vorbestraft sei, und zu versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei. Der Kläger unterzeichnete den Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen Ermittlungsverfahren zu machen. Er wurde zum 15. September 2009 eingestellt. Im Oktober 2009 erhielt die zuständige Bezirksregierung einen anonymen Hinweis, der sie veranlasste, die Staatsanwaltschaft um Mitteilung strafrechtsrelevanter Vorfälle zu bitten. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste wies mehrere nach §§ 153 ff. StPO eingestellte Ermittlungsverfahren aus. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, weil der Kläger die Frage nach Ermittlungsverfahren unrichtig beantwortet habe. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Bereits eingestellte Ermittlungsverfahren habe er nicht angeben müssen.

Das Arbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung, das Landesarbeitsgericht auch die ordentliche Kündigung als unwirksam angesehen. Die hiergegen eingelegte Revision des beklagten Landes blieb vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg.

Der Arbeitgeber darf den Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen. Eine solche unspezifizierte Frage verstößt gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidungen des § 53 Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch und verneint der Bewerber in Wahrnehmung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts wahrheitswidrig, dass gegen ihn Ermittlungsverfahren anhängig waren, darf der Arbeitgeber das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis nicht wegen dieser wahrheitswidrig erteilten Auskunft kündigen (BAG, Urteil vom 15. November 2012 – 6 AZR 339/11).

Eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren darstellt, ist nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen nur zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Solche Informationen zu abgeschlossenen Ermittlungsverfahren sind nach Ansicht des BAG für die Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht erforderlich und damit nicht durch § 29 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gestattet. Die allein auf die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage nach Ermittlungsverfahren gestützte Kündigung verstieß deshalb gegen die objektive Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie im Recht auf informationelle Selbstbestimmung, bei dem es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) handelt, zum Ausdruck kommt. Sie war deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 15. November 2012 – 6 AZR 339/11

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