Monatsarchiv 24. Dezember 2016

VonRA Moegelin

Stichtag der Weihnachtsgratifikation

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Christmas_Tree_by_Merlin2525Zum Fest der Liebe gibt es eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die den Streit über die Zahlungsmodalidäten einer Weihnachtsgratifikation zum Inhalt hat.

Eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.

Die Parteien haben über einen Anspruch auf eine als „Weihnachtsgratifikation“ bezeichnete Sonderzahlung für das Jahr 2010 gestritten. Der Kläger war seit 2006 bei der Beklagten, einem Verlag, als Controller beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Die Beklagte übersandte jeweils im Herbst eines Jahres ein Schreiben an alle Arbeitnehmer, in dem „Richtlinien“ der Auszahlung aufgeführt waren. In dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es ua., die Zahlung erfolge „an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis“ befänden; Verlagsangehörige sollten für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts erhalten. Im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer erhielten die Sonderzahlung nach den Richtlinien anteilig. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund seiner Kündigung am 30. September 2010. Mit der Klage hat er anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung begehrt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Auf die Revision des Klägers hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zur Zahlung verurteilt. Die Sonderzahlung soll nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, dient aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen wie die in den Richtlinien vereinbarte nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klausel benachteiligt den Kläger unangemessen. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Der Vergütungsanspruch wurde nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben. Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte, sind nicht ersichtlich.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. November 2013 – BAG 10 AZR 848/12; vgl. Pressemitteilung Nr. 69/13)

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VonRA Moegelin

Mitbestimmung beim Facebook-Auftritt des Arbeitgebers

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iconos_redes_sociales_facebookDas Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Betriebsrat unter gewissen Voraussetzungen beim Facebook-Auftritt des Arbeitgebers ein Recht auf Mitbestimmung hat.

Ermöglicht der Arbeitgeber auf seiner Facebook-Seite für andere Facebook-Nutzer die Veröffentlichung von sogenannten Besucher-Beiträgen (Postings), die sich nach ihrem Inhalt auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Beschäftigter beziehen, unterliegt die Ausgestaltung dieser Funktion der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Die Arbeitgeberin ist das herrschende Unternehmen eines Konzerns, der Blutspendedienste betreibt. Bei den Blutspendeterminen sind ein oder mehrere Ärzte sowie bis zu sieben weitere Beschäftigte tätig. Sie tragen Namensschilder. Im April 2013 richtete die Arbeitgeberin bei Facebook eine Seite für konzernweites Marketing ein. Bei Facebook registrierte Nutzer können dort Postings einstellen. Nachdem sich Nutzer darin zum Verhalten von Arbeitnehmern geäußert hatten, machte der Konzernbetriebsrat geltend, die Einrichtung und der Betrieb der Facebook-Seite sei mitbestimmungspflichtig. Die Arbeitgeberin könne mit von Facebook bereitgestellten Auswertungsmöglichkeiten die Beschäftigten überwachen. Unabhängig davon könnten sich Nutzer durch Postings zum Verhalten oder der Leistung von Arbeitnehmern öffentlich äußern. Das erzeuge einen erheblichen Überwachungsdruck.

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen die Abweisung seiner Anträge durch das Landesarbeitsgericht hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg. Der Mitbestimmung unterliegt die Entscheidung der Arbeitgeberin, Postings unmittelbar zu veröffentlichen. Soweit sich diese auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen, führt das zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. Dezember 2016 – 1 ABR 7/15; vgl. Pressemitteilung Nr. 64/16)

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VonRA Moegelin

Schadensersatz wegen verspäteter Lohnzahlung

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CoD-fsfe-calendarDas LAG Köln meint, der Arbeitgeber habe eine Verzugspauschale von 40 € bei verspäteter Lohnzahlung zu leisten. Das ist fraglich, da es im Arbeitsrecht keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gibt. Das letzte Wort hat das BAG. Die revision wurde zugelassen.

Die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln hat entschieden, dass ein Arbeitgeber, der Arbeitslohn verspätet oder unvollständig auszahlt, dem Arbeitnehmer gemäß § 288 Absatz 5 BGB einen Pauschal-Schadensersatz in Höhe von 40 Euro zu zahlen hat.

Nach dem 2014 neu eingefügten § 288 Absatz 5 BGB hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners neben dem Ersatz des durch den Verzug entstehenden konkreten Schadens Anspruch auf die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Diese Pauschale ist auf den Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Da es im Arbeitsrecht – anders als im allgemeinen Zivilrecht – keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gibt, ist umstritten, ob die gesetzliche Neuregelung gerade deswegen im Arbeitsrecht relevant wird oder ob im Hinblick auf das Fehlen eines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten auch die 40-Euro-Pauschale wegfällt.

Die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts K̦ln hat diese Rechtsfrage nunmehr erstmals obergerichtlich entschieden und Рanders als die Vorinstanz Рdie Anwendbarkeit der 40-Euro-Pauschale auf Arbeitsentgeltforderungen bejaht.

Es verneint eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht. Bei der 40-Euro-Pauschale handele es sich um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins, der auch auf Arbeitsentgeltansprüche zu zahlen sei. Auch der Zweck der gesetzlichen Neuregelung – die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen – spreche für eine Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern, die ihren Lohn unpünktlich oder unvollständig erhalten.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.

(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22. November 2016, 12 Sa 524/16, vgl. Pressemitteilung vom 25.11.2016)

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VonRA Moegelin

Inhaltskontrolle von Arbeitsvertragsänderungen

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CoD-fsfe-Sign-iconBei der Verwendung von Arbeitsverträgen werden üblicherweise Musterverträge verwendet, die vorformulierte Klauseln zum Inhalt haben und nicht nur für die einmalige Verwendung gedacht sind, sondern für eine Vielzahl von Vertragsabschlüssen zur Anwendung kommen sollen. Die Klauseln sind dann als allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) anzusehen

Vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gestellte Vertragsbedingungen, mit denen der Inhalt eines Arbeitsverhältnisses abgeändert wird, unterliegen einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht, wenn sich der Arbeitgeber im Vorfeld der Vertragsänderung im Hinblick auf die geänderten Regelungen einer Rechtsposition berühmt.

Der Kläger ist seit Oktober 2000 bei der Beklagten, einer Bank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Die Beklagte hatte einem Teil der Arbeitnehmer, so auch dem Kläger, eine an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung zugesagt. Darüber hinaus gewährte sie unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitnehmern, die 20 Jahre im Kreditgewerbe, davon zehn Jahre bei ihr beschäftigt waren, ein „Versorgungsrecht“. Dadurch wurden diese Arbeitnehmer nicht nur hinsichtlich ihrer Altersversorgung, sondern auch hinsichtlich des Kündigungsschutzes, der Beihilfe und der Entgeltfortzahlung bei Krankheit Beamten angenähert. Damit wurde das Arbeitsverhältnis sozialversicherungsfrei.

Im Jahr 2009 beschloss die Beklagte aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage, die Gesamtversorgungszusage zu widerrufen und keine Versorgungsrechte mehr zu erteilen. Sie bot eine beitragsorientierte betriebliche Altersversorgung an. Der Kläger unterzeichnete – wie eine Vielzahl anderer Arbeitnehmer – im Jahr 2010 ein von der Beklagten vorbereitetes Formular, in dem er sich auch mit „der Einstellung der Erteilung“ des Versorgungsrechts „einverstanden“ erklärte. Am 15. Mai 2012 entschied das Bundesarbeitsgericht (ua. – 3 AZR 610/11 -) für Arbeitnehmer, die keine derartige Erklärung abgegeben hatten, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Anspruch aus betrieblicher Ãœbung auf Gewährung des Versorgungsrechts besteht.

Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet, ihm bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Versorgungsrecht zu erteilen. Wie bereits in den Vorinstanzen hatte diese Klage vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Mit seiner Erklärung aus dem Jahr 2010 hat der Kläger ein Angebot der Beklagten angenommen, das auch die Aufgabe des Anspruchs auf Erteilung des Versorgungsrechts enthielt. Damit kam eine Vereinbarung über eine Vertragsänderung zustande. Der Inhalt der Vereinbarung war nicht unklar oder überraschend. Die Vertragsänderung unterliegt der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht. Prüfungsmaßstab ist das § 779 BGB zugrunde liegende Rechtsprinzip, welches eine Streitbeilegung durch gegenseitiges Nachgeben vorsieht. Die Inhaltskontrolle geht zugunsten der Beklagten aus, da die Vertragsänderung nicht unangemessen ist. Sonstige Rechtsgründe stehen dem Kläger nicht zur Seite.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. November 2016 – BAG 3 AZR 539/15; vgl. Pressemitteilung Nr. 61/16)

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