Schlagwort-Archiv öffentlicher Dienst

VonRA Moegelin

Mittelbare Diskriminierung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft

Share

Penguin-Couple-2-by-Merlin2525Eine Lehrerin die im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, verlangt von ihren Arbeitgeber den kinderbezogenen Bestandteils des Ortszuschlags und zwar mit Wirkung des Beginns ihrer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Im gemeinsamen Haushalt wohnen auch die beiden leiblichen Kinder der Lebenspartnerin der Klägerin. Im Vergütungssystem des damals gültigen BAT waren kinderbezogene Entgeltbestandteile vorgesehen. Der BAT wurde übergeleitet in den nunmehr gültigen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Voraussetzung für den Anspruch darauf war ein Anspruch auf Kindergeld. Für diesen werden auch vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten berücksichtigt. Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist allerdings keine Ehe. Darum stand nach dem Tarifrecht Angestellten des öffentlichen Dienstes, die Kinder ihres eingetragenen Lebenspartners in ihren Haushalt aufnahmen, kein Anspruch auf den kinderbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag zu.

Das Arbeitsgericht hat der Klage der Klage der Lehrerin auf Zahlung des kinderbezogenen Bestandteils im Ortszuschlag stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Auch die Revision war ohne Erfolg.

Die Versagung des kinderbezogenen Bestandteils im Ortszuschlag bei eingetragener Lebenspartnerschaft ist gleichheitswidrig und benachteiligt eingetragene Lebenspartner gegenüber Ehepartnern und ist deshalb gemäß Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam (BAG, Urteil vom 18. März 29010 – 6 AZR 156/09).

Der kinderbezogene Bestandteil im Ortszuschlag wurde nach Ansicht des BAG im Hinblick auf die aus der Erziehung und Betreuung von Kindern folgende finanzielle Belastung auch für in den Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten gewährt, weil mit dieser Aufnahme ein familiäres Betreuungs- und Erziehungsverhältnis begründet wurde. Ausgehend von diesem Zweck gäbe es keine sachlichen Gründe, die es rechtfertigten, den kinderbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag für in den Haushalt aufgenommene Kinder der eingetragenen Lebenspartnerin zu versagen.

Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Landes war daher zurückzuweisen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 18. März 2010 – 6 AZR 156/09

Share
VonRA Moegelin

Ablösung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nach Betriebsübergang

Share

tango-arrows-blueDer Übergang eines Betriebes mit der Folge, dass ein neuer Arbeitgeber zur Partei des Arbeitsvertrages wird, ist in § 613a BGB geregelt. Durch diese Norm wird das Recht des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes in besonderer Weise geschützt. Das LAG Berlin-Brb hatte zu entscheiden, ob das auch für eine arbeitsvertraglich vereinbarte unbedingte Bezugnahme auf einen Tarifvertrag gilt.

Dem liegt der Fall eines nichttarifgebundenen Arbeitnehmers zugrunde. Er wurde von dem Rechtsvorgänger der Arbeitgeberin als Krankenpfleger eingestellt. In dem Arbeitsvertrag vom 05.08.2002 wurde auf den BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis ging im Jahr 2006 vom Land Brandenburg auf die beklagte Arbeitgeberin über, einer privaten Krankenhausbetreiberin, die im Jahr 2013 mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di mehrere Haustarifverträge abschloss und sie auf das Arbeitsverhältnis anwendete. Die Arbeitgeberin weigerte sich, die für den öffentlichen Dienst vereinbarten Gehaltserhöhungen an den Kläger zu zahlen.

Eine arbeitsvertraglich vereinbarte unbedingte Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung bindet im Falle eines Betriebsübergangs nach § 613 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Betriebserwerber. Ihre Wirkung wird nicht durch den Abschluss von Haustarifverträgen, die nicht kraft Tarifbindung oder einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, beseitigt. Dem steht das Unionsrecht nicht entgegen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.12.2014 – 24 Sa 1126/14)

Das Landesarbeitsgericht gab damit dem Arbeitnehmer Recht, wonach die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes weiterhin in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Das Arbeitsverhältnis sei nicht auf der Grundlage der Haustarifverträge durchzuführen, weil diese weder einzelvertraglich vereinbart worden seien noch kraft Tarifbindung gölten. Eine Ablösung der in Bezug genommenen Tarifverträge sei wegen der fehlenden Tarifbindung des Arbeitnehmers auch nicht infolge des Betriebsübergangs (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB) erfolgt. Die zeitdynamische Weitergeltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes widerspreche nicht dem Unionsrecht und der Entscheidung des EuGH vom 08.07.2013 (- C-426/11 – Alemo-Herron). Der von der Richtlinie 2001/23/EG geforderte Schutz der Erwerberinteressen und die in der Grundrechtecharta garantierte Unternehmerfreiheit geböten es nicht, eine Bindung des Betriebserwerbers an die arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge auszuschließen, solange das nationale Recht eine Anpassung des Vertrages durch einvernehmliche Änderung oder Änderungskündigung ermögliche. Ein anderes Verständnis der genannten Entscheidung des EuGH sei aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Share
VonRA Moegelin

Außerordentliche Verdachtskündigung wegen Bestechlichkeit im öffentlichen Dienst

Share

molumen-red-square-error-warning-iconEin Sachbearbeiter war bei der Beklagten, einer Anstalt des Öffentlichen Rechts, die öffentliche Badeeinrichtungen betreibt, seit 12 Jahren im Bereich Einkauf tätig. Ihm oblagen die Prüfung der Rechnungen auf sachliche und rechnerische Richtigkeit sowie die Auftragsvergabe und -abwicklung unter Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen, wozu auch die Forderung von sog. Eigenerklärungen der Wettbewerber, die Dokumentation des Vergabeverfahrens und unter bestimmten Bedingungen auch die Einschaltung der Vergabekommission gehörten. Er hatte schriftlich bestätigt, dass er keine Beziehungen zu Personen oder Unternehmen unterhalte, mit denen die Beklagte Geschäfte machte.

In der Zwischenzeit war bei der Beklagten der Verdacht aufgekommen, dass eine Reinigungsfirma erbrachte Leistungen falsch abgerechnet hatte. Es waren ebenfalls Beschwerden über die Qualität der Dienstkleidung eingegangen. Der Sachbearbeiter erhielt unstreitig von der Geschäftsführerin einer Firma, mit der die Beklagte Geschäfte machte, eine Zahlung in Höhe von 2.500 €, die über die Western Union als Bargeldtransfer abgewickelt wurde. Deswegen forderte ihn die Beklagte unter dem Vorhalt zahlreicher Pflichtverstöße bei vier Vergabeverfahren und der Geldannahme von 2.500 € zur Stellungnahme auf. Er leugnete eine Vorteilsannahme und räumte lediglich die Zahlung als privates Darlehen der Frau M. ein, zusammen mit der Einlassung, es zurückgezahlt zu haben. Die Nichteinschaltung der Vergabekommission habe sein Vorgesetzter als Leiter Einkauf zu verantworten.

Er erhielt deswegen die fristlose, hilfsweise ordentliche Verdachtskündigung, gegen die er Kündigungsschutzklage erhob.

Der Kläger hat in beiden Instanzen verloren. Das LAG hat seine Berufung zurückgewiesen.

Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, der Vorteile auch nur schlicht entgegen nimmt, verletzt seine Pflichten in einem erheblichen Ausmaß, was regelmäßig eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Unerheblich ist, ob es zu schädigenden Handlungen gekommen ist. Ausreichend ist, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität von Trägern staatlicher Funktionen und in die Redlichkeit des Arbeitnehmers persönlich erschüttert wird. Der wichtige Grund zur Lösung des Arbeitsverhältnisses liegt in erster Linie in der zu Tage getretenen Einstellung des Betroffenen, bei der Erfüllung von Aufgaben unbedenklich eigene Vorteile wahrzunehmen. Dadurch zerstört ein Arbeitnehmer regelmäßig das notwendige Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit. (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom  24.01.2014 – 9 Sa 1335/13)

Die Pflichtwidrigkeit des Klägers sah das LAG schon im Erwerb des Geldes. Denn die konspirative Zahlung musste jedenfalls den Eindruck bei Konkurrenzfirmen erwecken, dass sie direkt mit der Auftragsvergabe zusammenhing. Im Übrigen stellt bereits die zinslose und verdeckte Darlehensvergabe, sollte es denn eine gewesen sein, einen Vorteil dar, der in den Augen von Konkurrenten zu einem „entsprechenden“ Eindruck führen muss.

Eine besondere Schutzwürdigkeit des Klägers bestand nach Ansicht des Gerichts nicht, auch nicht wegen seiner zwölfjährigen Betriebszugehörigkeit. Das Ausmaß der Pflichtverletzung, der Verschuldensgrad und der damit einhergehende Vertrauensverlust sei derart schwerwiegend, dass das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegt. Denn der Kläger kannte das Verbot der Vorteilsannahme, habe diese zu verschleiern versucht und um den Vorteil zu erlangen, auch noch gegen Pflichten im Vergabeverfahren verstoßen. Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt, denn seine Einlassung, er habe nicht gewusst, dass er eine „private“ Zahlung von Frau M. nicht habe annehmen dürfen und sei deshalb schuldlos, widerspreche jeder Lebenserfahrung. Dass er die Verantwortung hinsichtlich der Pflichtverstöße bei den Vergabeverfahren auf seinen damaligen Vorgesetzten abschiebt, erheblichen Zeitdruck einwendet und eine Wiederholungsgefahr leugnet, wertete das LAG als „hilflosen und unbeachtlichen“ Entlastungsversuch.

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: LAG Berlin-Brb, Urteil vom 24. Januar 2014 – 9 Sa 1335/13

Share
Blogverzeichnis TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Blogverzeichnis Bloggerei.de