Schlagwort-Archiv Arbeitsvertrag

VonRA Moegelin

Befristung wegen der Eigenart der Arbeitsleistung

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Die über 18 Jahre immer wieder neue Befristung eines Arbeitsverhältnisses kann wegen der Eigenart der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt sein. So verhält es sich im Fall eines Schauspielers, der den Kommissar in der Krimiserie „Der Alte“ spielte. In einer Parallelentscheidung hat das BAG ebenso die sachliche Rechtfertigung festgestellt. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer sogar 28 Jahre lang die Rolle des Kommissars gespielt

Die Eigenart der Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG kann die Befristung des Arbeitsvertrags einer Filmproduktionsgesellschaft mit einem Schauspieler sachlich rechtfertigen, der aufgrund einer Vielzahl von befristeten Arbeitsverträgen langjährig in derselben Rolle einer Krimiserie beschäftigt wurde.

Der Kläger ist Schauspieler und stellte in der vom ZDF ausgestrahlten und von der Beklagten im Auftrag des Fernsehsenders produzierten Krimiserie „Der Alte“ 18 Jahre lang den Kommissar „Axel Richter“ dar. Die Parteien schlossen jeweils sog. „Mitarbeiterverträge“ bzw. „Schauspielerverträge“ ab, die sich auf einzelne Folgen oder auf die in einem Kalenderjahr produzierten Folgen bezogen. Zuletzt wurde der Kläger durch Vertrag vom 13./16. Oktober 2014 in der Zeit bis zum 18. November 2014 für insgesamt 16 Drehtage zur Produktion der Folgen Nr. 391 und 392 verpflichtet. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung in dem zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag sei mangels Sachgrunds unwirksam; außerdem liege eine unzulässige „Kettenbefristung“ vor.

Die Vorinstanzen haben die Befristungskontrollklage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Befristung des mit dem Kläger zuletzt geschlossenen Vertrags vom 13./16. Oktober 2014 ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG durch die Eigenart der Arbeitsleistung sachlich gerechtfertigt.

Durch den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG geregelten Sachgrund soll die Befristung von Arbeitsverhältnissen ua. in dem durch die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) geprägten Gestaltungsinteresse des Arbeitgebers ermöglicht werden. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung und Anwendung des Sachgrunds in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG darf aber nicht allein die Kunstfreiheit Beachtung finden. Vielmehr ist auch dem nach Art. 12 Abs. 1 GG zu gewährleistenden Mindestbestandsschutz des künstlerisch tätigen Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. Dies gebietet eine Abwägung der beiderseitigen Belange, bei der auch das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers angemessen Berücksichtigung finden muss. Die Interessenabwägung ist Bestandteil der Sachgrundprüfung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG.

Die Befristungskontrollklage hatte danach keinen Erfolg. Die Entscheidung der Beklagten, die Rolle des Klägers nur befristet zu besetzen, beruht auf künstlerischen Erwägungen, die von der Beklagten umgesetzt wurden. Die langjährige Beschäftigung des Klägers in der Rolle des Kommissars „Axel Richter“ in der Krimiserie „Der Alte“ überwiegt nicht das Interesse an einer kurzfristig möglichen Fortentwicklung des Formats durch die Streichung der vom Kläger bekleideten, im Kernbereich des künstlerischen Konzepts liegenden und die Serie mitprägenden Rolle.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. August 2017 – BAG 7 AZR 864/15 – vgl. Pressemitteilung Nr. 36/17; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 29. Oktober 2015 – 4 Sa 527/15 – )

Das Bundesarbeitsgericht hat am selben Tag – wie die Vorinstanzen – die gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Befristung gerichtete Klage eines weiteren Schauspielers abgewiesen, der 28 Jahre lang die Rolle des Kommissars „Werner Riedmann“ in der Krimiserie „Der Alte“ besetzte.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. August 2017 – 7 AZR 440/16 -; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 11. Mai 2016 – 8 Sa 541/15 -)

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VonRA Moegelin

Dynamik einer Verweisungsklausel nach Betriebsübergang

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Eine zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Arbeitnehmer einzelvertraglich vereinbarte Klausel, die dynamisch auf einen Tarifvertrag verweist, verliert ihre Dynamik im Arbeitsverhältnis mit dem Betriebserwerber nicht allein aufgrund des Betriebsübergangs.

Die Klägerin ist seit 1986 als Stationshilfe in einem Krankenhaus beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist eine Verweisung auf den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 (BMT-G II) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge vereinbart. Träger des Krankenhauses war ursprünglich ein Landkreis, der Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) war. Im Jahr 1995 wurde das Krankenhaus privatisiert und nunmehr von einer GmbH betrieben, die ebenfalls tarifgebunden war. Ende 1997 ging der Betriebsteil, in dem die Klägerin beschäftigt war, auf die K. FM GmbH i.G. über, die nicht Mitglied im KAV war. Im Zusammenhang mit der Ausgliederung vereinbarte die K. FM GmbH i.G. auf der Grundlage eines mit der Veräußererin und ihrem Betriebsrat geschlossenen Personalüberleitungsvertrags mit der Klägerin, dass „der BMT-G II in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge“ für das Arbeitsverhältnis der Klägerin „weiterhin“ Anwendung findet. In den folgenden sechs Jahren wurde der BMT-G II wie zuvor dynamisch angewandt. Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Beklagte über, die es weiterhin nach den Regelungen des BMT-G II (Stand: 31. Dezember 2003) durchführte. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Anwendung des TVöD-VKA und des TVÃœ-VKA auf ihr Arbeitsverhältnis begehrt. Sie ist – anders als die Beklagte – der Auffassung, diese seien als den BMT-G II ersetzende Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis dynamisch anwendbar. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit Beschluss vom 17. Juni 2015 (- 4 AZR 95/14 (A) -) den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um eine Vorabentscheidung zur Vereinbarkeit seiner Auslegung von § 613a Abs. 1 BGB mit dem Unionsrecht ersucht. Mit Urteil vom 27. April 2017 (- C-680/15 – und – C-681/15 – [Asklepios Kliniken Langen-Seligenstadt]) hat der EuGH entschieden, dass die RL 2001/23/EG in Verbindung mit Art. 16 GRC der dynamischen Fortgeltung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nicht entgegen steht, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht.

Die Revision der Beklagten vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts war nunmehr erfolglos. Die für die Betriebsveräußererin und die Klägerin verbindliche dynamische Bezugnahmeklausel wirkt auch im Arbeitsverhältnis der Prozessparteien weiterhin dynamisch. Ein Betriebserwerber kann nach nationalem Recht sowohl – einvernehmlich – im Wege des Änderungsvertrags als auch – einseitig – im Wege der Änderungskündigung (§ 2 KSchG) etwa erforderliche Anpassungen der arbeitsvertraglichen Bedingungen vornehmen. Unter welchen Voraussetzungen eine Änderungskündigung zum Zwecke der „Entdynamisierung“ einer Bezugnahmeklausel im Einzelfall sozial gerechtfertigt ist, bedurfte im Streitfall keiner Entscheidung. Die Beklagte hat eine Änderungskündigung nicht erklärt.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. August 2017 – BAG 4 AZR 95/14 – vgl. Pressemitteilung Nr. 35/17; Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 8 Sa 512/13 -)

Der Vierte Senat hat auch in einem Parallelverfahren die Revision der Beklagten zurückgewiesen (- 4 AZR 61/14 -). Beklagte in dem dortigen Verfahren ist ein anderes Unternehmen desselben Konzerns.

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VonRA Moegelin

Befristeter Arbeitsvertrag für einen Arzt in der Weiterbildung nach ÄArbVtrG

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Für einen Arzt in der Weiterbildung gibt es ein Spezialgesetz, das die Befristung seines Arbeitsvertrages rechtfertigt. Es heißt „Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung“ (ÄArbVtrG). Das BAG hat in diesem Zusammenhang zur Frage der Wirksamkeit der Befristung einer Ärztin für Innere Medizin, die sich in der Weiterbildung befindet, entschieden.

Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) liegt ein die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund ua. vor, wenn die Beschäftigung des Arztes der zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder dem Erwerb einer Anerkennung für einen Schwerpunkt dient. Voraussetzung für eine Befristung nach § 1 Abs. 1 ÄArbVtrG ist, dass die beabsichtigte Weiterbildung die Beschäftigung des Arztes prägt. Dabei ist nach allgemeinen befristungsrechtlichen Grundsätzen auf die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Planungen und Prognosen abzustellen, die der Arbeitgeber im Prozess anhand konkreter Tatsachen darzulegen hat. Dazu ist anzugeben, welches Weiterbildungsziel mit welchem nach der anwendbaren Weiterbildungsordnung vorgegebenen Weiterbildungsbedarf für den befristet beschäftigten Arzt angestrebt wurde, und jedenfalls grob umrissen darzustellen, welche erforderlichen Weiterbildungsinhalte in welchem zeitlichen Rahmen vermittelt werden sollten. Ein schriftlicher detaillierter Weiterbildungsplan ist ebenso wenig erforderlich wie die Aufnahme eines solchen Plans in die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien.

Die Klägerin ist Fachärztin für Innere Medizin. Im Juni 2012 schlossen die Parteien einen nach dem ÄArbVtrG für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 30. Juni 2014 befristeten Arbeitsvertrag zum Erwerb der Anerkennung für den Schwerpunkt „Gastro-enterologie“. Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung zum 30. Juni 2014 geltend gemacht.

Die Klage hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts – ebenso wie zuvor beim Landesarbeitsgericht – Erfolg. Nach dem Vorbringen der Beklagten war nicht erkennbar, ob im Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung die Prognose gerechtfertigt war, dass eine zeitlich und inhaltlich strukturierte Weiterbildung die Beschäftigung der Klägerin prägen würde.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.06.17 – BAG 7 AZR 597/15; Pressemitteilung Nr. 26/17)

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VonRA Moegelin

Keine Arbeitsverhältnisse zwischen Religionsgelehrten und DITIB

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Das Arbeitsgericht Köln hatte über Klagen von Imamen gegen ihre Entlassung aus ihrem Anstellungsverhältnis mit der DITIB zu entscheiden. Die Klagen scheiterten schon deswegen, weil das Gericht keinen Arbeitsvertrag als Rechtsgrundlage erkennen konnte.

In den Rechtsstreitigkeiten von Religionsgelehrten gegen DITIB Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) (Aktenzeichen wurden heute Urteile verkündet. Die Klagen waren ohne Erfolg. Die beiden Kläger waren durch Ministerialerlass der türkischen Republik vom 15.08.2016 von ihren Ämtern enthoben worden. Mit ihren Klagen machen sie den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses mit DITIB geltend. Ein solches Arbeitsverhältnis nahm das Arbeitsgericht jedoch nicht an. Nach der Begründung des Gerichts haben die Kläger nicht ausreichend dargestellt, dass

seitens DITIB Weisungen erteilt worden sind, die für ein Arbeitsverhältnis relevant sind. Die zum Nachweis solcher Weisungen von den Klägern vorgelegten E-Mails seien zum Teil nicht von DITIB versandt worden bzw. überhaupt nicht an die Kläger gerichtet. Sie enthielten zudem keine konkreten Arbeitsanweisungen, sondern allgemeine Handlungsempfehlungen. Da DITIB keine Arbeitsanweisungen erteilt habe, könne auch keine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vorliegen. Einziger „Schnittpunkt“ zwischen den Klägern und DITIB sei der Umstand, dass DITIB Eigentümer der Moscheen ist, in denen die Kläger ihre Tätigkeiten als Religionsgelehrte verrichtet und in der sie während dieser Zeit gewohnt haben. Dies allein vermag die Annahme der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht zu rechtfertigen.

Die Entscheidungen können demnächst in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE (www.nrwe.de) unter Eingabe des Aktenzeichens aufgerufen werden.

Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Gegen die Urteile kann Berufung beim

Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

(vgl. Pressemitteilung Nr. 5/2017 vom 07.04.2017 des Arbeitsgerichts Köln – 1 Ca 7863/16 und 1 Ca 7864/16)

Weitere Informationen unter http://www.spiegel.de/karriere/arbeitsgericht-koeln-imame-scheitern-mit-klagen-gegen-ihre-entlassung-a-1142332.html

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VonRA Moegelin

Betriebsübergang durch Erwerb von Unternehmensanteilen

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Der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen stellt keinen Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen dar. Der Entscheidung liegt folgender Fall zugrunde.

Der Kläger ist seit 1984 bei der Beklagten, die eine Rehabilitationsklinik betreibt, beschäftigt. Nach § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961, die diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung (…), soweit in dem Arbeitsvertrag nicht ausdrückliche Regelungen getroffen sind. Die Beklagte war und ist nicht tarifgebunden. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde die M AG mit Wirkung zum 1. Januar 2002 Gesellschafterin der Beklagten. Bereits seit Jahren streiten die Parteien darüber, ob dem Kläger Entgelt nach den Entgelttabellen des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst (TVöD) in ihrer jeweils geltenden Fassung zusteht. Mit Urteil vom 15. Februar 2007 hat das Arbeitsgericht Essen in einem Vorprozess ua. festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften des TVöD vom 13. September 2005 einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Kläger hat die Beklagte ua. auf Zahlung rückständigen Entgelts für die Monate Januar bis November 2013 auf der Grundlage einer im Jahr 2013 geltenden Entgelttabelle des TVöD in Anspruch genommen. Zur Begründung hat er sich auf das rechtskräftige Urteil des Arbeitsgerichts Essen in dem Vorprozess berufen. Die Beklagte hat geltend gemacht, aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (EuGH 18. Juli 2013 – C-426/11 -) sowie aus Art. 16 der Charta der Grundrechte (GRC) folge, dass sie nicht dynamisch an den TVöD gebunden sei; vielmehr gelte der BAT statisch mit dem Stand 31. Januar 2003. Dies führe zu einer Durchbrechung der Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils in dem Vorprozess.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das Landesarbeitsgericht durfte dem Kläger nicht das eingeklagte Entgelt zusprechen. Zwar hat der Kläger für die Monate Januar bis November 2013 nach § 2 des Arbeitsvertrages iVm. § 15 TVöD Anspruch auf das monatliche Tabellenentgelt nach der für diese Zeit für ihn maßgeblichen Tabelle. Aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom 15. Februar 2007 steht rechtskräftig fest, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften des TVöD einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Daran ändern weder das Urteil des EuGH in der Rechtssache Alemo-Herron ua. (EuGH 18. Juli 2013 – C-426/11 -) noch Art. 16 GRC etwas, da der vorliegende Sachverhalt weder in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen beim Ãœbergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- und Betriebsteilen noch in den von Art. 16 GRC fällt. Der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen stellt nach der Rechtsprechung des EuGH keinen Ãœbergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen iSd. Richtlinie 2001/23/EG dar.

Das angefochtene Urteil erweist sich allerdings insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landesarbeitsgericht nicht geprüft hat, ob dem Kläger Entgelt nach der von ihm reklamierten Entgeltgruppe KR 7a Stufe 6 zustand. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht abschließend beurteilen, nach welcher Entgeltgruppe und welcher Stufe welcher Tabelle sich das monatliche Entgelt des Klägers bemisst, und damit nicht entscheiden, in welcher Höhe dem Kläger Ansprüche auf rückständiges Entgelt zustehen. Dies führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2017 – BAG 8 AZR 89/15; Pressemitteilung Nr. 18/17)

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VonRA Moegelin

Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit

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Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Ist jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.

Der Kläger war ab April 2014 bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den die Beklagte vorformuliert hatte, war in § 1 pauschal bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten; dieser sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. In § 3 des Arbeitsvertrags war unter der Überschrift „Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses“ vorgesehen, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. In § 8 des Vertrags, der mit „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ überschrieben war, war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte. Am 5. September 2014 erhielt der Kläger eine Kündigung zum 20. September 2014. Er begehrt die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist und damit zum 31. Oktober 2014 geendet. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Bestimmungen des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrags sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags ist vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gilt auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2017 – BAG 6 AZR 705/15, vgl. Pressemitteilung Nr. 17/17)

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