Monatsarchiv 26. März 2016

VonRA Moegelin

Diskriminierung bei der EKD wegen der Konfession bei Einstellung

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UnbenanntNach § 9 AGG kann eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften zulässig sein. Daraus folgt an sich die Berechtigung, den Bewerber einer Arbeitsstelle ablehnen zu können, der der „falschen“ oder gar keiner Konfession angehört. Im folgenen Fall äußert das BAG Bedenken, ob die Ablehnung einer konfessionslosen Bewerberin bei unionsrechtskonformer Auslegung mit dem Diskriminierungsverbot des AGG vereinbar ist.

Der Beklagte ist ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Für ihn gilt die Richtlinie des Rates der EKD nach Art. 9 Buchst. b Grundordnung über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der EKD und des Diakonischen Werkes vom 1. Juli 2005. Im November 2012 schrieb der Beklagte eine befristete Referentenstelle für das Projekt „Parallelberichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention“ aus. Die Ausschreibung enthielt ua. folgende Angabe: „Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus. Bitte geben Sie Ihre Konfession im Lebenslauf an.“ Die konfessionslose Klägerin, deren Bewerbung nach einer ersten Bewerbungssichtung des Beklagten noch im Auswahlverfahren verblieben war, wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage von dem Beklagten eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. mindestens 9.788,65 Euro. Sie ist der Auffassung, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht erhalten. Dies sei jedenfalls bei unionsrechtskonformer Auslegung nicht mit dem Diskriminierungsverbot des AGG vereinbar.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren nach Zahlung einer angemessenen Entschädigung weiter.

Im Hinblick auf das grundsätzliche Erfordernis einer unionsrechtskonformen Auslegung des AGG hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:

  1. Ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG dahin auszulegen, dass ein Arbeitgeber, wie der Beklagte im vorliegenden Verfahren, bzw. die Kirche für ihn – verbindlich selbst bestimmen kann, ob eine bestimmte Religion eines Bewerbers nach der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts seines/ihres Ethos darstellt?
  2. Sofern die erste Frage verneint wird:

Muss eine Bestimmung des nationalen Rechts wie hier § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften und die ihnen zugeordneten Einrichtungen auch zulässig ist, wenn eine bestimmte Religion unter Beachtung des Selbstverständnisses dieser Religionsgemeinschaft im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt, in einem Rechtsstreit wie hier unangewendet bleiben?

  1. Sofern die erste Frage verneint wird, zudem:

Welche Anforderungen sind an die Art der Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zu stellen?

(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. März 2016 – BAG 8 AZR 501/14 (A); Pressemitteilung Nr. 15/16)

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VonRA Moegelin

Altersdiskriminierung durch das Konzept „60+“ für Führungskräfte

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caution-old-dudeDas Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass durch das sogenannte Konzept „60+“ für Führungskräfte keine Diskriminierung wegen des Alters aufgrund des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis zu erkennen ist.

Der Entscheidung zugrunde lag der Fall des im Oktober 1952 geborenen Klägers, der in der Zeit von August 1985 bis Oktober 2012 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie, seit dem Jahr 1995 als Verkaufsleiter PKW in einer der Niederlassungen der Beklagten beschäftigt war. Als Verkaufsleiter gehörte er dem Kreis der leitenden Führungskräfte an. Im Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine Befristung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 65. Lebensjahres vereinbart. Im Jahr 2003 führte die Beklagte das Konzept „60+“ für leitende Führungskräfte ein, das die Möglichkeit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Vollendung des 60. Lebensjahres ua. gegen Zahlung eines Kapitalbetrages vorsah. Im Juli 2003 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein entsprechendes Angebot auf Änderung seines Arbeitsvertrages, das der Kläger bis zum 31. Dezember 2005 annehmen konnte. Der Kläger nahm das Angebot im Dezember 2005 an. Im Jahr 2012 trat an die Stelle des Konzepts „60+“ das Konzept „62+“. Alle leitenden Führungskräfte, die einen Vertrag auf der Grundlage des Konzepts „60+“ hatten und im Jahr 2012 das 57. Lebensjahr vollendeten, erhielten ab November 2012 ein Angebot, einen Vertrag auf der Grundlage des neuen Konzepts abzuschließen. Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Oktober 2012 aus dem Arbeitsverhältnis aus und erhielt einen Kapitalbetrag iHv. 123.120,00 Euro. Die Befristung seines Arbeitsverhältnisses auf den 31. Oktober 2012 hat der Kläger nicht mit einer Entfristungsklage angegriffen. Der Kläger sieht sich unter anderem sowohl durch die Vereinbarung der Befristung seines Arbeitsverhältnisses auf die Vollendung des 60. Lebensjahres als auch dadurch wegen des Alters benachteiligt, dass die Beklagte es unterlassen hat, ihm eine Umstellung seines Arbeitsverhältnisses auf das Konzept „62+“ anzubieten und verlangt die Feststellung, dass die Beklagte ihm nach § 15 Abs. 1 AGG den aufgrund des vorzeitigen Ausscheidens entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen hat, sowie Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Ansprüche des Klägers scheitern bereits daran, dass dieser durch die Beklagte keine weniger günstige Behandlung erfahren hat, als eine andere Person in vergleichbarer Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (§ 3 Abs. 1 AGG). Dies gilt zunächst, soweit die Beklagte dem Kläger ein Vertragsangebot nach dem Konzept „60+“ unterbreitet hat, das vom Kläger angenommen wurde. Sofern in die Vergleichsbetrachtung nur die anderen leitenden Führungskräfte einbezogen werden, wurde der Kläger nicht anders als diese behandelt. Sofern die maßgebliche Vergleichsgruppe die Gruppe der Mitarbeiter unterhalb der Ebene der leitenden Führungskräfte sein sollte, wurde der Kläger nicht ungünstiger als diese behandelt. Ihm wurde durch das Angebot der Beklagten lediglich eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet, wobei er frei darüber entscheiden konnte, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollte. Im Hinblick auf die ihm nicht angebotene Umstellung seines Arbeitsvertrages auf das Konzept „62+“ ist der Kläger mit den Arbeitnehmern, die dieses Angebot im November/Dezember 2012 erhalten haben, nicht vergleichbar, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden war.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. März 2016 – BAG 8 AZR 677/14; Pressemitteilung Nr. 14/16)

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VonRA Moegelin

Benachteiligung durch Stellenanzeige „Frauen an die Macht!“

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Woman-power-emblem-300pxDas Arbeitsgericht Köln hatte zu entscheiden, ob eine Stellenanzeige mit der Ãœberschrift „Frauen an die Macht!!“ eines Entschädigungsanspruch eines abgelehnten männlichen Bewerbers begründet.

Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG setzt voraus, dass der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 1 AGG verstoßen hat. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ihm eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG zuzurechnen ist, die nicht aufgrund der §§ 8 bis 10 AGG oder nach § 5 AGG zulässig ist. Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss.

Der Arbeitgeber, ein Autohaus mit ausschließlich männlichen Verkäufern, hatte eine Stellenanzeige mit der Ãœberschrift „Frauen an die Macht!! Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin“ veröffentlicht. Auf diese Anzeige hin wurde eine Verkäuferin eingestellt. Der Kläger fühlte sich deswegen als Mann benachteiligt und machte eine Entschädigung geltend.

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass die Stellenanzeige zwar einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot enthalte, da sie sich nur an Verkäuferinnen richte. Diese unterschiedliche Behandlung sei aber ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitgeber das Ziel verfolge, seinen Kunden Verkaufsberater beider Geschlechter zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber hatte angeführt, der Frauenanteil unter den Kunden liege bei 25-30%, bestimmte Einstiegsmodelle seien bei Frauen besonders gefragt und es seien auch schon ausdrückliche Kundennachfragen nach einer Verkäuferin erfolgt.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

(Arbeitsgericht K̦ln, Urteil vom 10.02.2016 Р9 Ca 4843/15; vgl. Pressemitteilung vom 08.03.2016)

 

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VonRA Moegelin

Vorsätzliches Fernbleiben eines Lehrers vom Dienst

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studyIn 1. gerichtlicher Instanz ist ein Lehrer aus dem Dienst entfernt worden, weil er mehrere Monate vorsätzlich ohne Genehmigung dem Dienst fern blieb. Nun hatte das OVG Rheinland-Pfalz in 2. Instanz zu entscheiden, ob die Dienstentfernung zu Recht erfolgte.

Der beamtete Lehrer einer Berufsbildenden Schule wurde seit seiner Einstellung in den Schuldienst mehrfach wegen Beschwerden über seinen Unterrichtsstil und sein Sozialverhalten versetzt. Ab dem Jahr 2004 erkrankte er längerfristig. Er wurde wiederholt amtsärztlich untersucht und zunächst wegen einer psychischen Störung für dienstunfähig befunden. Bei einer weiteren Untersuchung stellte die Amtsärztin im Februar 2012 fest, dass der Beamte nunmehr dienstfähig war. Eine erneute amtsärztliche Untersuchung zur Frage seiner Dienstfähigkeit im Mai 2012 kam zu demselben Ergebnis. Daraufhin forderte das Land ihn auf, seinen Dienst wieder anzutreten, was er bis Mitte August 2012 jedoch nicht tat. Stattdessen legte er privatärztliche Atteste vor, die ihm ohne weitere Begründung „Arbeitsunfähigkeit“ bescheinigten. Er teilte dem Land mit, er habe seinen Dienst wegen nicht fachgerechter Verwendung und nicht zumutbarer Bedingungen nicht angetreten, könne ihn aber sofort an einem Gymnasium aufnehmen. Nach Feststellung des Verlusts seiner Dienstbezüge wegen ungenehmigten Fernbleibens vom Dienst und rechtskräftigem Abschluss des hiergegen von dem Beamten ohne Erfolg durchgeführten Klageverfahrens leitete das Land das vorliegende Disziplinarverfahren ein. Wegen vorsätzlichen ungenehmigten Fernbleibens vom Dienst entfernte das Verwaltungsgericht den Lehrer aus dem Beamtenverhältnis (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Trier Nr. 29/2015). Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung des Beamten gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zurück.

Bleibt ein dienstfähiger Beamter über einen Zeitraum von mehreren Monaten vorsätzlich ohne Genehmigung dem Dienst fern, so führt dies in der Regel zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Der Beamte habe durch sein vorsätzliches Fernbleiben vom Dienst als Lehrer einer Berufsbildenden Schule in der Zeit vom 29. Mai bis zum 12. August 2012 ein sehr schwer wiegendes Dienstvergehen begangen, wodurch er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Er habe nach den zahlreichen Krankmeldungen und den in der Folge mehrfach angeordneten amtsärztlichen Untersuchungen gewusst, dass er von seiner Dienstleistung nur bei Vorliegen amtsärztlich anerkannter Erkrankungen befreit gewesen sei und seitens der Amtsärzte nach erneuter Untersuchung nunmehr als dienstfähig angesehen worden sei. Ein entsprechendes Wissen bezüglich seiner Dienstfähigkeit belege sein Schreiben, in dem er mitteile, nur zu einer Dienstleistung an einem Gymnasium bereit zu sein. Auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und bei Abwägung aller für und gegen ihn sprechenden Gesichtspunkte sei aufgrund der Schwere des Dienstvergehens seine Entfernung aus dem Dienst erforderlich. Die ordnungsgemäße Erbringung der ihm obliegenden Dienstleistung gehöre aufgrund der unbedingten Angewiesenheit des Dienstherrn auf die Dienstleistung seiner Beamten zu den unabdingbaren Kernpflichten eines jeden Beamten. Ein Beamter des höheren Dienstes, der vorsätzlich über einen Zeitraum von mehreren Monaten seine Dienstleistung vollständig verweigere, beeinträchtige nicht nur in erheblicher Weise sein eigenes Ansehen. Vielmehr würden dadurch auch das Ansehen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Beamtenschaft allgemein verletzt sowie – und zwar in schwerwiegender Weise – die elementaren Grundpflichten eines jeden Bediensteten im öffentlichen Dienst missachtet. Hinzu komme, dass der Staat für eine erfolgreiche Wahrnehmung des ihm obliegenden Erziehungsauftrags auf eine funktionierende Schule angewiesen sei. Ein Lehrer, der wie der Beklagte seinen Dienst nur dann anbiete, wenn er zuvor an die von ihm gewünschte Schule versetzt werde, gefährde die Funktionsfähigkeit der Schulverwaltung unmittelbar und auf das Schwerste.

(Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Februar 2016 – 3 A 11052/15.OVG, vgl. Pressemitteilung Nr. 9/2016)

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