Monatsarchiv 30. September 2023

VonRA Moegelin

Dienstrad-Leasing ohne Entgeltzahlung

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Das Arbeitsgericht Aachen hat entschieden, dass Beschäftigte die Leasingraten eines Dienstrad-Leasings in Zeiträumen ohne Entgeltzahlung, hier im Krankengeldbezug, selbst zahlen müssen.

Volltext der Pressemitteilung des 25.09.2023 des Arbeitsgerichts Aachen:

In einem Urteil vom 02.09.2023 – Az. 8 Ca 2199/22 – hat die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Aachen entschieden, dass der Arbeitnehmer die Leasingraten eines Dienstrad-Leasings, das im Wege der Entgeltumwandlung finanziert wird, während des Krankengeldbezugs selbst zu tragen hat.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zur Grunde:

Die Arbeitgeberin ist Leasingnehmerin für zwei Fahrräder, die dem Arbeitnehmer im Rahmen des sog. „JobRad-Modells“ zur Nutzung überlassen wurden. Die Leasingraten wurden durch eine Entgeltumwandlung vom monatlichen Bruttoarbeitsentgelt abgezogen. Der Arbeitnehmer erkrankte arbeitsunfähig und erhielt nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums von sechs Wochen von der Krankenversicherung Krankengeld. Während des Krankengeldbezugs zahlte der Arbeitnehmer an die Arbeitgeberin keinen Beitrag zur Leasingrate. Nachdem der Arbeitnehmer wieder arbeitete, zog die Arbeitgeberin die zwischenzeitlich angefallenen Leasingraten von der nächsten Entgeltzahlung an den Arbeitnehmer ab.

Mit seiner Klage begehrte der Arbeitnehmer von der Arbeitgeberin die Zahlung des für die Leasing-raten einbehaltenen Entgeltabzugs. Er war der Auffassung, dass die Klauseln des Fahrradüberlassungsvertrags intransparent seien und er unangemessen benachteiligt werde.

Die Arbeitgeberin war der Meinung, dass die Regelungen des Überlassungsvertrags transparent seien und den Kläger nicht benachteiligten.

Nach der Entscheidung der 8. Kammer war die Arbeitgeberin berechtigt, im Rahmen einer Aufrechnung die Leasingraten vom Arbeitnehmer zu fordern. Die Zahlungspflicht des Arbeitnehmers bestehe auch bei entgeltfreien Beschäftigungszeiten, wie dem Bezug von Krankengeld, fort. Dies sei nicht überraschend. Der Abschluss des Leasingvertrags gehe auf die Initiative des Arbeitnehmers zurück, ein von ihm ausgewähltes Fahrrad, zu leasen. Auch während einer längeren Arbeitsunfähigkeit bleibe das Fahrrad im Besitz des Arbeitnehmers. Damit habe er weiterhin die Nutzungsmöglichkeit, wodurch die Verpflichtung zur Gegenleistung – die Zahlung der Leasingrate – bestehen bleibe. Der Arbeitnehmer finanziere die Nutzung des Fahrrads faktisch aus seinem Ein-kommen selbst. Diese Regelung benachteilige den Arbeitnehmer nicht unangemessen. Betroffen sei das unmittelbare Austauschverhältnis von Leistung (Nutzung des Fahrrads) und Gegenleistung (Zahlung der Leasingrate). Daher unterliege die entsprechende Vertragsgestaltung nicht der Kontrolle nach dem Maßstab, der für Allgemeine Geschäftsbedingungen gilt.

Dr. Benedikt Hövelmann

Pressedezernent

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VonRA Moegelin

Untervermietung einer Einzimmerwohnung – BGH VIII ZR 109/22

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Ein Mieter hat gemäß § 553 Abs. 1 BGB gegenüber seinem Vermieter einen Anspruch auf Gestattung der befristeten, teilweisen Gebrauchsüberlassung an einen von ihm benannten Dritten (Untermieter).

Volltext der Pressemitteilung Nr. 158/2023 des Bundesgerichtshofs vom 14.09.2023 zum Urteil vom 13.09.2023 – VIII ZR 109/22:

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Frage entschieden, ob ein Anspruch des Mieters auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten gemäß § 553 Abs. 1 BGB auch im Falle einer Einzimmerwohnung gegeben sein kann.

Sachverhalt und Prozessverlauf

Der Kläger ist Mieter einer in Berlin gelegenen Einzimmerwohnung. Mit Schreiben vom 17. März 2021 bat er die beklagten Vermieter wegen eines beruflichen Auslandsaufenthalts um die Gestattung der Untervermietung vom 15. Juni 2021 bis zum 30. November 2022 an eine namentlich benannte Person. Die Beklagten lehnten dies ab.

Mit der im Mai 2021 erhobenen, auf die Erlaubnis der Untervermietung „eines Teils der Wohnung“ an den bezeichneten Untermieter gerichteten Klage hat der Kläger vorgetragen, er wolle für die Dauer seiner berufsbedingten Abwesenheit einen Teil der Wohnung an die benannte Person untervermieten, jedoch persönliche Gegenstände weiter in der Wohnung lagern.

Während seines Auslandaufenthalts lagerte der Kläger seine in der (untervermieteten) Wohnung verbliebenen persönlichen Gegenstände dort in einem Schrank und einer Kommode sowie in einem am Ende des Flurs gelegenen, durch einen Vorhang abgetrennten, nur von ihm zu nutzenden Bereich von der Größe eines Quadratmeters. Ferner blieb er im Besitz eines Wohnungsschlüssels.

Die Klage hat beim Amtsgericht keinen Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt, die Untervermietung „eines Teils der Wohnung“ an die von dem Kläger benannte Person zu gestatten. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch gemäß § 553 Abs. 1 BGB auf Gestattung der befristeten, teilweisen Gebrauchsüberlassung an den von ihm benannten Dritten zusteht.

Wie der Senat in der Vergangenheit bereits (zu Wohnungen mit mehreren Zimmern) entschieden hat, stellt die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative Anforderungen bezüglich dessen weiterer Nutzung durch den Mieter auf. Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an einen Dritten im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB ist daher regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt.

Danach kann ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten grundsätzlich auch bei einer Einzimmerwohnung gegeben sein. Ein Ausschluss von Einzimmerwohnungen aus dem Anwendungsbereich der Bestimmung des § 553 Abs. 1 BGB ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzesgeschichte noch aus dem mieterschützenden Zweck der Vorschrift. Letzterer liefe für Mieter einer Einzimmerwohnung andernfalls gänzlich leer. Sachgerechte Gründe dafür, solche Mieter insoweit als weniger schutzwürdig anzusehen als Mieter einer Mehrzimmerwohnung, erschließen sich indes nicht, denn auch dem Mieter einer Einzimmerwohnung kann es, namentlich bei – wie hier – befristeter Abwesenheit, darum gehen, sich den Wohnraum zu erhalten.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger dem Untermieter die Einzimmerwohnung nur teilweise überlassen wollte, ist demnach revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat seinen Gewahrsam an der Wohnung nicht vollständig aufgegeben. Denn er hat persönliche Gegenstände in der Wohnung in Bereichen zurückgelassen, die seiner alleinigen Nutzung vorbehalten waren, und sich den Zugriff hierauf zudem durch Zurückbehaltung eines Wohnungsschlüssels gesichert. Hinzu tritt der Wille des Klägers, die Wohnung nur für die Zeit seines Auslandsaufenthalts teilweise einem Dritten zu überlassen.

Vorinstanzen

AG Mitte – 7 C 149/21 – Urteil vom 15. Dezember 2021

LG Berlin Р67 S 7/22 РUrteil vom 7. April 2022 (ver̦ffentlicht in WuM 2022, 345)

Die maßgebliche Vorschrift lautet

Bürgerliches Gesetzbuch

§ 553 Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte

(1) Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

[…]

Karlsruhe, den 14. September 2023

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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VonRA Moegelin

Hausverbot gegen Betriebsratsvorsitzenden rechtswidrig

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Gemäß dem BetrVG dürfen Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Nur wenn die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern unzumutbar beeinträchtigt ist, kommt ein Hausverbot in Hetracht.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 02/2023 des Hessischen LAG- vgl. Beschluss vom 28. August 2023 – 16 TaBVGa 97/23:

Mit Erfolg haben sich der Betriebsrat und sein Vorsitzender im Eilverfahren gegen ein dem Betriebsratsvorsitzenden erteiltes Hausverbot gewandt. Ein solches hatte die Arbeitgeberin, ein u.a. am Flughafen Frankfurt am Main tätiges Catering-Unternehmen für Fluggesellschaften, mit der Begründung ausgesprochen, der Betriebsratsvorsitzende habe Urkunden gefälscht und damit eine Straftat begangen. Tatsächlich hatte sich dieser im Vorzimmer der Betriebsleitung eines Eingangsstempels bedient und damit Betriebsratsunterlagen abgestempelt, nachdem Mitarbeiter der Personalabteilung und der Betriebsleiter die Annahme dieser Unterlagen verweigert hatten. Die Arbeitgeberin erstattete daraufhin Strafanzeige gegen den Betriebsratsvorsitzenden und sprach ihm ein Hausverbot aus. Sie leitete ferner beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Verfahren auf Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat ein.

Auf Antrag des Betriebsrats und des Betriebsratsvorsitzenden wurde der Arbeitgeberin aufgegeben, dem Betriebsratsvorsitzenden ungehinderten Zutritt zu ihrem Gebäude und Gelände am Standort Frankfurt am Main zum Zwecke der Ausübung seiner Betriebsratstätigkeit zu gewähren. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat das Hessische Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Hessische Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Verweigerung des Zutritts des Betriebsratsvorsitzenden zum Betrieb durch Ausspruch eines Hausverbots stelle eine Behinderung der Betriebsratsarbeit dar. Nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes dürfen Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Bei ganz gravierenden Pflichtverletzungen müsse der Arbeitgeber selbst einen Antrag auf vorläufige Untersagung der Ausübung des Betriebsratsamts beim Arbeitsgericht stellen. Bei der Bewertung komme es dabei nicht auf die strafrechtliche Betrachtung an, sondern darauf, ob die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern unzumutbar beeinträchtigt sei. Eine derart gravierende Störung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die eine Behinderung des Zugangs des Betriebsratsvorsitzenden bis zum rechtskräftigen Abschluss des Amtsenthebungsverfahren rechtfertigen könnte, sei im Übrigen nach den Umständen des Falles nicht festzustellen.

Gegen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts im einstweiligen Verfügungsverfahren besteht kein weiteres Rechtsmittel. Der Beschluss ist damit rechtskräftig.

Hess. LAG, Beschluss vom 28. August 2023 – 16 TaBVGa 97/23
Vorinstanz: ArbG Frankfurt am Main, Beschluss vom 3. Mai 2023 -13 BVGa 223/23 –

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VonRA Moegelin

Kündigung wegen Alkohol auf Betriebsfeier

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Am Dienstag, den 12.09.2023 um 10.30 Uhr verhandelt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf die Klage eines Arbeitnehmers, der wegen einer starken Alkoholisierung auf einer Betriebsfeier die außerordentliche Kündigung erhielt.

Volltext der Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.09.2023

Vor der Dritten Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf wird am 12.09.2023 ein weiterer Fall einer Kündigung im Zusammenhang mit einer Betriebsfeier verhandelt (vgl. zuvor PM Nr. 24/23 vom 18.07.2023). Der in Nordrhein-Westfalen wohnhafte Kläger war seit dem 01.06.2021 als Gebietsmanager Mitte (NRW) im Außendienst, bei der Beklagten, einer Winzergenossenschaft, beschäftigt.

Am 12.01.2023 fand bei der in Süddeutschland ansässigen Beklagten eine Weihnachtsfeier statt. Nach der Begrüßung im Betrieb mit einem Sekt fuhren die Beschäftigten gemeinsam mit einem Bus zu einem externen Restaurant. Gegen 23:00 Uhr fuhr der Bus die Beschäftigten, die dies wollten, zurück zur firmeneigenen Kellerei. Der Kläger hatte sich dieser Gruppe angeschlossen. Eine Fortsetzung der Weihnachtsfeier im Betrieb war nicht vorgesehen. Der Kläger traf sich mit zwei weiteren Kollegen im ca. 500 Meter vom Betrieb entfernten Hotel, um dort eine Flasche Wein zu trinken. Danach gingen der Kläger und ein Kollege zurück zum Betrieb der Beklagten. Das Tor zum Betriebsgelände wurde mit der Zutrittsberechtigungskarte des Kollegen geöffnet. Im Aufenthaltsraum der Kellerei tranken der Kläger und sein Kollege vier Flaschen Wein. Die leeren Flaschen standen am nächsten Morgen auf dem Tisch. Im Mülleimer befanden sich zahlreiche Zigarettenstummel. Auf dem Fußboden lag eine zerquetschte Mandarine, die zuvor an die Wand geworfen worden war. Einer der beiden Mitarbeiter hatte sich neben der Eingangstür erbrochen. Das Hoftor stand offen. Der Kläger und sein Kollege waren am Abend auf dem Nachhauseweg von der Polizei aufgegriffen und wegen ihrer starken Alkoholisierung zum Ausschluss einer Eigengefährdung nach Hause gefahren worden. Der Kollege des Klägers räumte am 16.01.2023 gegenüber der Beklagten ein, „etwas Scheiße gebaut“ zu haben. Er bezahlte den Wein.

Nach Anhörung des Betriebsrats am 19.01.2023 und mit dessen Zustimmung vom 23.01.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 25.01.2023 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30.04.2023. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Da die Kündigung auf einem steuerbaren Verhalten beruhe, sei eine Abmahnung auch in Ansehung des betrieblichen Alkohol- und Rauchverbots ausreichend. Dies gelte ebenso für das unberechtigte Betreten des Aufenthaltsraums, dessen Verschmutzung und den Konsum des Weins. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kollege diesen aus dem Lager geholt und der Kläger als „Ortfremder“ sich keine Gedanken über die Bezahlung gemacht habe.

Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte die Abweisung der Kündigungsschutzklage, zumal der Kollege des Klägers die ihm gegenüber ausgesprochene fristlose Kündigung akzeptiert habe.

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – 3 Sa 284/23

Arbeitsgericht Wuppertal, Urteil vom 24.03.2023 – 1 Ca 180/23

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VonRA Moegelin

Kündigung des Verwaltungsdirektors des RBB

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Ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt vor, wenn die Verpflichtung des Arbeitgebers (RBB) zur Zahlung des Ruhegelds wegen Kündigung weit über eine Kompensation für das Arbeitsplatzrisiko aufgrund der Befristung des Dienstvertrages für die Amtsdauer des klagenden Arbeitnehmers in seiner Eigenschaft als Verwaltungsdirektor hinausgeht. Die Vereinbarung des Ruhegelds widerspricht auch den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, an die der beklagte RBB gebunden ist.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 26/23 vom 01.09.2023 des Arbeitsgerichts Berlin – 21 Ca 1751/23:

Das Arbeitsgericht Berlin hat heute die Klage des Verwaltungsdirektors des RBB in wesentlichen Teilen abgewiesen. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, der zuletzt zwischen den Parteien im Jahr 2018 geschlossene Dienstvertrag sei aufgrund der Regelungen zum nachvertraglichen Ruhegeld sittenwidrig im Sinne des § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und daher nichtig. Daher habe die Beklagte sich mit Schreiben vom 3. Februar 2023 einseitig von dem Vertrag mit dem Kläger lossagen können. Auf die Wirksamkeit der erklärten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses kam es daher streitentscheidend nicht mehr an.

Auf Basis der vertraglichen Regelung sollte dem Kläger nach Ablauf des Vertrages – bereits vor Erreichen des Rentenalters – ein Ruhegeld gezahlt werden, ohne dass der Kläger hierfür eine Leistung hätte erbringen müssen. Das Ruhegeld errechnet sich auf der Grundlage des Vergütungsanspruchs des Klägers in Höhe von zuletzt ca. 20.900 EUR brutto monatlich. Daneben sollte der Kläger weitgehend auch aus anderen Quellen Einkünfte oder Versorgungen beziehen können, ohne dass diese auf das Ruhegeld anzurechnen gewesen wären.

Das Arbeitsgericht sah hierin in der Gesamtbetrachtung ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Ruhegelds gehe weit über eine Kompensation für das Arbeitsplatzrisiko aufgrund der Befristung des Dienstvertrages für die Amtsdauer des Klägers als Verwaltungsdirektor hinaus. Die Vereinbarung des Ruhegelds widerspreche außerdem den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, an die die Beklagte gebunden sei. Schließlich gefährde der Vorwurf der Verschwendung von Rundfunkgebühren den Ruf und die Existenz des öffentlichen Rundfunks. Aufgrund der Nichtigkeit des Dienstvertrages habe der Kläger keinen Anspruch auf Ruhegeldzahlungen und Hinterbliebenenversorgung.

Die Widerklage der Beklagten hat das Gericht überwiegend abgewiesen. Ein Anspruch auf Rückzahlung der ARD-Prämie für den ARD-Vorsitz bestehe nur im Umfang von einem Drittel. Im Übrigen treffe die Beklagte ein Mitverschulden für das Zustandekommen der

Vereinbarung. Auch könne die Beklagte die Entgeltfortzahlung, die sie während der Arbeitsunfähigkeit des Klägers in der Zeit des nichtigen Arbeitsvertrages geleistet hat, nicht zurückfordern.

Gegen diese Entscheidung ist für beide Parteien das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.

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