Das Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen durch die Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeit ein Arbeitsverhältnis begründet werden kann.
Der Beklagte ist Träger einer örtlichen Telefonseelsorge. Zu diesem Zweck unterhält er Räumlichkeiten, in denen ein hauptamtlicher und rund fünfzig ehrenamtliche Mitarbeiter den Seelsorgedienst verrichten. Nach der Dienstordnung für die ehrenamtlichen Kräfte wird deren regelmäßige Beteiligung erwartet. Jeweils im Vormonat legt der Beklagte Dienstpläne für den Folgemonat aus, in die sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter eintragen. Die Klägerin war auf der Grundlage von schriftlichen „Beauftragungen“ seit dem 26. April 2002 als ehrenamtliche Telefonseelsorgerin unentgeltlich im Umfang von zehn Stunden im Monat für den Beklagten tätig. Die Klägerin erhielt lediglich einen Unkostenersatz von 30,00 Euro monatlich. Am 22. Januar 2010 wurde die Klägerin mündlich von ihrem Dienst entbunden.
Die von der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage blieb in allen Instanzen erfolglos. Ihre Revision wurde vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Durch die Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeit wird kein Arbeitsverhältnis begründet. Jedoch darf – wie die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten – auch die Beauftragung zu ehrenamtlicher Tätigkeit nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen im Sinne von §§ 134, 138 BGB führen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. August 2012 – 10 AZR 499/11).
Zwischen den Parteien bestand nach den richterlichen Feststellungen kein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin unterlag keinem arbeitsrechtlichen Direktionsrecht. Der Beklagte ordnete den Einsatz der Klägerin nicht an. Die Klägerin erhielt vom Beklagten keine Weisung, zu bestimmten Zeiten Telefondienst zu leisten. Sie war auch frei zu entscheiden, ob sie sich überhaupt in die Dienstpläne eintragen wollte. Allerdings wurde von ihr erwartet, dass sie im Monat zehn Stunden zum Telefondienst bereit stand. Ferner war sie an Weisungen des Beklagten gebunden, was die inhaltliche Gestaltung ihrer Beratungsaufgabe betrifft. Diese Umstände erachtete das BAG aber nicht als Ausdruck eines von dem Beklagten in Anspruch genommenen arbeitsvertraglichen Direktionsrechts, sondern hielten sich in den für den Auftrag typischen, auf die Erledigung des jeweiligen Auftrags bezogenen Grenzen des Weisungsrechts nach § 665 BGB. Den Inhalt ihrer Telefongespräche hatte allein die Klägerin zu verantworten.
Die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit von Dienstleistungen ist – bis zur Grenze des Missbrauchs – rechtlich zulässig, wenn eine Vergütung, wie bei ehrenamtlicher Tätigkeit, nicht zu erwarten ist. Die Ausübung von Ehrenämtern dient nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz. Sie ist Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls und den Sorgen und Nöten anderer Menschen. In diesem Sinne regelt § 5 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, dass Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, nicht als Arbeitnehmer gelten. Es spricht nichts für einen Missbrauchs. Denn den karitativen und unentgeltlichen Charakter ihrer Tätigkeit zieht die Klägerin selbst nicht in Zweifel. Ihre Tätigkeit hat sie nicht in der Erwartung einer Gegenleistung erbracht.
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 29. August 2012 – 10 AZR 499/11
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