Schlagwort-Archiv Schadensersatz

VonRA Moegelin

Deutscher Olympischer Sportbund zum Schadensersatz verurteilt

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rings2-300pxDer Bundesgerichtshof hat die Verurteilung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zum Schadensersatz dem Grunde nach wegen Nichtnominierung des Dreispringers Charles Friedek für die Olympischen Spiele 2008 in Peking bestätigt.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger, Charles Friedek, der seit dem Jahr 1997 professioneller Leichtathlet in der Disziplin Dreisprung war, fordert von dem beklagten Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), einem eingetragenen Verein, Schadensersatz, weil dieser ihn nicht als Leichtathlet für die Olympischen Sommerspiele in Peking (15. bis 24. August 2008) nominiert hat.

Der beklagte DOSB ist als einziger für die Endnominierung deutscher Sportler für Olympische Spiele zuständig. Voraussetzung für eine Nominierung für die Olympischen Sommerspiele 2008 war u.a. eine in zeitlicher Nähe zu den Olympischen Spielen zu erbringende Leistung nach bestimmten sportartspezifischen Nominierungskriterien. In den „Nominierungsrichtlinien 2008“ wurden dazu für den Dreisprung der Männer eine sog. A- und B-Norm mit der Maßgabe bestimmt, dass die Olympianorm auch dann erfüllt sei, wenn nicht die höhere Normanforderung (A-Norm), sondern die alternativ benannte Normanforderung (B-Norm) erreicht werde. Für die A-Norm war eine Weite von 17,10 m festgelegt, für die alternativ zu erreichende B-Norm war bestimmt: „2 x 17,00 m“.

Der Kläger erzielte innerhalb des Nominierungszeitraums bei einem Wettkampf im Vorkampf eine Weite von 17,00 m und im anschließenden Endkampf am selben Tage eine Weite von 17,04 m. In nachfolgenden Wettbewerben erreichte er die Weite von 17,00 m nicht mehr oder nur bei unzulässigem Rückenwind. Der Beklagte lehnte daraufhin eine Nominierung ab, da er der Auffassung war, dass die Anforderung für die B-Norm von 2 x 17,00 m in zwei verschiedenen Wettkämpfen habe erreicht werden müssen.

Der Kläger verlangt von dem Beklagten mit der Behauptung, ihm seien wegen der Nichtnominierung u.a. Antritts- und Preisgelder für Veranstaltungen sowie Sponsorengelder entgangen, Schadensersatz in Höhe von mindestens 133.500 €. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen einer pflichtwidrigen Nichtnominierung des Klägers lägen nicht vor, weil der Kläger die in den Nominierungsrichtlinien festgelegten Leistungen nicht erbracht habe. Der Beklagte habe seine Nominierungsrichtlinien zu Recht dahin verstanden, dass die beiden Weiten der B-Norm in zwei verschiedenen Wettkampfveranstaltungen zu erfüllen gewesen seien.

Der unter anderem für das Vereinsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil auf die Revision des Klägers aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Grundurteil des Landgerichts zurückgewiesen. Der Beklagte ist als Monopolverband zur Nominierung von Athleten, welche die vom Beklagten selbst gestellten Nominierungsvoraussetzungen erfüllen, verpflichtet. Diese Pflicht hat der Beklagte schuldhaft verletzt, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Nominierungsrichtlinien des Beklagten bei dem gebotenen objektiven Verständnis dahin auszulegen, dass der Kläger die Olympianorm im Dreisprung mit dem zweimaligen Erreichen der B-Norm in einem Wettkampf erfüllt hatte. Im weiteren Verfahren wird das Landgericht nunmehr über die Höhe des dem Kläger dem Grunde nach zustehenden Schadensersatzanspruchs zu entscheiden haben.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Oktober 2015 – II ZR 23/14, vgl. Pressemitteilung Nr. 173/2015)

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VonRA Moegelin

Schmerzensgeld und Schadensersatz im Ausbildungsverhältnis

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tonlima-Olhos-Verdes-Green-Eye-300pxDer Kläger und der Beklagte waren als Auszubildende bei einer Firma beschäftigt, die einen Kfz-Handel mit Werkstatt und Lager betreibt. Am Morgen des 24. Februar 2011 arbeitete der damals 19jährige Beklagte an der Wuchtmaschine. Der damals 17jährige Kläger, ein weiterer Auszubildender und ein anderer Arbeitnehmer waren im Raum, der Kläger mehrere Meter entfernt in der Nähe der Aufzugstür. Der Beklagte warf ohne Vorwarnung mit vom Kläger abgewandter Körperhaltung ein ca. 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich. Dieses traf den Kläger am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe. Er wurde in einer Augenklinik behandelt. Im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 unterzog er sich erneut Untersuchungen und Eingriffen, wobei eine Kunstlinse eingesetzt wurde; Einschränkungen aufgrund einer Hornhautnarbe verblieben. Die zuständige Berufsgenossenschaft zahlt dem Kläger eine monatliche Rente iHv. 204,40 Euro. Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, der Wurf sei nicht betrieblich veranlasst gewesen. Der Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Das Landesarbeitsgericht hat ihn zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro verurteilt.

Die Revision des Beklagten blieb vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist ohne Rechtsfehler.

Auszubildende, die durch ihr Verhalten bei einem Beschäftigten desselben Betriebs einen Schaden verursachen, haften ohne Rücksicht auf ihr Alter nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer.

Die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nach § 105 Abs. 1, § 106 Abs. 1 SGB VII sind nicht erfüllt. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Anspruchs des Klägers ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. März 2015 – 8 AZR 67/14, siehe auch Pressemitteilung Nr. 16/15)

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VonRA Moegelin

Schadensersatz drittbetroffener Unternehmen beim Arbeitskampf

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philrich123-A380Die von einem Streik der Fluglotsen am 6. April 2009 am Stuttgarter Flughafen betroffenen Luftverkehrsgesellschaften haben gegen die streikführende Gewerkschaft keine Schadensersatzansprüche wegen ausgefallener, verspäteter oder umgeleiteter Flüge.

Die vier Klägerinnen betreiben Luftverkehrsunternehmen. Die beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (GdF) vertritt die berufs- und tarifpolitischen Interessen des Flugsicherungspersonals in Deutschland.

Im Frühjahr 2008 forderte die GdF den Betreiber des Verkehrsflughafens Stuttgart – die Flughafen Stuttgart GmbH – zu Tarifverhandlungen für die dort beschäftigten Arbeitnehmer der Vorfeldkontrolle/Verkehrszentrale auf. Vom 3. bis 6. März 2009 fand zunächst ein befristeter Streik dieser Beschäftigten statt, der danach auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Für den 6. April 2009 rief die GdF die bei ihr organisierten und bei der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) angestellten Fluglotsen am Standort Stuttgart zu einem Streik in der Zeit von 16.00 bis 22.00 Uhr zur Unterstützung des Hauptarbeitskampfes der Beschäftigten der Vorfeldkontrolle/Verkehrszentrale auf. Entsprechend einer Notdienstvereinbarung mit der DFS wickelten die Fluglotsen 25 % des planmäßigen Luftverkehrs ab. Dennoch fielen zahlreiche Flüge der Klägerinnen aus, weitere hatten Verspätung oder mussten umgeleitet werden. Aufgrund einer Verbotsverfügung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main brach die GdF den Unterstützungsstreik vorzeitig ab.

Die Vorinstanzen haben die im Wesentlichen auf die Zahlung von Schadensersatz aus unerlaubter Handlung gerichteten Klagen abgewiesen. Die Revisionen der Klägerinnen hatten vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer widerrechtlichen Eigentumsverletzung in Form einer erheblichen Nutzungsbeeinträchtigung an den Flugzeugen besteht nicht. Das Recht der Klägerinnen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht iSd. § 823 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht verletzt. Der Streik der Fluglotsen war gegen den Betrieb der DFS gerichtet. Ein Eingriff in die Gewerbebetriebe der Klägerinnen war damit nicht verbunden und ist insbesondere nicht wegen der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen für Luftverkehrsunternehmen anzunehmen. Auch die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung der Klägerinnen iSd. § 826 BGB durch den Arbeitskampf bei der DFS liegen nicht vor.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. August 2015 – 1 AZR 754/13)

(vgl. Pressemitteilung Nr. 43/15 des BAG)

 

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VonRA Moegelin

Verkürzung von Verjährungsfristen im Gebrauchtwagenhandel

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Unbenannt_auto - KopieEine Autokäuferin hat mit ihrer Klage wegen Rostschäden am Wagen beim Bundesgerichtshof einen Sieg errungen. Betreffende Käuferin und späterer Klägerin erwarb beim beklagten Autohändler einen gebrauchten Pkw, an dem aufgrund von Produktionsfehlern Korrosionsschäden auftraten. Mit ihrer Klage verlangt sie die Kosten für eine Beseitigung dieser Schäden. Dem Kaufvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten zugrunde, die der „Unverbindlichen Empfehlung des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK)“ mit Stand 3/2008 entsprechen. Sie lauten auszugsweise wie folgt:

VI. Sachmangel

1.Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden. […]

5.Abschnitt VI Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung.

VII. Haftung

1.Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:

Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. […]

5.Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.“

Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.158,73 € (Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer) gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Revision hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des ZdK (Zentralverband des Kraftfahrzeuggewerbes) Stand 3/2008 ist unwirksam (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. April 2015 – VIII ZR 104/14).

Der Bundesgerichtshof hält die Verjährungsverkürzung gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) für unwirksam, so dass der beklagte Autohändler wegen Verletzung seiner Pflicht zur Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB zur Zahlung des von der Klägerin begehrten Schadensersatzes verpflichtet ist.

Hierzu führt der BGH wie folgt aus: Ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Kunde kann den – widersprüchlichen – Regelungen in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 und VI Nr. 5, VII nämlich nicht entnehmen, ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann. Denn einerseits sollen nach Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren. Danach darf der Verkäufer nach Ablauf dieser Zeit die Nacherfüllung wegen eines Sachmangels verweigern, so dass auch für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht kein Raum mehr wäre. Andererseits ergibt sich aus den Regelungen des Abschnitts VI Nr. 5 und VII, dass für sämtliche Schadensersatzansprüche die Verjährungsfrist nicht verkürzt ist und die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt. Danach kann der Käufer einen Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr mit Erfolg geltend machen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben somit – aus der maßgeblichen Sicht des Kunden – keine eindeutige Antwort darauf, binnen welcher Frist er vom Verkäufer Schadensersatz wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht verlangen kann.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs –  BGH VIII ZR 104/14

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VonRA Moegelin

Anspruch auf Schadensersatz gegen Putzfrau wegen MRT-Quench

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20140930-225320-PictomagoEine Reinigungskraft, die in einer Gemeinschaftspraxis für radiologische Diagnostik und Nuklearmedizin angestellt ist, verursachte einen schweren Schaden an einem medizinischen Gerät in einer ärztlichen Praxis. Nach Besuchsende hörte sie einen Alarmton, der von einem Magnetresonanztomographen (MRT) verursacht wurde. Um den Alarm auszuschalten, drückte die Putzfrau statt des hierfür vorgesehenen blauen Knopfes „alarm silence“ den roten Schaltknopf „magnet stop“ und löste hierdurch einen so genannten MRT-Quench aus. Die Kosten der Reparatur betrugen 30.843,01 Euro netto. Unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Selbstbehalts zahlte die Betriebsunterbrechungs-Schadensversicherung der Praxis für einen Ausfalltag Schadensersatz von 10.289,34 €. Neben den Reparaturkosten machen die Ärzte der Praxis gegen die Putzfrau einen weitereren, von der Versicherung nicht abgedeckten Nutzungsausfallschaden iHv. 18.390,00 € netto geltend. Den Klägern wurde zweitinstanzlich ein Schadensersatz von 12 Bruttomonatsgehälter (320 € x 12 ) zugesprochen. Mit der Revision fordern sie weitere 46.775,81 Euro nebst Zinsen von der beklagten Putzfrau.

Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Gerichts, als sie statt des Schaltknopfes „alarm silence“ fehlerhaft den Schaltknopf „magnet stop“ drückte, ihre arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitgeber nicht zu schädigen, verletzt. Der Schaden am  für die Dauer der Reparatur, ist eine Verletzung des Eigentums gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Da die Beklagte nach Ansicht des BAG schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig handelte und die fehlerhafte Bedienung unstreitig kausal für den entstandenen Schaden war, sind die Kläger grundsätzlich als Mitgläubiger berechtigt, von der Beklagten Schadensersatz zu verlangen gemäß § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Das Handeln der Beklagten erfolgte nach Meinung des BAG auf Grundlage des Arbeitsvertrages und war betrieblich veranlasst.

Als betrieblich veranlasst gelten nach der Rechtsprechung solche Tätigkeiten, die arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Das Handeln braucht dabei nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet des Beschäftigten gehören, ausreichend ist, wenn er im wohl verstandenen Interesse des Arbeitgebers tätig wird. Das Handeln ist betrieblich veranlasst, wenn bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Schädigers im Betriebsinteresse zu handeln war, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch war und keinen Exzess darstellte, auch wenn der Arbeitnehmer ggf.  grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt, auch wenn ein solches Verhalten grundsätzlich nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt.

Die Handlung der Beklagten erfolgte außerhalb ihrer Arbeitszeit und damit nicht in direkter Verfolgung ihrer Hauptleistungspflicht. Aber gemäß ihrer allgemeinen Sorgfalts- und Obhutspflichten als Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis hatte sie Schaden von den Klägern abzuwenden, also auch  bei der Betriebsstörung zu helfen, so dass eine betrieblich veranlasste Tätigkeit zu bejahen ist (BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 418/09).

Nach der Rechtsprechung hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen, wobei es eine feste, summenmäßig beschränkte Obergrenze der Haftung nicht gibt. Bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen, jedoch können Haftungserleichterungen, die von einer Abwägung im Einzelfall abhängig sind, in Betracht kommen.

Nach den richterlichen Feststellungen liegt ein Höchstmaß an grober Fahrlässigkeit vor durch die wahllose Bedienung ohne die Bedeutung der einzelnen Schaltknöpfe zu kennen. Trotz der grob fahrlässigen Beschädigung des MRT beschränkt sich der Ersatzanspruch auf ein Jahresgehalt von 3.840 €.

Bei grober Fahrlässigkeit ist im Einzelfall eine Entlastung des Arbeitnehmers nicht ausgeschlossen. Abzuwägen sind gemäß der Rechtsprechung auf Seiten des Arbeitnehmers insbesondere die Höhe des Arbeitsentgelts, seine weitere Leistungsfähigkeit und der Grad des Verschuldens. Ein hoher Vermögensverlust wird um so mehr dem Betriebsrisiko zuzurechnen sein, als dieser einzukalkulieren oder durch Versicherungen ohne Rückgriffsmöglichkeit gegen den Arbeitnehmer abzudecken ist.

Nach der Abwägung des BAG wirkt der erhebliche Grad des Verschuldens der Beklagten haftungserhöhend, ebenso wie die wenig gefahrgeneigte Tätigkeit als Reinigungskraft.

Haftungsbegrenzend steht dagegen die geringe Vergütung der Beklagten gegenüber. Der eingetretene Schaden beläuft sich auf mehr als das Hundertfache eines Monatslohns der Beklagten, ist also ungewöhnlich groß. Bereits eine Haftungsbeschränkung auf zwölf Monatsgehälter für die Beklagte eine sehr große finanzielle Belastung darstellt, da sie bei ihrem „Mini-Job“ von 320 € brutto monatlich regelmäßig der gesamte Verdienst zur Existenzerhaltung braucht. Nach alldem war die Revision der Kläger zurückzuweisen.

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VonRA Moegelin

Sturz im Supermarkt – Erste Hilfe mit Tiefkühlfisch

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Fish-silhouette-by-RonesDas Amtsgericht Schöneberg hatte zu entscheiden, ob ein Supermarktbetreiber die Verkehrssicherungspflicht verletzt hat,  weil sich eine Kundin im Bereich der Getränkeregale durch einen Sturz verletzt hatte. Auslöser soll eine Pfütze gewesen sein. Eine andere Kundin übernahm die Erstversorgung der Klägerin, indem sie mit einem herbeigeholten Tiefkühlfisch den Blutfluss linderte.

Als eine Supermarkt-Mitarbeiterin hinzukam, um den Unfall aufzunehmen, äußerte diese sinngemäß, dass ja nicht ein so teurer Tiefkühlfisch hätte benutzt werden müssen.

Die Kundin verlangt vom beklagten Supermarkt-Betreiber deswegen ein Schmerzensgeld von 1.000,00 EUR, weitere 128,33 EUR Schadensersatz für beschädigte Kleidung und Medikamente sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 85,68 EUR. Nach Ansicht ihres Anwalts sei in so einem Fall in den USA zwei Millionen Dollar üblich.

Das Amtsgericht Schöneberg hat den Supermarktbetreiber antragsgemäß zu Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt.

Wurden zumutbare Maßnahmen für die Erkennung und Beseitigung einer am Boden eines Supermarkts befindlichen Pfütze, die objektiv eine Gefahr für den Kundenverkehr darstellt, nicht ergriffen, so führt der Supermarktbetreiber die dem Kunden durch den Sturz entstandenen Schaden zumindest fahrlässig herbei (Amtsgericht Schöneberg, Urteil vom 17. April 2015 – 17 C 113/14).

Der beklagte Supermarktbetreiber hat nach den Feststellungen des Gerichts seine Pflichten verletzt, indem er es unterlassen hat, zumutbare Kontrollmaßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit seiner Kunden zu gewährleisten. Der Beklagte hätte erkennen müssen, dass die auf dem Fußboden des Supermarktes befindliche Pfütze, die den Sturz der Klägerin vermutlich – und vom Beklagten nicht widerlegt – verursacht hat, eine Gefahr für den Kundenverkehr bedeutet habe.

Unter Berücksichtigung aller Umstände, unter anderem der von der Klägerin erlittenen Verletzungen und des am eigenen wirtschaftlichen Vorteil orientierten Verhaltens der Beklagten nach dem Unfall, erachtet das Gericht ein Schmerzensgeld von 1.000,00 EUR für angemessen, um die von der Klägerin erlittenen immateriellen Schäden auszugleichen. Für die beschädigten Kleidungsstücke könne sie den Neupreis verlangen, da Gebrauchsspuren nicht zu erkennen gewesen seien.

Volltext des Urteils des Amtsgerichts Sch̦neberg: AG Sch̦neberg, Urteil vom 17. April 2015 Р7 C 113/14

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