Jahresarchiv 7. Januar 2015

VonRA Moegelin

Sorgfaltspflichten des Anwalts bei Verlust der Klageschrift auf dem Postweg

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mailbox-surpriseEine Arbeitnehmerin klagte gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Der anwaltiche Klageschriftsatz kam jedoch nicht an bei Gericht. Damit war die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG versäumt.

Die Klägerin, bzw. Ihr Prozessbevollmächtigter trägt vor, die unstreitig 10 Tage vor Ablauf  der Klagefrist per Post abgesendete Klageschrift sei rechtzeitig und vollständig auf den Postweg gebracht worden. Seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht habe der Anwalt vorliegend entsprochen, indem er eine Wiedervorlage von vier Wochen verfügt und sich anschließend nach der Ladung zur Güteverhandlung erkundigt habe.

Die nachträgliche Zulassung der Befristungskontrollklage hat das Arbeitsgericht durch Zwischenurteil abgelehnt. Das LAG hat das Zwischenurteil aufgehoben und die Klage nachträglich zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung bestätigt.

Nach den Feststellungen des BAG hat der Anwalt der Arbeitnehmerin nicht gegen Sorgfaltspflichten verstoßen.

Nach der Rechtsprechung trifft einen Anwalt, sofern eine Postsendung genügend adressiert und frankiert wurde, grundsätzlich keine Pflicht, sich nach dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht zu erkundigen. Er darf vielmehr auf eine ordnungsgemäße Briefbeförderung vertrauen Hat der Anwalt ein Schriftstück rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post gegeben und damit alles Erforderliche zur Wahrung der gesetzlichen Frist veranlasst, dann wird eine Erkundigungspflicht nach dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht nur ausgelöst, wenn ein eindeutiger Grund besteht, anzunehmen, dass etwas fehlgelaufen ist. Ein Grund für eine solche Annahme kann gegeben sein, wenn die Akte dem Anwalt nach Absenden einer Beendigungsschutzklage vorgelegt wird und er feststellt, dass er in der Sache keine gerichtliche Mitteilung erhalten hat, obwohl damit nach den üblichen Erfahrungen zu rechnen war. Auch kann dem Anwalt grundsätzlich nicht angesonnen werden, die Zeiträume im Auge zu behalten, innerhalb derer bei jeder Sache erfahrungsgemäß mit einer Rückäußerung des Gerichts zu rechnen ist. Einem solchen Erfordernis könnte praktisch nur durch die Notierung zusätzlicher Fristen nachgekommen werden, deren Berechnung weitgehend ungewiss wäre

Für arbeitsrechtliche Bestandsschutzstreitigkeiten gelten keine anderen Maßstäbe. Insbesondere führt der in § 61a Abs. 2 ArbGG normierte – in der Praxis ohnehin nur schwer erfüllbare – Grundsatz, wonach eine Güteverhandlung bei Streitigkeiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwei Wochen nach Klageerhebung stattfinden soll, nicht zu einer Pflicht des Anwalts, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Einreichung der Klage über deren Schicksal zu erkundigen. Nur wenn ein konkreter Anlass gegeben ist, an dem fristgemäßen Zugang der Klage zu zweifeln, kann ein Anwalt gehalten sein, bei Gericht nach dem rechtzeitigen Eingang des fristgebundenen Schriftsatzes zu fragen (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – 7 AZR 569/09).

Allerdings dürfe ein Anwalt, der eine Befristungskontrollklage eingereicht hat, die Sache nicht dauerhaft wiedervorlagefrei stellen. Die Entscheidung, welche Frist zur Wiedervorlage der Anwalt als angemessen erachtet, stellt das BAG in das pflichtgemäßen Ermessen des Anwalts, das er unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten der gerichtlichen Arbeitsweise sowie Zweckmäßigkeitserwägungen auszuüben hat. Eine Wiedervorlagefrist -wie hier -von vier Wochen, erachtete das BAG als angemessen.

Unter Anwendung der dargestellten Rechtsprechung befand das BAG, dass das Hindernis für die rechtzeitige Klageerhebung in der unverschuldeten Unkenntnis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom fehlenden gerichtlichen Eingang der von ihm rechtzeitig abgesandten Befristungskontrollklage lag. Diese Unkenntnis entfiel erst mit dem Anruf des Klägerinvertreters bei der Eingangsregistratur des Arbeitsgerichts. Zuvor musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei ordnungsgemäßer Verfolgung der Rechtssache keine Kenntnis vom fehlenden Eingang der Klage haben. Eine vermeidbare Gleichgültigkeit kann ihm nicht angelastet werden. Er musste sich die Akte nicht schon drei Wochen nach Absenden der Klage vorlegen lassen. Er musste auch nicht bereits am Tage der Wiedervorlage -Freitag- (4 Wochen nach Absendung), bei der Eingangsregistratur des Arbeitsgerichts anrufen, um sich nach dem Gütetermin zu erkundigen. Vielmehr ist mit dem Anruf am darauffolgenden Montag, den Zweifeln an einem Eingang der Klage, die durch die Feststellung einer fehlenden Ladung zur Güteverhandlung ausgelöst worden sind, in gebotener Weise nachgegangen. Auch insoweit war sein Vorgehen nicht Ausdruck einer vermeidbaren Gleichgültigkeit.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – 7 AZR 569/09

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VonRA Moegelin

Urlaubsabgeltung nach Ablauf der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist

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1313315951Ein gekündigter Arbeitnehmer verlangte die Auszahlung nicht genommener 105 Urlaubstage in Höhe von über 9.000 €. Das Arbeitsverhältnis endete am 31.08.08. Die erstmalige Geltendmachung erfolgte am 17.03.09 mit der Klageschrift. Aber schon am 01.12.08 war die maßgebliche Frist des Tarifvertrags abgelaufen. Der Kläger meint, er sei verhindert gewesen, seine Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen. Er sei  gemäß Tarifvertrag „trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt“ zur Geltendmachung verhindert gewesen sein müssen, was dem Verfall entgegenstehe.

Die Vorinstanzen folgten seiner Argumentation und haben dem klagenden Arbeitnehmer zumindest teilweise Recht gegeben. Das BAG hat dagegen die Ansprüche auf Abgeltung komplett zurückgewiesen.

Es besteht kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach Ablauf der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist. Es ist ein strengen Maßstab bei der Frage der Verhinderung der Geltendmachung einer Ausschlussfrist anzulegen (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 AZR 494/12).

Der Kläger habe es demnach versäumt, gemäß der besagten  tarifvertraglichen Verfallklausel innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung einzufordern. Die Klausel verstoße nicht gegen europarechtlichen Anforderungen an Gleichwertigkeit und Effektivität.

Das BAG stellte aber fest, dass es denkbar leicht gewesen wäre, beim Arbeitgeber die Abgeltung zu fordern. Ein einfaches Schreiben oder auch nur ein Telefonat hätten genügt. Warum das dem Arbeitnehmer nicht möglich gewesen soll, konnte er nicht nachvollziehbar darlegen. Das BAG hat es offen gelassen, ob es anders zu sehen sei, wenn ein fachkundiger Berater die Geltendmachung für unnötig gehalten habe. Denn dabei handelte es sich nur um hypothetische Erwägungen des Landesarbeitsgerichts, die ohne jede Tatsachenfeststellungen erfolgten.

Ärgerlich für den Arbeitnehmer war, dass das BAG zum Zeitpunkt der Klageeinreichung eine andere Ansicht vertrat und zwar die sogenannte Surrogatstheorie, wonach der Urlaubsanspruch erst am Ende des ersten auf das Urlaubsjahr folgenden Quartals verfällt. Erst im Jahr 2009 hat das BAG diese Rechtssprechung aufgegeben  (BAG 9 AZR 652/10) . Das half dem Kläger aber nicht weiter. Er genießt keinen Vertrauensschutz gemäß Art. 20 Abs. 3 GG. Anders als bei Gesetzen ist damit zu rechnen, dass höchstrichterliche Rechtsprechung Veränderungen unterliegt.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 10. Dezember 2013 – 9 AZR 494/12

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VonRA Moegelin

Anhörungsrechte bei Schwerbehinderung in Führungspositonen

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HandicappedAccessibleSignDer Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX anzuhören.

Die Schwerbehindertenvertretung des Kultur- und Umweltdezernats des Landschaftsverbands Rheinland möchte immer dann an der Besetzung einer Leitungsstelle beteiligt werden, wenn der Führungsfunktion mindestens ein schwerbehinderter Mensch zugeordnet ist.

Demgemäß forderte die Schwerbehindertenvertretung das Umweltdezernat auf, sie nach § 95 SGB IX an einer Stellenbesetzung zu beteiligen, an der mittelbar zwei schwerbehinderte Menschen betroffen sein sollen, die dem Werkstattteam angehörten. Das Dezernat lehnte dieses Ansinnen ab. Es handele sich um die Besetzung einer Leitungsposition, wobei keine Interessen von Schwerbehinderten berührt sein sollen.

Das Bundesarbeitsgericht folgte dieser Ansicht. Der Feststellungsantrag der Schwerbehindertenvertretung wurde vom BAG zurückgewiesen.

Die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung bestehen nur, wenn die Angelegenheit schwerbehinderte Menschen in ihrer tatsächlichen oder rechtlichen Stellung in anderer Weise berührt als nicht behinderte Arbeitnehmer. Wirkt sich die Maßnahme – wie hier die Besetzung der Führungsposition – in gleicher Weise auf schwerbehinderte und nicht behinderte Arbeitnehmer aus, besteht kein Unterrichtungs- und Anhörungsrecht der Schwerbehindertenvertretung (BAG, Beschluss vom 17. August 2010 – 9 ABR 83/09).

Wird eine Führungsposition besetzt, muss nach Ansicht des BAG die Schwerbehindertenvertretung nur dann am Besetzungsverfahren beteiligt werden, wenn die Aufgabe besondere schwerbehindertenspezifische Führungsanforderungen stellt. Das kann z.B. der Fall sein, wenn es zu den Aufgaben der Führungskraft gehört, Arbeitsplätze behinderungsgerecht zu gestalten.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 17. August 2010 – 9 ABR 83/09

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VonRA Moegelin

Sonderprämie für die Sprengung von Wasserbomben

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cherrybomb_remix70 Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs sind Bomben aus dieser Zeit immer noch gefährlich. Ob deren Sprengung eine Prämie auslöst, hatte das BAG zu entscheiden.

Der Kampfmittelräumer und spätere Kläger ist beim Land Niedersachsen angestellt. Er sprengte im März und April 2011 gemeinsam mit mehreren Kollegen insgesamt 104 Wasserbomben amerikanischen und britischen Typs aus dem Zweiten Weltkrieg, die unter Mitwirkung einer gewerblichen Firma im Watt vor Wilhelmshaven geborgen, auf eine Sandbank verbracht und dort an mehreren Sprengpunkten zusammengelegt worden waren.

Im Streit ist, ob das beklagte Land tarifliche Sonderprämien zahlen muss. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag wird – zusätzlich zu einer allgemeinen Gefahrenzulage, die der Kläger erhalten hat – eine Sonderprämie von 567,53 Euro für die Entschärfung jeder Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports gewährt. Das gilt auch für die Entschärfung entsprechender Seemunition (zB. Torpedos, Wasserbomben, Seeminen).

Entscheidungserheblich waren folgende tarifliche Regelungen:

„Eine Beschäftigung im unmittelbaren Gefahrenbereich (…) ist das Suchen, Prüfen, Entfernen, Entschärfen, Sprengen oder Zerlegen von Munition oder Munitionsteilen sowie deren Transport.“

Der Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder steht die Entschärfung entsprechender Seemunition (z. B. Torpedos, Wasserbomben, Seeminen) gleich.“

Für die Entschärfung einer Bombe mit Langzeitzünder einschließlich des etwa erforderlichen Transports der noch nicht entschärften Bombe wird eine Sonderprämie von … 567, 53 Euro als zusätzliche Gefahrenzulage gewährt. Die Sonderprämie erhält jeder Arbeitnehmer, der unmittelbar an der Entfernung des Langzeitzünders oder beim Transport mitarbeitet. Die Prämie wird jedoch je Bombe nur einmal gezahlt.“

Falls eine freigelegte Bombe zur Entschärfung am Fundort der Bombe verlagert werden muss, gilt diese Verlagerung einvernehmlich als ein zur Entschärfung oder zum Transport der Bombe gehörender Arbeitsvorgang. Die Sonderprämie erhält jeder Arbeitnehmer, der aus diesem Anlass im unmittelbaren Gefahrenbereich tätig sein muss.“

Die Vorinstanzen haben die auf Zahlung 59.023,12 Euro brutto gerichtete Klage abgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

Die Sprengung einer Wasserbombe löst nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmer im Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes Niedersachsen keinen Anspruch auf eine Sonderprämie aus. Eine solche Prämie ist jedoch für die unmittelbare Mitwirkung an dem Transport oder der Verlagerung einer mit einem besonders gefährlichen Zündsystem versehenen Wasserbombe zur Vorbereitung der Sprengung zu zahlen (BAG, Urteil vom 16. Juli 2014 – 10 AZR 698/13).

Nach den einschlägigen Tarifnormen ist die Sprengung keine Entschärfung im Tarifsinn. Allerdings könnten dem Kläger Sonderprämien zustehen, wenn er unmittelbar am Transport oder an der Verlagerung der Wasserbomben beteiligt war und wenn diese Bomben mit Zündsystemen versehen waren, die ebenso gefährlich sind wie Langzeitzünder. Ob sich an den Wasserbomben derartige Zünder befanden oder ob sie nach Kriegsende ohne Zündsystem verklappt wurden, steht nicht fest. Auch die Frage, welche und wie viele Wasserbomben der Kläger transportiert oder verlagert hat, bedarf der weiteren Sachaufklärung durch das Landesarbeitsgericht.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 16. Juli 2014 – 10 AZR 698/13

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VonRA Moegelin

Deutscher Bauarbeiter mit Anspruch auf dänischen Mindestlohn

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GMcGlinn_Viking_LongshipDas Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die in Dänemark „übliche“ Vergütung gemäß § 612 BGB auch einem deutschen Arbeitnehmer zugesprochen werden kann.

Der Kläger war beim beklagten Inhaber eines Bauunternehmens mit Sitz in Mecklenburg-Vorpommern als Maurer beschäftigt und arbeitete überwiegend auf Baustellen in Dänemark. Dafür verlangte er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Berufung auf § 612 BGB den nach seinem Vorbringen in Dänemark für einen dort eingestellten Maurer üblichen Lohn.

Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien unter anderem: „Das Arbeitsverhältnis bezieht sich auf eine Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland. … Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung von 1. 500. – EUR Brutto.“

Der Kläger hält diesen „Mindestlohn“ von 1.500 € für sittenwirdrig. Da er unstreitig in Dänermark gearbeitet habe, bemesse sich der Lohn nach dem in Dänemark üblichen Lohn für Maurer, der umgerechnet bei 3.670 € brutto monatlich liegt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet ein Tarifvertrag und zwar der TV Mindestlohn Anwendung. Er unterteilt sich in „Ost“ und „West“. Das Arbeitsgericht hatt der Klage in Höhe des Mindestlohns West stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger lediglich den niedrigeren Mindestlohn Ost zugesprochen, der aber immer noch höher lag, als der im Arbeitsvertrag vereinbarte Lohn. Das Bundesarbeitsgericht hat sich der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen.

Entsendet ein Unternehmen des Bauhauptgewerbes einen Bauarbeiter vorübergehend zum Arbeitseinsatz ins Ausland, und treffen die Parteien für diesen Einsatz keine Vergütungsregelung, schuldet der Arbeitgeber nach § 612 BGB die übliche Vergütung. Diese richtet sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe (TV Mindestlohn), sofern im vergleichbaren Wirtschaftskreis tatsächlich keine höhere Vergütung für Auslandseinsätze gewährt wird. Ob in diesen Fällen der Mindestlohn West oder der Mindestlohn Ost zu zahlen ist, bestimmt sich nach dem Einstellungsort (BAG, Urteil vom 20. April 2011 – 5 AZR 171/10).

Die vereinbarte Vergütung im Arbeitsvertrag bezieht auf eine Tätigkeit in Deutschland. Eine etwaige anderslautende mündliche Vereinbarung für den Auslandseinsatz in Dänemark konnte nicht bewiesen werden. Der Kläger kann mangels einer anderweitigen Vergütungsvereinbarung für seinen Auslandseinsatz in Dänemark (nur) den Mindestlohn Ost des einschlägigen deutschen Tarifvertrages verlangen, da er im ost-deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern angestellt ist.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 20. April 2011 – 5 AZR 171/10

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VonRA Moegelin

Kündigung wegen Fotos auf Facebook

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iconos_redes_sociales_facebookArbeitnehmer sollten sich gut überlegen, Fotos während der Arbeitszeit zu machen und diese Fotos dann noch auf sozialen Netzwerken wie Facebook einzustellen. Genau das hat eine Krankenpflegerin aus Berlin getan und erhielt deswegen die Kündigung.

Betreffende Arbeitnehmerin wurde in einem Krankenhaus als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin beschäftigt. Sie betreute auf der Kinderintensivstation ein Kind, dessen Zwillingsschwester unmittelbar nach der Geburt verstorben war und dessen Mutter sich von ihm losgesagt hatte. Die Arbeitnehmerin veröffentlichte unerlaubt Fotografien von dem Kind auf ihrem Facebook-Auftritt und versah sie teilweise mit Kommentaren; dabei wurde auch der Tod des Kindes mitgeteilt. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis aus diesem Grund fristlos aus wichtigem Grund sowie vorsorglich fristgemäß.

Die unerlaubte Veröffentlichung von Fotos auf Facebook kann zwar grundsätzlich ein außerordentlicher Kündigungsgrund sein, jedoch hat diesem Fehlverhalten regelmäßig eine Abmahnung vorauszugehen (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.04.2014 – 17 Sa 2200/13).

Zwar sei das Verhalten der Arbeitnehmerin grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Mit einer unerlaubten Veröffentlichung von Patientenbildern werde in erheblicher Weise gegen die Schweigepflicht verstoßen und die Persönlichkeitsrechte des Patienten verletzt; besonders bei einer Veröffentlichung in einem sozialen Netzwerk, weil eine weitere Verbreitung der Bilder nicht kontrolliert werden könne. Das Verhalten der Arbeitnehmerin berechtige den Arbeitgeber im vorliegenden Fall jedoch lediglich zum Ausspruch einer Abmahnung, während die – außerordentliche oder ordentliche – Kündigung des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig sei. Die Arbeitnehmerin hatte unbestritten eine emotionale Bindung zu dem Kind aufgebaut, der sie Ausdruck verliehen hat. Das Kind war aufgrund der Bilder letztlich nicht zu identifizieren. Es wurde durch die Bilder nicht bloßgestellt; vielmehr war die Veröffentlichung nach der Wertung des Gerichts geeignet, den Betrachter für das Kind einzunehmen. Bei wem die Arbeitnehmerin beschäftigt war, konnte den Bildern nicht entnommen werden; auch gab es auf ihnen keinen Hinweis darauf, dass der Arbeitgeber derartige Veröffentlichungen billigen würde. Die Arbeitnehmerin hatte die Bilder unmittelbar nach den ersten Vorhaltungen durch den Arbeitgeber von ihrem Facebook-Auftritt entfernt. Bei einer Abwägung aller Umstände konnte von dem Arbeitgeber erwartet werden, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Anzumerken ist, dass es in der Praxis eines Anwalts für Arbeitsrecht häufig vorkommt, dass ein Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung ausspricht. In den meisten Fällen zeigt sich, dass das Gericht den Verstoß des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten als nicht so schwerwiegend ansieht, dass auf eine vorherige Abmahnung verzichtet werden könne. Einem Arbeitgeber ist daher anzuraten, vor dem Verhängen von Disziplinarmaßnahmen auch eine Abmahnung in Betracht zu ziehen.

Volltext des Urteils des Landesabeitsgerichts Berlin-Brandenburg: LAG Berlin-Brandenburg. Urteil vom 11. April 2014 – 17 Sa 2200/13

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