Jahresarchiv 3. Januar 2015

VonRA Moegelin

Widerruf der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten

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Heart_Bleed_Patch_2_by_Merlin2525Rechtsgrundlage für die Bestellung und den Widerruf des Datenschutzbeauftragten ist das BDSG. Die Abberufung kann aus wichtigem Grund erfolgen. Im einschlägigen Fall hat der Arbeitgeber nicht nur den Wideruf erklärt, sondern obendrein noch die Teilkündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt.

Die Klägerin ist als Fluggastabfertigerin beschäftigt und nimmt bei ihrem Arbeitgeber die Aufgaben der Datenschutzbeauftragten wahr. Diese Aufgaben nahmen rund 30 % ihrer Arbeitszeit in Anspruch. Die Klägerin ist auch Mitglied im Betriebsrat ihres beklagten Arbeitgebers. Dieser beschloss mit der später ebenfalls beklagten100%igen Tochtergesellschaft, die Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz zukünftig konzernweit einheitlich durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen. Sie widerriefen deshalb die Bestellung der Klägerin. Die Klägerin erhielt zudem eine Teilkündigung hinsichtlich dieser Aufgabe.

Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage gegen diese Maßnahmen gewandt. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.

Nach § 4 f Abs. 3 Satz 4 BDSG kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung von § 626 BGB aus wichtigem Grund widerrufen werden. Weder die Entscheidung des Arbeitgebers, zukünftig die Aufgaben eines Beauftragten für den Datenschutz durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen, noch die Mitgliedschaft im Betriebsrat stellen einen solchen wichtigen Grund für den Widerruf dar (BAG, Urteil vom 23. März 2011 – 10 AZR 562/09).

Die gesetzliche Regelung der § 4 f Abs. 3 Satz 4 BDSG, § 626 BGB gewährt dem Beauftragten für den Datenschutz einen besonderen Abberufungsschutz. Damit soll dessen Unabhängigkeit und die weisungsfreie Ausübung des Amtes gestärkt werden. Eine Abberufung ist nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Zwar ist der Arbeitgeber bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten bestellt. Hat er hingegen einen internen Beauftragten bestellt, kann er nicht dessen Bestellung allein mit der Begründung widerrufen, er wolle nunmehr einen Externen konzernweit mit dieser Aufgabe beauftragen. Allein in einer solchen Organisationsentscheidung liegt kein wichtiger Grund. Ebenso wenig rechtfertigt die bloße Mitgliedschaft im Betriebsrat, die Zuverlässigkeit eines Beauftragten für den Datenschutz in Frage zu stellen. Auf konkrete Pflichtenverstöße haben sich die Beklagten nicht berufen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 23. März 2011 – 10 AZR 562/09

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VonRA Moegelin

Kündigung wegen Weigerung Alkohol zu verkaufen

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drink-beerDer Kläger ist gläubiger Moslem. Er war seit 1994 als Mitarbeiter eines großen Warenhauses tätig. Seit dem Jahr 2003 wurde er als „Ladenhilfe“ beschäftigt. Im Februar 2008 weigerte er sich, im Getränkebereich zu arbeiten. Er berief sich auf seinen Glauben, der ihm jegliche Mitwirkung bei der Verbreitung von Alkoholika verbiete. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis ordentlich.

Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung für wirksam erachtet. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung aufgehoben.

Weigert sich ein Arbeitnehmer aus religiösen Gründen, eine Arbeitsaufgabe zu erfüllen, zu der er sich vertraglich verpflichtet hat, kann dies eine Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Voraussetzung ist, dass keine naheliegenden anderen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Ein als „Ladenhilfe“ in einem Einzelhandelsmarkt beschäftigter Arbeitnehmer muss mit der Zuweisung von Arbeitsaufgaben rechnen, die den Umgang mit Alkoholika erfordern. Macht er geltend, aus religiösen Gründen an der Ausübung vertraglich geschuldeter Tätigkeiten gehindert zu sein, muss er dem Arbeitgeber mitteilen, worin genau die religiösen Gründe bestehen, und aufzeigen, an welchen Tätigkeiten er sich gehindert sieht. Besteht für den Arbeitgeber im Rahmen der von ihm zu bestimmenden betrieblichen Organisation die Möglichkeit einer vertragsgemäßen Beschäftigung, die den religionsbedingten Einschränkungen Rechnung trägt, muss er dem Arbeitnehmer diese Tätigkeit zuweisen (BAG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 AZR 636/09).

Auf die Revision des Klägers hat das BAG die Sache an das Landesarbeitsgericht zur zurückverwiesen. Ob die Weigerung des Klägers, in der Getränkeabteilung zu arbeiten, der Beklagten einen Grund zur Kündigung gab, stehe noch nicht fest und bedürfe der weiteren Sachaufklärung. Den Darlegungen des Klägers lasse sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, welche Tätigkeiten ihm seine religiöse Überzeugung verbietet. Dementsprechend könne auch nicht abschließend beurteilt werden, ob es der Beklagten möglich war, dem Kläger eine andere Arbeit zu übertragen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 AZR 636/09

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VonRA Moegelin

Nachtzuschlag für Zucker

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Sugar_cube_34345345Der Betriebsschlosser eines Zuckerproduzenten begehrte von seinem Arbeitgeber einen tariflichen Nachtzuschlag. Er arbeitet an einem Ofen für die Rübenverarbeitung. Er hat lediglich 20 % statt den von ihm geforderten Zuschlag von 50 % erhalten. Hierbei ging es um die Auslegung eines Tarifvertrages

Der einschlägige Tarifvertrag MTV regelt hierzu in § 7:

„a) Für Nachtarbeit, die regelmäßige Wechselschichtarbeit gemäß § 4 Ziff. 11 ist, wird ein Zuschlag von 20 % bezahlt. Diese Regelung umfasst auch Kampagnebeginn und Kampagneende an den einzelnen Stationen.

  1. b) Für Nachtarbeit, die keine regelmäßige Wechselschichtarbeit im Sinne von § 4 Ziff. 11 ist, wird ein Zuschlag von 50 % gezahlt.
  2. c) Arbeitnehmer, die aus ihrer planmäßigen Arbeitszeit herausgezogen und außerplanmäßig zur Nachtschichtarbeit eingeteilt werden, erhalten für Nachtarbeit einen Zuschlag von 50 %, und zwar bis zum planmäßigen Schichtwechsel, jedoch nicht länger als 7 Kalendertage. …“

Nachtarbeit ist nach § 4 Ziff. 14 MTV die Arbeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr. Wechselschichtarbeit liegt nach § 4 Ziff. 11 MTV dann vor, wenn ein regelmäßiger Wechsel des Schichtbetriebs und damit der zeitlichen Lage der Schicht erfolgt und dieser Rhythmus zusammenhängend mindestens eine volle Arbeitswoche dauert. Als Kampagne gilt nach § 4 Ziff. 8 Satz 3 MTV die Zeit der Herstellung von Zucker aus Rüben, Rohzucker und Dicksaft.

Schon wie die Vorinstanzen hat auch das Bundesarbeitsgericht auf die Revision die Klage abgewiesen. Der Kläger hat nach Ansicht des BAG keinen Anspruch auf einen Nachtzuschlag von 50 %, sondern nur von 20 %.

Der Kläger hat (nur) Nachtarbeit geleistet und damit keine regelmäßige Wechselschichtarbeit.

Er hat Nachtarbeit in der Zeit des Kampagnebeginns an der Station des Kalkofens geleistet. Damit bestimmt sich die Höhe des Zuschlags (20 %)  nach § 7 Ziff. 6 Buchst. a Satz 1 MTV. Nach Satz 2 dieser Vorschrift umfasst die Regelung des Satzes 1 auch den Kampagnebeginn und das Kampagneende an den einzelnen Stationen. Für Nachtarbeit zu Kampagnebeginn und Kampagneende wird damit unabhängig vom Vorliegen regelmäßiger Wechselschichtarbeit (nur) ein Zuschlag von 20 % gezahlt; § 7 Ziff. 6 Buchst. a Satz 2 MTV bestimmt für diese Zeitspanne eine Ausnahme von § 7 Ziff. 6 Buchst. b Satz 1 MTV, wonach Nachtarbeit außerhalb regelmäßiger Wechselschichtarbeit einen Zuschlag von 50 % auslöst. Dies ergibt die Auslegung von § 7 Ziff. 6 Buchst. a MTV.

Die Auslegung des tariflichen Gesamtzusammenhangs richtet sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien. Demgemäß folgt, dass es keiner zusätzlichen tariflichen Regelung bedarf, wenn diese sinnlos wäre. Es ist fernliegend, dass bei einer klaren tariflichen Ausgangslage eine sinnlose Klarstellung vorgenommen werden sollte (BAG, Urteil vom 19. Januar 2011 – 10 AZR 658/09).

Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass zu Kampagnebeginn und Kampagneende an den einzelnen Stationen auch ohne regelmäßige Wechselschichtarbeit für Nachtarbeit nur ein Zuschlag von 20 % gezahlt werden soll. § 7 Ziff. 6 Buchst. a Satz 2 MTV ergibt nur mit diesem Verständnis einen erkennbaren Sinn. Ohne die Verweisung („diese Regelung“) wäre die tarifliche Situation eindeutig. Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – zu Kampagnebeginn und Kampagneende an den einzelnen Stationen Nachtarbeit außerhalb von regelmäßiger Wechselschicht leisten, hätten Anspruch auf einen Zuschlag von 50 % nach § 7 Ziff. 6 Buchst. b MTV, während bei regelmäßiger Wechselschichtarbeit in diesem Zeitraum nach § 7 Ziff. 6 Buchst. a MTV nur ein Anspruch auf einen Zuschlag von 20 % bestehen würde. Hätten die Tarifvertragsparteien dies gewollt, hätte es einer zusätzlichen Regelung nicht bedurft; der Nachtzuschlag wäre in seinen Voraussetzungen und Rechtsfolgen erschöpfend geregelt gewesen. Es ist fernliegend, dass bei einer klaren tariflichen Ausgangslage eine sinnlose Klarstellung vorgenommen werden sollte. Dies spricht dafür, dass durch § 7 Ziff. 6 Buchst. a Satz 2 MTV sichergestellt werden sollte, dass im Zeitraum des Kampagnebeginns und des Kampagneendes an den einzelnen Stationen für Nachtarbeit grundsätzlich nur ein Zuschlag von 20 % gezahlt wird.

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