Jahresarchiv 10. Januar 2015

VonRA Moegelin

Verlust der Dynamik einer arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel

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20140930-225320-PictomagoDynamische Klauseln die auf einen Tarifvertrag verweisen („in seiner jeweils geltenden Fassung“) können auch ohne Änderung der Klausel ihre Dynamik verlieren, wie das BAG im nachfolgenden Fall entschieden hat.

Ein kaufmännischer Angestellter ist seit dem Jahr 1995 bei der späteren Beklagten, einem Unternehmen der Metallindustrie, beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag ist neben einer Verweisung auf die tariflichen Urlaubs- und Kündigungsfristenregelungen „ein Bruttogehalt nach Tarifgruppe 5/4 in Höhe von DM 5.400,-“ vereinbart, das sich aus einem Tarifgehalt von DM 4.848,- und einer außertariflichen Zulage von DM 552,- zusammensetzt. Zu dieser Zeit war die Beklagte, die keinem Arbeitgeberverband angehört, an einen mit der IG Metall geschlossenen Anerkennungstarifvertrag gebunden, der mehrere Verbandstarifverträge der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie in Bezug genommen und vorübergehend teilweise modifiziert hatte. Dieser Anerkennungstarifvertrag wurde von der Beklagten zum 31. Dezember 2001 gekündigt. Nachfolgende Änderungen der Verbandstarifverträge wurden im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr umgesetzt. Der betreffende Angestellte hat mit seiner Klage unter anderem Vergütungsdifferenzen zwischen dem ihm gezahlten Entgelt und den tariflichen – zwischenzeitlich – erhöhten Tabellenwerten der Tarifgruppe 5/4 geltend gemacht.

Auf die Revision des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht, wie die Vorinstanz, seine Klage abgewiesen.

Nehmen die Parteien in einem vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Arbeitsvertrag („Altvertrag“) einen Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung in Bezug, an den der Arbeitgeber seinerseits normativ gebunden ist, endet mit dem Wegfall der normativen Tarifgebundenheit des Arbeitgebers regelmäßig die Dynamik. Dies gilt auch, wenn die Tarifgebundenheit an Verbandstarifverträge nicht über eine Mitgliedschaft des Arbeitgebers im tarifschließenden Verband, sondern über einen von ihm als Tarifvertragspartei mit der Gewerkschaft geschlossenen Anerkennungstarifvertrag vermittelt ist (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – 4 AZR 473/12).

Selbst wenn man zugunsten des Klägers eine dynamische Anwendung der jeweiligen Vergütungsregelungen nach dem Mantel-, dem Lohn- und Gehaltsrahmen- sowie dem Vergütungstarifvertrag der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie annehmen würde, wäre diese Dynamik nach Ansicht des BAG aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nach der Kündigung des Anerkennungstarifvertrages in Anwendung der früheren Rechtsprechung des BAG zur „Gleichstellungsabrede“ entfallen, die aufgrund Vertrauensschutzes für „Altverträge“ weiterhin gilt. Ob die Tarifgebundenheit an die im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifregelungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf einer Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Verband oder auf einem von ihm selbst geschlossenen Anerkennungstarifvertrag beruht, sei dabei ohne Bedeutung. Das BAG hat keinen Anlass gesehen, seine Vertrauensschutzrechtsprechung hinsichtlich der „Altverträge“ zu modifizieren.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – 4 AZR 473/12

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VonRA Moegelin

arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz bei Erholungsbeihilfe für Gewerkschaftsmitglieder

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man-at-workEinige bei Adam Opel AG beschäftigten Mitarbeiter machten einen Anspruch auf Zahlung von 200 € wegen einer sogenannten Erholungsbeihilfe geltend. Nach ihrer Ansicht beruht ihr Anspruch auf dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Vorausgegangen waren diverse Vereinbarungen zwischen Opel und der IG Metall, unter anderem auch ein entgeltabsenkender Tarifvertrag zur Sanierung des Konzerns. Die Zustimmung hierzu hatte die IG Metall abhängig gemacht von einem Ausgleich für seine Mitglieder. Hierzu trat Opel einem Verein bei, der satzungsgemäß „Erholungsbeihilfen“ an die IG-Metall-Mitglieder zahlt. Die von Opel gezahlten 8, 5 Mio. € zahlte der Verein dann an die IG-Metall-Mitglieder aus.

Die betreffenden Mitarbeiter sind nicht Mitglieder der IG-Metall, so dass sie jedenfalls keine Anspruchsgrundlage in direkter Anwendung gelten machen können.

Nachdem Opel die Forderungen betreffender Mitarbeiter abgelehnt hatten, erhoben sie Klage. Die Klage wurde von den ersten beiden Instanzen abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Klageabweisung bestätigt, weil der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht eröffnet sei.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet keine Anwendung, wenn ein Arbeitgeber mit einer Gewerkschaft im Rahmen von Tarifverhandlungen vereinbart, für deren Mitglieder bestimmte Zusatzleistungen zu erbringen. Aufgrund der Angemessenheitsvermutung von Verträgen tariffähiger Vereinigungen findet eine Ãœberprüfung anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht statt (BAG, Urteil vom 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13).

Die Beitrittsvereinbarung war nach Ansicht des BAG Bestandteil des „Sanierungspakets“ der Tarifvertragsparteien. Solche Vereinbarungen sind nicht gemäß dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu überprüfen. Das gelte unabhängig davon, ob die Leistungen für die Gewerkschaftsmitglieder in einem Tarifvertrag oder einer sonstigen schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung geregelt worden sind.

Der Entscheidung des BAG ist zuzustimmen. Hier liegt eine Ungleichbehandlung vor, die arbeitsrechtlich gewollt ist. Anderenfalls wäre das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft beeinträchtigt, wenn ein Arbeitgeber Zahlungen die mit einer Gewerkschaft vereinbart wurden, auch an Nicht-Mitglieder zahlen würde. Etwas anderes gilt nur, wenn eine ausdrücklich arbeitsvertragliche Vereinbarung vorliegt. An der fehlt es aber im einschlägigen Fall. Zudem erscheint es nicht sachgerecht, wenn diejenigen die als Nicht-Mitglieder keinen finanziellen Beitrag leisten, -üblicherweise 1 % des Bruttoeinkommens als Gewerkschaftsbeitrag- genauso zu stellen sein sollen, wie Mitglieder einer Gewerkschaft.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13

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VonRA Moegelin

Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nur auf Rezept

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modern-15-pillDer BGH hat im Zusammenhang mit einer Abmahnstreitigkeit zwischen zwei Apothekern über die Rezeptflicht von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu entscheiden. In den einschlägigen Medien der Pharmazeuten hat die Entscheidung verständlicherweise Beachtung gefunden.

Der eine Apotheker beanstandet, dass sein Kollege und späterer Beklagter einer Patientin ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne ärztliches Rezept ausgehändigt hat. Er sieht hierin einen Verstoß gegen § 48 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), wonach verschreibungspflichtige Medikamente nicht ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden dürfen. Der Kläger hat den Beklagten deshalb auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Der Beklagte hat eingewandt, er habe aufgrund der telefonisch eingeholten Auskunft einer ihm bekannten Ärztin davon ausgehen dürfen, zur Abgabe des Medikaments ohne Vorlage eines Rezepts berechtigt zu sein.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Abmahnkosten stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, der Beklagte sei zwar nicht zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt gewesen, weil kein dringender Fall im Sinne von § 4 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)* vorgelegen habe. Der einmalige Gesetzesverstoß der Beklagten sei aber aufgrund der damaligen besonderen Situation, insbesondere wegen eines geringen Verschuldens der Beklagten, nicht geeignet gewesen, Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen.

Der maßgebliche Abs. 1  des § 4 AMVV lautet:

„Erlaubt die Anwendung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels keinen Aufschub, kann die verschreibende Person den Apotheker in geeigneter Weise, insbesondere fernmündlich, über die Verschreibung und deren Inhalt unterrichten. Der Apotheker hat sich über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit zu verschaffen. Die verschreibende Person hat dem Apotheker die Verschreibung in schriftlicher oder elektronischer Form unverzüglich nachzureichen.“

Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof die Verurteilung der Beklagten nach dem erstinstanzlichen Urteil wiederhergestellt.

Die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Medikaments durch einen Apotheker ohne Vorlage eines Rezepts ist wettbewerbsrechtlich unzulässig (BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 – I ZR 123/13).

Die Verschreibungspflicht gemäß § 48 AMG dient dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken. Durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecken, werden die Verbraucherinteressen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stets spürbar beeinträchtigt.

Der Beklagte war auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls gemäß § 4 AMVV ausnahmsweise zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt. Zwar kann der Apotheker sich grundsätzlich auf eine Entscheidung des Arztes über die Verordnung des verschreibungspflichtigen Medikaments verlassen. Die Ausnahmevorschrift des § 4 AMVV setzt aber eine Therapieentscheidung des behandelnden Arztes aufgrund eigener vorheriger Diagnose voraus. In dringenden Fällen reicht es allerdings aus, wenn der Apotheker über die Verschreibung telefonisch unterrichtet wird. An der erforderlichen Therapieentscheidung fehlt es, wenn ein Apotheker einen Arzt zu einer Verschreibung für einen dem Arzt unbekannten Patienten bewegt. Da zum Zeitpunkt des Besuchs der Apotheke der Beklagten keine akute Gesundheitsgefährdung bestand, war der Patientin auch zuzumuten, den ärztlichen Notdienst im Nachbarort aufzusuchen.

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VonRA Moegelin

Die Abmeldepflicht von Betriebsratsmitgliedern

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nicubunu-Emoticons-Hand-waving-faceDer neunköpfige Betriebsrat eines Unternehmens für automobile Marktforschung mit ca. 220 Arbeitnehmern wollte gerichtlich festgestellt wissen, dass seine Mitglieder nicht verpflichtet sind, sich bei Ausführung von Betriebsratstätigkeit, die sie am Arbeitsplatz erbringen, zuvor beim Arbeitgeber abzumelden. Der besteht aus neun Mitgliedern, die überwiegend im Bereich Informationstechnologie, zum Teil auch in der Datenerfassung und der Telefonzentrale beschäftigt sind.

Der Antrag des Betriebsrats scheiterte in allen Instanzen. Das Bundesarbeitsgericht führt seine Entscheidung der Zurückweisung wie folgt aus:

Die umstrittene Pflicht lässt sich weder generell verneinen noch bejahen. Sie hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.  Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind nicht freigestellte Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Der Arbeitgeber muss der Arbeitsbefreiung nicht zustimmen.

Ein Betriebsratsmitglied, das an seinem Arbeitsplatz während seiner Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erledigt, ist grundsätzlich verpflichtet, sich beim Arbeitgeber abzumelden und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Zweck der Meldepflicht ist es, dem Arbeitgeber die Ãœberbrückung des Arbeitsausfalls zu ermöglichen (BAG, Beschluss vom 29. Juni 2011 – 7 ABR 135/09). Daher besteht keine vorherige Meldepflicht in Fällen, in denen eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere die Art der Arbeitsaufgabe des Betriebsratsmitglieds und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung. In Fällen, in denen sich das Betriebsratsmitglied nicht vorher abmeldet, ist es verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen nachträglich die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Betriebsratstätigkeit mitzuteilen.

Während der Arbeitgeber den Arbeitsausfall zB eines Fluglotsen oder -wie hier- Callcenterarbeitnehmers stets wird überbrücken müssen, wird es für ihn regelmäßig nicht ernsthaft in Betracht kommen, die Arbeit umzuorganisieren, wenn ein ausschließlich mit einem langfristig angelegten Projekt befasster Entwicklungsingenieur seine Tätigkeit kurzfristig unterbricht, um an seinem Arbeitsplatz Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 29. Juni 2011 – 7 ABR 135/09

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VonRA Moegelin

Erstattungsfähigkeit von Inkasso-Kosten

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BagDer Rechtsanwalt hat die gleichen Befugnisse wie ein Inkasso-Unternehmen. Auch hinsichtlich der Gebühren besteht Gleichheit. Das RDGEG gewährt den Inkasso-Unternehmen Gebührensätze eines Anwalts gemäß dem RVG. Unabhängig davon stellt sich die Frage der Erstattungsfähigkeit bei Beauftragung eines Rechtsanwalts neben dem Inkasso-Unternehmen.

Das Unternehmen das formal als „Rechtsbeistand“ bezeichnet wird, erwirkte für seinen Kunden einen Mahnbescheid über 28.770,05 €, gegen den die Beklagte fristgerecht Widerspruch erhob. Die Folge war die Überleitung ins gerichtliche Verfahren. Die Prozessführung übernahm ein Rechtsanwalt. Er erwirkte ein rechtskräftiges Versäumnisurteil, mit dem ihr zugleich die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.

Das Landgericht hat nur die Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte festgesetzt. Die im Mahnverfahren für die Beauftragung des Rechtsbeistands entstandenen Kosten hat es jedoch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Bundesgerichtshof ebenfalls zurückgewiesen.

Die im Anwaltsprozess anfallenden Mehrkosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsbeistands im Mahnverfahren anfallen, sind neben den Kosten des im streitigen Verfahren beauftragten Rechtsanwalts unabhängig davon grundsätzlich nicht erstattungsfähig, ob bei Einleitung des Mahnverfahrens mit der Erhebung eines Widerspruchs zu rechnen war oder nicht (BGH, Beschluss vom 20.Oktober 2005 – VII ZB 53/05).

Die im Mahnverfahren angefallenen Rechtsbeistandskosten sind nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig, wonach die unterliegende Partei die (notwendigen) Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Die Kosten, die dem Kläger dadurch entstehen, dass er mit der Durchführung des Mahnverfahrens einen Rechtsbeistand beauftragt, stellen im Anwaltsprozess für den BGH keine notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung dar.

Die Berufsfreiheit des als Rechtsbeistand auftretenden Inkasso-Unternehmens wird nach Ansicht des BGH nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt. Soweit die Tätigkeit des Rechtsbeistands in Mahnverfahren, die Ansprüche zum Gegenstand haben, die zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören, durch die fehlende Möglichkeit der Kostenerstattung nach § 91 ZPO faktisch beschränkt wird, ist dies dadurch gerechtfertigt, dass der Rechtsbeistand zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gegenüber dem Rechtsanwalt nur in eingeschränktem Umfang berechtigt ist. Die Berufsausübungsfreiheit der nicht als Rechtsanwalt zugelassenen Personen wird durch die gesetzliche Vorschrift des § 78 Abs. 1 ZPO, die für bestimmte Rechtsstreitigkeiten eine Vertretung durch Rechtsanwälte vorschreibt, verfassungskonform beschränkt.

Der Kläger hätte nach alldem zur Vermeidung zusätzlicher Kosten sich bereits im Mahnverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen. Diese Kosten sind unproblematisch notwendige Kosten des Rechtsstreits.

Die Rechtsanwaltskanzlei Moegelin bietet Inkasso (Forderungsmanagement) in Berlin und deutschlandweit.

Volltext der Entscheidung des Bundesgerichtshofs: BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2005 – VII ZB 53/05

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VonRA Moegelin

Funktionszulage im Schreibdienst der Wehrbereichsverwaltung

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paro-AL-military-saluteEine seit 31. Oktober 1983 angestellte Mitarbeiterin im Schreibdienst Bereich der Wehrbereichsverwaltung Nord  begehrt die Zahlung einer sogenannten Funktionszulage die ihr nach Inkrafttreten des TVöD verweigert wurde.

Aufgrund einer bis zum 31. Dezember 1983 bestehenden Regelung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) erhielten bestimmte Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die im Schreibdienst tätig waren, eine Funktionszulage von 8 % ihrer Grundvergütung. Nach Kündigung der Tarifregelung wurde diese Zulage an Beschäftigte, die bereits anspruchsberechtigt waren, weitergezahlt. Mit einer Vielzahl anderer Beschäftigter trafen die öffentlichen Arbeitgeber darüber hinaus einzelvertragliche Nebenabreden und zahlten diesen ebenfalls die Zulage. Diese Praxis wurde im Jahre 1997 eingestellt.

Im Jahre 1995 trafen die Parteien so eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, die eine Zahlung der Funktionszulage Schreibdienst „bis zu einer tarifvertraglichen Neuregelung“ vorsah. Zum 1. Oktober 2005 trat der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) in Kraft. Eine vergleichbare Zulage sieht der TVöD nicht vor. Die Arbeitgeberin berücksichtigte die Funktionszulage nicht beim sogenannten Vergleichsentgelt. Sie zahlte die Zulage zunächst weiter, rechnete dann aber tarifliche Gehaltssteigerungen an.

Die betreffende Mitarbeiterin erhob daraufhin Klage auf ungekürzte Fortzahlung der Zulage. Sie verlor in den ersten beiden Instanzen. Auch ihre Revision wurde vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Nach Inkrafttreten des TVöD besteht kein Anspruch auf Fortzahlung der Funktionszulage im Schreibdienst. Es bestand ein Anspruch auf Zahlung der Zulage nur bis zum Inkrafttreten einer tarifvertraglichen Neuregelung. Eine solche Neuregelung erfolgte durch den TVöD. Die vertraglich vereinbarte auflösende Bedingung war rechtswirksam, insbesondere stellt sie keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin gemäß § 307 BGB dar (BAG, Urteil vom 18. Mai 2011 – 10 AZR 206/10).

Wie das BAG in seiner Begründung klarstellt, war Ausgangspunkt für die Vereinbarung der Nebenabrede der lediglich nachwirkende Teil eines Tarifvertrags (BAT), dessen Regelungen gemäß § 4 Abs. 5 TVG durch eine andere Abmachung ersetzt werden durften (TVöD). In einem solchen Fall hält es das BAG grundsätzlich für unbedenklich, durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung die Nachwirkung mit dem Inkrafttreten einer tarifvertraglichen Neuregelung zu beenden und dabei Beschäftigte unabhängig von ihrer Tarifgebundenheit einheitlich zu behandeln. Auch bei den Tarifgebundenen endet die Nachwirkung im Fall einer tarifvertraglichen Neuregelung. Eine mit diesem Inhalt vereinbarte auflösende Bedingung benennt gleichzeitig auch ihren Grund. Deshalb kommt es nicht auf die Frage an, ob im Fall der Befristung oder einer auflösenden Bedingung von Arbeitsbedingungen der Grund angegeben werden muss

Die Anrechnung der tariflichen Gehaltssteigerung auf die nach dem 1. Oktober 2005 nur noch als Besitzstand fortgezahlte Zulage war ebenfalls zulässig. Die Anrechnung ist grundsätzlich möglich, sofern dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist.

Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass die Arbeitsvertragsparteien für die Zeit ab dem 1. Oktober 2005 eine gesonderte Regelung über die streitgegenständliche Zulage getroffen haben oder der Klägerin die übertarifliche Zulage als selbstständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist. Einen Willen des Arbeitgebers, eine bestimmte übertarifliche Leistung auf Dauer unverändert zu erbringen, konnte die Klägerin dem Verhalten der Beklagten daher nicht zumessen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 18. Mai 2011 – 10 AZR 206/10

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