Monatsarchiv 26. November 2014

VonRA Moegelin

Selbstanzeige einer Richterin wegen Befangenheit – AG Kehl 5 OWi 304 Js 2546/14

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tilte-1Die Befangenheit des Richters kann auf persönlichen Verhältnissen beruhen. Das kann unter anderem in einer Freundschaft oder aber auch Feindschaft zu einem Verfahrensbeteiligten gesehen werden Im einschlägigen Fall sind Richterin und sachbearbeitender Staatsanwalt miteinander verheiratet. Dies begründet auch im Bußgeldverfahren, die Besorgnis der Befangenheit (AG Kehl Beschluss vom 15.4.2014, 5 OWi 304 Js 2546/14).

Volltext der Entscheidung des Amtsgerichts Kehl AG Kehl, Beschluss vom 15. April 2014 – 5 OWi 304 JS 2546/14:

Leitsätze

Sind Richterin und sachbearbeitender Staatsanwalt miteinander verheiratete, begründet dies, auch im Bußgeldverfahren, die Besorgnis der Befangenheit.

Tenor

Die Selbstanzeige von Richterin am Amtsgericht (…) gemäß § 30 StPO ist begründet.

Gründe

Eine Selbstanzeige ist begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO). Maßgeblich ist hierbei die Sicht eines verständigen und vernünftigen Verfahrensbeteiligten. Es kommt weder darauf an, ob der Richter sich selbst für unbefangen hält, noch darauf, ob er für etwaige Zweifel an seiner Unbefangenheit Verständnis aufbringt (vgl. BGH NStZ-RR 2013, 86). Persönliche Verhältnisse des Richters geben nur dann Anlass zur Besorgnis der Befangenheit, wenn zwischen ihnen und der Sache ein besonderer Zusammenhang besteht (Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 56. Auflage, § 24, Rn. 9). Solche persönlichen Verhältnisse können beispielsweise in einer Freundschaft oder aber auch Feindschaft zu einem Verfahrensbeteiligten gesehen werden (Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 11). Auch die Ehe zwischen dem Richter und einem anderen Verfahrensbeteiligten ist grundsätzlich geeignet, Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters zu begründen. Denn die Ehe ist in der Regel auf gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung gegründet. Aus Sicht eines unvoreingenommenen Angeklagten bzw. Betroffenen besteht in dieser Situation dann die Besorgnis, dass der Richter den Ausführungen eines mit ihm verheirateten Staatsanwalts eine besondere Bedeutung beimisst, ihnen einen höheren Richtigkeitsrad zuerkennt als in vergleichbaren Fällen oder (eventuell auch nur unbewusst) aus Rücksicht auf den Ehepartner einem Entscheidungsvorschlag (Verurteilung, Strafmaß etc.) zustimmt, ohne dass dies der Sach- und Rechtslage im Verfahren entspricht oder bei Außerachtlassung der Tatsache, dass er sonst eine ebenfalls mögliche Variante angenommen oder Entscheidung gefällt hätte (Ellbogen JR 2012, 188). So liegt der Fall hier.

Richterin am Amtsgericht (…) ist die Ehefrau des sachbearbeitenden Staatsanwalts. Unerheblich ist es dabei, dass es sich hier nicht um ein Strafverfahren sondern (lediglich) um einen Bußgeldverfahren handelt, in dem die Ermittlungen nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von der Verwaltungsbehörde geführt wurden, die auch den Bußgeldbescheid erlassen hat. Denn nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid und Vorlage der Akten an die Staatsanwaltschaft gehen die Aufgaben der Verfolgungsbehörde auf diese über (§ 40 Abs. 4 S. 1 OWiG). Ob sich der sachbearbeitende Staatsanwalt vor Ãœbersendung der Akten gemäß § 40 Abs. 4 S. 2 OWiG an das Amtsgericht zur Entscheidung über den Einspruch mit der Sache eingehend auseinandergesetzt oder ein eigenes Interesse an der Ahndung der dem Betroffenen vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit hat, kommt es nicht an, auch wenn sich aus der Ãœbersendungsverfügung ergeben sollte, dass dieses Verfahren für den sachbearbeitenden Staatsanwalt eines von vielen und von untergeordneter Bedeutung ist, worauf seine Ãœbersendungsverfügung hindeutet, in der er formularmäßig erklärt, einer Entscheidung durch Beschluss nicht zu widersprechen, beabsichtige, nicht an der Verhandlung teilzunehmen, auf Terminsnachricht verzichte und keinen Antrag auf eine schriftliche Begründung des Urteils stelle. Denn diesen Schluss kann allenfalls derjenige ziehen, der die Praxis der Bearbeitung von Bußgeldverfahren durch die Staatsanwaltschaft kennt. Das ist weder im Allgemeinen noch hier im Besonderen anzunehmen. Im Ãœbrigen ist der sachbearbeitende Staatsanwalt nicht gehindert, jederzeit ein stärkeres Interesse an der Sache zu entwickeln und sich unmittelbar ins Verfahren einzuschalten.

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VonRA Moegelin

Arbeitsbedingungen „wie im KZ“ kann zulässige Meinungsäußerung sein

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barbwireAuch ein unsäglicher Vergleich der Arbeitsbedingungen im Betrieb mit denen im KZ ist vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Schmähkritik liegt nur dann vor, wenn es nicht um Sachkritik geht, sondern eine Person ohne Tatsachenkern herabgewürdigt werden soll (Beschluss des LAG Berlin-BRB – 10 Ta BVGa 146/14).

In einer Betriebsratssitzung erfolgte eine Diskussion über die Arbeitsbedingungen im Betrieb mit rund 200 Arbeitnehmern und Schichtsystem. Einer der Betriebsräte und späterer Verfahrensbeteiligte beklagte sich über die schlechten Arbeitsbedingungen für die 4-Schicht-Mitarbeiter. Als es um das Thema Zeiterfassung ging, wurde der Ton zunehmend schärfer. Der Arbeitgeber führte im Prozess aus, dass das Betriebsratsmitglied nicht mehr zu beruhigen gewesen sei und sich in Rage geredet habe. Auch der Hinweis einer Mitarbeiterin Frau B., dass das Problem jetzt nicht gelöst werden müsse, habe ihn nicht wieder beruhigt. Am Ende soll er erklärt haben, dass „die Arbeitsbedingungen wie in einem KZ“ seien oder dass es „hier wie in einem KZ sei“. An den genauen Wortlaut erinnere sich Frau B. nicht mehr. Der genaue Wortlaut lasse sich nur schwer wiedergeben, da das Betriebsratsmitglied lautstark und erregt sehr viel über „die sowieso schon sehr schlechten Arbeitsbedingungen der 4-Schicht-Mitarbeiter“ monologisiert und sich dann abschließend lautstark geäußert habe.

Der Personalleiterin und dem Werksleiter sei es nicht zuzumuten, mit dem Betriebsrat an einem Verhandlungstisch zu sitzen, der sie noch vor Kurzem mit einem KZ-Schergen verglichen und mit dem NS-Terrorregime und dessen Unrechtstaten gleichgesetzt habe. Deswegen beantragte der Arbeitgeber im Wege der einstweiligen Verfügung dem Betriebsratsmitglied zu untersagen, sein Betriebsratsamt bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn und den Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht Cottbus unter dem Aktz.: 5 BV 105/13 laufenden Zustimmungsersetzungs- bzw. Ausschlussverfahrens auszuüben.

Das Arbeitsgericht Cottbus hat den Antrag zurückgewiesen. Das LAG hat den abweisenden Beschluss bestätigt und stützt seine Entscheidung auf folgende Erwägungen:

Die Äußerungen des Betriebsratsmitglieds erfolgten zwar in drastischer Wortwahl, die geeignet ist, Anstoß zu erregen. Der – streitige – KZ-Vergleich mag von der Personalleiterin als beleidigend empfunden werden. In der Betriebsratssitzung hat sie entsprechendes aber nicht geäußert. In harter Form geäußerte Sachkritik führt ihrer Natur nach regelmäßig zu einer wertenden Herabsetzung persönlicher Leistungen des Erklärungsempfängers. Eine Schmähung liegt indes erst vor, wenn der Kritik kein Tatsachenkern zugrunde liegt oder der Erklärende bewusst falsche Tatsachen streut. Hierfür fehlen aber im konkreten Fall greifbare Anhaltspunkte.

Es ist möglich, dass das Betriebsratsmitglied mit dem unsäglichen Vergleich der Personalleiterin (und dem Werkleiter) persönlich vorwerfen wollte, dass diese für derartige Arbeitsbedingungen verantwortlich seien. Ebenso ist es aber möglich, dass das Betriebsratsmitglied ohne persönlichen Angriff die Arbeitsbedingungen im Betrieb brandmarken wollte. Die gesamte Darstellung des Sachverhaltes in der eidesstattlichen Versicherung der Personalleiterin spricht aber für eine – in dieser Form völlig unpassende – Sachkritik bezüglich der Arbeitsbedingungen der 4-Schicht-Mitarbeiter. Selbst wenn man der Meinungsäußerung des des Betriebsratsmitglieds einen beleidigenden, herabwürdigenden Tatsachenkern entnehmen sollte, diente dieser der Stützung der Werturteile über die Arbeitsbedingungen im Betrieb und steht wegen dieses Zusammenhangs ebenfalls unter dem Schutz der Meinungsfreiheit.

Volltext der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: LAG Berlin-Brb, Beschluss vom 5. Juni 2014 – 10 Ta BVGa 146/14

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VonRA Moegelin

Widerruf der Prozesskostenhilfe nach vorgetäuschtem Unfall – Kläger zahlt nun 30.000 € selbst

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wreckedcarDas Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die begünstigte Partei die für die Bewilligung maßgeblichen Voraussetzungen durch eine unrichtige Sachverhaltsdarstellung – wie z.B. die wahrheitswidrige Schilderung eines unfreiwilligen Unfallereignisses – vorgetäuscht hat. (OLG Hamm, Beschluss vom 14.11.2014 – 9 U 165/13).

Dem heute 35 Jahre alten Kläger aus Hamm war für ein erstinstanzliches Klageverfahren vor dem Landgericht Münster und ein Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Mit der zu Grunde liegenden Klage begehrte der Kläger von den Beklagten Schadensersatz für einen vermeintlichen Verkehrsunfall, der sich im Oktober 2011 in Münster ereignet hatte. Bei diesem war das Fahrzeug der Beklagten, ein Pkw BMW, auf das klägerische Fahrzeug, ein Pkw Mercedes Benz, aufgefahren. Die Schadensersatzklage wies der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm nach durchgeführter Beweisaufnahme mit Urteil vom 26.08.2014 rechtskräftig ab, nachdem die Beweisaufnahme ergeben hatte, dass der Kläger den Auffahrunfall provoziert hatte. Deswegen konnte er keinen Schadensersatz beanspruchen, weil er in die Beschädigung seines Fahrzeugs durch die Beklagten eingewilligt hatte.

Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Kläger nunmehr auch die für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren jeweils bewilligte Prozesskostenhilfe widerrufen. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Partei sei zwar nicht stets dann aufzuheben, wenn die im Rechtsstreit durchgeführte Beweisaufnahme zu Ungunsten dieser Partei verlaufen sei. Ergebe sich aus der Beweisaufnahme aber, dass eine Partei falsch vorgetragen habe und wäre ihr Prozesskostenhilfe ohne diesen falschen Vortrag nicht gewährt worden, könne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachträglich aufgehoben werden. Im vorliegenden Fall sei die Darstellung des Klägers objektiv unrichtig gewesen, weil er ein unfreiwilliges Unfallereignis zur Klagebegründung vorgetragen habe. Aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen des Senats im Urteil vom 26.08.2014 stehe allerdings fest, dass der Kläger das Unfallereignis provoziert und darüber hinaus das durch den Auffahrunfall entstandene Schadensbild vertieft habe.

Nach dem Urteil des Senats vom 26.08.2014 hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen. Durch den Prozess sind ca. 12.000 Euro Sachverständigenkosten entstanden sowie – nach einem Streitwert von ca. 9.500 Euro – ca. 1.700 Euro Gerichtskosten und ca. 7.100 Euro Rechtsanwaltskosten angefallen, insgesamt 30.300 €.

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Schadensersatz für Anleger der Lehman-Brothers – BGH XI ZR 169/13

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money_grabberDer BGH hat geprellten Anlegern der Bank Lehman Brothers weitestgehend Schadensersatz zugesprochen. Die beiden Kläger haben nahezu alles verloren, was sie für die Zertifikate eingezahlt haben. Im Produktflyer hieß es noch „100% Kapitalschutz am Laufzeitende„.

Im Verfahren XI ZR 480/13 erwarb der Kläger im November 2007 auf Empfehlung eines Mitarbeiters der beklagten Bank 40 Stück des „Lehman Brothers Garantiezertifikats auf fünf Bankentitel“ zum Nennwert von 39.328 €. Im Mai 2008 erwarb er auf Empfehlung desselben Mitarbeiters weitere 100 Stück Lehman-Zertifikate „LB 6 Jahres CatchUp Note auf sechs DAX-Werte“ zum Nennwert von 100.000 €.

Im Verfahren XI ZR 169/13 erwarb der Kläger im Mai 2008 auf Empfehlung eines Mitarbeiters derselben beklagten Bank „Lehman Brothers Aktien Kupon Anleihen auf sechs DAX Werte“, d. h. sogenannte Basketzertifikate, zum Kurswert von 33.099 €. In dem zugehörigen Produktflyer heißt es u.a. „100% Kapitalschutz am Laufzeitende“.

Auf ein Sonderkündigungsrecht der Lehman Brothers und die Rechtsfolgen wurden die Kläger von der Beklagten nicht hingewiesen. Die Anleihebedingungen wurden ihnen ebenfalls nicht übergeben. Die in den Anleihebedingungen ausgeführten Rechtsfolgen sahen vor, dass der vorzeitige Rückzahlungsbetrag möglicherweise unter dem Nennbetrag liegen oder sogar Null betragen könne.

Nach der Insolvenz der Emittentin im September 2008 wurden die Zertifikate weitgehend wertlos.

Der Bundesgerichtshof hat einen Verstoß gegen Aufklärungspflichten mit folgender Begründung bejaht (BGH, Urteil vom 25. November 2014 – XI ZR 169/13):

Die Empfehlung der Zertifikate war in beiden Verfahren nicht anlagegerecht. Bei den Zertifikaten handelte es sich um Inhaberschuldverschreibungen mit einem zugesicherten Kapitalschutz. Bei solchen „Garantie-Zertifikaten“ muss eine beratende Bank die Anleger über das in den jeweiligen Anleihebedingungen geregelte Sonderkündigungsrecht der Emittentin, das zu einem Totalverlust des Kapitals führen kann, ungefragt aufklären. Denn ein Sonderkündigungsrecht stellt einen für die Anlageentscheidung wesentlichen und damit aufklärungsbedürftigen Umstand dar. Wesentliches Merkmal eines Garantiezertifikats mit 100%igem Kapitalschutz ist, dass sich das Risiko des Anlegers darauf beschränkt, mit dem Anlagebetrag während der Anlagezeit möglicherweise keine Gewinne zu erwirtschaften oder dass die Emittentin insolvent wird. Dem steht ein Sonderkündigungsrecht diametral entgegen, bei dem der von der Berechnungsstelle nach billigem Ermessen festzulegende Marktwert den Anlagebetrag unterschreiten oder sogar Null betragen kann.

Im Verfahren XI ZR 169/13 war der Schadensersatz des Klägers nach Ansicht des BGH um 17% zu kürzen wegen Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht. Der Kläger hatte seine Ansprüche im Insolvenzverfahren gegen die Garantin (die US-amerikanische Lehman Brothers Holdings Inc.) nicht anmeldet, so dass eine Kürzung des Schadensersatzanspruches in Höhe des Betrages in Kauf zu nehmen ist , der er im Insolvenzverfahren hätte erlangt werden können.

Volltext der Pressemitteilung vom 25. November 2014 – Nr. 173/2014

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Forderung eines ausgeliehenen Arbeitnehmers auf Urlaubsentgelt – BAG 9 AZR 510/09

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Architetto_--_Carpentiere_3Die Klage eines Leiharbeitnehmers gegen seinen Verleiher wegen der Nichtzahlung von Urlaubsentgelt wurde in den ersten beiden Instanzen abgewiesen. Zu Unrecht, wie das Bundesarbeitsgericht meinte. Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war bei der Beklagten, die gewerbsmäßig Arbeitnehmer überlässt, bis Januar 2007 als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag (MTV BZA) Anwendung. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 MTV BZA hat der Leiharbeitnehmer während des Urlaubs Anspruch auf das tarifliche Entgelt sowie auf die tariflichen Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit. Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien darüber hinaus eine Zulage in Höhe von 6,96 Euro für den Einsatz bei der A. (Entleiherzulage) sowie 0,81 Euro Schicht-Nachtarbeitspauschale. Diese Vergütungsbestandteile zahlte die Beklagte weder während des Urlaubs noch im Rahmen der Urlaubsabgeltung. Der Kläger verlangt deshalb eine weitere Zahlung in Höhe von 936,06 Euro brutto. Dem hat das BAG entgegen der Auffassung der Vorinstanzen stattgegeben und die Sache zur weiteren Tatsachenfeststellung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Während des Urlaubs hat der Arbeitgeber den Arbeitsverdienst weiter zu zahlen. Dieser berechnet sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat (Referenzzeitraum) (BAG, Urteil vom 21. September 2010 – 9 AZR 510/09).

§ 13 Abs. 3 Satz 1 MTV BZA schließt den Anspruch auf Weiterzahlung der übertariflichen Vergütungsbestandteile während des Urlaubs nach Ansicht des BAG nicht aus. Er regelt ausschließlich die urlaubsrechtliche Behandlung der tariflichen Ansprüche und weicht nicht von § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ab. Der Senat hat nicht abschließend entscheiden können. Es fehlen Feststellungen zur durchschnittlich verdienten Schicht-Nachtarbeitspauschale in den maßgeblichen Referenzzeiträumen. Der Neunte Senat hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 21. September 2010 – 9 AZR 510/09

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VonRA Moegelin

Der Anspruch auf einen Adels-Titel

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e4337c85Fürs Prestige und als „Türöffner“ ist es auch in unserer heutigen Zeit vorteilhaft, einen Adels-Titel wie Graf oder Freiherr zu führen. In dem vom VG Sigmaringen zu entscheidenden Fall begehrte ein „Normalbürger“ den Titel „Freiherr von W.“ führen zu dürfen. Ein entsprechender Antrag auf Namensänderung wurde zuvor von der Behörde abgelehnt. Das Gericht bestätigte die behördliche Entscheidung (VG Sigmaringen, Urteil vom 24. September 2014 – 5 K 1793/13) mit folgender Begründung:

Nach § 3 Abs. 1 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

Im vorliegenden Fall ist kein wichtiger Grund für die Änderung des Familiennamens des Klägers in einen Familiennamen mit Adelsbezeichnung erkennbar. Eine besonders gewichtige soziale Beziehung des Klägers zu einer Person des gewünschten Familiennamens besteht unstreitig nicht. Die originalen Geburts- und Taufurkunden des Vorfahren E. G. F. von W. und dessen Nachkommen wurden in der Folgezeit nach der Flucht im Januar 1945 von Westpreußen nach Mecklenburg mit weiter verbliebenen Wertgegenständen gestohlen, bzw. gingen verloren. Der Kläger konnte nicht den Nachweis führen konnte, dass die Adelsbezeichnung von seinen Vorfahren bis in jüngere Zeit zu Recht geführt wurde. Den Adelsnamen belegende Originalurkunden existieren nicht (mehr).

Nachweislich wurde der Adelsnamen zuletzt von E. G. F. von W., geboren um 1800 in Livland, geführt. Dessen männliche Nachkommen waren in chronologischer Reihenfolge J., C., M., W. (geb. 1913) und dann der Kläger. Vom Kläger aus gerechnet wurde demnach der Adelsnamen über vier Generationen hinweg nicht mehr geführt. Die Namensänderung zu einem Adelsnamen, der über vier Generationen nicht geführt wurde, ist aber nicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 – 6 C 2.96).

Hinzu kommt, dass nach den Ausführungen von Dr. M. Graf S. (Deutsches Adelsarchiv) betreffender E. G. F. von W. ein uneheliches Kind war auf jeden Fall nach damaliger Anschauung nicht dem Adel angehört und kein Recht auf die Führung des Titels „Freiherr“ gehabt hätte.

Volltext des Urteils des Verwaltungsgerichts Sigmaringen: VG Sigmaringen, Urteil vom 24. September 2014 – 5 K 1793/13

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