Monatsarchiv 28. November 2014

VonRA Moegelin

BAG zur Ordnungshaft für Geschäftsführer bei Verstoß gegen Betriebsvereinbarung

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prisonerinchainsDie Arbeitgeberin hatte gegen eine bei ihr geltende Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit verstoßen. Auf Antrag des Betriebsrats haben die Vorinstanzen ihr aufgegeben, es zu unterlassen, Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats aus der Zeiterfassung herauszunehmen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro angedroht und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, Ordnungshaft, die an den beiden Geschäftsführern zu vollziehen sei.

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts den Beschluss des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Androhung von Ordnungshaft aufgehoben. Bei der Anwendung der in § 890 ZPO geregelten Ordnungs- und Zwangsmittel auf betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungspflichten des Arbeitgebers ist die spezialgesetzliche Vorschrift des § 23 Abs. 3 BetrVG zu beachten. Diese begrenzt das Ordnungsgeld auf 10.000,00 Euro und sieht keine Ordnungshaft vor (BAG, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 1 ABR 71/09).

Führt der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung nicht ordnungsgemäß durch, kann der Betriebsrat die Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen verlangen. Auf seinen Antrag kann das Arbeitsgericht im Falle einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro androhen. Nach Ansicht des BAG sind weitergehende Maßnahmen, eben die Verhängung von Ordnungshaft gegen den Arbeitgeber für den Fall, dass dieser das Ordnungsgeld nicht zahlt, dagegen unzulässig.

Volltext des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 1 ABR 71/09

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VonRA Moegelin

Mitbestimmung bei betrieblicher Lohngestaltung

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CommunityDas Recht des Betriebsrats auf Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betrifft Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Das BAG hatte zu entscheiden, ob einmalige Zahlungen an Arbeitnehmer mitumfasst sind von diesem Mitbestimmungsrecht.

Das Angebot des Arbeitgebers auf Einmalzahlung in Höhe von 3.000,00 Euro an seine Arbeitnehmer als Gegenleistung für deren Verzicht auf eine Gewinnbeteiligung stellt eine mitbestimmungspflichtige Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze dar (BAG, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 ABR 57/12). Das Mitbestimmungsrecht richtet sich nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wonach der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen hat. Ausgenommen sind arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelte der Arbeitnehmer. Stellt der Arbeitgeber dagegen für die individualrechtlich versprochene Vergütung einen besonderen Dotierungsrahmen zur Verfügung, unterliegt dessen Verteilung bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestands dem Mitbestimmungsrecht. Das war nach Ansicht des BAG hier der Fall, denn die Streichung der Gewinnbeteiligung führte zu einer Änderung der bei der Arbeitgeberin geltenden Entlohnungsgrundsätze. Die Rechtsbeschwerde war zurückzuweisen, da der der Betriebsrat mitbestimmen konnte.

Volltext des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 ABR 57/12

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VonRA Moegelin

Bundesverwaltungsgericht erlaubt (fast nur) Speiseeis am Sonntag

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Ice_Cream_003_Girl_and_BoySogar im erzkatholischen Polen sind Geschäfte am Sonntag selbstverständlich geöffnet. In Deutschland gilt noch das archaische Recht der Kirche, das sich in Gesetzen wie dem ArbZG mainfestiert. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 26.11.14 auf Normenkontrollanträge einer Gewerkschaft und zweier evangelischer Gemeindeverbände entschieden, dass an eine Beschäftigung gemäß der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung von Arbeitnehmern an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nur eingeschränkt möglich ist (BVerwG 6 CN 1.13)

Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu Ergebnissen, die mit Vernunft nicht erklärbar sind. Glücksspiel und Speiseeis soll für das Volk am Sonntag erforderlich, der Anruf bei einem Callcenter dagegen nicht.

So sei nach Ansicht des Gerichts nicht feststellbar, dass der Betrieb von Callcentern in dem von der Verodnung geregelten Umfang erforderlich ist, um tägliche oder an Sonn- und Feiertagen besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen.

Die Produktion von Speiseeis sei dagegen auch an Sonn- und Feiertagen zur Deckung täglicher Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich, wenn die Kapazitäten der Hersteller nicht ausreichen, um ohne eine Produktion rund um die Woche auch in Spitzenzeiten der Nachfrage, also insbesondere im Sommer bei länger anhaltenden Hitzeperioden, einen dann gegebenen erhöhten Bedarf täglich decken zu können.

Die Beschäftigung im Buchmachergewerbe dürfe an Sonn- und Feiertagen zugelassen werden. Sie beziehe sich nach der Verordnung nur auf die Entgegennahme von Wetten für Veranstaltungen, die an diesen Tagen stattfinden und für die sich deshalb aus anderen Vorschriften ergeben müsse, dass sie an diesen Tagen etwa aus Gründen der Freizeitgestaltung der Bevölkerung auch stattfinden dürfen. Ferner dürfen die Wetten nur an der Stätte der Veranstaltung entgegen genommen werden. Erfasst würden damit insbesondere Rennsportveranstaltungen, etwa auf Pferderennbahnen. Insoweit handeet es sich bei der Annahme von Wetten um einen spezifischen Sonn- und Feiertagsbedarf, der als Bestandteil des Freizeiterlebnisses, um nicht den Freizeitgenuss insgesamt zu gefährden, nur an Ort und Stelle befriedigt werden könne.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 69/2014 – BVerwG 6 CN 1.13

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VonRA Moegelin

Mehr Urlaubstage für ältere Mitarbeiter

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sailborderEin wegweisendes Urteil hat das Bundesarbeitsgericht zur Altersdiskriminierung getroffen. Aus § 1 AGG folgt, dass niemand wegen seines Alters benachteiligt werden darf. Eine Ausnahme  kann gemäß § 10 AGG gemacht werden, wenn ein legitimes Ziel verfolgt wird. Das BAG hat für diesen Fall folgende Maßstäbe aufgestellt:

Gewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein. Bei der Prüfung, ob eine solche vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter dient und geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG ist, steht dem Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu (BAG, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 9 AZR 956/12).

Dem Urteil liegt folgender Sachberhalt zugrunde:

Die nicht tarifgebundene Beklagte stellt Schuhe her. Sie gewährt ihren in der Schuhproduktion tätigen Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub und damit zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern. Die 1960 geborene Klägerin hat gemeint, die Urlaubsregelung sei altersdiskriminierend. Die Beklagte habe deshalb auch ihr jährlich 36 Urlaubstage zu gewähren.

Die Vorinstanzen haben den hierauf gerichteten Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat mit ihrer Einschätzung, die in ihrem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leistenden Arbeitnehmer bedürften nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längerer Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer, ihren Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten. Dies gilt auch für ihre Annahme, zwei weitere Urlaubstage seien aufgrund des erhöhten Erholungsbedürfnisses angemessen, zumal auch der Manteltarifvertrag der Schuhindustrie vom 23. April 1997, der mangels Tarifbindung der Parteien keine Anwendung fand, zwei zusätzliche Urlaubstage ab dem 58. Lebensjahr vorsah (BAG, Pressemitteilung Nr. 57/14 vom 21.10.14).

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VonRA Moegelin

Beitragspflicht in der Sozialkasse

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liftarn_Paint_can_with_brushEin Betrieb wird vom Geltungsbereich des VTV Maler erfasst, wenn arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks iSv. RTV Maler ausgeübt werden. Werden solche Tätigkeiten erbracht, sind ihnen diejenigen Nebentätigkeiten zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der Tätigkeiten notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen.

Die vom Kläger (eine Beitragseinzugs-Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Maler- und Lackiererhandwerks) geforderte Zahlung von Sozialkassenbeiträgen richtet sich nach dem VTV Maler.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Sandstrahl- und Korrosionsschutzarbeiten, insbesondere für Schiffe und Industrieanlagen.

Der betriebliche Geltungsbereich des VTV Maler und des RTV Maler erfasst ausschließlich Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks; Betriebe, die ihre Leistungen industriell erbringen, fallen nicht unter den Geltungsbereich. Ob es sich im Einzelfall um einen Handwerks- oder Industriebetrieb handelt, ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände unter Berücksichtigung der jeweiligen tariflichen Regelungen zu ermitteln.

Der Betrieb wird nicht vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV Maler erfasst, weil er industriell und nicht handwerklich geprägt ist. Die Abgrenzung hat nicht nach gewerberechtlichen, handelsrechtlichen oder betriebswirtschaftlichen Kriterien, sondern vorrangig danach zu erfolgen, ob die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer handwerklich oder nicht handwerklich geprägt ist BAG, Urteil vom 9. April 2014 – 10 AZR 1085/12.

Das BAG ist zu der Entscheidung gekommen, dass die Feststellung der Vorinstanzen es handele sich bei dem Betrieb der Beklagten um einen Industriebetrieb, nach Maßgabe der Abgrenzungskriterien revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Revision des Klägers war demnach zurückzuweisen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 9. April 2014 – 10 AZR 1085/12

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VonRA Moegelin

Schadensersatz wegen erfolgloser Bewerbung auf eine Professorenstelle

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johnny_automatic_professor_EarthJeder Deutsche kann sich grundsätzlich auf ein öffentliches Amt bewerben und erhält Schadensersatz, falls er abgelehnt wurde und das Auswahlverfahren fehlerhaft war. Der Kläger hatte sich erfolglos um die öffentlich ausgeschriebene Stelle eines Professors an einer evangelischen Hochschule beworben. Diese ist eine staatlich anerkannte Körperschaft des öffentlichen Rechts in kirchlicher Trägerschaft. Ihr Personal wird allein aus Landesmitteln finanziert. Die Stelle wurde mit einer Mitbewerberin besetzt. Der Kläger verlangte, das Besetzungsverfahren zu wiederholen, hilfsweise, ihm Schadensersatz zu leisten. Er trug nicht vor, dass er für die Stelle am besten geeignet war.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerbungsverfahrensanspruch besteht allerdings nur solange, wie die Stelle noch nicht besetzt ist. Mit der endgültigen Ãœbertragung der Stelle auf den Mitbewerber geht der Anspruch unter. Der unterlegene Bewerber kann allenfalls Schadensersatz verlangen. Dies setzt voraus, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung des Auswahlverfahrens ihm als Bestgeeignetem die Stelle hätte übertragen werden müssen (BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 9 AZR 554/09).

Das BAG hat die abweisenden Entscheidungen des Arbeitsgerichts und Landesarbeitsgerichts bestätigt. Die von den Vorinstanzen aufgeworfene Frage, ob eine staatlich anerkannte Fachhochschule in kirchlicher Trägerschaft an die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, konnte der Senat offenlassen. Mit der endgültigen Besetzung der Stelle war das Auswahlverfahren beendet. Die Arbeitgeberin war nicht verpflichtet, das Verfahren zu wiederholen.

Ein Schadensersatzanspruch bestand nicht, da der Kläger nach richtiger Ansicht des Gerichtss nicht geltend gemacht hat, dass er der bestgeeignete Bewerber gewesen sei.

Mit seinem Vortrag, es sei nicht vorstellbar, dass „nicht wenigstens einer der drei gelisteten Bewerber … schlechter ist als der Kläger„, genügt der Kläger der ihm obliegenden Darlegungslast ebenso wenig wie mit seinem Vortrag, er halte es für „nahezu ausgeschlossen, dass drei andere Bewerber insgesamt besser geeignet gewesen sein sollen“ Zutreffend kann daraus nicht eindeutig geschlossen werden, dass er der am besten geeignete Kandidat gewesen sein soll.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 9 AZR 554/09

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