Schlagwort-Archiv Arbeitszeit

VonRA Moegelin

Arbeitszeit-Gutschrift nach TVöD-Dienstplan

Share

Singapore%20airport%20arrivalDie Klage eines Flugzeugabfertigers auf Zeitgutschrift von 15,4 Stunden für dienstplanmäßig freie Wochenfeiertage beschäftigte das BAG. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD, der auf den Arbeitsvertrag Anwendung findet, vermindert sich die regelmäßige Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag, sowie für den 24. und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.

Einem Anspruch des klagenden Arbeitnehmers auf Erteilung einer Zeitgutschrift gemäß § 2 Abs. 1 EFZG erteilte das BAG eine Abfuhr. Denn die Arbeit des Klägers sei nicht wegen der Feiertage ausgefallen, sondern wegen der – feiertagsunabhängigen – Gestaltung des Dienstplans. Für die Feststellung, ob ein feiertagsbedingter Arbeitsausfall vorliegt, komme es allein darauf an, welche Arbeitszeit für den Arbeitnehmer gegolten hätte, wenn der betreffende Tag kein Feiertag gewesen wäre. Eine dienstplanmäßige Freistellung des Arbeitnehmers am Feiertag schließt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung für diesen Feiertag aus, wenn sich die Arbeitsbefreiung aus einem Schema und zwar dem Dienstplan ergibt, das von der Feiertagsruhe an bestimmten Tagen unabhängig ist.

Der Anspruch des Klägers auf Zeitgutschrift ergibt sich auch nicht aus dem TVöD, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, in Verbindung mit der Protokollerklärung. Nach § 6 Abs 3 S. 3 TVöD ist die Sollarbeitszeit der Arbeitnehmer, die an gesetzlichen Feiertagen dienstplanmäßig frei haben und ihre Arbeitszeit an anderen Tagen erbringen müssen, um die  dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden zu verringern.

Aus dem Wortlaut von § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD folgt demnach, dass die Arbeitszeit zu verringern ist, jedoch keine Zeitgutschrift vorzunehmen ist. Es vermindert sich die regelmäßige Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag, sowie für den 24. und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden. Beschäftigte, die feiertagsunabhängig allein wegen der Dienstplangestaltung an einem Wochenfeiertag frei haben, müssen ihre regelmäßige Arbeitszeit stets an den anderen Tagen der Woche erbringen. Diese Arbeitnehmer sollen ersatzweise in den Genuss einer dem Feiertag gleichwertigen bezahlten Freizeit kommen, also den Beschäftigten, die infolge des Feiertags frei haben und Entgeltfortzahlung erhalten, gleichgestellt werden. Nur bei diesem Verständnis hat die Tarifnorm eine konstitutive Bedeutung. Dafür spricht nach Ansicht des BAG auch die historische Auslegung. Nach der Vorgänger-Norm des BAT war die Sollarbeitszeit nicht wegen eines Feiertags zu reduzieren oder eine Arbeitszeitgutschrift zu erteilen, wenn ein Arbeitnehmer dienstplanmäßig frei hatte. Diese Regelung führte dazu, dass Arbeitnehmer, die an Feiertagen dienstplanmäßig arbeiten mussten, im Ergebnis kürzer arbeiteten als die Arbeitnehmer, die nach dem Dienstplan frei hatten. § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD ändert diese den Tarifvertragsparteien bekannte und mehrfach vom Bundesarbeitsgericht bestätigte Rechtslage. Die Revision des Flugabfertigers gegen seinen Arbeitgeber wurde nach alldem vom BAG zurückgewiesen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2010 – BAG 5 AZR 667/09

Share
VonRA Moegelin

Kündigung wegen Herstellung privater Raubkopien

Share

ninja-deskDas BAG hatte über die außerordentliche Kündigung eines „IT-Verantwortlichen“ zu entscheiden, bei dessen Arbeitgeber es sich um das Land Sachsen-Anhalt handelt. Wie der Spiegel berichtet, war er beim Oberlandesgericht Naumburg beschäftigt. Kündigungsgrund war das unbefugte Kopieren auf dienstliche DVD- bzw. CD-Rohlinge von privat beschafften Bild- und Tonträgern während der Arbeitszeit unter Verwendung des dienstlichen Computers zum eigenen und kollegialen Gebrauch.

Zu den Aufgaben des IT-Verantwortlichen (dem späteren Kläger) gehörte unter anderem die Verwaltung des „ADV-Depots“. Mit ihr war die Bestellung des für die Datenverarbeitung benötigten Zubehörs – etwa von Datensicherungsbändern, CDs und DVDs – verbunden. Anfang März 2013 räumte der Leiter der Wachtmeisterei in einem Personalgespräch ein, den dienstlichen Farbdrucker seit längerer Zeit zur Herstellung sog. „CD-Cover“ genutzt zu haben. Bei einer Mitte März 2013 erfolgten Geschäftsprüfung wurden auf den Festplatten eines vom IT-Verantwortlichen (dem späteren Kläger) genutzten Rechners mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Audio- und Videodateien vorgefunden. Zudem war ein Programm installiert, das geeignet war, den Kopierschutz der Hersteller zu umgehen. Es stellte sich heraus, dass in der Zeit von Oktober 2010 bis März 2013 über 1.100 DVDs bearbeitet worden waren. Im gleichen Zeitraum waren etwa gleich viele DVD-Rohlinge von Seiten des Gerichts bestellt und geliefert worden. Bei näherer Untersuchung und Auswertung der vom Kläger benutzten Festplatten wurden Anfang April 2013 weitere (Audio-)Dateien aufgefunden. Der Kläger ließ sich im Verlauf der Ermittlungen dahin ein, alles, was auf dem Rechner bezüglich der DVDs sei, habe er „gemacht“. Er habe für andere Mitarbeiter „natürlich auch kopiert“. Die Äußerungen nahm er einige Tage später „ausdrücklich zurück“. Mit Schreiben vom 18. April 2013 erklärte das beklagte Land die außerordentliche fristlose, mit Schreiben vom 13. Mai 2013 hilfsweise die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigungen seien schon deshalb unwirksam, weil unklar sei, welchen Tatbeitrag gerade der Kläger zu den in Rede stehenden Kopier- und Brennvorgängen geleistet habe. Zudem habe das beklagte Land durch lediglich eigene Ermittlungen – ohne Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden – weder eine umfassende, den Kläger möglicherweise entlastende Aufklärung leisten, noch den Beginn der zweiwöchigen Frist für die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung hemmen können. Im Ãœbrigen habe es gegenüber den anderen Beteiligten keine vergleichbaren Maßnahmen ergriffen und den Personalrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet.

Die Revision des beklagten Landes hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Unter Aufhebung des Urteils wurde die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Eine (fristlose) Kündigung kommt auch dann in Betracht, wenn der Kläger nicht alle fraglichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern dabei mit anderen Bediensteten zusammengewirkt oder das Herstellen von „Raubkopien“ durch diese bewusst ermöglicht hat. Aus dem Umstand, dass es ihm erlaubt gewesen sein mag, seinen dienstlichen Rechner für bestimmte andere private Zwecke zu nutzen, konnte er nicht schließen, ihm seien die behaupteten Kopier- und Brennvorgänge gestattet.

Die Anhörung des Personalrats war nach Ansicht des BAG ordnungsgemäß.

Die fristlose Kündigung ist ebenso wenig deshalb unwirksam, weil das beklagte Land Ermittlungen zunächst selbst angestellt und nicht sofort die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet hat. Ein solches Vorgehen ist dem Arbeitgeber grundsätzlich unbenommen. Solange er die Ermittlungen zügig durchführt, wird auch dadurch der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB gehemmt.

Nicht entscheidend ist, welche Maßnahmen das beklagte Land gegenüber den anderen Bediensteten ergriffen hat. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet im Rahmen verhaltensbedingter Kündigungen grundsätzlich keine Anwendung. Im Übrigen ist nicht festgestellt, inwieweit sich die Sachverhalte unter Berücksichtigung der Einzelheiten und der Stellung der anderen Beschäftigten wirklich gleichen.

(Bundesarbeitsgericht Urteil vom 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 / Pressemitteilung Nr. 36/15).

Share
VonRA Moegelin

Wechselschichtzulage bei Teilzeitbeschäftigung

Share

Sun1aIm vorliegenden Rechtsstreit hatte das Bundesarbeitsgericht zur Höhe einer Wechselschichtzulage, die sich nach dem Tarifvertrag der HELIOS Kliniken richtet, zu urteilen. Der dort teilzeitbeschäftigte Kläger begehrt Weiterzahlung der ungekürzten Wechselschichtzulage. Er stützt seinen Anspruch auf § 7 des TV Entgelt HELIOS, der wie folgt regelt: „Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 105,00 Euro monatlich. Beschäftigte, die nicht ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 0,63 Euro pro Stunde.“

Der Arbeitgeber ist der Ansicht nur die gekürzte Wechselschichtzulage zahlen zu müssen, da der Kläger als Teilzeitbeschäftigter „nicht ständig“ Wechselschichtarbeit leiste. Dabei sei die Auslegung der Protokollnotiz zu § 1 Abs. 4 Entgelt HELIOS zu berücksichtigen, die sich an die BAG-Rechtsprechung orientiere, wonach nur eine anteilige Bemessung erfolgen müsse.

Die Protokollnotiz ist wie folgt gefasst ist: „Im Hinblick auf die Auslegung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (nachfolgend: TVöD) besteht Streit zu der Frage, ob und wann mit §§ 3, 6 und 7 vergleichbare Entgelte bei Teilzeitbeschäftigten abweichend von dem Grundsatz in diesem § 1 Abs. 4 Satz 2 unabhängig vom Beschäftigungsgrad voll gewährt werden müssen. Die Tarifpartner sind sich einig, dass in den Fällen der §§ 3, 6 und 7 zunächst eine Orientierung an der zum Bundes-Angestelltentarifvertrag ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung erfolgt, wonach eine anteilige Bemessung des Entgelts nach Beschäftigungsgrad aus Rechtsgründen dann nicht möglich ist, wenn der Teilzeitbeschäftigte die tariflichen Voraussetzungen für die Gewährung des Entgelts in genau dem gleichen Umfang erfüllt wie ein Vollzeitbeschäftigter. Für den Fall, dass für den TVöD eine davon abweichende letztinstanzliche Rechtsprechung ergeht, sind sich die Tarifpartner einig, dass diese unverzüglich auf diesen Entgelttarifvertrag übertragen wird.“

Das Arbeitsgericht hat sich der Auffassung des Klägers angeschlossen und dem Zahlungsantrag stattgegeben und lediglich den Feststellungsantrag abgewiesen, wonach die Beklagte verpflichtet sei, die Wechselschichtzulage ungekürzt zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers wurde zurückgewiesen.

Die Wechselschichtzulage steht Teilzeitbeschäftigten nur anteilig entsprechend dem Verhältnis zwischen vereinbarter und regelmäßiger tariflicher Arbeitszeit zu. Dies hat auch im Rahmen von § 7 TV Entgelt HELIOS zu gelten (BAG, Urteil vom 19. März 2013 – 10 AZR 744/13).

Aus der zitierten Protokollnotiz zu § 1 Abs. 4 TV Entgelt HELIOS  geht nach Ansicht des BAG hervor, dass die Tarifvertragsparteien sich an der Tarifsituation des TVöD und der zitierten Rechtsprechung orientieren wollten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 7 TVöD steht die Wechselschichtzulage Teilzeitbeschäftigten nur anteilig entsprechend dem Verhältnis zwischen vereinbarter und regelmäßiger tariflicher Arbeitszeit zu (BAG, Urteil vom 24. September 2008 – 10 AZR 634/07. Wenn nach § 7 TVöD Teilzeitbeschäftigten die Wechselschichtzulage nur anteilig zusteht, ist folgerichtig im Rahmen von § 7 TV Entgelt HELIOS auch nur eine anteilige Wechselschichtzulage zu zahlen.

Der teilzeitbeschäftigte Kläger hat demnach Anspruch auf Zahlung nur der anteiligen Wechselschichtzulage gemäß § 7 TV Entgelt HELIOS. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht, so dass seine Revision zurückgewiesen wurde.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitgerichts: BAG, Urteil vom 19. März 2013 – 10 AZR 744/13

Share
VonRA Moegelin

Transparenzgebot bei Ausschluss von Ãœberstundenabgeltung

Share

manio1-Clock-14Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“. Ob der vertragliche Ausschluss jeder zusätzlichen Vergütung von Mehrarbeit diesem Transparenzgebot genügte, lag dem BAG zur Entscheidung vor.

Der Kläger war als Lagerleiter zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.800,00 Euro bei der beklagten Spedition tätig. Im Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vereinbart. Bei betrieblichem Erfordernis sollte der Kläger ohne besondere Vergütung zu Mehrarbeit verpflichtet sein. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt der Kläger Vergütung für 968 geleistete Überstunden.

Im Arbeitsvertrag heißt es auszugsweise: „4. 3. Der Arbeitnehmer .. ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet. 4. 4. Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung. …“

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich der 968 Überstunden stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Bei Fehlen einer (wirksamen) Vergütungsregelung verpflichtet § 612 Abs. 1 BGB den Arbeitgeber, geleistete Mehrarbeit zusätzlich zu vergüten, wenn diese den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Eine entsprechende objektive Vergütungserwartung ist regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10).

Die Beklagte schuldet dem Kläger nach § 612 Abs. 1 BGB Überstundenvergütung. Angesichts der Höhe des vereinbarten Bruttoentgelts war die Leistung von Überstunden nur gegen eine zusätzliche Vergütung zu erwarten. Der vertragliche Ausschluss jeder zusätzlichen Vergütung von Mehrarbeit war wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Der Arbeitsvertrag lässt aus der Sicht eines verständigen Arbeitnehmers nicht erkennen, welche Arbeitsleistung der Kläger für das regelmäßige Bruttoentgelt schuldete. Er konnte bei Vertragsschluss nicht absehen, was auf ihn zukommen würde.

Die Parteien haben zwar in Tz. 4. 4. des Arbeitsvertrags bestimmt, dass der Kläger für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhalte. Diese Regelung ist jedoch nach Ansicht des BAG nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Rechtsprechung hält eine die pauschale Vergütung von Ãœberstunden regelnde Klausel nur dann für klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.

Das BAG führt wie folgt aus: Die Klausel Tz. 4. 4. soll Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden überschreiten. Dabei sind bereits die Voraussetzungen, unter denen Ãœberstunden zu leisten sein sollen, nur vage umschrieben. Tz. 4. 3. des Arbeitsvertrags nennt als Bedingung „bei betrieblicher Erfordernis“, ohne diese näher zu konkretisieren. Ãœberhaupt nicht ist der mögliche Umfang der geschuldeten Ãœber- und Mehrarbeit geregelt. Damit ist die vom Kläger ohne eine weitere Vergütung zu leistende Arbeit weder bestimmt noch bestimmbar. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Ãœbrigen eine Begrenzung auf die gemäß § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit entnehmen. Die Verwendung des Begriffspaares „Ãœber- und Mehrarbeit“ in Tz. 4. 4. des Arbeitsvertrags deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Ãœberschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 22. Februar 2012 – 5 AZR 765/10

Share
VonRA Moegelin

Abbau von Plusstunden auf Arbeitszeitkonto eines Leiharbeitnehmers

Share

sivvus_impossible_triangleDas LAG Berlin-Brb. hat es einem Verleiher von Arbeitnehmern untersagt, auf dem Arbeitszeitkonto eines Leiharbeitnehmers Arbeitszeiten nicht zu berücksichtigen, weil er den Leiharbeitnehmer zu anderen Zeiten nicht bei einem Entleiher einsetzen konnte.

Der Arbeitgeber betreibt Arbeitnehmerüberlassung und setzte die Klägerin als Sachbearbeiterin bei Entleihern ein. Die Arbeitnehmerin erhielt unabhängig von ihrer tatsächlichen Einsatzzeit eine regelmäßige monatliche Vergütung auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Ihre tatsächlichen Arbeitszeiten wurden in einem Arbeitszeitkonto erfasst. Der Arbeitgeber berücksichtigte dort Zeiten, in denen er die Arbeitnehmerin nicht einsetzen konnte, zu Lasten der Arbeitnehmerin.

Der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbare MTV regelt unter anderem wie folgt: „ § 4.1: Die tatsächliche Lage der Arbeitszeit wird an die des Kundenbetriebes angepasst. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage richten sich nach den im jeweiligen Kundenbetrieb gültigen Regelungen bzw. Anforderungen des Kundenbetriebes. § 4.5: Der Ausgleich der Zeitkonten erfolgt in der Regel durch Freizeitentnahme nach folgenden Maßgaben: Nach Vereinbarung mit dem Mitarbeiter ist jederzeit ein Ausgleich der Plusstunden durch Freizeit möglich.  Aufgrund einer Vereinbarung zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber können weitere Freistellungstage in einem Monat festgelegt oder Freistellungstage mehrerer Monate zusammengefasst werden.“

Die Arbeitnehmerin verlangt auf gerichtlichem Wege insbesondere Gutschriften betreffender Zeiten auf ihrem Arbeitszeitkonto. Das Arbeitsgericht Berlin hat der Klage weitestgehend stattgegeben. Es hat die Beklagte verurteilt, dem Arbeitszeitkonto der Klägerin mehr als 100 Stunden gutzuschreiben und den Saldo des Arbeitszeitkontos der Klägerin unter Berücksichtigung dieser Gutschrift zu korrigieren. Es hat ferner festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für Zeiten, in denen die Beklagte die Klägerin nicht bei einem Entleiher eingesetzt hat, die individuelle regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin in Höhe von 37,5 Wochenstunden auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin als erbracht gutzuschreiben. Das LAG hat die Berufung des Arbeitgebers zurückgewiesen.

Der zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit und den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossene Manteltarifvertrag (MTV) Zeitarbeit vom 22. Juli 2003, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, erlaubt es nicht, auf dem Arbeitszeitkonto vorhandene Plusstunden einseitig mit Minusstunden zu verrechnen, die sich deswegen ergeben, weil für den Arbeitnehmer keine Einsatzmöglichkeit besteht. Regelungen, die es dem Verleiher ermöglichen, in verleihfreien Zeiten einseitig das Arbeitszeitkonto abzubauen, sind unwirksam. (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2014 – 15 Sa 982/14).

Das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers kann gemäß § 11 Abs. 4 AÜG nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden. Es ist demgemäß nach Ansicht des LAG  dem Verleiher untersagt, auf dem Arbeitszeitkonto eines Leiharbeitnehmers Arbeitszeiten nicht zu berücksichtigen, weil er den Leiharbeitnehmer zu anderen Zeiten nicht bei einem Entleiher einsetzen konnte.

Selbst wenn der Tarifvertrag anders auszulegen wäre, dürfe das Risiko des Verleihers, den Leiharbeitnehmer nicht einsetzen zu können, nicht im Rahmen eines Arbeitszeitkontos auf den Leiharbeitnehmer verlagert werden. Eine einseitige Verrechnung dieser Stunden zu Lasten des Leiharbeitnehmers sei gesetzlich ausgeschlossen. Entgegenstehende tarifliche Regelungen seien nach Ansicht des LAG unzulässig.

In § 4.1 wird die Nichtbeschäftigung mangels Einsatzmöglichkeit nicht erwähnt. Dort gehe es ausschließlich um die Verteilung der Arbeitszeit sowohl hinsichtlich des einzelnen Tages als auch auf die einzelnen Wochentage. Diese richtet sich „nach den im jeweiligen Kundenbetrieb gültigen Regelungen bzw. Anforderungen des Kundenbetriebes“. Voraussetzung sei somit ein Einsatz bei einem Kundenbetrieb. Nur während eines solchen Einsatzes finde daher ein Ausgleich über das Arbeitszeitkonto statt. Dies bedeute im Umkehrschluss zwingend, dass Zeiten, für die keine Einsatzmöglichkeit des Arbeitnehmers besteht, nicht berücksichtigungsfähig sind.

Gemäß dem BAG sind aber Regelungen, die es dem Verleiher ermöglichen, in verleihfreien Zeiten einseitig das Arbeitszeitkonto abzubauen, unwirksam. Die Beklagte möchte jedoch einseitig in verleihfreien Zeiten Plusstunden aus dem Arbeitszeitkonto abbauen. Dies gehe nach der Rechtsprechung nicht. In verleihfreien Zeiten könne das Arbeitszeitkonto abgebaut werden kann, jedoch ist dies nicht einseitig möglich, sondern nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers, was sich auch aus § 4.5 MTV ergebe.

Das LAG hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: LAG Berlin-Brb, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 15 Sa 982/14

Share
VonRA Moegelin

Maßregelung und Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern

Share

CryingBaby-inkEine Verkäuferin in einem Einzelhandelsgeschäft sollte nach Verbandsaustritt ihres Arbeitgebers verschlechterten Arbeitsbedingungen zustimmen. Da sie es nicht getan hat, fühlt sie sich benachteiligt gegenüber denjenigen die zugestimmt haben.

Vorausgegangen ist folgende Vorgehensweise des Arbeitgebers: Mit Mitarbeitern, die nach dem Verbandsaustritt eingestellt wurden, vereinbarte der Arbeitgeber eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden und eine Vergütung, die geringer war als diejenige, die vor dem Verbandsaustritt eingestellte Mitarbeiter erhielten.

Nach einiger Zeit forderte die Beklagte ihre vor dem Verbandsaustritt eingestellten Mitarbeiter -so auch die spätere Klägerin auf, einer einvernehmlichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zuzustimmen. Darauf reagierte die Klägerin nicht. Es blieb bei ihrer Arbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche.

3 Jahre später bat die Beklagte diejenigen Mitarbeiter, die einer Verlängerung der Arbeitszeit zugestimmt hatten, um Einverständnis mit einer weiteren Verlängerung der Arbeitszeit Wochenstunden, diesmal bei entsprechendem Lohnausgleich, jedoch unter Verzicht auf die tariflichen Spätöffnungszuschläge.

Diejenigen, die zugestimmt hatten, erhielten einen Personalrabatt auch auf reduzierte Ware. Im Januar 2007 gewährte die Beklagte Mitarbeitern mit einem Arbeitsvertrag auf der Basis einer 40-Stunden-Woche einen zusätzlichen Personalkauf bis zu einer maximalen Verkaufswert von 400,00 Euro für Vollzeitbeschäftigte und anteilig für Teilzeitbeschäftigte.  Zudem erhielten die Betreffenden eine Lohnerhöhung um 3 %.

Die Klägerin begehrt eine Gehaltserhöhung von 3 %. Die Gruppenbildung der Beklagten sei fehlerhaft, zumindest unter Einbeziehung der Personalrabatte seien Mitarbeiter mit einer höheren Arbeitszeit bessergestellt, ihre „Nachteile“ würden überkompensiert.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz rechtfertigt es, einer Arbeitnehmergruppe die der anderen Arbeitnehmergruppe gewährte Gehaltserhöhung zum Ausgleich bestehender Vergütungsunterschiede zwischen den vergleichbaren Arbeitnehmern vorzuenthalten. Der Vergleich der Stundenvergütung ist hierbei der einzig richtige Maßstab, weil ein Abstellen auf das Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt unberücksichtigt lässt, dass Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden im Vergleich zur klagenden Arbeitnehmerin zwar ein höheres Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt erzielen, aber nur deshalb, weil sie statt 37,5 Stunden 40 Stunden wöchentlich arbeiten müssen-. Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612 a BGB vor (BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 168/09).

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 168/09

Share
Blogverzeichnis TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Blogverzeichnis Bloggerei.de