Schlagwort-Archiv Gleichbehandlungsgrundsatz

VonRA Moegelin

Entschädigungsklage einer Bewerberin mit Kopftuch

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1286131741-300pxIn seiner Entscheidung 1 BvR 471/10 hat das BVerfG den Islam gestärkt, indem einer Lehrerin das Tragen des Kopftuchs in der Schule gestattet wurde. Dagegen hat nun das Arbeitsgericht Berlin die Entschädigungsklage einer Klägerin abgewiesen, deren Bewerbung um eine Stelle als Grundschullehrerin von dem Land Berlin abgelehnt worden war, weil sie ein muslimisches Kopftuch trägt.

Das Arbeitsgericht hat eine nach § 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verbotene Benachteiligung der Klägerin im Hinblick auf das „Berliner Neutralitätsgesetz“ (Gesetz zu Artikel 29 der Verfassung von Berlin vom 27.01.2005 – VerfArt29G – GVBl. 2005, 92) verneint. § 2 Neutralitätsgesetz untersagt u. a. den Lehrkräften in öffentlichen Schulen das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke. Hieran habe sich das beklagte Land halten und die Bewerbung der Klägerin ablehnen dürfen.

Das Arbeitsgericht war auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27. Januar 2015 (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10) nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 2 Neutralitätsgesetz überzeugt und hat deshalb von einer Vorlage an das BVerfG zur Normenkontrolle abgesehen. Dazu hat es auf die Unterschiede der Berliner Regelung im Vergleich zu § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen, welches Gegenstand der Entscheidung des BVerfG war, abgestellt. Diese bestünden u.a. darin, dass die Berliner Regelung keine gleichheitswidrige Privilegierung zugunsten christlich-abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen vorsehe. Das Berliner Neutralitätsgesetz behandele alle Religionen gleich. Außerdem gelte das Verbot religiöser Bekleidung nach § 3 Neutralitätsgesetz nicht für die Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen. Auch für die Klägerin sei die Unterrichtstätigkeit an einer berufsbildenden Schule möglich.

Gegen das Urteil ist die Berufung an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.

(Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 14.04.2016 – 58 Ca 13376/15; Pressemitteilung Nr. 18/16 vom 14.04.2016)

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VonRA Moegelin

Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten

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Cherry_v1_1_digitalDas Bundesarbeitsgericht hatte über die Eingruppierungsklage eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der sich in seiner Eigenschaft als Arbeiter ungleich gegenüber Angestellten behandelt fühlte.

Bei der Beklagten gilt eine als Betriebsvereinbarung abgeschlossene Versorgungsordnung, wonach die Höhe der Betriebsrente unter anderem von der Einreihung in eine der 21 Versorgungsgruppen abhängt. Die Zuordnung der Angestellten zu den Versorgungsgruppen richtet sich nach sogenannten Rangstufen, die Zuordnung der Arbeiter nach sogenannten Arbeitswerten. Bis zur Versorgungsgruppe 14 können in die Versorgungsgruppen sowohl Arbeiter als auch Angestellte eingereiht werden.

Der Kläger, der in die Versorgungsgruppe 10 eingereiht ist, hat mit seiner Klage die Einordnung in eine höhere Versorgungsgruppe begehrt. Seine Klage blieb – wie bereits in den Vorinstanzen – auch vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos.

Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten ist nicht zu beanstanden, wenn mit der Anknüpfung an den Statusunterschied gleichzeitig auf einen Lebenssachverhalt abgestellt wird, der geeignet ist, die Ungleichbehandlung sachlich zu rechtfertigen.

Die Versorgungsordnung der Beklagten verstößt unter Maßgabe dieser Grundsätze nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die unterschiedliche Zuordnung der Arbeiter und Angestellten zu den Versorgungsgruppen knüpft an die bei Erlass der Versorgungsordnung geltenden unterschiedlichen Vergütungssysteme für beide Beschäftigtengruppen an. Entgegen der Ansicht des Klägers wurden die Arbeiter bei der konkreten Zuordnung zu den Versorgungsgruppen auch nicht gegenüber den Angestellten unzulässig benachteiligt. Die Betriebsparteien haben die Zuordnung der Arbeiter und Angestellten zu den Versorgungsgruppen anhand der von den Arbeitnehmern durchschnittlich erreichbaren Vergütungen vorgenommen. Dies ist nicht zu beanstanden.

 (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. November 2015 – 3 AZR 575/14, vgl. Pressemitteilung Nr. 55/15)

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VonRA Moegelin

Maßregelung und Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern

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CryingBaby-inkEine Verkäuferin in einem Einzelhandelsgeschäft sollte nach Verbandsaustritt ihres Arbeitgebers verschlechterten Arbeitsbedingungen zustimmen. Da sie es nicht getan hat, fühlt sie sich benachteiligt gegenüber denjenigen die zugestimmt haben.

Vorausgegangen ist folgende Vorgehensweise des Arbeitgebers: Mit Mitarbeitern, die nach dem Verbandsaustritt eingestellt wurden, vereinbarte der Arbeitgeber eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden und eine Vergütung, die geringer war als diejenige, die vor dem Verbandsaustritt eingestellte Mitarbeiter erhielten.

Nach einiger Zeit forderte die Beklagte ihre vor dem Verbandsaustritt eingestellten Mitarbeiter -so auch die spätere Klägerin auf, einer einvernehmlichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zuzustimmen. Darauf reagierte die Klägerin nicht. Es blieb bei ihrer Arbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche.

3 Jahre später bat die Beklagte diejenigen Mitarbeiter, die einer Verlängerung der Arbeitszeit zugestimmt hatten, um Einverständnis mit einer weiteren Verlängerung der Arbeitszeit Wochenstunden, diesmal bei entsprechendem Lohnausgleich, jedoch unter Verzicht auf die tariflichen Spätöffnungszuschläge.

Diejenigen, die zugestimmt hatten, erhielten einen Personalrabatt auch auf reduzierte Ware. Im Januar 2007 gewährte die Beklagte Mitarbeitern mit einem Arbeitsvertrag auf der Basis einer 40-Stunden-Woche einen zusätzlichen Personalkauf bis zu einer maximalen Verkaufswert von 400,00 Euro für Vollzeitbeschäftigte und anteilig für Teilzeitbeschäftigte.  Zudem erhielten die Betreffenden eine Lohnerhöhung um 3 %.

Die Klägerin begehrt eine Gehaltserhöhung von 3 %. Die Gruppenbildung der Beklagten sei fehlerhaft, zumindest unter Einbeziehung der Personalrabatte seien Mitarbeiter mit einer höheren Arbeitszeit bessergestellt, ihre „Nachteile“ würden überkompensiert.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz rechtfertigt es, einer Arbeitnehmergruppe die der anderen Arbeitnehmergruppe gewährte Gehaltserhöhung zum Ausgleich bestehender Vergütungsunterschiede zwischen den vergleichbaren Arbeitnehmern vorzuenthalten. Der Vergleich der Stundenvergütung ist hierbei der einzig richtige Maßstab, weil ein Abstellen auf das Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt unberücksichtigt lässt, dass Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden im Vergleich zur klagenden Arbeitnehmerin zwar ein höheres Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt erzielen, aber nur deshalb, weil sie statt 37,5 Stunden 40 Stunden wöchentlich arbeiten müssen-. Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612 a BGB vor (BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 168/09).

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 168/09

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VonRA Moegelin

arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz bei Erholungsbeihilfe für Gewerkschaftsmitglieder

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man-at-workEinige bei Adam Opel AG beschäftigten Mitarbeiter machten einen Anspruch auf Zahlung von 200 € wegen einer sogenannten Erholungsbeihilfe geltend. Nach ihrer Ansicht beruht ihr Anspruch auf dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Vorausgegangen waren diverse Vereinbarungen zwischen Opel und der IG Metall, unter anderem auch ein entgeltabsenkender Tarifvertrag zur Sanierung des Konzerns. Die Zustimmung hierzu hatte die IG Metall abhängig gemacht von einem Ausgleich für seine Mitglieder. Hierzu trat Opel einem Verein bei, der satzungsgemäß „Erholungsbeihilfen“ an die IG-Metall-Mitglieder zahlt. Die von Opel gezahlten 8, 5 Mio. € zahlte der Verein dann an die IG-Metall-Mitglieder aus.

Die betreffenden Mitarbeiter sind nicht Mitglieder der IG-Metall, so dass sie jedenfalls keine Anspruchsgrundlage in direkter Anwendung gelten machen können.

Nachdem Opel die Forderungen betreffender Mitarbeiter abgelehnt hatten, erhoben sie Klage. Die Klage wurde von den ersten beiden Instanzen abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Klageabweisung bestätigt, weil der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht eröffnet sei.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet keine Anwendung, wenn ein Arbeitgeber mit einer Gewerkschaft im Rahmen von Tarifverhandlungen vereinbart, für deren Mitglieder bestimmte Zusatzleistungen zu erbringen. Aufgrund der Angemessenheitsvermutung von Verträgen tariffähiger Vereinigungen findet eine Ãœberprüfung anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht statt (BAG, Urteil vom 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13).

Die Beitrittsvereinbarung war nach Ansicht des BAG Bestandteil des „Sanierungspakets“ der Tarifvertragsparteien. Solche Vereinbarungen sind nicht gemäß dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu überprüfen. Das gelte unabhängig davon, ob die Leistungen für die Gewerkschaftsmitglieder in einem Tarifvertrag oder einer sonstigen schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung geregelt worden sind.

Der Entscheidung des BAG ist zuzustimmen. Hier liegt eine Ungleichbehandlung vor, die arbeitsrechtlich gewollt ist. Anderenfalls wäre das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Koalitionsfreiheit der Gewerkschaft beeinträchtigt, wenn ein Arbeitgeber Zahlungen die mit einer Gewerkschaft vereinbart wurden, auch an Nicht-Mitglieder zahlen würde. Etwas anderes gilt nur, wenn eine ausdrücklich arbeitsvertragliche Vereinbarung vorliegt. An der fehlt es aber im einschlägigen Fall. Zudem erscheint es nicht sachgerecht, wenn diejenigen die als Nicht-Mitglieder keinen finanziellen Beitrag leisten, -üblicherweise 1 % des Bruttoeinkommens als Gewerkschaftsbeitrag- genauso zu stellen sein sollen, wie Mitglieder einer Gewerkschaft.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 21. Mai 2014 – 4 AZR 50/13

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