Kategorien-Archiv Allgemein

VonRA Moegelin

Der Sturz an der Bordsteinkante

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cybergedeon_AL_slippingKommunen können sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie die Verkehrssicherungspflichten im öffentlichen Straßenraum vernachlässigen. Das passiert in letzter Zeit immer öfters durch Schlaglöcher, wodurch Autos Schäden erleiden und Warnschilder nicht auf die Gefahren hinweisen. Im Fall der Klägerin ging es um den Sturz an einer Bordsteinkante im Innenstadtbereich, als sie dort zu Fuß unterwegs war. Am Übergang eines Fußgängerwegs zu einer Zufahrtsstraße zu einem Parkhaus befand sich eine lockere Stelle im Bordstein.

Die Klägerin behauptet, bei der Überquerung der Zufahrtsstraße am gelockerten Bordstein gestürzt und gestolpert zu sein. Sie erlitt eine Fraktur am linken Ellbogen. Hierfür verlangt sie mehrere Tausend Euro Schmerzensgeld. Die Klägerin meinte, dass sie an diesem Sturz nur zu einem Drittel selbst schuld sei. Die überwiegende Verantwortung trage die Kommune.

Die beklagte Stadt behauptet, dass im Unfallbereich regelmäßig kontrolliert werde. Die Einfahrt zum Parkhaus sei 12 Tage vor dem Sturz der Klägerin überprüft worden. Ein lockerer Bordstein sei nicht vorhanden gewesen. Es sei aber möglich, dass sich der Bordstein in der Zwischenzeit infolge von Frosteinwirkung oder Überfahrens gelockert haben könnte. Die Stadt meinte, sie habe ausreichend kontrolliert und zudem habe der hochaufstehende Bordstein durch seine Offensichtlichkeit vor sich selbst gewarnt.

Das Landgericht Coburg wies die Klage ab. Eine Pflichtverletzung der beklagten Kommune konnte das Gericht nicht feststellen.

Das Gericht ging aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder davon aus, dass der hochstehende, lockere Bordstein deutlich zu erkennen war. Zudem befand sich die Stolperstelle nicht in einer Gehfläche sondern an der Kante des Gehwegs zur Straße. Ein umsichtiger Fußgänger hätte sich in diesem Bereich ohnehin auf einen Höhenunterschied einstellen müssen. Der Bordstein an der Sturzstelle ist optisch abgegrenzt und der Höhenunterschied war gut zu erkennen.

Ein Verstoß der Verkehrssicherungspflicht seitens der Kommune konnte nicht festgestellt werden.

Die Klage einer Fußgängerin wegen eines Sturzes an einer Bordsteinkante wurde abgewiesen. Das Gericht konnte keine Pflichtverletzung der Kommune erkennen.

Sicherungserwartungen eines Verkehrsteilnehmers gegenüber Gefahren, die einem jeden ins Auge fallen müssen, sind nach Ansicht des Gerichts gering anzusetzen. Bei solchen Gefahren gehe die Eigenverantwortung des Verkehrsteilnehmers möglichen Verkehrssicherungspflichten vor. Um eine solche offensichtliche Gefahr handelte es sich nach Meinung des Gerichts auch im einschlägigen Fall. Daher trug die Fußgängerin die Verantwortung für ihren Sturz selbst und die Klage blieb erfolglos.

(vgl.: Pressemitteilung Nr.538/14 des LG Coburg vom 21. November 2014)

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VonRA Moegelin

Berufungsbegründung ohne Begründung

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Point_interrogation Ein Anwalt hat das Kunststück vollbracht, eine derart schlechte Berufungsbegründung zu verfassen, dass diese nicht mal den Voraussetzungen der Zulässigkeit genügte.

Für die Berufungsbegründung ist es nicht ausreichend, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und/oder lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (LAG  Mainz  07.05.2014 4 Sa 418/13).

Nicht ausreichend ist es, wenn die Berufungsbegründungsschrift im Wesentlichen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Sachvortrages besteht und insbesondere keinerlei Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des arbeitsgerichtlichen Urteils enthält. Das Berufungsvorbringen lässt nach der Wertung des LAG nicht erkennen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen die Berufungsklägerin das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Die Berufung war somit wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.

Die Voraussetzungen der  Berufungsbegründung sind in § 520 Abs. 3 ZPO geregelt, der auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren gilt. Die Berufungsbegründung kann schon gleich mit der Berufungsschrift erfolgen, mit der die Berufung eingelegt wird oder später mit gesondertem Schriftsatz.

Die Berufungsbegründung muss zwingend folgendes enthalten:

  1. die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
  2. die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
  3. die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
  4. die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

Das Gericht hat im vorliegend zu entscheidenden Fall den § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO als einschlägig erachtet, wonach es an der ausreichenden Bezeichnung der erheblichen Umstände des angefochtenen Urteils fehlte.

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Mainz: LAG Mainz, Urteil vom 7. Mai 2014 – 4 Sa 418/13

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VonRA Moegelin

BAG zur Ordnungshaft für Geschäftsführer bei Verstoß gegen Betriebsvereinbarung

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prisonerinchainsDie Arbeitgeberin hatte gegen eine bei ihr geltende Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit verstoßen. Auf Antrag des Betriebsrats haben die Vorinstanzen ihr aufgegeben, es zu unterlassen, Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats aus der Zeiterfassung herauszunehmen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro angedroht und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, Ordnungshaft, die an den beiden Geschäftsführern zu vollziehen sei.

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts den Beschluss des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Androhung von Ordnungshaft aufgehoben. Bei der Anwendung der in § 890 ZPO geregelten Ordnungs- und Zwangsmittel auf betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungspflichten des Arbeitgebers ist die spezialgesetzliche Vorschrift des § 23 Abs. 3 BetrVG zu beachten. Diese begrenzt das Ordnungsgeld auf 10.000,00 Euro und sieht keine Ordnungshaft vor (BAG, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 1 ABR 71/09).

Führt der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung nicht ordnungsgemäß durch, kann der Betriebsrat die Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen verlangen. Auf seinen Antrag kann das Arbeitsgericht im Falle einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro androhen. Nach Ansicht des BAG sind weitergehende Maßnahmen, eben die Verhängung von Ordnungshaft gegen den Arbeitgeber für den Fall, dass dieser das Ordnungsgeld nicht zahlt, dagegen unzulässig.

Volltext des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 1 ABR 71/09

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VonRA Moegelin

Mitbestimmung bei betrieblicher Lohngestaltung

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CommunityDas Recht des Betriebsrats auf Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betrifft Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Das BAG hatte zu entscheiden, ob einmalige Zahlungen an Arbeitnehmer mitumfasst sind von diesem Mitbestimmungsrecht.

Das Angebot des Arbeitgebers auf Einmalzahlung in Höhe von 3.000,00 Euro an seine Arbeitnehmer als Gegenleistung für deren Verzicht auf eine Gewinnbeteiligung stellt eine mitbestimmungspflichtige Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze dar (BAG, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 ABR 57/12). Das Mitbestimmungsrecht richtet sich nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wonach der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen hat. Ausgenommen sind arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelte der Arbeitnehmer. Stellt der Arbeitgeber dagegen für die individualrechtlich versprochene Vergütung einen besonderen Dotierungsrahmen zur Verfügung, unterliegt dessen Verteilung bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestands dem Mitbestimmungsrecht. Das war nach Ansicht des BAG hier der Fall, denn die Streichung der Gewinnbeteiligung führte zu einer Änderung der bei der Arbeitgeberin geltenden Entlohnungsgrundsätze. Die Rechtsbeschwerde war zurückzuweisen, da der der Betriebsrat mitbestimmen konnte.

Volltext des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 ABR 57/12

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VonRA Moegelin

Bundesverwaltungsgericht erlaubt (fast nur) Speiseeis am Sonntag

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Ice_Cream_003_Girl_and_BoySogar im erzkatholischen Polen sind Geschäfte am Sonntag selbstverständlich geöffnet. In Deutschland gilt noch das archaische Recht der Kirche, das sich in Gesetzen wie dem ArbZG mainfestiert. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 26.11.14 auf Normenkontrollanträge einer Gewerkschaft und zweier evangelischer Gemeindeverbände entschieden, dass an eine Beschäftigung gemäß der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung von Arbeitnehmern an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nur eingeschränkt möglich ist (BVerwG 6 CN 1.13)

Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu Ergebnissen, die mit Vernunft nicht erklärbar sind. Glücksspiel und Speiseeis soll für das Volk am Sonntag erforderlich, der Anruf bei einem Callcenter dagegen nicht.

So sei nach Ansicht des Gerichts nicht feststellbar, dass der Betrieb von Callcentern in dem von der Verodnung geregelten Umfang erforderlich ist, um tägliche oder an Sonn- und Feiertagen besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen.

Die Produktion von Speiseeis sei dagegen auch an Sonn- und Feiertagen zur Deckung täglicher Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich, wenn die Kapazitäten der Hersteller nicht ausreichen, um ohne eine Produktion rund um die Woche auch in Spitzenzeiten der Nachfrage, also insbesondere im Sommer bei länger anhaltenden Hitzeperioden, einen dann gegebenen erhöhten Bedarf täglich decken zu können.

Die Beschäftigung im Buchmachergewerbe dürfe an Sonn- und Feiertagen zugelassen werden. Sie beziehe sich nach der Verordnung nur auf die Entgegennahme von Wetten für Veranstaltungen, die an diesen Tagen stattfinden und für die sich deshalb aus anderen Vorschriften ergeben müsse, dass sie an diesen Tagen etwa aus Gründen der Freizeitgestaltung der Bevölkerung auch stattfinden dürfen. Ferner dürfen die Wetten nur an der Stätte der Veranstaltung entgegen genommen werden. Erfasst würden damit insbesondere Rennsportveranstaltungen, etwa auf Pferderennbahnen. Insoweit handeet es sich bei der Annahme von Wetten um einen spezifischen Sonn- und Feiertagsbedarf, der als Bestandteil des Freizeiterlebnisses, um nicht den Freizeitgenuss insgesamt zu gefährden, nur an Ort und Stelle befriedigt werden könne.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 69/2014 – BVerwG 6 CN 1.13

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VonRA Moegelin

Mehr Urlaubstage für ältere Mitarbeiter

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sailborderEin wegweisendes Urteil hat das Bundesarbeitsgericht zur Altersdiskriminierung getroffen. Aus § 1 AGG folgt, dass niemand wegen seines Alters benachteiligt werden darf. Eine Ausnahme  kann gemäß § 10 AGG gemacht werden, wenn ein legitimes Ziel verfolgt wird. Das BAG hat für diesen Fall folgende Maßstäbe aufgestellt:

Gewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein. Bei der Prüfung, ob eine solche vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter dient und geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG ist, steht dem Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu (BAG, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 9 AZR 956/12).

Dem Urteil liegt folgender Sachberhalt zugrunde:

Die nicht tarifgebundene Beklagte stellt Schuhe her. Sie gewährt ihren in der Schuhproduktion tätigen Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub und damit zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern. Die 1960 geborene Klägerin hat gemeint, die Urlaubsregelung sei altersdiskriminierend. Die Beklagte habe deshalb auch ihr jährlich 36 Urlaubstage zu gewähren.

Die Vorinstanzen haben den hierauf gerichteten Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Beklagte hat mit ihrer Einschätzung, die in ihrem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leistenden Arbeitnehmer bedürften nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längerer Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer, ihren Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten. Dies gilt auch für ihre Annahme, zwei weitere Urlaubstage seien aufgrund des erhöhten Erholungsbedürfnisses angemessen, zumal auch der Manteltarifvertrag der Schuhindustrie vom 23. April 1997, der mangels Tarifbindung der Parteien keine Anwendung fand, zwei zusätzliche Urlaubstage ab dem 58. Lebensjahr vorsah (BAG, Pressemitteilung Nr. 57/14 vom 21.10.14).

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