Schlagwort-Archiv ArbZG

VonRA Moegelin

Angemessenheit des Nachtarbeitszuschlags eines Lkw-Fahrers

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sleepIn dem hier vorliegenden Fall ist der Kläger bei der Beklagten als Lkw-Fahrer im Paketlinientransportdienst tätig. Die Arbeitszeit beginnt in der Regel um 20.00 Uhr und endet unter Einschluss von Pausenzeiten um 6.00 Uhr. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Sie zahlte an den Kläger für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn iHv. zunächst etwa 11%. Später hob sie diesen Zuschlag schrittweise auf zuletzt 20% an. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30% vom Stundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich von zwei Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtarbeitsstunden zu gewähren.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgeben, das Landesarbeitsgericht hingegen nur einen Anspruch iHv. 25% festgestellt. Die Revision des Klägers hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Das BAG begründete seine Entscheidung wie folgt: Bestehen keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage. Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag iHv. 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Nachtarbeitsstunden angemessen. Bei Dauernachtarbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig auf 30%.

Im Arbeitsverhältnis der Parteien – haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG -mangels tarifvertraglicher Ausgleichsregelungen- einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden. Eine Reduzierung der Höhe des Nachtarbeitsausgleichs kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit beispielweise durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht. Besondere Belastungen können zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. Eine erhöhte Belastung liegt nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei Dauernachtarbeit vor. In einem solchen Fall erhöht sich der Anspruch regelmäßig auf einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30% bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage. Da der Kläger Dauernachtarbeit erbringt, steht ihm ein Ausgleichsanspruch iHv. 30% zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr gezahlter Zuschlag nicht anrechenbar. Ebenso wenig ist die Höhe des Stundenlohns des Klägers relevant. Erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass in diesem bereits ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag enthalten ist, bestehen nicht.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14; vgl. Pressemitteilung Nr. 63/15)

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VonRA Moegelin

Bundesverwaltungsgericht erlaubt (fast nur) Speiseeis am Sonntag

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Ice_Cream_003_Girl_and_BoySogar im erzkatholischen Polen sind Geschäfte am Sonntag selbstverständlich geöffnet. In Deutschland gilt noch das archaische Recht der Kirche, das sich in Gesetzen wie dem ArbZG mainfestiert. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 26.11.14 auf Normenkontrollanträge einer Gewerkschaft und zweier evangelischer Gemeindeverbände entschieden, dass an eine Beschäftigung gemäß der Hessischen Bedarfsgewerbeverordnung von Arbeitnehmern an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nur eingeschränkt möglich ist (BVerwG 6 CN 1.13)

Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu Ergebnissen, die mit Vernunft nicht erklärbar sind. Glücksspiel und Speiseeis soll für das Volk am Sonntag erforderlich, der Anruf bei einem Callcenter dagegen nicht.

So sei nach Ansicht des Gerichts nicht feststellbar, dass der Betrieb von Callcentern in dem von der Verodnung geregelten Umfang erforderlich ist, um tägliche oder an Sonn- und Feiertagen besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen.

Die Produktion von Speiseeis sei dagegen auch an Sonn- und Feiertagen zur Deckung täglicher Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich, wenn die Kapazitäten der Hersteller nicht ausreichen, um ohne eine Produktion rund um die Woche auch in Spitzenzeiten der Nachfrage, also insbesondere im Sommer bei länger anhaltenden Hitzeperioden, einen dann gegebenen erhöhten Bedarf täglich decken zu können.

Die Beschäftigung im Buchmachergewerbe dürfe an Sonn- und Feiertagen zugelassen werden. Sie beziehe sich nach der Verordnung nur auf die Entgegennahme von Wetten für Veranstaltungen, die an diesen Tagen stattfinden und für die sich deshalb aus anderen Vorschriften ergeben müsse, dass sie an diesen Tagen etwa aus Gründen der Freizeitgestaltung der Bevölkerung auch stattfinden dürfen. Ferner dürfen die Wetten nur an der Stätte der Veranstaltung entgegen genommen werden. Erfasst würden damit insbesondere Rennsportveranstaltungen, etwa auf Pferderennbahnen. Insoweit handeet es sich bei der Annahme von Wetten um einen spezifischen Sonn- und Feiertagsbedarf, der als Bestandteil des Freizeiterlebnisses, um nicht den Freizeitgenuss insgesamt zu gefährden, nur an Ort und Stelle befriedigt werden könne.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 69/2014 – BVerwG 6 CN 1.13

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VonRA Moegelin

Kein bezahler Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienst von Ärzten – BAG 6 AZR 78/09

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124_doctorEin Assistenzarzt scheiterte mit einer Klage auf Zahlung von Lohn als Ausgleich für geleisteten Bereitschaftsdienst. Er ist der Ansicht, dass die von seinem Arbeitgeber vorgenommene Gewährung von Freizeitausgleich in der gesetzlichen Ruhezeit unzulässig ist.

Zwischen den Parteien fand kraft beiderseitiger Tarifbindung der TV-Ärzte/VKA Anwendung. Dieser Tarifvertrag verpflichtet Ärzte, Bereitschaftsdienste zu leisten. Diese Bereitschaftsdienste werden mit einem tariflich festgelegten Faktor in Arbeitszeit umgerechnet und sind mit einem ebenfalls tariflich festgelegten, von der Entgeltgruppe abhängigen Stundenlohn zu vergüten oder gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/VKA durch entsprechende Freizeit abzugelten (Freizeitausgleich). Dieser Freizeitausgleich kann auch in der gesetzlichen Ruhezeit nach § 5 ArbZG erfolgen.

Der Kläger leistete außerhalb der regulären Arbeitszeit Bereitschaftsdienste mit jeweils zehn Stunden, von denen entsprechend der tariflichen Regelung 90 % und damit neun Stunden als Arbeitszeit gewertet wurden. Im Anschluss erhielt der Kläger Freizeitausgleich noch innerhalb der gesetzlichen Ruhezeit des § 5 ArbZG. Dadurch wurde er jeweils von seiner ansonsten am Folgetag bestehenden Arbeitspflicht freigestellt. Eine verbleibende aus dem Bereitschaftsdienst errechnete Stunde Arbeitszeit wurde vergütet. Auf diese Weise wurde die Regelarbeitszeit des Klägers in vollem Umfang vergütet und die gesetzliche Ruhezeit eingehalten. Der Kläger begehrt Entgelt für die von ihm zwischen dem 9. Juli 2007 bis zum 31. August 2008 geleisteten Bereitschaftsdienste, soweit ihm dafür Freizeitausgleich gewährt worden ist. Unstreitig sind dies in Arbeitszeit umgerechnet 640 Stunden.

Der Arzt hat keinen Anspruch darauf, nach Ableistung eines Bereitschaftsdienstes zunächst unbezahlte Ruhezeit und anschließend bezahlten Freizeitausgleich gewährt zu bekommen (BAG, Urteil vo​m 22. Juli 2010 – 6 AZR 78/09).

Nach Ansicht des BAG kann der Freizeitausgleich nach § 12 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/VKA auch in die gesetzliche Ruhezeit gelegt werden. § 5 ArbZG schreibt dem Krankenhaus nicht vor, durch welche arbeitsvertragliche Gestaltung es sicherstellt, dass der Arzt nach der Beendigung der täglichen Arbeitszeit mindestens während der folgenden gesetzlichen Ruhezeit nicht zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Erfolgt der Freizeitausgleich in der gesetzlichen Ruhezeit, wird also bezahlte Freizeit unter Anrechnung auf die Sollarbeitszeit gewährt, ist der nach § 12 Abs. 2 und Abs. 3 TV-Ärzte/VKA bei Ableistung von Bereitschaftsdiensten entstehende Entgeltanspruch abgegolten.

Die Revision des Klägers wurde daher vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 22. Juli 2010 – 6 AZR 78/09

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