Anrechenbare Arbeitgeberleistungen als Erfüllung eines Mindestlohnanspruchs

VonRA Moegelin

Anrechenbare Arbeitgeberleistungen als Erfüllung eines Mindestlohnanspruchs

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johnny-automatic-bag-of-moneyDas Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob Arbeitgeberleistungen, z.B. Zuschläge, als Erfüllung eines Mindestlohnanspruchs nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz anzusehen sind

Die Arbeitsverhältnisse des Klägers unterlag im Streitzeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 30. Juni 2008 den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen des Gebäudereinigerhandwerks und der am 1. April 2008 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Mindestarbeitsbedingungen im Gebäudereinigerhandwerk nach § 1 Abs. 3a AEntG 2007. Die beklagte Arbeitgeberin gehört zum Deutsche-Bahn-Konzern und vergütet den Kläger nach einem konzerneigenen Tarifvertragssystem. Die im Streitzeitraum danach gezahlten Grundstundenlöhne lagen unterhalb der jeweiligen Mindestlöhne der Gebäudereinigertarifverträge. Die Beklagte zahlte aber neben den Stundenlöhnen verschiedene Zuschläge, Einmalzahlungen, Urlaubsgelder und vermögenswirksame Leistungen, die sie – ua. unter Berufung auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) – sämtlich auf die von den Klägern geltend gemachten Mindestlöhne nach den Gebäudereinigertarifverträgen angerechnet hat. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, diese weiteren Leistungen könnten nicht auf die Mindestlöhne angerechnet werden, so dass die Arbeitgeberin zur Zahlung der Differenz weiterhin verpflichtet sei.

Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis im Geltungsbereich eines nach § 5 TVG allgemeinverbindlichen oder in seiner Wirkung nach § 1 Abs. 3a AEntG 2007 (jetzt § 7 AEntG 2009) auf bisher nicht an ihn gebundene Arbeitsverhältnisse erstreckten Tarifvertrages liegt, hat gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf den dort geregelten Mindestlohn. Für die Frage, ob und inwieweit der Arbeitgeber diesen Anspruch durch anderweitige Leistungen erfüllt hat, kommt es darauf an, welchen Zweck die anderen Leistungen haben. Sie sind dann als funktional gleichwertig zum Mindestlohn anzusehen, wenn sie dazu dienen, die nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag vorausgesetzte „Normalleistung“ abzugelten, nicht jedoch, wenn sie über die vom Tarifvertrag vorausgesetzte Verpflichtung hinaus geleistete Arbeitsstunden oder unter demgegenüber besonderen Erschwernissen geleistete Arbeit vergüten sollen (BAG, Urteil vom 18. April 2012 – 4 AZR 139/10).

Das BAG hat damit der Arbeitgeberin Recht gegeben, weil die von ihr neben dem Tarifstundenlohn für jede Arbeitsstunde gezahlte „Verkehrsmittelzulage“, unter deren Einschluss der Kläger mehr als den Mindestlohn erhielt, auf den geschuldeten Mindestlohn anzurechnen ist. Eine solche Zulage war für die von dem Arbeitnehmer verrichtete Arbeit nach den Gebäudereinigertarifverträgen nicht vorgesehen, die aber ausweislich ihres Geltungsbereichs den Mindestlohn auch für Verkehrsmittelreinigung festlegt hatten.

Bei der Anrechnung von Leistungen auf tariflich begründete Forderungen stellt das BAG darauf ab, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit der tariflich begründeten Zahlung zu vergüten ist. Die Beklagte zahlt die Verkehrsmittelzulage nach den richterlichen Feststellungen für die vom Kläger geleistete Arbeit, ohne dass eine Voraussetzung für einen Zuschlag oder einer Zulage nach dem Tarifvertrag verwirklicht wäre. Die Verkehrsmittelzulage ist demnach eine Vergütung auf den Mindestlohn.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 18. April 2012 – 4 AZR 139/10 

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