Autor-Archiv RA Moegelin

VonRA Moegelin

Schwerbehindertenzusatzurlaub und Tarifurlaub bei Krankheit – BAG 9 AZR 128/09

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disabledSchwerbehinderte haben das Recht auf zusätzlichen Urlaub. Umstritten war bisher, ob der Zusatzurlaub ebenso abzugelten ist nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses wie der gesetzliche Mindesturlaub gemäß Bundesurlaubsgesetz das für alle Arbeitnehmer gilt. Das Bundesarbeitsgericht hat zugunsten der Schwerbehinderten entschieden, so dass der Arbeitgeber nunmehr hierzu verpflichtet ist, wobei Einschränkungen durch einen Tarifvertrag erlaubt sind.

Der vierwöchige gesetzliche Mindesturlaub muss bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch dann finanziell abgegolten werden, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Ãœbertragungszeitraums arbeitsunfähig krank ist. Der Anspruch auf Abgeltung des Schwerbehindertenzusatzurlaubs besteht bei Arbeitsunfähigkeit ebenso wie der Anspruch auf Abgeltung des Mindesturlaubs weiter. Die Tarifvertragsparteien können dagegen bestimmen, dass der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende tarifliche Urlaubsabgeltungsanspruch erlischt, wenn der Urlaubsanspruch wegen der Krankheit des Arbeitnehmers nicht erfüllt werden kann (BAG, Urteil vom 23. März 2010 – 9 AZR 128/09).

Der Entscheidung lag der Fall eines schwerbehinderten Arbeitnehmers zugrunde, der seit 1971 im Außendienst für die Beklagte tätig ist. Für das Arbeitsverhältnis galt der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Der Kläger war von Anfang September 2004 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2005 wegen eines schweren Bandscheibenleidens arbeitsunfähig erkrankt. Im Mai 2005 verlangte er erfolglos, ihm den Urlaub für das Jahr 2004 zu gewähren.

Seine Klage auf Abgeltung des Schwerbehindertenzusatzurlaubs war im Unterschied zur Klage auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs in dritter Instanz erfolgreich. Der Anspruch auf Schwerbehindertenzusatzurlaub teilt das rechtliche Schicksal des Mindesturlaubsanspruchs. Beide Ansprüche sind nach der nun geltenden Rechtsprechung am Ende des Arbeitsverhältnisses auch dann abzugelten, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist. Die Ansprüche auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs gingen demgegenüber nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien am Ende des tariflichen Übertragungszeitraums unter.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG. Urteil vom 23. März 2010 – 9 AZR 128/09

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Auch geringe Farbabweichung bei Neuwagen ist ein Sachmangel – LG Ansbach 1 S 66/14

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Unbenannt_auto - KopieEin etwas anderer Grauton verärgerte den Käufer eines neuen Seat so sehr, dass er ihn kurzerhand umlackieren ließ. Die Kosten von über 3000 € musste der Verkäufer ihm nun erstatten.

Der Kläger hatte bei der Beklagten, einer gewerblichen Autohändlerin, einen Seat Altea in der Farbe „Track-Grau Metallic“ bestellt. Geliefert wurde ihm hingegen ein Fahrzeug in der Farbe „Pirineos Grau“. Diese Farbabweichung bewertete das Gericht als Abweichung von der vertraglich präzise als „Track-Grau Metallic“ vereinbarten Beschaffenheit und damit als Sachmangel.

Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verkäuferin, dass Abweichungen im Farbton vorbehalten blieben, wenn die Änderung nicht erheblich und für den Käufer zumutbar sei, bewertete das Gericht als unwirksam, weil für den Kunden nicht erkennbar sei, von welchen Kriterien die Erheblichkeit der Änderung und deren Zumutbarkeit für den Kunden abhänge. Zudem sei die vorgenommene Leistungsänderung im konkreten Fall dem Käufer nicht zumutbar, da es sich bei einem Neuwagenkauf um ein wirtschaftlich bedeutendes Geschäft handele, bei dem der Käufer üblicherweise eine bestimmte, individualisierte Farbwahl getroffen habe und nur deswegen bereit sei, den vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen. Demgegenüber habe es die Verkäuferin in der Hand, noch vor Abschluss des Kaufvertrags die Verfügbarkeit des konkret bestellten Fahrzeugs zu prüfen und sich vor einer etwaigen vom Hersteller vorgenommenen Farbänderung zu schützen. Aus den oben genannten Gründen sei auch die im Kaufvertrag enthaltene Formulierung „… „Modelländerungen sowie Ausstattungsänderungen durch den Hersteller gehen zu Lasten des Käufers“ unwirksam.

Der Kläger hat damit Anspruch auf die von ihm geltend gemachten 3.250,00 Euro für die Umlackierung des von ihm erworbenen Fahrzeugs.

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Arbeitnehmer-Eigenschaft eines Klavierlehrers an einer privaten Musikschule – LAG Mainz 2 Sa 538/13

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nicubunu_Musical_noteEin Klavierlehrer war in einer privaten Musikschule als Selbständiger beschäftigt. Er meinte aber, es sei eine Scheinselbständigkeit und verweigerte daraufhin die weitere Tätigkeit. Als Reaktion erhielt er die Kündigung. Hiergegen erhob er die Kündigungsschutzklage und forderte den Differenzlohn nach TVöD, rund 70.000 €.

Der Klavierlehrer scheiterte in erster und zweiter Instanz. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Nach den Feststellungen des LAG Mainz ist das Rechtsverhältnis der Parteien als freies Dienstverhältnis einzuordnen.

Der Kläger konnte seiner Beweislast nicht nachkommen, wonach das Rechtsverhältnis entgegen der getroffenen Vereinbarung nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen sein soll. Der klagende Klavierlehrer hat er nicht geschafft substantiiert darzulegen, woraus sich der erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit ergeben soll.

Der Klavierlehrer hat den Fehler gemacht, keine konkreten Begebenheiten zur Begründung einer Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb der Beklagten nachvollziehbar zu schildern. Er hat lediglich die nach Ansicht des Gerichts unzureichend dargestellten Umstände rechtlich bewertet. So habe er nur zum Schein von seinem Auftraggeber eine freie Zeiteinteilung eingeräumt bekommen. Der Kläger hat er nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb ihm angeblich keine Widerspruchsmöglichkeit verblieben sein soll.

Die Kündigung ist demnach rechtmäßig gewesen. Daraus folgt, dass der Klavierlehrer auch keinen Anspruch auf den Differenzlohn von rund 70.000 € hat.

Dieser Fall lehrt, dass ein freier Mitarbeiter vor einer entsprechenden Klage gut prüfen sollte, ob er das Gericht von seiner Arbeitnehmerschaft überzeugen kann. Denn wenn nicht, ist wie im einschlägigen keine Vertrauensbasis mehr für eine weitere Tätigkeit vorhanden, so dass mangels Kündigungsschutz in üblicherweise kurzer Frist gekündigt werden kann.

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Mainz vom 22. Mai 2014 – 2 Sa 538/13

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Ostersonntag ist kein gesetzlicher Feiertag – BAG 5 AZR 317/09

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egg3Das Bundesarbeitsgericht hatte über die Sammelklage einiger Arbeitnehmer zu entscheiden, die aufgrund eines Tarifvertrages die Zahlung des höheren Feiertagszuschlags forderten. Sie sind der Auffassung, Ostersonntag ist in der christlichen Welt ein Feiertag.

Auf die Arbeitsverhältnisse findet der Manteltarifvertrag für die Brot- und Backwarenindustrie Niedersachsen/Bremen Anwendung. Nach dessen § 5 Abs. 1 Buchs. f) ist für Arbeit an Feiertagen ein Zuschlag iHv. 175 % zu zahlen. Nach § 4 Abs. 5 MTV ist Feiertagsarbeit die an gesetzlichen Feiertagen geleistete Arbeit. In der Vergangenheit zahlte die Beklagte für die Arbeit am Ostersonntag stets einen Zuschlag iHv. 175 % und wies die Zahlung in den Lohnabrechnungen als Feiertagsvergütung aus. Im Jahre 2007 leistete sie nur den tariflichen Sonntagszuschlag iHv. 75 %.

Sieht ein Tarifvertrag Zuschläge für gesetzliche Feiertage vor, haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Zahlung eines Feiertagszuschlags für Ostersonntag. Ostersonntag ist kein gesetzlicher Feiertag (BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 317/09).

Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Das BAG hat die Klage abgewiesen. Ein tariflicher Anspruch besteht nicht, weil Ostersonntag kein gesetzlicher Feiertag ist. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung scheidet ebenfalls aus. Die Beklagte erfüllte in der Vergangenheit aus Sicht der Belegschaft lediglich ihre vermeintliche tarifliche Verpflichtung, ohne übertarifliche Ansprüche zu begründen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 317/09

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Außerordentliche Änderungskündigung eines tariflich unkündbaren Bademeisters rechtens – BAG 2 AZR 688/09

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Ein Schwimmmeister („Bademeister“) erhielt eine außerordentliche Änderungskündigung seines Arbeitgebers, ein vom Landkreis betriebenes Freizeitzentrum. Grundlage war die amtsärztliche Feststellung, dass der Kläger an chronischen Erkrankungen, insbesondere des Herz- und Kreislaufsystems litt, wonach „die gesundheitliche Eignung zum Retten Ertrinkender auf Dauer nicht mehr gegeben“ sei.

Dagegen erhob der Bademeister Kündigungsschutzklage. Die Vorinstanzen bestätigten die Kündigung. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Der Kläger hat das Änderungsangebot des Beklagten spätestens aufgrund übereinstimmender Erklärung während der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht angenommen, wonach er eine Beschäftigung auf dem Bauhof des Freizeitzentrums annimmt, falls seine Klage keinen Erfolg haben sollte.

Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD konnte das Arbeitsverhältnis nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Eine ordentliche Kündigung war ausgeschlossen.

Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Änderungskündigung setzt voraus, dass die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig ist und die geänderten Bedingungen dem gekündigten Arbeitnehmer zumutbar sind. Auch vom Arbeitnehmer nicht zu vertretende Umstände in seiner Person können geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, unter anderem aufgrund von Umständen, die in seiner Sphäre liegen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung auf unabsehbare Dauer nicht mehr in der Lage ist (BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 2 AZR 688/09).

Nach den Feststellungen des Gerichts konnte der Kläger auf Dauer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Schwimmmeister eingesetzt werden. Insbesondere war eine Umverteilung der Aufgaben der Rettungsschwimmer nicht zumutbar. Eine Aufgabentrennung in die reine Aufsicht einerseits und die Rettung Ertrinkender andererseits war weder sachlich sinnvoll noch personell umsetzbar. Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 2 AZR 688/09

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Betreuungskosten von alleinerziehender Betriebsrätin sind erforderlich

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Eine Betriebsrätin und alleinerziehende Mutter ist vor dem Landesarbeitsgericht mit ihrer Klage gegen ihren Arbeitgeber auf Erstattung von Betreuungs-Kosten für ihre beiden 11 und 12 Jahre alten Kinder von 600 € gescheitert. Die Betriebsrätin hielt die Betreuung wegen einer 10-tägigen Betriebsräteversammlung für erforderlich. In ihrem Haus lebt noch ihre weitere, volljährige und berufstätige Tochter, die jedoch die Betreuung abgelehnt hat. Das Bundesarbeitsgericht hat – anders als zuvor das Landesarbeitsgericht – dem Antrag einer alleinerziehenden Mutter entsprochen.

Der Arbeitgeber muss im erforderlichen Umfang die Kosten erstatten, die einem alleinerziehenden Betriebsratsmitglied während einer mehrtägigen auswärtigen Betriebsratstätigkeit durch die Fremdbetreuung seiner minderjährigen Kinder entstehen (BAG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 7 ABR 103/08).

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Dazu gehören auch die Aufwendungen, die einzelne Betriebsratsmitglieder zur Erfüllung ihrer Betriebsratsaufgaben für erforderlich halten dürfen, nicht aber sämtliche Kosten, die nur irgendwie durch die Betriebsratstätigkeit veranlasst sind. Grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind insbesondere Aufwendungen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind. Vom Arbeitgeber zu tragen sind aber Kosten, die einem Betriebsratsmitglied dadurch entstehen, dass es die Betreuung seiner minderjährigen Kinder für Zeiten sicherstellen muss, in denen es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen hat. Das ergibt die verfassungskonforme Auslegung des § 40 Abs. 1 BetrVG. Das Betriebsratsmitglied befindet sich in einem solchen Fall in einer Pflichtenkollision zwischen seinen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und der Pflicht zur elterlichen Personensorge. Nach Art. 6 Abs. 2 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder nicht nur „das natürliche Recht der Eltern“, sondern auch „die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Dementsprechend darf dem Betriebsratsmitglied durch die gleichzeitige Erfüllung beider Pflichten kein Vermögensopfer entstehen.

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