Monatsarchiv 22. Februar 2015

VonRA Moegelin

Schmerzensgeld-Klage von Knöllchen-Horst gegen Dolly Buster

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cartoon-headDie Ex-Porno-Darstellerin Dolly Buster hat in ihrer RTL-Show „Die 10 verrücktesten Deutschen“ über den als  „Knöllchen-Horst“ bekannt gewordenen Kläger folgende Äußerungen abgegeben:

„Das heißt, er hat 20.000 Menschen geschadet, ja? Ich glaub, das macht ihn geil.“ Die Äußerung bezog sich auf die vom Kläger vermeintlich erstatteten 20.000 Anzeigen gegen Falschparker bei der Stadt Osterode am Harz.

Deswegen wurde dem Kläger bereits zuvor in einem anderen Verfahren Schmerzensgeld über 400 € zuerkannt.

Der Kläger behauptet, der Mitschnitt sei noch Monate nach der Ausstrahlung im Internet abrufbar gewesen. Er habe in der Folgezeit Drohanrufe erhalten. Außerdem habe er auch aufgrund der lokalen Presse Spott und Hohn ertragen müssen. Deswegen verlangt „Knöllchen-Horst“ immateriellen Schadensersatz, bzw. Schmerzensgeld wegen Beleidigung, Persönlichkeits- und Menschenrechtsverletzung sowie übler Nachrede in Höhe von 1.500 €.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Gericht konnte keinen Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB erkennen, mangels Ehrverletzung. Nach der Rechtsprechung kommt ein solcher Anspruch in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann.

„Ich glaube, das macht ihn geil“ ist trotz eines moralisch verwerflichen Tonfalls durch das Recht auf freie Meinungsäußerung noch gedeckt. Es erreicht oder überschreitet auch nicht die Grenzen der Schmähkritik (Amtsgericht Osterode, Urteil vom 29.01.2015 – 2 C 214/14).

Selbst eine überzogene oder ausfällige Kritik macht eine Äußerung nach der Rechtsprechung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Vielmehr muss hinzutreten, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung einer Person im Vordergrund steht.

Das Gericht hält die – wenn auch nicht sehr glückliche – Formulierung der Beklagten für einen Versuch, den Grund für die überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft des Klägers zur Anzeigenerstattung zu erklären. Dass dies aus dem Mund eines Pornostars mit den Worten „geil“ verknüpft wird, sei ein Grenzfall, der jedoch unter Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls noch als geschützte Meinungsäußerung einzustufen ist. Gerade die Tatsache, dass es sich bei der Beklagten um eine im Pornogeschäft bekannte Darstellerin handelt, stütze die Annahme, dass sie mit den gewählten Worten gerade keine persönliche Herabwürdigung verbunden hat, dies vielmehr ihr „üblicher Tonfall“ im Rahmen der von ihr dargestellten Rolle sei.

Demgemäß komme mangels Vorsatz der Beklagten keine Beleidigung im Sinne des § 185 BGB in Betracht – weder gegenüber dem Kläger, noch gegenüber dem Fernsehpublikum. Auch die §§ 186, 187 StGB sind nach Auffassung des Gerichts nicht einschlägig, da es sich vorliegend um bloße Meinungsäußerungen handelt und damit der Anwendungsbereich der Vorschriften nicht eröffnet ist. Zudem wäre aber auch der Tatbestand nicht erfüllt, da die bloße abwegige Bewertung eines unverfänglichen Geschehens nicht ausreiche.

Selbst wenn man einen juristisch relevanten Eingriff annehmen wollte, hält es das Gericht durch das bereits im vorausgegangenen Rechtsstreit zugesprochene Schmerzensgeld von 400 € mit umfasst. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger weitere als die in dem dortigen Prozess angeführten Beeinträchtigungen erlitten habe.

Volltext des Urteils des Amtsgerichts Osterode: AG Osterode, Urteil vom 29. Januar 2015 – 2 C 214/14

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VonRA Moegelin

3,40 Euro Stundenlohn für eine Schulbusbegleiterin

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schoolbusEine geringfügig beschäftige Busbegleiterin deren tatsächlicher Stundensatz mit 3,40 € brutto ermittelt wurde, verlangt weitergehende Zahlung. Das LAG hat den „objektiven Wert“ der Arbeitsleistung mit 9,76 € brutto pro Stunde angesetzt. Die Revision wurde zugelassen, da die Vergleichbarkeit mit üblichen Bruttolöhnen im Rahmen der Sittenwidrigkeitsprüfung von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Die Arbeitnehmerin war beim beklagten Arbeitgeber vom 10.02.2012 bis zum 31.10.2012 als Busbegleitung beschäftigt. Ihre Aufgabe bestand darin, während einer morgendlichen Tour gemeinsam mit einer Busfahrerin geistig und körperlich behinderte Schüler an verschiedenen Zustiegspunkten abzuholen und zur Schule zu bringen. Nachmittags waren die Schüler nach Beendigung des Unterrichts wieder abzuholen und nach Hause zu fahren. Die Klägerin erhielt hierfür zwei Tourpauschalen pro Arbeitstag in Höhe von jeweils 7,50 Euro. Das Arbeitsentgelt erhielt die Klägerin nur bei erbrachter Arbeitsleistung. Entgeltfortzahlung für Feiertage und Arbeitsunfähigkeit erhielt sie nicht. Bezahlter Erholungsurlaub wurde nicht gewährt. Die Klägerin verlangt eine Vergütung gemäß dem Tarifstundenlohn für das private Omnibusgewerbe in Nordrhein-Westfalen von 9,76 Euro brutto, weil die ihr gezahlte Vergütung sittenwidrig sei. Die Beklagte meint, sie habe die Klägerin rechtmäßig vergütet.

Im Bereich geringfügiger Beschäftigung ist zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit des gezahlten Lohns kein pauschaler Aufschlag vorzunehmen, um den Nettocharakter der empfangenen Zahlung auszugleichen und eine Vergleichbarkeit mit dem üblichen Brutto(stunden)lohn zu ermöglichen (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.08.2014 – 8 Sa 764/13).

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat der Klägerin weitere 3.982,12 Euro brutto an Vergütung und 369,00 Euro brutto Urlaubsabgeltung zugesprochen. Der der Klägerin gezahlte Lohn von 15,00 Euro pro Arbeitstag (zwei Tourpauschalen), erachtete das Gericht als sittenwidrig niedrig, weil die Klägerin täglich eine Arbeitsleistung von 4 Stunden und 25 Minuten erbrachte. Entgegen der Ansicht der Beklagten begann die Arbeitszeit morgens um 06.45 Uhr an ihrem Wohnort und endete dort um 08.50 Uhr. Die Nachmittagstour dauerte von 13.30 Uhr bis 15.50 Uhr. Die Arbeitszeit erfasste nach der tatsächlichen Handhabung der Parteien und der Art der geschuldeten Tätigkeit die Zeit ab der Abholung von der Wohnung und der Rückkehr dorthin sowie die Standzeiten an der Schule, welche für eine geordnete Übergabe und Aufnahme der beförderten Schüler erforderlich waren. Der tatsächliche Stundenverdienst der Klägerin an Einsatztagen von 3,40 Euro war sittenwidrig niedrig. Der objektive Wert der Arbeitsleistung betrug 9,76 Euro brutto pro Stunde. Das allgemeine Lohnniveau wird durch den Tarifstundenlohn des privaten Omnibusgewerbes in Nordrhein-Westfalen bestimmt, weil mehr als 50 % der Arbeitgeber kraft Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband organisiert sind. Die subjektive Verwerflichkeit ist gegeben. Die Klägerin hat auf die zugesprochenen Ansprüche weder wirksam verzichtet noch waren sie verfallen.

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgericht Düsseldorf: LAG Düsseldorf, Urteil vom 19. August 2014 – 8 Sa-764/13

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VonRA Moegelin

Anspruch auf „Rücknahme“ einer rechtswidrigen Abmahnung

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eco-think-green-iconDer Streit, ob eine Arbeitnehmerin gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Rücknahme einer Abmahnung und einer Ermahnung hat,  die jedoch nicht zur Personalakte genommen worden sind, hatte das LAG Niedersachsen zu entscheiden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Der beklagte Arbeitgeber hat in diesem Rechtsstreit gerichtlich zu Protokoll gegeben, dass sämtliche in den streitgegenständlichen E-Mails und Schriftstücken eventuell erhobenen Rügen und behauptete arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen zukünftig nicht für etwaige personelle Maßnahmen gegenüber der Klägerin verwandt würden. Nichts desto trotz halte er an der sachlichen Richtigkeit der dort erhobenen Vorwürfe weiter fest.

Die Klage auf Rücknahme der Abmahnung und einer Ermahnung wurde erstinstanzlich abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Abgabe einer förmlichen Rücknahmeerklärung einer zu Unrecht ergangenen Abmahnung, wenn zuvor der Arbeitgeber erklärt hat, er werde diese Abmahnung nicht für etwaige personelle Konsequenzen gegenüber dem Arbeitnehmer verwenden. Dies gilt auch, wenn er erklärt, er halte an der sachlichen Richtigkeit der dort erhobenen Vorwürfe fest (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 20.11.2014 – 5 Sa 980/14).

Die Klägerin hat nach Ansicht des LAG keinen Anspruch auf Abgabe der von ihr geforderten Erklärung. Eine solche Erklärung gehe zu weit und sei nicht erforderlich, um den Rechtsschutzinteressen eines Arbeitnehmers effektiv Rechnung zu tragen. Im vorliegendem Streitfall sei dem in unserer Rechtsordnung anerkannten Schutzbedürfnis der Arbeitnehmer gemäß §§ 242, 1004 BGB ausreichend dadurch Rechnung getragen worden, dass die Beklagte verbindlich erklärt hat, sie werde keinerlei Konsequenzen aus den beiden E-Mail Schreiben herleiten, diese nicht für irgendeine personelle Konsequenz zu Lasten der Klägerin nutzen.

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgericht Niedersachsen: LAG Niedersachsen, Urteil vom 20. November 2014 – 5 Sa 980/14

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VonRA Moegelin

Die Bezeichnung des Anwaltskollegen als gewerblichen Prozessbetrüger

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scales-of-justice-glass-effectEin Rechtsanwalt verlangt von seinem beklagten Kollegen Unterlassung von Äußerungen, die er als  geschäftsehrverletzend empfindet.

Die streitgegenständlichen Äußerungen sind unter anderem in gerichtlichen Schriftsätzen erfolgt und lauten auszugsweise wie folgt:

„…An dieser Stelle darf der Unterzeichner nochmals darauf hinweisen, dass zwei Indizien belegen, dass die Beklagte und ihr RA Y selbst wissen, dass ihr Verhalten im Vorprozeß als Prozeßbetrug haftungsbegründend ist: Zum einen lässt sie die entsprechenden tatsächlichen Vorwürfe, die der Unterzeichner in diesem Rechtsstreit wie auch in allen Parallelverfahren gegenüber sowohl der Beklagten als auch gegenüber ihrem seit Jahren diesen Prozeßbetrug gewerblich begehenden Rechtsanwalt Y erhebt, unbeanstandet, obwohl der Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine derartige Behauptung nicht schützen würde, wenn sie falsch wäre …“

„….Zum fortgesetzten Prozeßbetrug der Beklagten und ihres Rechtsanwalts Y: Die Beklagte und ihr Rechtsanwalt Y haben alle bundesdeutschen Gerichte, in welchen diese Rechtsstreite bislang verhandelt wurden seit 13 Jahren in allen entscheidungserheblichen Belangen, insbesondere aber betreffend die Kenntnis der Beklagten von der Höhe der Innenprovision und davon, dass diese Innenprovision ihren Darlehensnehmern gegenüber versteckt wurde, nach Strich und Faden belogen, wie die vom LG Frankfurt und vom LG Oldenburg durchgeführten Beweisaufnahmen ergeben haben. Inzwischen kann und darf jedermann auch öffentlich behaupten, daß die Beklagte – aber ebenso ihr Meisterbetrüger Y – die Gerichte über mehr als 10 Jahre lang belogen hat. Denn es ist eine wahre Tatsachenbehauptung….“

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wertete das als unzulässige Schmähkritik und bestätigte das erstinstanzliche Urteil, das den beklagten Anwalt verurteilte, es zu unterlassen, seinen Kollegen in Newslettern als Prozessbetrüger und in Schriftsätzen an ein Gericht als „gewerblich Prozessbetrug begehenden Rechtsanwalt“ oder „Meisterbetrüger“ zu bezeichnen.

Die in einem anwaltlichen Schriftsatz aufgestellte Aussage, der gegnerische Rechtsanwalt begehe „gewerblich Prozessbetrug“ und sei ein „Meisterbetrüger“, stellt eine verfahrensrechtlich nicht privilegierte, unzulässige Schmähkritik dar; dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Vorwurf des Prozessbetrugs in Einzelfällen berechtigt ist. Der von einem Rechtsanwalt öffentlich oder in Schriftsätzen einem anderen Rechtsanwalt gegenüber erhobene Vorwurf des Prozessbetrugs stellt eine unlautere (§ 4 Nr. 7 UWG) Herabsetzung eines Mitbewerbers dar, wenn dies ohne konkreten Bezug zum weiteren Inhalt der Gesamtäußerung steht. Soweit der Vorwurf in einem Schriftsatz erfolgt, kann sich der Rechtsanwalt jedenfalls dann nicht auf den Grundsatz der verfahrensrechtlichen Privilegierung berufen, wenn an dem Verfahren, zu dem der Schriftsatz eingereicht wird, weder der andere Rechtsanwalt noch dessen Mandant beteiligt sind (OLG Frankfurt, Urteil vom 27- März 2014 – 6 U 75/12).

Das OLG begründet seine Entscheidung wie folgt:

Der Vorwurf, der Kläger betreibe „gewerblichen Prozessbetrug“ erweckt bei einem verständigen Leser den Eindruck, dass der Kläger nicht nur in den anhängigen Verfahren falsch vorträgt, sondern dass seine Berufsausübung auf betrügerisches Verhalten gegenüber den Gerichten ausgerichtet ist. Der Vorwurf richtet sich unmittelbar gegen den Kläger persönlich und nicht gegen seine Kanzlei. Soweit der Beklagte meint, die Aussage „gewerblich“ werde so verstanden, dass der Kläger jeweils lediglich in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit handle, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Vorwurf des „gewerblichen Prozessbetrugs“ ist so allgemein gehalten, dass er sich aus Sicht eines verständigen Lesers generell auf die Qualität und die Zielrichtung der beruflichen Tätigkeit des Klägers bezieht.

Gleiches gilt für den Vorwurf, der Antragsteller sei ein „Meisterbetrüger“. Auch hier handelt es sich ausschließlich um die pauschale Abwertung des Klägers durch den Vorwurf einer oder mehrerer betrügerischer Straftaten, die keinen sachbezogenen Zusammenhang mit der damaligen rechtlichen Auseinandersetzung hatte sondern ausschließlich das Ziel verfolgte, den Kläger in den Augen der Leser schlecht zu machen. Wenn sich der Beklagte in der Einspruchsschrift damit verteidigen will, er habe es – wertneutral – als Meisterleistung bezeichnen wollen, die Instanzgerichte und den Bundesgerichtshof „an der Nase herumzuführen“, so kann dies die beabsichtigte Diffamierung des Klägers nur verstärken.

Volltext des Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main: OLG Frankfurt, Urteil vom 27. März 2014 – 6 U 75/12

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VonRA Moegelin

Angemessene Vergütung eines freien Journalisten

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JORNALOb Ansprüche eines Journalisten nicht nur für die Zeit nach dem Inkrafttreten von Vergütungsregelungen, sondern auch für davor liegende Zeiträume in Betracht kommen, hatte das OLG Karlsruhe zu entscheiden.

Der betreffende Journalist machte geltend, die ihm für Wort- und Bildbeiträge gezahlten Honorare einer Zeitung seien unangemessen im Sinne des § 32 UrhG. Er war zwischen 2001 und Oktober 2011 als freier Mitarbeiter für die Redaktion einer von der von ihm verklagten Tageszeitung tätig. Er verfasste Wort- und Bildbeiträge für die Ressorts Lokales, Wirtschaft, Kultur, Sport und Geschäftliches. Ein schriftlicher Vertrag über den Umfang der Einräumung von Nutzungsrechten und das Honorar bestand zwischen den Parteien nicht.

Die ihm gezahlte Entlohnung sei am Maßstab gemeinsamer Vergütungsregeln (§ 36 UrhG) zu messen. Gemeinsame Vergütungsregelungen hatten der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger e.V., der Deutsche Journalisten-Verband e.V. sowie die Gewerkschaft ver.di am 17. Dezember 2009 mit Wirkung zum 1. Februar 2010 für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen aufgestellt. Für Fotohonorare traten nach einem Schlichtungsverfahren gemeinsamen Vergütungsregeln mit Wirkung vom 1. Mai 2013 in Kraft.

Die für den Fall entscheidungserheblichen Normen regeln auszugsweise wie folgt:

㤠32 Abs. 2 Urhebergesetz

Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. Im Übrigen ist die Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist.

 36 Abs. 1 Urhebergesetz

Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach § 32 stellen Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln auf. …“

Die Klage war in beiden Instanzen für Honorare aus den Jahren 2009 bis 2011 erfolgreich. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat ebenso wie das Landgericht Mannheim der Klage des Journalisten stattgegeben. Die Berufung der Zeitung hat das OLG daher zurückgewiesen. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Ansprüche eines Journalisten auf angemessene Vergütung kommen nicht nur für die Zeit nach dem Inkrafttreten der gemeinsamen Vergütungsregelungen, sondern auch für davor liegende Zeiträume in Betracht (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 12. Februar 2015 – 6 U 115/13).

Der Journalist hat gegen die Tageszeitung einen Anspruch auf die geltend gemachte ergänzende Vergütung für Wort- und Bildbeiträge. Die getroffenen Vergütungsregelungen begründeten nach Ansicht des Gerichts Indizwirkung für die Höhe einer angemessenen Vergütung gemäß §§ 32 Abs. 2 , 36 Abs. 1 Urhebergesetz auch für solche Zeiträume, die nicht allzu weit vor dem Inkrafttreten der Regelungen liegen.

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VonRA Moegelin

Personalratsbeteiligung bei außerordentlicher Kündigung wegen illegaler Müllentsorgung

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egore911-trash-canEin Arbeitnehmer im Bereich der Einsatzsteuerung der Straßenreinigung und der Abfallsammlung klagte gegen eine außerordentliche Kündigung. Nachdem es einen Hinweis gab, dass im „Einsatzbezirk 2“ Abfälle aus einem privaten Fahrzeug in ein Abfallsammelfahrzeug der Stadt umgeladen würden, beauftragte die Werksleitung daraufhin eine Detektei mit Ermittlungen. Es wurde ermittelt, dass in der betreffenden Straße regelmäßig von einem dort wartenden Geländewagen mit Anhänger Müll in die Abfallfahrzeuge W und WH umgeladen wurde, ohne dass der sich in Entsorgungsbehältern der Stadt befunden hätte. Fahrer der Müllfahrzeuge war jeweils laut Einsatzplan der Vater des betreffenden Arbeitnehmers und späteren Klägers. Letzterer bestätigte, Halter des Geländewagens und des Anhängers zu sein, erklärte aber, er teile sich diese mit zwei Freunden.

Am 8. November 2006 übergab die Detektei der Beklagten ihren Bericht nebst Videoaufnahmen. Am 14. November 2006 hörte die Beklagte den Kläger zu den Vorwürfen an. Mit Schreiben vom 16. November 2006 bat der Werksleiter des Eigenbetriebs SGW dessen Personalrat um die „Herstellung des Benehmens“ zur fristlosen Kündigung des Klägers. Dieses wurde am 21./22. November 2006 erzielt. Der Personalrat des Eigenbetriebs WEB und der Gesamtpersonalrat wurden nicht beteiligt. Mit einem vom Oberbürgermeister unterzeichneten Schreiben vom 28. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 30. November 2006.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Klageabweisung und hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Es liegt nach Ansicht des BAG ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB vor.

Nach den Feststellungen des Gerichts war der Kläger zumindest beteiligt an der illegalen Müll-Entsorgung und hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt, indem er entgegen § 241 Abs. 2 BGB keine Rücksicht auf die Interessen seines Arbeitgebers genommen hat.. Durch sein Verhalten hat er der Beklagten nicht nur „Konkurrenz“ gemacht, sondern sie auch um Gebühreneinnahmen gebracht.

Die außerordentliche Kündigung vom 28. November 2006 wurde innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt, wie das BAG folgendermaßen begründet: Zwar lagen der Beklagten am 8. November 2006 der Ermittlungsbericht und das Observierungsmaterial der Detektei vor. Die Beklagte durfte aber den Kläger noch zu dem Ermittlungsergebnis anhören. Eine solche Anhörung war nicht überflüssig. Da die zweiwöchige Ausschlussfrist somit erst nach der Anhörung des Klägers am 14. November 2006 anlief, ist diesem die Kündigung am 28. November 2006 rechtzeitig zugegangen.

Mit dem Personalrat des Eigenbetriebs SGW ist das zuständige Gremium ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers war nicht der Gesamtpersonalrat zuständig.

Nach § 76 Abs. 2 Satz 3 NPersVG ist eine ohne die Beteiligung nach Abs. 1 ausgesprochene Kündigung unwirksam; dies folgt überdies aus § 108 Abs. 2 BPersVG. Ohne die gesetzlich geforderte Beteiligung ist eine außerordentliche Kündigung auch dann unwirksam, wenn ein unzuständiger Personalrat beteiligt worden ist.

Der Gesamtpersonalrat ist nach der Rechtsprechung zu beteiligen, wenn es um eine Angelegenheit geht, in der nicht der Leiter der Einsatzdienststelle oder der betreffenden gemeindlichen Dienststelle, sondern der Leiter der Gesamt-/Stammdienststelle bzw. die Behördenleitung über eine personelle Maßnahme zu entscheiden hat. Die Beteiligungsbefugnis der Personalvertretung folgt der Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleitung. Eine Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist deshalb anzunehmen, wenn eine personelle Maßnahme zwar an sich nur den Bereich der Einsatzdienststelle oder der betreffenden gemeindlichen Dienststelle betrifft, die Entscheidung hierüber aber von der Leitung der Gesamt-/Stammdienststelle bzw. der Behördenleitung getroffen wird. Die Kompetenzverteilung zwischen Personalrat und Gesamtpersonalrat bestimmt sich nach der Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleitung. Im Falle einer Kündigung ist deshalb maßgeblich, wem die Entlassungsbefugnis rechtlich zusteht, welche Leitung also insoweit die Arbeitgeberfunktion ausübt (BAG, Urteil vom 25. 11. 2010 – 2 AZR 171/09).

Im Streitfall war eben nicht der Gesamtpersonalrat zuständig. Der Werksleiter des Eigenbetriebs SGW konnte über eine Kündigung der dort Beschäftigten entscheiden. Der Oberbürgermeister als Behördenleiter hatte ihm die entsprechende Befugnis wirksam übertragen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 25. November 2010 – 2 AZR 171/09

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