Die Bezeichnung des Anwaltskollegen als gewerblichen Prozessbetrüger

VonRA Moegelin

Die Bezeichnung des Anwaltskollegen als gewerblichen Prozessbetrüger

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scales-of-justice-glass-effectEin Rechtsanwalt verlangt von seinem beklagten Kollegen Unterlassung von Äußerungen, die er als  geschäftsehrverletzend empfindet.

Die streitgegenständlichen Äußerungen sind unter anderem in gerichtlichen Schriftsätzen erfolgt und lauten auszugsweise wie folgt:

„…An dieser Stelle darf der Unterzeichner nochmals darauf hinweisen, dass zwei Indizien belegen, dass die Beklagte und ihr RA Y selbst wissen, dass ihr Verhalten im Vorprozeß als Prozeßbetrug haftungsbegründend ist: Zum einen lässt sie die entsprechenden tatsächlichen Vorwürfe, die der Unterzeichner in diesem Rechtsstreit wie auch in allen Parallelverfahren gegenüber sowohl der Beklagten als auch gegenüber ihrem seit Jahren diesen Prozeßbetrug gewerblich begehenden Rechtsanwalt Y erhebt, unbeanstandet, obwohl der Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen eine derartige Behauptung nicht schützen würde, wenn sie falsch wäre …“

„….Zum fortgesetzten Prozeßbetrug der Beklagten und ihres Rechtsanwalts Y: Die Beklagte und ihr Rechtsanwalt Y haben alle bundesdeutschen Gerichte, in welchen diese Rechtsstreite bislang verhandelt wurden seit 13 Jahren in allen entscheidungserheblichen Belangen, insbesondere aber betreffend die Kenntnis der Beklagten von der Höhe der Innenprovision und davon, dass diese Innenprovision ihren Darlehensnehmern gegenüber versteckt wurde, nach Strich und Faden belogen, wie die vom LG Frankfurt und vom LG Oldenburg durchgeführten Beweisaufnahmen ergeben haben. Inzwischen kann und darf jedermann auch öffentlich behaupten, daß die Beklagte – aber ebenso ihr Meisterbetrüger Y – die Gerichte über mehr als 10 Jahre lang belogen hat. Denn es ist eine wahre Tatsachenbehauptung….“

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wertete das als unzulässige Schmähkritik und bestätigte das erstinstanzliche Urteil, das den beklagten Anwalt verurteilte, es zu unterlassen, seinen Kollegen in Newslettern als Prozessbetrüger und in Schriftsätzen an ein Gericht als „gewerblich Prozessbetrug begehenden Rechtsanwalt“ oder „Meisterbetrüger“ zu bezeichnen.

Die in einem anwaltlichen Schriftsatz aufgestellte Aussage, der gegnerische Rechtsanwalt begehe „gewerblich Prozessbetrug“ und sei ein „Meisterbetrüger“, stellt eine verfahrensrechtlich nicht privilegierte, unzulässige Schmähkritik dar; dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob der Vorwurf des Prozessbetrugs in Einzelfällen berechtigt ist. Der von einem Rechtsanwalt öffentlich oder in Schriftsätzen einem anderen Rechtsanwalt gegenüber erhobene Vorwurf des Prozessbetrugs stellt eine unlautere (§ 4 Nr. 7 UWG) Herabsetzung eines Mitbewerbers dar, wenn dies ohne konkreten Bezug zum weiteren Inhalt der Gesamtäußerung steht. Soweit der Vorwurf in einem Schriftsatz erfolgt, kann sich der Rechtsanwalt jedenfalls dann nicht auf den Grundsatz der verfahrensrechtlichen Privilegierung berufen, wenn an dem Verfahren, zu dem der Schriftsatz eingereicht wird, weder der andere Rechtsanwalt noch dessen Mandant beteiligt sind (OLG Frankfurt, Urteil vom 27- März 2014 – 6 U 75/12).

Das OLG begründet seine Entscheidung wie folgt:

Der Vorwurf, der Kläger betreibe „gewerblichen Prozessbetrug“ erweckt bei einem verständigen Leser den Eindruck, dass der Kläger nicht nur in den anhängigen Verfahren falsch vorträgt, sondern dass seine Berufsausübung auf betrügerisches Verhalten gegenüber den Gerichten ausgerichtet ist. Der Vorwurf richtet sich unmittelbar gegen den Kläger persönlich und nicht gegen seine Kanzlei. Soweit der Beklagte meint, die Aussage „gewerblich“ werde so verstanden, dass der Kläger jeweils lediglich in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit handle, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Der Vorwurf des „gewerblichen Prozessbetrugs“ ist so allgemein gehalten, dass er sich aus Sicht eines verständigen Lesers generell auf die Qualität und die Zielrichtung der beruflichen Tätigkeit des Klägers bezieht.

Gleiches gilt für den Vorwurf, der Antragsteller sei ein „Meisterbetrüger“. Auch hier handelt es sich ausschließlich um die pauschale Abwertung des Klägers durch den Vorwurf einer oder mehrerer betrügerischer Straftaten, die keinen sachbezogenen Zusammenhang mit der damaligen rechtlichen Auseinandersetzung hatte sondern ausschließlich das Ziel verfolgte, den Kläger in den Augen der Leser schlecht zu machen. Wenn sich der Beklagte in der Einspruchsschrift damit verteidigen will, er habe es – wertneutral – als Meisterleistung bezeichnen wollen, die Instanzgerichte und den Bundesgerichtshof „an der Nase herumzuführen“, so kann dies die beabsichtigte Diffamierung des Klägers nur verstärken.

Volltext des Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main: OLG Frankfurt, Urteil vom 27. März 2014 – 6 U 75/12

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