Monatsarchiv 3. Februar 2015

VonRA Moegelin

Untersagung von Berichterstattung über Zahnarzt der gesunde Zähne gezogen haben soll

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happy-faceEin Zahnmediziner aus Baden-Württemberg steht im Verdacht, Patienten aus Gewinnstreben gesunde Zähne gezogen und durch Implantate ersetzt zu haben. Die Berichterstattung über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren hierzu macht der Zahnarzt zur Grundlage eines gerichtlichen Eilverfahrens.

In dem streitgegenständlichen Artikel, der in verschiedenen Medien veröffentlicht wurde, wurde der betroffene Zahnarzt zwar ebenfalls nicht namentlich benannt; der Artikel enthielt aber eine Reihe von Einzelheiten, über die er durch entsprechende Nachforschungen mit Internetsuchmaschinen identifiziert werden konnte.

Die drei Anträge des Klägers auf einstweilige Untersagung der jeweiligen Veröffentlichung waren bereits beim Landgericht Karlsruhe erfolglos geblieben. Die gegen diese Urteile gerichteten Berufungen wurden auch vom Oberlandesgerichts Karlsruhe zurückgewiesen.

Die Artikel werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für eine Verdachtsberichterstattung aufgestellten Anforderungen gerecht; bei der Abwägung aller Umstände genießen die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit Vorrang vor dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Klägers (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteile vom 02.02.2015 – Az. 6 U -130/14, Az. 6 U -131/14, Az. 6 U -132/14).

An der Rechtmäßigkeit der Berichterstattung über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren bestehen nach Auffassung des Gerichts daher keine Bedenken. Die Klagen des Zahnarztes wurden auf seine Berufung auch in 2. Instanz abgewiesen.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Verdachtsberichterstattung stellt sich wie folgt dar:

In Anlehnung an § 1004 BGB kann der Betroffene vom Störer die Berichtigung einer unwahren Tatsachenbehauptung verlangen, um einem Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung ein Ende zu machen und so die rechtswidrige Störung abzustellen.

Eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, darf demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.

Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.

Hat ein Presseorgan unter Beachtung der Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung über den Verdacht einer Straftat berichtet, kann der Betroffene bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirken der Beeinträchtigung von dem Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde (vgl. BGH, Urteil vom 18. 11. 2014 – VI ZR 76/14).

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 18. November 2014 – VI ZR 76/14

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VonRA Moegelin

Annahmeverzug des Arbeitgebers bei Arbeit auf Abruf

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JudasTadeu_ChefeCozinhaEin Arbeitnehmer kann auch ohne Arbeitsleistung Lohn bekommen, unter anderem, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung im Verzug ist. Gemäß diesem Grundsatz verlangt ein in einem Hotel-Restaurant beschäftiger Koch Verzugslohn von rund 8.000 €.

Unter anderem wurde im Arbeitsvertrag wie folgt vereinbart:

„§ 2. Entgelt und Arbeitszeit: Es ist eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart.“

Der klagende Koch hat geltend gemacht, arbeitsvertraglich sei eine Vollzeitbeschäftigung vereinbart. Die Beklagte hätte ihm zumindest im Umfange der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit Arbeit zuweisen müssen. Durch den Nichtabruf der vollen Arbeitszeit sei sie in Annahmeverzug geraten.

Auf die Revision des beklagten Hotel-Restaurants wurde die Klage des Kochs vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen. Demnach konnte der Kläger keine Bezahlung über die tatsächlich in Teilzeit geleistete Arbeitszeit hinaus verlangen, da kein Vollzeitarbeitsverhältnis unterstellt werden kann.

Die Parteien haben nach der Ansicht des BAG kein Vollzeitarbeitsverhältnis, sondern ein Teilzeitarbeitsverhältnis in der Form der Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) vereinbart. Das ergebe die Auslegung des § 2 Satz 1 Arbeitsvertrag. Haben die Arbeitsvertragsparteien eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt, berührt das nicht die Wirksamkeit der vereinbarten Arbeit auf Abruf. Es gelten die zum Schutz des Arbeitnehmers gesetzlich fingierten Arbeitszeiten (BAG, Urteil vom 24. September 2014 – 5 AZR 1024/12).

Bei dieser Klausel handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Deren Auslegung ergebe ausgehend vom Wortlaut der Klausel, dass die Parteien ausdrücklich keine Vollzeitbeschäftigung, sondern eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart haben. Die Bezeichnung der Beschäftigung als „fest“ sei eine nicht nur gelegentliche Heranziehung zur Aushilfe, sondern zu einer stetigen Arbeitsleistung. Der Umfang der dabei zu leistenden Arbeitszeit sei offengelassen worden. Sie solle flexibel – also veränderlich – sein und sich nach den betrieblichen Erfordernissen – also dem Arbeitsanfall und dem Beschäftigungsbedarf – richten. Verbunden mit dem Fehlen jeglichen Hinweises auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit dürfe bei einer derartigen Klausel ein verständiger Arbeitnehmer redlicherweise nicht annehmen, es solle ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 24. September vom 2014 – 5 AZR 1024/12

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VonRA Moegelin

Kündigung einer Lehrerin weil sie Schülern den Mund zugeklebt haben soll

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witchNachdem eine Lehrerin zwei Schulkindern den Mund mit Tesafilm zugeklebt haben soll, erhielt sie von ihrem Arbeitgeber, einer staatlichen Grundschule, die außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung. Über diesen Fall wurde auch in den Medien berichtet.

Vorausgegangen war die Beschwerde zweier Eltern-Paare von Schülern der ersten Klasse der Grundschule über die betreffende Lehrerin und spätere Klägerin. Sie teilten mit, die Klägerin habe den Schülern P und E den Mund mit einem durchsichtigen Tesafilm zugeklebt, nachdem diese den Unterricht gestört haben sollen. Ein ähnlicher Vorfall solle sich schon zwei Jahre vorher mit der Schülerin H ereignet haben. Bei einer Befragung durch eine Schulpsychologin in Anwesenheit der schulfachlichen Referentin, bestätigten die drei Schüler E, P und H die Vorfälle im Wesentlichen und erklärten, die Klägerin habe ihnen den Mund mit Tesafilm verklebt. Kurz danach erhielt die Klägerin die außerordentliche Kündigung

Hiergegen hatte die Lehrerin Kündigungsschutzklage erhoben. Die Vorinstanzen hatten ihrer Klage stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat das Urteil jedoch aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Das Zukleben der Münder von Schülern mit Tesafilm zum Zwecke der Disziplinierung, ist ein massiver Verstoß gegen die Pflichten einer Erzieherin, so dass es einer vorherigen Abmahnung nicht bedarf (BAG, Urteil vom 19. April 2012 – 2 AZR 156/11).

Hierzu führt das BAG wie folgt aus: Selbst wenn durch eine Abmahnung die Gefahr einer künftigen Wiederholung ausgeschlossen werden kann, ist der Pflichtenverstoß als so schwerwiegend einzustufen, dass dem Arbeitgeber schon die erstmalige Hinnahme nicht zuzumuten ist. Auch angesichts einer langen Dienstzugehörigkeit der Lehrkraft zerstört ein solcher Missgriff der Erziehungsmethoden das Vertrauen des Arbeitgebers in den vom nötigen Respekt seitens der Lehrkraft vor der Verletzlichkeit und Würde der ihm anvertrauten jungen Personen getragene Grundhaltung in irreparabler Weise. Aus diesem Grund wäre auch eine Versetzung kein vorrangiges Reaktionsmittel.

Das BAG ist zutreffend zu der Festellung gelangt, dass das unterstellte Verhalten der Lehrerin eine derart schwerwiegende Pflichtverletzung ist, da es eine Demütigung des Kindes darstellt, so dass nicht von einem zulässigen Erziehungsmittel ausgegangen werden kann. Wegen der Schwere des Fehlverhaltens ist bei tatsächlichem Vorliegen dieser Voraussetzungen eine Abmahnung entbehrlich.

Ob die Lehrerin tatsächlich in dieser Weise vorgegangen ist oder es lediglich ohne Disziplinierungsabsicht „zum Spaß“ erfolgte, hat das Landesarbeitsgericht fehlerhaft offengelassen. Der Rechtsstreit wurde daher vom BAG zur Aufklärung des kündigungsrelevanten Sachverhalts an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts BAG: BAG, Urteil vom 19. April 2012 – 2 AZR 156/11

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VonRA Moegelin

Abdingbarkeit des Anspruchs auf Entgeltumwandlung nach BetrAVG

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1337216652Das BAG hatte zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Verlangen seines Arbeitnehmers nachzukommen, Teile seiner Entgeltansprüche durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung zu verwenden.

Der betreffende Arbeitnehmer und spätere Kläger ist seit 1980 bei einem Verein tätig. Es ist ein privatrechtlicher Verein, der es sich ausweislich seiner Satzung zum Zweck gesetzt hat, die Wissenschaften zu fördern, insbesondere durch Unterhaltung von Forschungseinrichtungen.

Nach dem Arbeitsvertrag sind auf das Arbeitsverhältnis der Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und die diesen ändernden bzw. ersetzenden Tarifverträge sowie der Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes (ATV) anzuwenden. Nach Nr. 1.3 der Anlage 5 zum ATV „besteht die Möglichkeit der Entgeltumwandlung … derzeit – einheitlich für alle Arbeitnehmer – nicht.“ Bei dem Beklagten handelt es sich um einen Verein, dessen Zweck es ist, die Wissenschaften zu fördern, insb. durch Unterhaltung von Forschungsinstituten. Er ist Empfänger sog. institutioneller Förderung, dh. er finanziert sich zu erheblichen Teilen aus öffentlichen Mitteln. § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2007 sieht vor, dass Zuwendungen zur institutionellen Förderung nur mit der Auflage bewilligt werden dürfen, dass der Zuwendungsempfänger seine Beschäftigten nicht besser stellt als vergleichbare Arbeitnehmer des Bundes.

Der beklagte Arbeitgeber hat dem Antrag des Klägers auf Entgeltumwandlung nicht entsprochen. Dagegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Klage gewandt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers vor dem Bundesarbeitsgericht war dagegen erfolgreich.

Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass ein Teil seiner künftigen Entgeltansprüche durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet wird. Von dieser Bestimmung kann in Tarifverträgen – auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer – abgewichen werden; allerdings haben abweichende Bestimmungen zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nach § 17 Abs. 3 BetrAVG nur dann Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der „einschlägigen“ tariflichen Regelung vereinbart ist. Das setzt voraus, dass der Tarifvertrag in Bezug genommen wird, der bei Tarifgebundenheit der Parteien räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich gelten würde (BAG, Urteil vom 19. April 2011 – 3 AZR 154/09).

Der Kläger hat demgemäß einen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG. Dieser Anspruch wurde nach Ansicht des BAG durch die vertragliche Verweisung auf den ATV nicht wirksam abbedungen. Bei dem ATV handele es sich nicht um einen einschlägigen Tarifvertrag, da das Arbeitsverhältnis nicht, wie nach dem ATV erforderlich, unter den Geltungsbereich des BAT fällt. § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2007 stehe dem Entgeltumwandlungsanspruch nicht entgegen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 19. April 2011 – 3 AZR 154/09

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VonRA Moegelin

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Versetzungen während eines Arbeitskampfs

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vcollet-GauntletDas Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu berücksichtigen hat, wenn er arbeitswillige Arbeitnehmer aus einem nicht bestreikten Betrieb in einen von einem Arbeitskampf betroffenen anderen Betrieb versetzen will.

Die betreffende Arbeitgeberin betreibt einen Lebensmittelgroßhandel. Am Standort Frechen unterhält sie zwei Betriebe, ihre Zentrale und ein Logistikzentrum. Während eines zunächst auf den Abschluss eines Verbandstarifvertrags und später nur noch auf den Abschluss eines betriebsbezogenen Haustarifvertrags gerichteten Arbeitskampfs im Logistikzentrum versetzte sie dorthin arbeitswillige Arbeitnehmer der Zentrale vorüber- gehend zur Streikabwehr. Den Betriebsrat der Zentrale beteiligte sie hieran nicht.

Dem Antrag der Arbeitgeberin auf Feststellung, dass eine derartige personelle Maßnahme nicht der Zustimmung des Betriebsrats der Zentrale bedürfe, hat das Bundesarbeitsgericht nicht entsprochen.

Die Versetzung arbeitswilliger Arbeitnehmer aus einem nicht bestreikten Betrieb in einen von einem Arbeitskampf betroffenen Betrieb desselben Arbeitgebers, die der Begrenzung von Streikfolgen dient, bedarf nicht der Zustimmung des Betriebsrats des abgebenden Betriebs nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Dessen Mitbestimmungsrecht entfällt bei einem solchen Einsatz von Streikbrechern, weil ansonsten die Arbeitskampffreiheit des Arbeitgebers ernsthaft beeinträchtigt würde (BAG, Beschluss vom 13. Dezember 2011 – 1 ABR 2/10).

Hierzu führt das BAG wie folgt aus:

Eine Versetzung arbeitswilliger Arbeitnehmer von einem Betrieb des Arbeitgebers in einen ihm gehörenden bestreikten Betrieb zur Verrichtung von Streikbrucharbeit unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats des abgebenden Betriebs. Die mit dem gesetzlichen Zustimmungserfordernis und dem darauf bezogenen Anhörungsverfahren verbundenen Erschwernisse sind geeignet, die Kampfparität zu Lasten des Arbeitgebers ernsthaft zu beeinträchtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Streik auf den Abschluss eines Verbands- oder eines betriebsbezogenen Haustarifvertrags gerichtet ist. Der Arbeitgeber ist jedoch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat rechtzeitig vor Durchführung der personellen Maßnahme mitzuteilen, welche Arbeitnehmer er vorübergehend zur Streikabwehr einsetzen will.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 13. Dezember 2011 – 1 ABR 2/10

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VonRA Moegelin

Hobelspäne bei Glatteis ist ungeeignetes Streumittel

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paro-AL-sat-on-the-groundEine Fußgängerin und spätere Klägerin verlangt Schadensersatz, weil sie auf dem Gehweg gestürzt ist. Die im spätere Klägerin aus Möhnesee stürzte im Januar 2011 auf dem Gehweg der Poststraße vor dem an die Zweitbeklagte vermieteten Haus der Erstbeklagten. Den eisglatten Gehweg hatte die Zweitbeklagte mit Hobelspänen abgestreut. Bei dem Sturz brach sich die Klägerin einen Oberarm. Ihre Verletzung musste in der Folgezeit operiert werden.

Sie hat die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihr die sturzbedingten, derzeit noch nicht näher zu beziffernden Schäden zu ersetzen. Die Beklagten haben gemeint, ihrer winterlichen Streupflicht mit dem Aufbringen der Hobelspäne genügt zu haben. Die Zweitbeklagte hatte zudem geltend gemacht, dass ihre Streumittel aufgrund der seit Dezember 2010 herrschenden extremen winterlichen Verhältnisse seinerzeit aufgebraucht und andere Streumittel nicht mehr zu erwerben gewesen seien.

Das Landgericht Arnsberg hat die Klage abgewiesen Das Oberlandesgerichts Hamm hat unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagten auf Schadensersatz verurteilt

Hobelspäne ohne abstumpfende Wirkung sind für die Verkehrssicherungspflicht keine geeigneten Streumittel für einen eisglatten Gehweg (OLG Hamm, Urteil vom 24. November 2014 – 6 U 92/12)

Die Beklagten sind daher verpflichtet sind, der Klägerin 50% des ihr durch den Sturz auf dem Gehweg entstandenen Schadens zu ersetzen.

Die Klägerin habe nachgewiesen, dass sie auf dem glatten Bürgersteig vor dem Haus der Beklagten ausgerutscht und gestürzt sei. Die Glätte beruhe auf einem verkehrswidrigen Zustand des Gehweges, für den beide Beklagten verantwortlich seien.

Die Zweitbeklagte habe nach dem Mietvertrag den Winterdienst zu erledigen gehabt. Diese Pflicht habe sie mit dem Streuen der Hobelspäne verletzt. Nach den Feststellungen des vom Senat gehörten Sachverständigen hätten die verwandten Hobelspäne keine abstumpfende Wirkung gehabt, weil sie sich mit Feuchtigkeit vollgesaugt hätten und so zu einer Art Eisflocken mit Rutscheffekt geworden seien. Sie seien deswegen als Streumittel ungeeignet gewesen, was die Zweitbeklagte durch eine Untersuchung vor Ort leicht habe feststellen können. Darauf, keine anderen Streumittel zur Verfügung gehabt zu haben, könne sich die Zweitbeklagte nicht berufen, weil sie nicht konkret dargetan habe, in welchem Umfang sie sich zuvor bevorratet und wo sie vergeblich Streugut zu beschaffen versucht habe.

Die erstbeklagte Eigentümerin, der der Einsatz der Hobelspäne bekannt gewesen sei, hafte, weil sie die ihr insoweit obliegende Aufsichts- und Kontrollpflicht verletzt habe.

Die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten bestehe jedoch nur in einem reduzierten Umfang, weil die Klägerin zu 50% für den Unfall mitverantwortlich sei. Sie habe eine erkennbar glatte Stelle betreten und sei gestürzt, nachdem sie zuvor den als vereist erkannten Gehweg gemieden habe und auf dem freigeregneten Bereich der Fahrbahn gegangen sei. Auch wenn sie wegen eines Pkw kurz vor dem Unfall von der Fahrbahn auf den Gehweg gewechselt sei, wäre es zu ihrem Eigenschutz geboten gewesen, die Vorbeifahrt des Pkw am Fahrbahnrand abzuwarten und ihren Weg erst dann auf dem freigeregneten Bereich der Fahrbahn fortzusetzen.

Volltext des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm: OLG Hamm, Urteil vom 24. November2014 – 6 U 92/12

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