Untersagung von Berichterstattung über Zahnarzt der gesunde Zähne gezogen haben soll

VonRA Moegelin

Untersagung von Berichterstattung über Zahnarzt der gesunde Zähne gezogen haben soll

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happy-faceEin Zahnmediziner aus Baden-Württemberg steht im Verdacht, Patienten aus Gewinnstreben gesunde Zähne gezogen und durch Implantate ersetzt zu haben. Die Berichterstattung über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren hierzu macht der Zahnarzt zur Grundlage eines gerichtlichen Eilverfahrens.

In dem streitgegenständlichen Artikel, der in verschiedenen Medien veröffentlicht wurde, wurde der betroffene Zahnarzt zwar ebenfalls nicht namentlich benannt; der Artikel enthielt aber eine Reihe von Einzelheiten, über die er durch entsprechende Nachforschungen mit Internetsuchmaschinen identifiziert werden konnte.

Die drei Anträge des Klägers auf einstweilige Untersagung der jeweiligen Veröffentlichung waren bereits beim Landgericht Karlsruhe erfolglos geblieben. Die gegen diese Urteile gerichteten Berufungen wurden auch vom Oberlandesgerichts Karlsruhe zurückgewiesen.

Die Artikel werden von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für eine Verdachtsberichterstattung aufgestellten Anforderungen gerecht; bei der Abwägung aller Umstände genießen die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit Vorrang vor dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des Klägers (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteile vom 02.02.2015 – Az. 6 U -130/14, Az. 6 U -131/14, Az. 6 U -132/14).

An der Rechtmäßigkeit der Berichterstattung über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren bestehen nach Auffassung des Gerichts daher keine Bedenken. Die Klagen des Zahnarztes wurden auf seine Berufung auch in 2. Instanz abgewiesen.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Verdachtsberichterstattung stellt sich wie folgt dar:

In Anlehnung an § 1004 BGB kann der Betroffene vom Störer die Berichtigung einer unwahren Tatsachenbehauptung verlangen, um einem Zustand fortdauernder Rufbeeinträchtigung ein Ende zu machen und so die rechtswidrige Störung abzustellen.

Eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt ungeklärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit betrifft, darf demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt werden, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Aufstellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt.

Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen. Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.

Hat ein Presseorgan unter Beachtung der Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung über den Verdacht einer Straftat berichtet, kann der Betroffene bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirken der Beeinträchtigung von dem Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde (vgl. BGH, Urteil vom 18. 11. 2014 – VI ZR 76/14).

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 18. November 2014 – VI ZR 76/14

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