Unvereinbarkeit des Islamischen Kopftuchs mit Arbeit für die Evangelische Kirche

VonRA Moegelin

Unvereinbarkeit des Islamischen Kopftuchs mit Arbeit für die Evangelische Kirche

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lemmling_Cartoon_ghostDas Bundesarbeitsgericht hatte über die Vereinbarkeit des Tragens eines islamischen Kopftuchs mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung einer in einer Einrichtung der Evangelischen Kirche tätigen Arbeitnehmerin zu neutralem Verhalten zu entscheiden.

Die Klägerin, die dem islamischen Glauben angehört, ist bei der beklagten Krankenanstalt – zuletzt als Krankenschwester – angestellt. Arbeitsvertraglich sind unter anderem die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags in der für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von Westfalen geltenden Fassung (BAT-KF) in Bezug genommen. Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 27. März 2006 bis zum 28. Januar 2009 in Elternzeit. Danach war sie arbeitsunfähig krank. Im April 2010 bot die Klägerin schriftlich eine Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit im Rahmen einer Wiedereingliederung an. Dabei teilte sie der Beklagten mit, dass sie das von ihr aus religiösen Gründen getragene Kopftuch auch während der Arbeitszeit tragen wolle. Die Beklagte nahm dieses Angebot nicht an und zahlte keine Arbeitsvergütung. Mit der Zahlungsklage fordert die Klägerin Arbeitsentgelt wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 23. August 2010 bis zum 31. Januar 2011.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Das Tragen eines Kopftuchs als Symbol der Zugehörigkeit zum islamischen Glauben und damit als Kundgabe einer abweichenden Religionszugehörigkeit ist regelmäßig mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung einer in einer Einrichtung der Evangelischen Kirche tätigen Arbeitnehmerin zu neutralem Verhalten nicht vereinbar (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. September 2014 – 5 AZR 611/12).

Zwar kann einer Arbeitnehmerin in einer kirchlichen Einrichtung regelmäßig das Tragen eines islamischen Kopftuchs untersagt werden. Es ist aber nicht geklärt, ob die Einrichtung der Beklagten der Evangelischen Kirche institutionell zugeordnet ist gemäß Art. 140 GG, Art. 137 WRV. Könnte sich die Beklagte nicht auf Art. 140 GG, Art. 137 WRV berufen, wäre der Glaubensfreiheit der Klägerin gegenüber den Interessen der Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Stellt das LAG fest, dass es sich bei um eine der Evangelischen Kirche zugeordnete Einrichtung die dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht der Beklagten unterfällt, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen  Das LAG hat dann zu klären, ob die durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützte Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Klägerin gegenüber dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht zurückzutreten hat.

Zugunsten der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass sie durch den ihr abverlangten Verzicht auf eine ihren Glaubensregeln entsprechende Kopfbedeckung in einen ernsten Glaubenskonflikt gebracht wird.

Für die Beklagte spricht, dass die Klägerin in ihrer Funktion als Krankenschwester in direktem und ständigem Kontakt zu den in der Einrichtung der Beklagten behandelten Patienten und zu anderen Arbeitnehmern steht. Die Glaubensbekundung der Klägerin für den Islam würde von diesen unmittelbar als solche wahrgenommen. Außenstehende könnten den Eindruck gewinnen, die Kirche halte Glaubenswahrheiten für beliebig austauschbar.

Zudem ist offen, ob die Klägerin im Streitzeitraum leistungsfähig war. Der Arbeitgeber kommt nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer gemäß § 297 BGB außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Das BAG erachtet das Angebot, die Tätigkeit auf der Grundlage eines vom behandelnden Arzt erstellten Wiedereingliederungsplans aufzunehmen, als Indiz für die fehlende Leistungsfähigkeit der Klägerin. Für die weiteren Festsellungen war die Sache an das LAG zurückzuverweisen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts:  BAG, Urteil vom 24. September 2014 – 5 azr 611/12

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