Die Arbeitnehmerin einer Spielothek verlangte von ihrem Arbeitgeber Vergütung wegen Annahmeverzugs und Urlaubsabgeltung auf der Grundlage einer Nettolohnvereinbarung. Diese ergebe sich aus dem tatsächlichen Verhalten der Parteien, zumindest aus der in § 14 Abs. 2 SGB IV geregelten Fiktion. Die beklagte Spielothek behandelte die Klägerin steuer- und sozialversicherungsrechtlich als geringfügig Beschäftigte mit einer monatlichen Vergütung von 400,00 Euro und führte die Pauschalabgaben ab. Tatsächlich leistete die Beklagte ihr jeden Monat weitere 900,00 Euro zuzüglich Umsatzprovisionen. Auf die 400,00 Euro übersteigenden Teile der monatlichen Gesamtvergütung führte die Beklagte weder Lohnsteuern noch Sozialversicherungsbeiträge ab.
Der Arbeitgeber hat erstinstanzlich die als Nettobeträge geltend gemachte Klageforderung als Bruttolohn anerkannt. Streitig waren zweitinstanzlich nur noch die Nettozahlungen abzüglich der anerkannten Bruttobeträge. Auf die Berufung hat das Landesarbeitsgericht den Arbeitgeber zur Zahlung des Nettolohns verurteilt. Der Revision des beklagten Arbeitgebers wurde jedoch stattgegeben und die Klage auf Verzugslohn und Urlaubsabgeltung -netto- abgewiesen.
Die in § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV geregelte Fiktion einer Nettoarbeitsentgeltvereinbarung beschränkt sich auf das Sozialversicherungsrecht, dient also ausschließlich der Berechnung der nachzufordernden Gesamtsozialversicherungsbeiträge und hat keine Auswirkung auf das bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnis der Arbeitsvertragsparteien (BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 301/09).
Die Nichtabführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen auf den Lohn der 400 € übersteigt, hat das BAG als Schwarzgeldabrede gewertet. Mit einer Schwarzgeldabrede bezwecken die Arbeitsvertragsparteien nach der Rechtsprechung, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu hinterziehen, nicht jedoch deren Übernahme durch den Arbeitgeber, so dass nur die Schwarzgeldabrede und nicht der Arbeitsvertrag insgesamt nichtig ist.
Auch im Falle einer Schwarzgeldabrede ist der Arbeitnehmer der Steuerschuldner. Der Arbeitgeber haftet zwar gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Im Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zueinander ist jedoch grundsätzlich allein der Arbeitnehmer der Schuldner der Steuerforderung. Etwas anderes gilt nur, wenn ausnahmsweise der klar erkennbare Parteiwille dahin geht, die Steuerlast solle den Arbeitgeber treffen.
Für eben diesen Parteiwillen hat die Klägerin nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nichts dargetan. Gemäß den gerichtlichen Feststellungen hatten die Parteien das Arbeitsverhältnis nach außen als geringfügige Beschäftigung geführt und hatten die Absicht, keine weiteren Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Daher wurde weder eine ausdrückliche Nettolohnvereinbarung getroffen, noch hat die Beklagte durch ihr gesetzwidriges Verhalten eine auf Begründung einer Nettolohnabrede gerichtete Willenserklärung abgegeben, die die Klägerin hätte annehmen können.
Volltext des Urteil des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 301/09