Schlagwort-Archiv Kündigungsgrund

VonRA Moegelin

Außerordentliche Kündigung eines Datenschutzbeauftragten

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Stainless-steel-arch-20120219Kann einem Angestellten nicht ordentlich betriebsbedingt gekündigt werden da er Sonderkündigungsschutz genießt, gibt es nur die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung. Die Anforderungen an so eine Kündigung sind allerdings sehr hoch.

Ein Unternehmen der Stahlindustrie kündigte erklärte gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer der als Datenschutzbeauftragter nicht ordentlich kündbar ist, daher die außerordentliche Kündigung. Infolge eines Betriebsübergangs sei sein Arbeitsplatz entfallen. Zuvor hatte das Integrationsamt mit Bescheid (nur) die beantragte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilt. Der Arbeitgeber hatte den späteren Kläger im Zeitpunkt der Kündigung als Datenschutzbeauftragten bereits abberufen.

Die Vorinstanzen haben der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Revision des beklagten Arbeitgebers wurde vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Es kann dem Arbeitgeber unzumutbar sein, ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis über solche Zeiträume hinweg allein durch Gehaltszahlungen fortzusetzen, ohne eine adäquate Gegenleistung zu erhalten. Allerdings ist der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAG, Urteil vom 23. Januar 2014 – 2 AZR 372/13).

Zugunsten der Beklagten hat das BAG angenommen, dass das Arbeitsverhältnis nach § 4f Abs. 3 Satz 6 BDSG ordentlich nicht kündbar und der Arbeitsplatz des Klägers bei ihr infolge des Betriebsübergangs entfallen war. Grundsätzlich besteht trotz dieses Sonderkündigungsschutzes keine über Jahre laufende Verpflichtung zur Vergütungszahlung ohne eine entsprechende Gegenleistung, so dass eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt.

Nach Ansicht des BAG fehlt es aber am wichtigen Grund einer außerordentlichen Kündigung, da der Sonderkündigungsschutz in Kürze ausgelaufen wäre und es dem Arbeitgeber zumutbar ist so lange abzuwarten und – bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes – wieder ordentlich zu kündigen. Es fehlt auch an der erforderlichen Darlegung, dass es an jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit fehlte. Bei einer außerordentlichen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen wird vom Arbeitgeber erwartet, dass er alle Anstrengungen unternommen hat, um einen weiteren Einsatz des Arbeitnehmers zu ermöglichen.

Eine Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung kommt nach Ansicht des BAG schon deswegen nicht in Betracht, da es an der nach § 85 SGB IX erforderlichen Zustimmung des Integrationsamts fehlte.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 23. Januar 2013 – 2 AZR 372/13

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VonRA Moegelin

Die anwaltliche Drohung als Kündigungsgrund

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M_Face-15Wer  seinem Arbeitgeber droht, kann verhaltensbedingt gekündigt werden. In dem vom BAG zu entscheidenden Fall ging es um die Frage, ob ein als bedrohlich empfundener anwaltlicher Schriftsatz im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Kündung rechtfertigt.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Leiter der Finanzbuchhaltung erhielt von seinem Arbeitgeber die ordentliche betriebsbedingte Kündigung wegen angeblichen Wegfall des Arbeitsplatzes. Er hat gegen die Kündigung Klage erhoben. Nachdem die Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht erfolglos geblieben war, fertigte sein Prozessbevollmächtigter eine Replik auf die Klageerwiderung der Beklagten. Darin heißt es, die Kündigung sei willkürlich erfolgt. Der Beklagten sei es lediglich darum gegangen, den Kläger als „lästigen Mitwisser“ zweifelhafter Geschäfte loszuwerden. Sie habe private Aufwendungen ihres Gesellschafters und seiner Ehefrau sowie des Lebensgefährten einer Gesellschafterin als Betriebsausgaben verbucht. Die Kündigung sei erfolgt, nachdem der Kläger nicht bereit gewesen sei, diese Handlungen zu dulden und/oder mit zu tragen. Der Schriftsatz ging der Beklagten zunächst außergerichtlich als Entwurf zu. In einem Begleitschreiben vom 14. Mai 2012 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, absprachegemäß sollten „nochmal“ die Möglichkeiten einer einvernehmlichen Regelung „erörtert werden“. Falls „in den nächsten Tagen“ keine Rückäußerung erfolge, werde die Replik bei Gericht eingereicht. So geschah es auch, da keine Rückäußerung erfolgte.

Deswegen kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Kläger hat auch diese Kündigung im Wege einer Klageerweiterung fristgerecht angegriffen.

Nach – rechtskräftiger – Abweisung der Klage gegen die erste Kündigung hat sich der Kläger nur noch gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die fristlose Kündigung gewandt. Er meint, er habe er mit dem Begleitschreiben habe er keinen unzulässigen Druck auf die Beklagte ausgeübt.

Der beklagte Arbeitgeber meint, der Schriftsatz diente dazu ihn „gefügig zu machen“. In der Ankündigung einer Offenbarung angeblicher „Unregelmäßigkeiten“ liege der Versuch einer Erpressung oder Nötigung. Zudem habe der Kläger die Unterlagen, die dem Schriftsatz beigefügt gewesen seien, unbefugt kopiert, um ein Druckmittel gegen sie zu haben.

Die Drohung mit einem empfindlichen Übel kann einen Kündigungsgrund darstellen. Es setzt regelmäßig die Widerrechtlichkeit der Drohung voraus. Unbeachtlich ist demgegenüber, ob das Verhalten den Straftatbestand der Nötigung erfüllt. Ausreichend ist nach der Rechtsprechung eine nicht strafbare, gleichwohl erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten.

Das Ansinnen einer gütlichen Einigung hinsichtlich einer ordentlichen Kündigung ist auch in Anbetracht der Ankündigung, im Falle der Nichtäußerung einen im Entwurf beigefügten Schriftsatz bei Gericht einzureichen, grundsätzlich nicht widerrechtlich, sondern von der Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt (BAG, Urteil vom 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13).

Parteien dürfen, wie schon das BverfG entschieden hat, zur Verteidigung ihrer Rechte schon im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann Ein Prozessbeteiligter darf auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Das gilt nach Maßgabe des BAG jedenfalls so lange, wie er die Grenzen der Wahrheitspflicht achtet. Nach der Wertung des BAG ist nicht ersichtlich, dass im Schriftsatz leichtfertig unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt worden sind. Der Kläger hat nicht gegen seine Verpflichtung verstoßen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einschließlich der ihm aufgrund seiner Tätigkeit bekannt gewordenen privaten Geheimnisse der Beklagten zu wahren. Er war zur Offenlegung der betreffenden Tatsachen gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten und dem Gericht befugt. Er handelte in Wahrnehmung berechtigter Interessen. Er wollte auf diese Weise unlautere Motive der Beklagten für die angeblich betriebsbedingte (erste) Kündigung dartun.

Anders läge es, wenn der rechtliche Standpunkt im Entwurf der Replik gänzlich unvertretbar wäre. Das ist nicht der Fall. Der Kläger musste nicht von der Wirksamkeit der ersten Kündigung ausgehen. Er durfte sich mit der Behauptung verteidigen, die angestrebte Auflösung des Arbeitsverhältnisses beruhe auf seiner ablehnenden Haltung gegenüber bestimmten buchhalterischen Vorgängen. Seine Anregung, sich vor diesem Hintergrund auf eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits zu verständigen, erfolgte im Vertrauen auf eine nicht etwa gänzlich aussichtslose Rechtsposition.

Die Revision des Beklagten war demnach zurückzuweisen. Er hatte keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Auf die hilfsweise ordentliche Kündigung kam es nicht an, da die erste Kündigung bereits zur Beendigung innerhalb der Frist geführt hat.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13

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VonRA Moegelin

Kündigung des früheren BER-Chef Schwarz unwirksam – LG Berlin 93 O 55/13

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Das BER-Desaster ist milliardenschwer und jetzt kommt nach Ansicht des Landgerichts Berlin noch eine weitere Million hinzu. Das Gericht hat die Kündigung des ehmaligen BER-Geschäftsführers Schwarz für unwirksam erklärt. Wie man der nachfolgenden Pressemitteilung entnehmen kann, konnte das Gericht keinen wichtigen Kündigungsgrund erkennen. Und eine im Termin nachgeschobene Kündigung sei verspätet gewesen.

Die Bild-Zeitung bezeichet den EX-BER-Chef Schwarz als „Versager“. Ob dieser Wortwahl angemessen ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass der für die Kündigung verantwortliche Aufsichtsrat durch eine unwirksame Kündigungserklärung einen ordentlichen finanziellen Schaden für den Steuerzahler verursacht hat, wenn das Urteil des Landgerichts rechtskräftig wird.

Für Herrn Schwarz war trotz seines Anstellungsvertrages als GmbH-Geschäftsführer das Landgericht und nicht das Arbeitsgericht zuständig.

Wortlaut der Pressemitteilung des Landgerichts Berlin Nr. 41/2014 vom 23.10.2014:

Landgericht Berlin: Früherer BER-Chef Schwarz kann Fortzahlung seiner Bezüge verlangen

Die Kammer für Handelssachen 93 des Landgerichts Berlin hat heute der Klage des früheren Sprechers der Geschäftsführung des Flughafens Berlin-Brandenburg Prof. Dr. Schwarz auf Fortzahlung seiner Bezüge – insgesamt 1.026.860,37 € – stattgegeben. Prof. Dr. Schwarz war im Juni 2013 von dem Aufsichtsrat fristlos entlassen worden. Hintergrund waren Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Verschiebung des Eröffnungstermins des Flughafens.

Im heutigen Verkündungstermin hat der Vorsitzende Richter am Landgericht Retzlaff in seiner mündlichen Begründung hervorgehoben, die fristlose Kündigung sei nicht wirksam erfolgt. Das Gericht hat betont, die Kündigung sei nicht darauf gestützt worden, ob Prof. Dr. Schwarz für die Verschiebung des Eröffnungstermins verantwortlich sei. Vielmehr ge-he es darum, ob die Information über die notwendige Absage des Termins rechtzeitig er-folgt sei. Diese Frage habe das Landgericht letztlich offen lassen können, da eine hierauf gestützte außerordentliche Kündigung im Juni 2013 zu spät erfolgt sei. Auch den von der beklagten Flughafengesellschaft in dem Termin nachgeschobenen weiteren Kündigungs-grund der Preisgabe interner Unterlagen hat das Landgericht nicht anerkannt. Hierzu sei Prof. Dr. Schwarz zur Wahrung seiner Rechte in dem Prozess berechtigt gewesen, so Retzlaff. Allerdings ist er auf Antrag der Flughafengesellschaft verurteilt worden, diese Unterlagen vollständig an sie herauszugeben.

Schriftliche Entscheidungsgründe liegen der Pressestelle noch nicht vor. Gegen das Urteil kann bei dem Kammergericht Berufung eingelegt werden.

Landgericht Berlin, Urteil vom 23. Oktober 2014 – 93 O 55/13

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