Pflicht des Casinos zur Zahlung verspielter Geldbeträge an gesperrten Spieler

VonRA Moegelin

Pflicht des Casinos zur Zahlung verspielter Geldbeträge an gesperrten Spieler

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one-armed-bandit-manchot-igZuletzt hat das OVG Berlin-Brandenburg entschieden, dass Spielhallen massive Beschränkungen bei der Anzahl der aufgestellten Geräten auferlegt werden können. Auch im Verhältnis zwischen dem Casinobetreiber zu seinen Kunden lässt der BGH Strenge walten gegenüber dem Betreiber, wie sich im folgenden Fall zeigt.

Die Klägerin, die mit einem „spielsüchtigen“ Mann verheiratet ist, und die beklagte Betreiberin öffentlich-rechtlich konzessionierter Spielcasinos in Nordrhein-Westfalen streiten über die rechtliche Tragweite von „Selbstsperren“, die die Beklagte auf Wunsch der Spieler gegen diese ausgesprochen hat.

In den Casinos der Beklagten befinden sich neben dem abgesperrten und Personenkontrollen unterliegenden Bereich des „Großen Spiels“ auch Automatenspielsäle mit Geldspielgeräten, die ohne Personenkontrolle betreten werden können. An den Eingängen zu diesen Sälen sind Hinweisschilder angebracht, wonach minderjährigen, gesperrten oder nicht zum Spiel zugelassenen Personen der Zutritt zum Spielsaal/Automatensaal nicht gestattet ist und im Falle eines Spielverlustes für diese Personen kein Anspruch auf Rückerstattung der Spieleinsätze, im Falle eines Gewinns weder ein Anspruch auf Rückerstattung der Spieleinsätze noch auf Auszahlung der Gewinne besteht. In dem Bereich, der keiner Personenkontrolle unterliegt, befinden sich Telecash-Geräte, mit deren Hilfe Besucher Geld von ihren Konten abheben können. Die Bedienung der Telecash-Geräte erfolgt in der Weise, dass den Mitarbeitern der Beklagten eine Scheckkarte übergeben wird, die sodann  nach Eingabe der entsprechenden PIN-Nummer durch den Spieler – den gewünschten Betrag an den Spieler auszahlen.

Der Ehemann der Klägerin hob an einem Tag im Dezember 1997 mittels der Telecash-Geräte 20 mal je 500 DM von seinem Konto ab, die er vollständig an den in den Automatenspielsälen befindlichen Geräten verspielte. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Rückzahlung der verspielten Beträge.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sich die „Selbstsperre“ ihrem Inhalt nach (der vom Ehemann der Klägerin im Januar 1997 unterschriebene Antrag enthielt den Hinweis: „Mir ist weiterhin bekannt, dass diese Selbstsperre nur für das ‚Große Spiel‘ vorgemerkt wird und für das Automatenspiel nicht berücksichtigt werden kann, weil meine persönlichen Daten im Automatenspiel nicht registriert werden und damit keine Ãœberwachungsmöglichkeit besteht“) nicht auf das Spiel an Automaten erstreckt habe. Des weiteren hat sie geltend gemacht, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 31. Oktober 1995  XI ZR 6/95BGHZ 131, 136) die Nichtbeachtung einer „Selbstsperre“ durch den Betreiber eines Spielcasinos diesen nicht zum Ersatz der Spielverluste des gesperrten Spielers verpflichte.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der BGH hat die Revision zurückgewiesen.

Eine wunschgemäß erteilte Spielsperre kann Ansprüche auf Ersatz von Spielverlusten begründen, wenn die Spielbank die Sperre nicht durch ausreichende Kontrollen durchsetzt. Eine Spielbank kann bei einer antragsgemäß – im Gegensatz zu einer einseitig – verhängten Spielsperre Schutzpflichten haben, die auf Wahrnehmung der Vermögensinteressen ihrer Gäste gerichtet sind (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 – III ZR 65/05).

Der BGH hat damit in Abkehr von der Entscheidung XI ZR 6/95 einen Anspruch gegen die Spielbank bejaht. Anders als bei einer einseitigen Sperre geht es bei einer solchen auf Antrag des Spielers nicht nur um die Geltendmachung des Hausrechts der Spielbank, die lediglich als Reflex zugunsten des Kunden wirken mag, sondern darum, dass die Spielbank dem von ihr als berechtigt erkannten Individualinteresse des Spielers entsprechen will. Die Spielbank geht daher mit der Annahme des Antrags eine vertragliche Bindung gegenüber dem Antragsteller ein, die auch und gerade dessen Vermögensinteresse schützt, ihn vor den aufgrund seiner Spielsucht zu befürchtenden wirtschaftlichen Schäden zu bewahren.

Ihrem Inhalt nach war die von der Beklagten übernommene vertragliche Verpflichtung darauf gerichtet, in ihren Betrieben das Zustandekommen von Spielverträgen mit dem gesperrten Spieler zu verhindern. Diese Verpflichtung bestand allerdings nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, insoweit aber auch für den hier in Rede stehenden Bereich des Automatenspiels. Der in dem Antrag enthaltene Hinweis auf mangelnde Überwachungsmöglichkeiten beim Automatenspiel besagte nicht etwa, dass der gesperrte Spieler uneingeschränkt zum Automatenspiel zugelassen werde. Deshalb stand die Einschränkung einer Überwachungspflicht dort nicht entgegen, wo eine solche Überwachung ohne weiteres möglich und zumutbar war. In rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung hat das Berufungsgericht festgestellt, dass zumindest bei den hier in Rede stehenden Telecash-Abhebungen für die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten hinreichender Anlass bestanden hätte, eine Kontrolle durchzuführen, ob der Ehemann der Klägerin zu den gesperrten Spielern zählte. Auch die technischen Möglichkeiten hierfür hatten, wie das Berufungsgericht weiter feststellt, bestanden.

Der Beklagten fiel somit eine positive Vertragsverletzung zur Last, die sie zur Rückzahlung der verlorenen Spieleinsätze verpflichtete.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 – III ZR 65/05

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