Jahresarchiv 21. August 2016

VonRA Moegelin

Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Bonus

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BagIn dem hier vom BAG zu entscheidenden Fall ging es um die Frage, inwieweit ein Bonusanspruch der gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Ein Bonus ist eine zusätzlich zum Grundlohn gewährte Leistung des Arbeitgebers, die üblicherweise an die individuelle Leistung des Arbeitnehmers oder an die Leistungen des Unternehmens oder der ihm zugeordneten Abteilung anknüpft.

Der Kläger war vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 bei der deutschen Niederlassung der Beklagten, einer internationalen Großbank, als Managing Director beschäftigt. Vertraglich war vereinbart, dass der Kläger am jeweils gültigen Bonussystem und/oder am Deferral Plan teilnimmt. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung erhielt er für das Geschäftsjahr 2009 eine garantierte Leistung iHv. 200.000,00 Euro, für das Geschäftsjahr 2010 eine Leistung iHv. 9.920,00 Euro. Für das Jahr 2011 erhielt der Kläger keinen Bonus oder Deferral Award. Andere Mitarbeiter erhielten Leistungen, die sich der Höhe nach überwiegend zwischen einem Viertel und der Hälfte der jeweiligen Vorjahresleistung bewegten.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2011, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 52.480,00 Euro. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung eines Bonus iHv. 78.720,00 Euro verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, die eine gerichtliche Festsetzung der Bonushöhe ermöglichten.

Die vom Senat zugelassene Revision des Klägers hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Behält sich der Arbeitgeber vertraglich vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden, unterliegt diese Entscheidung der vollen gerichtlichen Überprüfung. Entspricht die Entscheidung nicht billigem Ermessen, ist sie gemäß § 315 Abs. 3 BGB unverbindlich und die Höhe des Bonus durch das Gericht auf Grundlage des Vortrags der Parteien festzusetzen.

Der Kläger hat nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien einen Anspruch auf einen Bonus und/oder Deferral Award, der nach billigem Ermessen festzusetzen war. Mangels hinreichender Darlegungen der Beklagten zur Berechtigung der Festsetzung auf Null für das Jahr 2011 ist diese Festsetzung unverbindlich. Die Leistungsbestimmung hat in einem solchen Fall gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht zu erfolgen. Grundlage ist dafür der Sachvortrag der Parteien; eine Darlegungs- und Beweislast im prozessualen Sinn gibt es nicht. Äußert sich der bestimmungsberechtigte Arbeitgeber zu bestimmten Faktoren nicht, geht dies nicht zu Lasten des Arbeitnehmers. Von diesem kann kein Vortrag zu Umständen verlangt werden, wie zB der Höhe eines Bonustopfes, die außerhalb seines Kenntnisbereichs liegen. Auf die Erhebung einer Auskunftsklage kann er regelmäßig nicht verwiesen werden. Vielmehr ist die Leistung durch das Gericht aufgrund der aktenkundig gewordenen Umstände (zB Höhe der Leistung in den Vorjahren, wirtschaftliche Kennzahlen, Ergebnis einer Leistungsbeurteilung) festzusetzen. Eine gerichtliche Leistungsfestsetzung scheidet nur dann ausnahmsweise aus, wenn jegliche Anhaltspunkte hierfür fehlen. Dies war hier entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht der Fall. Da die gerichtliche Bestimmung der Leistung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB regelmäßig Sache der Tatsacheninstanzen ist, hat der Senat den Rechtsstreit zur Festsetzung der Bonushöhe für das Geschäftsjahr 2011 an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. August 2016 – BAG 10 AZR 710/14; vgl. Pressemitteilung Nr. 41/16)

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VonRA Moegelin

Schadensersatz wegen Verletzung der Friedenspflicht durch Streik

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vcollet-GauntletDer rechtswidrige Streik einer Gewerkschaft führt zu Schadensersatzansprüchen der Arbeitgeberseite. Das BAG hatte zu entscheiden, ob die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens wegen eines Streiks der Gewerkschaft der Flugsicherung Anspruch auf Schadensersatz hat.

Die beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) vertritt die berufs- und tarifpolitischen Interessen des Flugsicherungspersonals. Sie hatte mit der Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens – der Fraport AG (Fraport) – einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Vorfeldkontrolle und Verkehrszentrale geschlossen, dessen Bestimmungen für die Laufzeit des Tarifvertrags abschließend sein sollten. Die Regelungen in § 5 bis § 8 des Tarifvertrags waren erstmalig zum 31. Dezember 2017 kündbar, die übrigen bereits zum 31. Dezember 2011. Nach Teilkündigung des Tarifvertrags mit Ausnahme von § 5 bis § 8 durch die GdF zum 31. Dezember 2011 verhandelten diese und Fraport über einen neuen Tarifvertrag. Ein vereinbartes Schlichtungsverfahren endete mit einer Empfehlung des Schlichters. Diese enthielt entsprechend den Schlichtungsverhandlungen auch Ergänzungen zu dem noch ungekündigten Teil des Tarifvertrags. Am 15. Februar 2012 kündigte die GdF gegenüber Fraport an, ihre Mitglieder zu einem befristeten Streik mit dem Ziel der Durchsetzung der Schlichterempfehlung aufzurufen. Der am 16. Februar 2012 begonnene Streik endete aufgrund einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung am 29. Februar 2012.

Mit ihrer Klage hat Fraport von der GdF den Ersatz ihr aufgrund des Streiks entstandener Schäden verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die hiergegen von Fraport eingelegte Revision hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Ein Streik, dessen Kampfziel auch auf die Durchsetzung von Forderungen gerichtet ist, welche die in einem Tarifvertrag vereinbarte Friedenspflicht verletzen, ist rechtswidrig. Er verpflichtet bei schuldhaftem Handeln zum Ersatz der dem Kampfgegner entstandenen Schäden. Die streikführende Gewerkschaft kann nicht einwenden, die Schäden wären auch bei einem Streik ohne friedenspflichtverletzende Forderungen entstanden.

Der von der GdF getragene, als einheitliche und unteilbare Handlung zu beurteilende Streik war demnach rechtswidrig. Er diente der Durchsetzung der Schlichterempfehlung und damit auch der Modifizierung von ungekündigten Bestimmungen des Tarifvertrags. Hinsichtlich dieser Regelungen galt nach wie vor die tarifvertraglich vereinbarte erweiterte Friedenspflicht. Diese verwehrte es der GdF, Änderungen mit Mitteln des Arbeitskampfes durchzusetzen. Ihr Einwand, sie hätte denselben Streik auch ohne die der Friedenspflicht unterliegenden Forderungen geführt (sog. rechtmäßiges Alternativverhalten), ist unbeachtlich. Es hätte sich wegen eines anderen Kampfziels nicht um diesen, sondern um einen anderen Streik gehandelt. Weil die GdF schuldhaft gehandelt hat, ist sie Fraport gegenüber aus Delikt und wegen Vertragsverletzung zum Ersatz von streikbedingten Schäden verpflichtet. Zu deren Feststellung ist die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen worden.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Juli 2016 – BAG1 AZR 160/14; Pressemitteilung Nr. 38/169)

Hinweis: In der vom Senat verhandelten und entschiedenen Sache ging es auch um die Revisionen von zwei Fluggesellschaften. Diese hatten von der GdF den Ersatz ihnen durch den Streik entstandener Schäden verlangt. Ihre gegen die klageabweisenden Entscheidungen gerichteten Revisionen hatten keinen Erfolg. Als Drittbetroffene haben sie keinen Schadensersatzanspruch (vgl. hierzu auch die Senatsentscheidungen vom 25. August 2015 – BAG 1 AZR 754/13 – und –  BAG 1 AZR 875/13 -).

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Ungleichbehandlung bei betrieblicher Altersversorgung

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caution-old-dudeVielen Arbeitnehmern droht Altersarmut wegen zu geringer gesetzlicher Rente. Wer zusätzlich eine Betriebsrente bekommt, kann sich glücklich schätzen. Die rechtlichen Voraussetzungen finden sich im BetrAVG.

Im hier einschlägigen Fall waren dem Kläger 1987 einzelvertraglich Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über eine Pensionskasse zugesagt worden. Im Folgejahr trat bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung in Kraft, mit der allen ab einem bestimmten Stichtag eingestellten Arbeitnehmern – auch dem Kläger – Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Wege einer Direktzusage versprochen wurden. Die Betriebsvereinbarung wurde in der Folgezeit wiederholt abgelöst, zuletzt im Jahr 2007. Die zuletzt gültige Betriebsvereinbarung sieht in § 2 Abs. 4 vor, dass Arbeitnehmer, die eine einzelvertragliche Zusage erhalten haben, nicht in den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallen.

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe eine Altersrente nach der Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2007 zu.

Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Es steht noch nicht fest, ob § 2 Abs. 4 der Betriebsvereinbarung tatsächlich unwirksam ist, weil er zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern mit einzelvertraglicher Zusage führt. Es ist zu klären, ob die von der Beklagten erteilten einzelvertraglichen Zusagen annähernd gleichwertig sind.

Arbeitnehmer, denen bereits einzelvertraglich eine betriebliche Altersversorgung zugesagt wurde, dürfen nur dann vollständig von einem auf einer Betriebsvereinbarung beruhenden kollektiven Versorgungssystem des Arbeitgebers ausgenommen werden, wenn die Betriebsparteien im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums davon ausgehen können, dass diese Arbeitnehmer im Versorgungsfall typischerweise eine zumindest annähernd gleichwertige Versorgung erhalten.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Juli 2016 – 3 AZR 134/15; Pressemitteilung Nr. 37/16)

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VonRA Moegelin

Einsicht in die Personalakten unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts

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tomas_arad_folderDer Arbeitnehmer hat das Recht, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen und hierzu ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG). Das BAG hatte zu entscheiden, ob die Regelung begründet auch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts begründet.

Der Kläger ist nach einem Betriebsübergang bei der Beklagten als Lagerist beschäftigt. Die bisherige Arbeitgeberin des Klägers hatte diesem eine Ermahnung erteilt und seinen Antrag, unter Hinzuziehung einer Rechtsanwältin Einsicht in seine Personalakten zu nehmen, unter Hinweis auf ihr Hausrecht abgelehnt. Allerdings hatte sie dem Kläger gestattet, Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und angenommen, das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in seine Personalakten sei in § 83 BetrVG ausschließlich und abschließend geregelt.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Die bisherige Arbeitgeberin hat dem Kläger gestattet, für sich Kopien der in seinen Personalakten befindlichen Dokumente anzufertigen. An diese Erlaubnis ist die Beklagte gebunden (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Kläger hat damit ausreichend Gelegenheit, anhand der gefertigten Kopien den Inhalt der Personalakten mit seiner Rechtsanwältin zu erörtern.

§ 83 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG begründet damit keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers folgt jedenfalls dann weder aus der Rücksichtspflicht des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) noch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG), wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, für sich Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen. In diesem Fall ist dem einem Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz genügt, dem das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in die Personalakten dient.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Juli 2016 – BAG 9 AZR 791/14; Pressemitteilung Nr. 36/16)

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VonRA Moegelin

Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung

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folder-documentsVerdeckte Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht als Arbeitnehmerüberlassung, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden ist. Das BAG hat klargestellt, dass in diesem Fall zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher auch dann kein Arbeitsverhältnis zustande kommt, wenn der Arbeitgeber die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hat.

Dieser Entscheidung zugrunde liegt der Fall einer Klägerin, die technische Zeichnerin ist. Sie war bei der Beklagten, einem Automobilunternehmen, seit dem Jahr 2004 bis zum 31. Dezember 2013 tätig. Grundlage ihrer Tätigkeit waren zwischen der Beklagten und der Vertragsarbeitgeberin der Klägerin als Werkverträge bezeichnete Vereinbarungen. Die Vertragsarbeitgeberin verfügte über die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Die Klägerin hat gemeint, ihre Vertragsarbeitgeberin und die Beklagte hätten nur Scheinwerkverträge geschlossen, um die Arbeitnehmerüberlassung zu verdecken. Die Beklagte könne sich deshalb nicht auf die erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung berufen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, mit der die Klägerin vor allem festgestellt haben wollte, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher nach geltendem Recht auch dann kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht als Arbeitnehmerüberlassung, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden ist (verdeckte Arbeitnehmerüberlassung).

Nach dieser Maßgabe ist zwischen der Beklagten und der Klägerin ist auch dann kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, wenn die Klägerin auf der Grundlage eines Schein-Werkvertrags als Leiharbeitnehmerin der Beklagten zur Arbeitsleistung überlassen worden wäre. Maßgeblich ist, dass die Vertragsarbeitgeberin der Klägerin die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hatte. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert iVm. § 9 Nr. 1 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.

 (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Juli 2016 – BAG 9 AZR 352/15; vgl. Pressemitteilung Nr. 35/16)

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VonRA Moegelin

Gesetzlicher Mindestlohn für Bereitschaftszeiten

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0Der gesetzliche Mindestlohn ist für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen. Zur vergütungspflichtigen Arbeit rechnen auch Bereitschaftszeiten, während derer sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort – innerhalb oder außerhalb des Betriebs – bereithalten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen.

Fraglich ist im hier einschlägigen Fall, ob Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet wird und ob eine gemäß Arbeitsvertrag einbezogene tarifliche Vergütungsregelung unwirksam geworden ist.

Der Arbeitnehmer (Kläger) ist als Rettungsassistent im Rahmen einer Vier-Tage-Woche in Zwölfstundenschichten durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich beschäftigt. Es fallen regelmäßig Bereitschaftszeiten an. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers beläuft sich auf 2.680,31 Euro nebst Zulagen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte vergüte Bereitschaftszeit nicht mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Durch das Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes sei die arbeitsvertraglich einbezogene tarifliche Vergütungsregelung unwirksam geworden. Deshalb stehe ihm die übliche Vergütung von 15,81 Euro brutto je Arbeitsstunde zu. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Dem Kläger steht für seine im Januar und Februar 2015 geleisteten Bereitschaftszeiten keine weitere Vergütung zu. Zwar ist Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, der Anspruch des Klägers hierauf ist aber erfüllt. Bei maximal 228 Arbeitsstunden, die der Kläger mit Vollarbeit und Bereitschaftszeiten in einem Monat tatsächlich leisten kann, erreicht die gezahlte Monatsvergütung den gesetzlichen Mindestlohn (228 Stunden zu 8,50 Euro = 1.938,00 Euro brutto monatlich) nicht nur, sondern übersteigt ihn. Ein Anspruch auf weitere Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB besteht nicht. Die arbeitsvertraglich einbezogene tarifliche Vergütungsregelung ist nicht wegen des Inkrafttretens des Mindestlohngesetzes (MiLoG) unwirksam geworden.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. Juni 2016 – BAG 5 AZR 716/15; vgl. Pressemitteilung Nr. 33/16)

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