Zusätzliche Urlaubstage nach Vollendung des 58. Lebensjahres

VonRA Moegelin

Zusätzliche Urlaubstage nach Vollendung des 58. Lebensjahres

Share

07-Juli-goin-on-a-summer-holidayIn § 1 AGG ist geregelt, dass niemand wegen seines Alters diskriminiert werden darf. Ausnahmsweise ist aber eine unterschiedliche Behandlung gemäß § 10 AGG zulässig. Das BAG hatte zu entscheiden, ob die Gewährung jährlich mehr Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer als den jüngeren, unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig ist.

Der Arbeitgeber und spätere Beklage stellt Schuhe her. Er gewährt seinen in der Schuhproduktion tätigen Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres jährlich 36 Arbeitstage Erholungsurlaub und damit zwei Urlaubstage mehr als den jüngeren Arbeitnehmern. Die 1960 geborene Klägerin hat gemeint, die Urlaubsregelung sei altersdiskriminierend. Die Beklagte habe deshalb auch ihr jährlich 36 Urlaubstage zu gewähren.

Die Vorinstanzen haben den hierauf gerichteten Feststellungsantrag der Klägerin abgewiesen. Auch die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Gewährt ein Arbeitgeber älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein. Bei der Prüfung, ob eine solche vom Arbeitgeber freiwillig begründete Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter dient und geeignet, erforderlich und angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG ist, steht dem Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu (Bundesarbeitsgericht vom 21. Oktober 2014 – BAG 9 AZR 956/12).

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die physische Belastbarkeit mit zunehmendem Alter abnimmt. Der vom LAG unterstellten Annahme eines Erfahrungssatzes dahin gehend, dass bei körperlich belastenden Berufen das Erholungsbedürfnis im höheren Alter steigt, begegne daher keinen Bedenken.

Der beklagte Arbeitgeber hat mit seiner Einschätzung, die in seinem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leistenden Arbeitnehmer bedürften nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längerer Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer, seinen Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten. Dies gilt auch für ihre Annahme, zwei weitere Urlaubstage seien aufgrund des erhöhten Erholungsbedürfnisses angemessen, zumal auch der Manteltarifvertrag der Schuhindustrie vom 23. April 1997, der mangels Tarifbindung der Parteien keine Anwendung fand, zwei zusätzliche Urlaubstage ab dem 58. Lebensjahr vorsah.

Auch in den Medien fand diese BAG-Entscheidung Beachtung, unter anderem in der Süddeutschen Zeitung.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgericht: BAG, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 9 AZR 956/12

Share

Ãœber den Autor

RA Moegelin administrator

Blogverzeichnis TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Blogverzeichnis Bloggerei.de