Wiedereinsetzung wegen Fristversäumnis des Anwalts

VonRA Moegelin

Wiedereinsetzung wegen Fristversäumnis des Anwalts

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glassy-smiley-failureEin Anwalt hatte die Frist zur Einreichung einer Revisionsbegründungsschrift beim Bundesarbeitsgericht versäumt. Über seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hatte nun das BAG zu entscheiden. Die Hürden an die Darlegungslast legt die Rechtsprechung sehr hoch an, so dass der Anwalt häufig schon daran scheitert.

Das LAG Hamm hatte zuvor die Revision zugelassen in einem Rechtsstreit, bei dem es um den Anspruch eines Arbeitnehmers auf Gutschrift von Arbeitszeiten auf das Arbeits-Gleitzeitkonto bei Fehlzeiten aufgrund der Wahrnehmung von Gerichtsterminen bei Anordnung des perșnlichen Erscheinens ging (LAG Hamm, Urteil vom 2. Dezember 2009 Р5 Sa 710/09).

Die Revision wurde wegen nicht rechtzeitig erfolgter Begründung der Revision zurückgewiesen. Auch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das BAG zurückgewiesen. Es gelang der  Beklagten, bzw. seinem Prozessbevollmächtigten nicht, glaubhaft zu machen, dass sie ohne ihr Verschulden bzw. ohne ein ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten an der fristgemäßen Einreichung einer Revisionsbegründungsschrift verhindert war, § 233 ZPO.

Nach der Rechtsprechung gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Kontrolle muss gewährleisten, dass der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ein Nachweis dafür, dass ein Schriftstück tatsächlich in den Postlauf gelangt ist, ist bei zuverlässig organisiertem Postausgang nicht nötig, es genügt die Glaubhaftmachung, dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im Bereich, für den die Partei verantwortlich ist, eingetreten ist.

Die weitere Beförderung der ausgehenden Post muss organisatorisch zuverlässig vorbereitet werden, sodann darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die einzelnen Schriftsätze müssen so zur Versendung fertig gemacht sein, dass damit eine sichere Vorsorge verbunden ist, dass die Beförderung nicht mehr durch ein Versehen verhindert werden kann. Ein der Partei zuzurechnendes Verschulden ist nur dann auszuschließen, wenn die Kanzleiorganisation des Prozessbevollmächtigten, insbesondere durch die Auswahl und Ãœberwachung zuverlässigen Personals ordnungsgemäß ist. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist schließlich am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BAG, Beschluss vom 2. November 2010 – 5 AZR 456/10 (F)).

Nach Ansicht des BAG konnte die Beklagte, bzw. ihr Bevollmächtigter nicht darlegen, dass sie ohne zurechenbares Verschulden die Frist zur Begründung der Revision versäumt hat. Hierzu führt das BAG wie folgt aus:

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat anwaltlich versichert, dass er am 3. Mai 2010 verfügt habe, entgegen der anfänglichen Absicht den bereits gefertigten und unterzeichneten Revisionsbegründungsschriftsatz getrennt von dem Revisionsschriftsatz und im Gegensatz zu diesem nicht per Fax, sondern per Post zu übermitteln. Die von ihr beauftragte Dezernatsleiterin S hat eidesstattlich versichert, dass sich der unterzeichnete Revisionsbegründungsschriftsatz in der Postmappe befunden habe, den sie an den Arbeitsplatz Postausgang weitergeleitet habe. Der weitere Ablauf bleibt jedoch offen. Wie der Schriftsatz zum Arbeitsplatz Postausgang gelangt sein soll und durch wen dies erfolgt ist, ist nicht dargelegt. Auch aus der beigefügten Ablaufbeschreibung der Kanzlei ergeben sich keine genauen Angaben, wie der Weg zum Arbeitsplatz Postausgang organisiert ist. Außerdem ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Dezernatsleiterin nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass bei dem Arbeitsplatz Postausgang, auf den es ankommt, keine Post liegen geblieben ist und woher sie diese Kenntnis bezieht. Sollte sich die anwaltliche Versicherung der Beklagtenvertreterin selbst hierauf beziehen, ist nicht dargelegt, woher die Prozessbevollmächtigte diese Kenntnis erlangt hat, denn die Abläufe am Arbeitsplatz Postausgang liegen auch bei ihr grundsätzlich außerhalb ihrer persönlichen Wahrnehmung. Die zu den Akten gereichte allgemeine Ablaufbeschreibung und die behauptete Zertifizierung nach DIN ISO 9001 reichen als Beleg für ein fehlendes Verschulden insoweit nicht aus.

Zudem hat die Beklagte nicht dargelegt, ob, von wem und wann aufgrund welcher tatsächlichen Feststellungen die Revisionsbegründungsfrist im Fristenkalender gestrichen worden ist.

Im Übrigen ist die Behauptung der Beklagten, die Post sei von einem der sechs Auszubildenden einkuvertiert, frankiert und zum Briefkasten gebracht worden, nicht hinreichend belegt worden. Insbesondere nicht durch die anwaltliche Versicherung, denn aus dieser ergibt sich nicht, woher die Dezernatsleiterin ihre Kenntnis bezogen haben könnte. Schließlich fehlen Angaben zur Zuverlässigkeit der Auszubildenden und zu einer entsprechenden, sei es auch nur stichprobenartigen, Überwachung und Kontrolle durch die Prozessbevollmächtigte.

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