Trunkenheit im Schiffsverkehr gemäß der deutschen Gerichtsbarkeit für Binnenschifffahrt

VonRA Moegelin

Trunkenheit im Schiffsverkehr gemäß der deutschen Gerichtsbarkeit für Binnenschifffahrt

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cyberscooty-navireDem Kapitän der Costa Concardia, Francesco Schettino, drohen 26 Jahre Haft wegen des Todes von 32 Menschen. Über einen weniger schwerwiegenden Fall von Verfehlungen eines Kapitäns hatte das Schiffahrtsobergericht Brandenburg zu entscheiden.

Der angeklagte Kapitän fuhr mit seinem Sportmotorboot auf einem Gewässer aus dem Berliner Stadtgebiet kommend in Richtung Brandenburg.

Wegen des vorherigen Konsums alkoholischer Getränke war er nicht in der Lage, das Boot sicher zu führen. Er fühlte sich noch fahrtüchtig, hätte aber bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen müssen, dass dies nicht der Fall war. Der Angeklagte wurde mit seinem Boot von der Wasserschutzpolizei gesichtet und sodann kontrolliert. Eine bei ihm entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,26 mg/g. Er war damit absolut fahruntüchtig im Sinne von § 316 Abs. 1 StGB.

Der Angeklagte wurde erstinstanzlich wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Berufung wurde verworfen.

Der für den Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen entwickelte Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille ist auch für die motorisierte Schifffahrt anzuwenden (Schiffahrtsobergericht Brandenburg, Urteil vom 11.06.2008 -1 Ss 33/08).

Hierzu führt das Gericht wie folgt aus:

Aufgrund verkehrsmedizinischer Untersuchungen zur alkoholbedingten Fahrtuntüchtigkeit hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass die Anforderungen, die an die Navigations- und Reaktionsfähigkeit eines Schiffsführers gestellt werden müssen, nicht anders zu beurteilen sind als beim Kraftfahrzeugverkehr. Auch wenn im Schiffsverkehr in der Regel deutlich niedrigere Geschwindigkeiten vorherrschen werden, werden vom Schiffsführer eine hohe individuelle Reaktionsfähigkeit und ein hohes Maß an planender Vorausschau und Konzentrationsfähigkeit verlangt: Er muss wegen der langsameren Reaktion des Schiffes auf eingeleitete Manöver erheblich weiter voraus denken, unterschiedliche Strömungsverhältnisse beachten und darüber hinaus umfangreiches Regelwissen verarbeiten.

Die anlässlich der Untersuchung in einem Schiffsimulator durchgeführten Versuche zeigten, dass die betrunkenen Kapitäne insbesondere Ausweichmanöver zu spät oder nicht entschieden genug einleiteten, Überholvorgänge zu riskant waren sowie Passierabstände zu anderen Booten oder Schiffen erheblich zu gering ausfielen und kleinere Fahrzeuge nicht rechtzeitig erkannt wurden. Auch wenn sich diese Studie auf die Seeschifffahrt bezog und die Anforderungen an den Führer eines Seeschiffes teilweise andere als im Bereich der Binnenschifffahrt sind, haben wegen der vergleichbaren Gegebenheiten und zur Vermeidung einer Rechtszersplitterung hinsichtlich der absoluten Fahruntüchtigkeit für die motorisierte Schifffahrt insoweit gleich hohe Grenzwerte zu gelten Entgegen der von der Verteidigung vertretenen Auffassung ist hierbei eine Differenzierung nach der Art des gefahrenen Motorschiffes ebenso wenig veranlasst wie bei Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr, so dass der Grenzwert von 1,1 Promille auch für Motorsportboote wie das des Angeklagten gilt.

Volltext des Urteils des Schiffahrtsobergerichts Brandenburg – Urteil vom 11.06.2008 – 1 Ss 33/08

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