Der Handelsvertreter kann gemäß § 89b HGB vom Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen. Ob auch ein Franchisenehmer in analoger Anwendung dieser Norm einen Ausgleich verlangen kann, hatte der BGH zu entscheiden.
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter vom beklagten Franchisegeber Ausgleich in Höhe von 116.400,55 € entsprechend § 89b HGB nach Beendigung zweier Franchiseverträge, die der damalige Franchisepartner mit der Beklagten abgeschlossen hatte. Die Beklagte betreibt eine Handwerksbäckerei-Kette, zu der über 930 Bäckereien in Deutschland gehören. Von diesen Bäckereien werden über 90 % von Franchisepartnern geführt. Der damalige -und jetzt insolvente – Franchisepartner betrieb zuletzt zwei Backshops. Gemäß den beiden Franchiseverträgen verkaufte der Partner die Waren in den Backshops im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Eine vertragliche Regelung, wonach der Schuldner nach Beendigung der Franchiseverträge zur Ãœbertragung des Kundenstamms oder zur Ãœbermittlung von Kundendaten verpflichtet war, bestand nicht.
Die Klage des Insolvenzverwalters auf Ausgleichszahlung scheiterte in allen Instanzen. Seine Revision wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen.
Bei Franchiseverträgen, die ein im Wesentlichen anonymes Massengeschäft betreffen, rechtfertigt eine bloß faktische Kontinuität des Kundenstamms nach Vertragsbeendigung eine entsprechende Anwendung der auf Handelsvertreter zugeschnittenen Bestimmung des § 89b HGB nicht (BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 – VII ZR 109/13).
Nach der Rechtsprechung ist der auf Handelsvertreter zugeschnittene § 89b HGB auf Vertragshändler entsprechend anzuwenden, wenn sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Vertragshändler und dem Hersteller oder Lieferanten nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Vertragshändler in der Weise in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert war, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hatte, und der Vertragshändler außerdem verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann.
Der BGH wertete den Verkauf von Backwaren in den Shops als anonymes Massengeschäft. Eine Eingliederung des Franchisenehmers in die Absatzorganisation der Beklagten – die über eine bloße Käufer-Verkäufer-Beziehung hinausging – konnte nach den gerichtlichen Feststellungen nicht angenommen werden. Unstreitig fehlte es auch an der für die Anwendbarkeit von § 89 HGB analog erforderlichen Verpflichtung des Franchisenehmers zur Ãœbertragung des Kundenstamms nach Vertragsende an den die Beklagte.
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Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 – VII ZR 109/13