Schlagwort-Archiv Arbeitgeber

VonRA Moegelin

Benachteiligung wegen des Alters nicht immer diskriminierend – BAG 6 AZR 911/08

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Roadsign_old_folksDas Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) verbietet eine Benachteiligung wegen des Alters. Allerdings ist nicht jede Benachteiligung als diskrimierend zu bewerten, wie ein Arbeitnehmer feststellen musste.

Er ist 1949 geboren und seit 1971 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. In seinem Betrieb sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen tariflich ausgeschlossen.  Der Arbeitgeber gab bekannt, dass Arbeitnehmer der Jahrgänge 1952 und jünger gegen Zahlung von Abfindungen freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden könnten. Die von ihr festgelegte Abfindungshöhe richtete sich nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und Höhe des monatlichen Entgelts. Es erfolgte unter dem Vorbehalt, den Wunsch gegen Abfindung auszuscheiden, abzulehnen. Dem 1949 geborenen Mitarbeiter machte der  Arbeitgeber kein entsprechendes Angebot. Seine Klage gegen den Arbeitgeber, ihm ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einer Abfindung von 171.720 € zu unterbreiten, wurde vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Nimmt der Arbeitgeber die bei ihm beschäftigten über 55jährigen Arbeitnehmer aus dem Personenkreis aus, dem er im Rahmen einer Personalabbaumaßnahme den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Abfindungen anbietet, liegt darin keine Diskriminierung wegen des Alters. Es fehlt bereits an einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Den älteren Arbeitnehmern bleibt ihr Arbeitsplatz erhalten. Sie werden deshalb nicht weniger günstig als die jüngeren Arbeitnehmer behandelt, die ihren Arbeitsplatz – wenn auch unter Zahlung einer Abfindung – verlieren (BAG, Urteil vom 25. Februar 2010 – 6 AZR 911/08).

Das Diskriminierungsverbot wegen des Alters verfolgt wesentlich den Zweck, älteren Arbeitnehmern den Verbleib im Arbeitsleben zu ermöglichen. Es zwingt nach Ansicht des BAG Arbeitgeber im Rahmen eines von ihnen geplanten Personalabbaus nicht dazu, auf Verlangen älterer Arbeitnehmer mit diesen einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zu schließen, so dass die Revision des Klägers zurückzuweisen war.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 25. Februar 2010 – 6 AZR 911/08

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VonRA Moegelin

Kein bezahler Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienst von Ärzten – BAG 6 AZR 78/09

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124_doctorEin Assistenzarzt scheiterte mit einer Klage auf Zahlung von Lohn als Ausgleich für geleisteten Bereitschaftsdienst. Er ist der Ansicht, dass die von seinem Arbeitgeber vorgenommene Gewährung von Freizeitausgleich in der gesetzlichen Ruhezeit unzulässig ist.

Zwischen den Parteien fand kraft beiderseitiger Tarifbindung der TV-Ärzte/VKA Anwendung. Dieser Tarifvertrag verpflichtet Ärzte, Bereitschaftsdienste zu leisten. Diese Bereitschaftsdienste werden mit einem tariflich festgelegten Faktor in Arbeitszeit umgerechnet und sind mit einem ebenfalls tariflich festgelegten, von der Entgeltgruppe abhängigen Stundenlohn zu vergüten oder gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/VKA durch entsprechende Freizeit abzugelten (Freizeitausgleich). Dieser Freizeitausgleich kann auch in der gesetzlichen Ruhezeit nach § 5 ArbZG erfolgen.

Der Kläger leistete außerhalb der regulären Arbeitszeit Bereitschaftsdienste mit jeweils zehn Stunden, von denen entsprechend der tariflichen Regelung 90 % und damit neun Stunden als Arbeitszeit gewertet wurden. Im Anschluss erhielt der Kläger Freizeitausgleich noch innerhalb der gesetzlichen Ruhezeit des § 5 ArbZG. Dadurch wurde er jeweils von seiner ansonsten am Folgetag bestehenden Arbeitspflicht freigestellt. Eine verbleibende aus dem Bereitschaftsdienst errechnete Stunde Arbeitszeit wurde vergütet. Auf diese Weise wurde die Regelarbeitszeit des Klägers in vollem Umfang vergütet und die gesetzliche Ruhezeit eingehalten. Der Kläger begehrt Entgelt für die von ihm zwischen dem 9. Juli 2007 bis zum 31. August 2008 geleisteten Bereitschaftsdienste, soweit ihm dafür Freizeitausgleich gewährt worden ist. Unstreitig sind dies in Arbeitszeit umgerechnet 640 Stunden.

Der Arzt hat keinen Anspruch darauf, nach Ableistung eines Bereitschaftsdienstes zunächst unbezahlte Ruhezeit und anschließend bezahlten Freizeitausgleich gewährt zu bekommen (BAG, Urteil vo​m 22. Juli 2010 – 6 AZR 78/09).

Nach Ansicht des BAG kann der Freizeitausgleich nach § 12 Abs. 4 Satz 1 TV-Ärzte/VKA auch in die gesetzliche Ruhezeit gelegt werden. § 5 ArbZG schreibt dem Krankenhaus nicht vor, durch welche arbeitsvertragliche Gestaltung es sicherstellt, dass der Arzt nach der Beendigung der täglichen Arbeitszeit mindestens während der folgenden gesetzlichen Ruhezeit nicht zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Erfolgt der Freizeitausgleich in der gesetzlichen Ruhezeit, wird also bezahlte Freizeit unter Anrechnung auf die Sollarbeitszeit gewährt, ist der nach § 12 Abs. 2 und Abs. 3 TV-Ärzte/VKA bei Ableistung von Bereitschaftsdiensten entstehende Entgeltanspruch abgegolten.

Die Revision des Klägers wurde daher vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 22. Juli 2010 – 6 AZR 78/09

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VonRA Moegelin

Küchenstreit im Schwan-Stabilo-Prozess beim LAG Nürnberg

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Unbenannt - KopieAm 24.1014 endete der in den Medien als Küchenstreit bekannt gewordene Prozess des langjährigen Mitarbeiters Wolfgang L. gegen seinen Arbeitgeber Schwan-Stabilo mit einer gütlichen Einigung im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg. Er behält seinen Arbeitsplatz gegen Zahlung einer Spende von 2.000 € an eine gemeinnützige Einrichtung.

Das Gericht ließ durchblicken, dass es für den Fall, dass kein Vergleich zustande gekommen wäre, Wolfgang L. Recht gegeben hätte. Die erste Instanz hatte er zuvor gewonnen.

Anlass des Rechtsstreits war die dienstliche Anweisung an Wolfgang L. und seinen Kollegen Herbert R., eine ausrangierte Kantinenküche zu entsorgen. Weisungswidrig verschenkten sie die Küche gegen eine Spende, die sie einer sozialen Einrichtung zukommen lassen wollten. Hierfür erhielten sie von Schwan-Stabilo eine außerordentliche Kündigung. Der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht Nürnberg statt.

Auch wenn diese Spendenaktion einem guten Zweck diente, liegt ein Verstoß gegen das Weisungsrecht des Arbeitgebers vor, das grundsätzlich eine Disziplinarmaßnahme rechtfertigt. In der ersten Instanz hielt das Arbeitsgericht Nürnberg die Kündigung für unverhältnismäßig und gab der Klage daher statt. Die Berufung von Schwan-Stabilo wäre offensichtlich erfolglos geblieben. Denn im Rahmen einer Abwägung wurde zu Gunsten von Wolfgang L. vor allem seine lange Dienstzugehörigkeit von mehr als 25 Jahren gewichtet.

Anzumerken ist, dass die richterliche Sichtweise bei seinem Kollegen Herbert R. anders lag. Seine Kündigung wurde vom Arbeitsgericht Nürnberg als rechtmäßig erachtet.

Jeder Fall ist gesondert zu betrachten und kann deshalb zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Im Rahmen der sogenannten Interessenabwägung stellt das Gericht in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand gegenüber. Maßgebliche Kriterien sind unter anderem der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, sein Lebensalter sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 2 AZR 355/10).

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VonRA Moegelin

Betreuungskosten von alleinerziehender Betriebsrätin sind erforderlich

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Eine Betriebsrätin und alleinerziehende Mutter ist vor dem Landesarbeitsgericht mit ihrer Klage gegen ihren Arbeitgeber auf Erstattung von Betreuungs-Kosten für ihre beiden 11 und 12 Jahre alten Kinder von 600 € gescheitert. Die Betriebsrätin hielt die Betreuung wegen einer 10-tägigen Betriebsräteversammlung für erforderlich. In ihrem Haus lebt noch ihre weitere, volljährige und berufstätige Tochter, die jedoch die Betreuung abgelehnt hat. Das Bundesarbeitsgericht hat – anders als zuvor das Landesarbeitsgericht – dem Antrag einer alleinerziehenden Mutter entsprochen.

Der Arbeitgeber muss im erforderlichen Umfang die Kosten erstatten, die einem alleinerziehenden Betriebsratsmitglied während einer mehrtägigen auswärtigen Betriebsratstätigkeit durch die Fremdbetreuung seiner minderjährigen Kinder entstehen (BAG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 7 ABR 103/08).

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Dazu gehören auch die Aufwendungen, die einzelne Betriebsratsmitglieder zur Erfüllung ihrer Betriebsratsaufgaben für erforderlich halten dürfen, nicht aber sämtliche Kosten, die nur irgendwie durch die Betriebsratstätigkeit veranlasst sind. Grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind insbesondere Aufwendungen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind. Vom Arbeitgeber zu tragen sind aber Kosten, die einem Betriebsratsmitglied dadurch entstehen, dass es die Betreuung seiner minderjährigen Kinder für Zeiten sicherstellen muss, in denen es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen hat. Das ergibt die verfassungskonforme Auslegung des § 40 Abs. 1 BetrVG. Das Betriebsratsmitglied befindet sich in einem solchen Fall in einer Pflichtenkollision zwischen seinen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und der Pflicht zur elterlichen Personensorge. Nach Art. 6 Abs. 2 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder nicht nur „das natürliche Recht der Eltern“, sondern auch „die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Dementsprechend darf dem Betriebsratsmitglied durch die gleichzeitige Erfüllung beider Pflichten kein Vermögensopfer entstehen.

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VonRA Moegelin

Karenzentschädigung wegen überschießendem Wettbewerbsverbot – BAG 10 AZR 288/09

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In Arbeitsverträgen finden sich häufig Klauseln zu Wettbewerbsverboten, wonach der Arbeitnehmer eine Entschädigung von seinem ehemaligen Arbeitgeber dafür verlangen kann, dass er für einen gewissen Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für Konkurrenzunternehmen arbeiten darf.

Die Beklagte ist eine Firma, die Fenster und Türen herstellt und an den Fachhandel vertreibt. Der Kläger war für die Beklagte zuletzt als Marketingleiter tätig. Der Kläger arbeitete nach seinem Ausscheiden im Streitzeitraum als selbständiger Handelsvertreter für einen Fachhändler und vertrieb Fenster und Türen an den Endverbraucher.

Gemäß dem vereinbarten Wettbewerbsverbot war der Kläger verpflichtet, während der Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses nicht für ein Unternehmen tätig zu sein, welches mit der Beklagten in Konkurrenz steht. Als Konkurrenzunternehmen galt danach auch ein Unternehmen, welches mit dem Vertrieb von Fenstern und Türen befasst ist. Als Ausgleich für das Wettbewerbsverbot war vorgesehen, dass der Kläger für den Zeitraum des Verbots die Hälfte seiner zuletzt bezogenen Monatsvergütung erhält.

Da sein ehemaliger Arbeitgeber nicht zahlte, erhob der Arbeitnehmer Klage. Die Vorinstanzen haben die Klage auf Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung abgewiesen. Das BAG hat dem Kläger Recht gegeben.

Nach § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB ist ein Wettbewerbsverbot insoweit unverbindlich, als es nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient. Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich den Anspruch auf Karenzentschädigung bei einem teilweise verbindlichen und teilweise unverbindlichen Wettbewerbsverbot. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot insgesamt beachtet; es genügt die Einhaltung des verbindlichen Teils (BAG, Urteil vom 21. April 2010 – 10 AZR 288/09).

Im Verbot, Fenster und Türen direkt an den Endverbraucher zu vertreiben, konnte das BAG nichts erkennen, was dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient. Das vereinbarte Wettbewerbsverbot sei daher insoweit unverbindlich. Da der Kläger das Wettbewerbsverbot in seinem verbindlichen Teil beachtet hat, besteht der Anspruch auf die vereinbarte Karenzentschädigung. Die Revision des Klägers hatte daher Erfolg.

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VonRA Moegelin

Bedenkliche Auslegung des „Schuldvorwurfs“ bei der verhaltensbedingten Kündigung eines alkoholkranken Berufskraftfahrers

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Ein Berufskraftfahrer verletzt seine arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten in erheblichem Maße, wenn er das ihm überlassene Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss führt. Beruht dieses Verhalten jedoch auf einer Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.08.14 – 7 Sa 852/14).

Damit hat das LAG eine entgegenstehende Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin geändert. Die Begründung des LAG -wie folgt- überzeugt nicht: Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei dann nur möglich, wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen kann. Hieran fehle es, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war. Im Übrigen könne bei einer bestehenden Therapiebereitschaft vom Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Der betreffende Arbeitnehmer hat in seiner Eigenschaft als Berufskraftfahrer mit einem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 ‰) einen Unfall verursacht, bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen der Schwere der Pflichtverletzung auch ohne Ausspruch einer Abmahnung für sozial gerechtfertigt gehalten.

Nicht nachvollziehbar ist die Ansicht des LAG, dass dem Arbeitnehmer kein Schuldvorwurf zu machen sei. Schuldhaftes Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitnehmer beim Pflichtverstoß vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig handelte. Das ist nach den unstreitigen Feststellungen des Arbeitsgerichts der Fall. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,64 ‰ ist nicht ansatzweise von Schuldunfähigkeit auszugehen. Eine verminderte Schuldunfähigkeit wird erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 2,00 ‰ in Betracht gezogen. Zutreffend hat ihm das Gericht der 1. Instanz vorgeworfen, wissentlich eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben.

Die unstreitige Alkoholerkrankung kann den Arbeitnehmer nicht entlasten. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer beim Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten sich im Zustand von Schuldunfähigkeit befunden hätte.

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