Personenbedingte Kündigung im öffentlichen Dienst

VonRA Moegelin

Personenbedingte Kündigung im öffentlichen Dienst

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Gerald-G-Police-manBei einer personenbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber stets den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Dazu gehört die Prüfung, ob es im Betrieb freie Arbeitsplätze gibt, die eine Weiterbeschäftigung rechtfertigen.

Eine Wachpolizistin und spätere Klägerin beim Polizeipräsidenten in Berlin erhielt die ordentliche, personenbedingte Kündigung. Aus gesundheitlichen Gründen war sie zuletzt als Auskunftsassistentin (Pförtnerin) eingesetzt. Die Klägerin ist behindert und einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Zuvor wurden die Gebäude der Berliner Polizei dem „Sondervermögen Immobilien“ des Landes zugeordnet. Die Stellen des in diesen Liegenschaften tätigen Personals – ua. Pförtner – wurden organisatorisch zum Landesbetrieb für Gebäudewirtschaft verlagert. Das Stammpersonal wurde dorthin versetzt, so auch die beim Polizeipräsidenten auf einer Planstelle als Pförtner beschäftigten Dienstkräfte. Die nicht auf einer Planstelle tätige Klägerin wurde nicht versetzt.

Rund einen Monat nachdem das beklagte Land den Personalrat und das Integrationsamt von seiner Kündigungsabsicht informierte, erschien im Intranet des beklagten Landes die Ausschreibung einer Dauerstelle als Empfangsdame/Schreibkraft beim Regierenden Bürgermeister/Senatskanzlei. Die Klägerin bewarb sich erfolglos. Alsbald danach erfolgte die Kündigung.

In allen Instanzen hat die Klägerin gewonnen. Das Bundesarbeitgericht hat die Revision zurückgewiesen.

Nach der Rechtsprechung ist eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie durch mildere Mittel vermieden werden kann, dh., wenn die Kündigung zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist. Die Möglichkeit der anderweitigen Beschäftigung ist ein solches milderes Mittel. Wenn eine Umsetzungsmöglichkeit besteht, hat die Krankheit keine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen zur Folge.

Das BAG lässt es dahinstehen, ob eine Weiterbeschäftigung in Bezug auf die Beschäftigungsmöglichkeit beim Regierenden Bürgermeister möglich war. Nach der Ansicht des BAG bestand jedenfall eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung als Auskunftsassistentin (Pförtnerin) beim Landesbetrieb, die von der Klägerin beim Polizeiüräsidenten ausgeübt wurde.

Der öffentliche Arbeitgeber muss eine über den Verwaltungszweig hinaus bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit dann kündigungsrechtlich zugerechnet werden, wenn er die bisherige Verwaltungsaufgabe und Verwaltungsorganisation einer Dienststelle aufgelöst hat, um vergleichbare Aufgaben in einem anderen Verwaltungsbereich auszuführen. Andernfalls könnte die öffentliche Hand durch Neuorganisation der Verwaltung und Zuweisung zu einem neuen Verwaltungszweig Dienststellen auflösen und die dort beschäftigten Mitarbeiter entlassen, obwohl deren anderweitige Verwendung im Rahmen derselben oder jedenfalls vergleichbarer Tätigkeiten möglich gewesen wäre (BAG, Urteil vom 10. Juni 2010 – 2 AZR 1020/08).

Es ist demnach zu vermeiden, dass Arbeitnehmer allein aufgrund einer Verschiebung von Zuständigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis gedrängt werden könnten, obwohl sich weder am tatsächlichen Beschäftigungsbedarf noch am Arbeitsinhalt noch in der Person des Arbeitgebers irgendetwas geändert hat oder auch nur ändern soll.

Nach den Feststellungen des Gerichts sind die Zuständigkeiten für die von der Polizei genutzten Immobilien aufgrund eines Senatsbeschlusses von der Senatsverwaltung für Inneres auf den Landesbetrieb verlagert worden. Die Planstellen der Pförtner sind auf diese Weise von einem Verwaltungszweig auf einen anderen übertragen worden. Die Klägerin wurde, da sie trotz fünfjähriger Beschäftigung keine Planstelle innehatte, nicht zum Landesbetrieb versetzt, obwohl auch ihre Pförtnerstelle – ohne Änderung in Umfang und Inhalt – bei diesem weiterhin vorhanden ist. Damit muss das beklagte Land – auch unter dem Gesichtspunkt der Einheit des öffentlichen Dienstes – die unzweifelhaft gegebene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit berücksichtigen.

Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, da sie ist sozial ungerechtfertigt

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 10. Juni 2010 – 2 AZR 1020/08

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