Passivlegitimation des Insolvenzverwalters für Kündigungsschutzklage

VonRA Moegelin

Passivlegitimation des Insolvenzverwalters für Kündigungsschutzklage

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Vulture_Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Insolvenzverwalter aufgrund seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis damit Klagegegner des Arbeitnehmers in einem Kündigungsschutzverfahren. § 35 Abs. 2 InsO regelt aber eine bedeutsame Ausnahme, wie das BAG entschieden hat.

Der Kläger war beim damaligen Arbeitgeber, der als Einzelunternehmer einen Kurier- und Kleinsttransportbetrieb führte, als Kraftfahrer beschäftigt. Am 15. Mai 2010 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich. Am 20. Mai 2010 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Einen Tag später erklärte der Beklagte gegenüber dem Schuldner (= ehemaligen Arbeitgeber), dass er die von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigebe. Mit seiner am 1. Juni 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage will der Kläger gegenüber dem Insolvenzverwalter festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht fristlos, sondern ordentlich beendet wurde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Kündigungsschutzklage gegen den Schuldner zu richten, wenn dieser eine selbständige Tätigkeit ausübt und der Insolvenzverwalter das Vermögen aus dieser Tätigkeit gemäß § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Mit Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner fällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse ohne gesonderte Kündigung von dem Insolvenzverwalter an den Schuldner zurück (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. November 2013 – 6 AZR 979/11).

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers geht nach § 80 Abs. 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den Insolvenzverwalter über. Eine Kündigungsschutzklage ist dann gegen den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes zu richten, und zwar auch dann, wenn die Kündigung noch vom Insolvenzschuldner erklärt wurde.

Übt der Schuldner als natürliche Person eine selbständige Tätigkeit aus, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO zu erklären, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Die Erklärung ist dem Gericht gegenüber nach § 35 Abs. 3 Satz 1 InsO anzuzeigen. Falls das Insolvenzgericht nicht die Unwirksamkeit der Erklärung anordnet (§ 35 Abs. 2 Satz 3 InsO), wird das Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit durch eine Freigabeerklärung von der Insolvenzmasse gelöst. Der im Rahmen der selbständigen Tätigkeit erzielte Neuerwerb gehört nicht zur Insolvenzmasse. Korrespondierend dazu wird die Masse von den Verbindlichkeiten freigestellt, die der Schuldner im Rahmen der selbständigen Tätigkeit. § 35 Abs. 2 InsO dient damit sowohl dem Interesse des Schuldners als auch dem Schutz der Masse.

Die Voraussetzungen von § 35 Abs. 2 InsO liegen im einschlägigen Fall vor. Dem Schuldner, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, wurde betreffendes Vermögen vom Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse freigegeben. Damit fiel die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit Wirksamwerden der Freigabeerklärung auch über die zu diesem Zeitpunkt bereits begründete Arbeitsverhältnis an den Schuldner (= ehemaligen Arbeitgeber) zurück. Ab deisem Zeitpunkt war der ehemalige Arbeitgeber und nicht mehr der Insolvenzverwalter passiv legitimiert für eine Kündigungsschutzklage. Mangels Passivlegitimation des Insolvenzverwalters war die Klage daher abzuweisen und die Revision zurückzuweisen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 21. November 2013 – 6 AZR 979/11

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