Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage wegen Suizidversuchs

VonRA Moegelin

Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage wegen Suizidversuchs

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deathandthehourglassDie Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben. Nur in Ausnahmefällen kommt eine nachträgliche Zulassung gemäß § 5 KSchG in Betracht.

Dem Bundesarbeitsgericht lag folgender Fall vor, in dem der Arbeitnehmer die nachträgliche Zulassung seiner Kündigungsschutzklage begehrt. Dem zugrunde lag die fristlose Kündigung mit Schreiben vom 04.04.07 wegen unentschuldigten Fehlens, die am selben Tag in seinem Hausbriefkasten eingeworfen wurde.

In der Folgezeit unternahm der Kläger mehrere Suizidversuche. Ende Januar 2008 meldete ihn seine Ehefrau bei der Polizei als vermisst. Seit dem 11. Februar 2008 befindet er sich in stationärer psychiatrischer Behandlung. Nach dem Verschwinden des Klägers fand seine Ehefrau, die sich bisher um die geschäftlichen Dinge nicht gekümmert hatte, ca. 400 ungeöffnete Briefe aus den Jahren 2005 bis 2008 hinter dem Sofa der ehelichen Wohnung.

Mit einem beim Arbeitsgericht am 25.02.08 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben und „Wiedereinsetzung“ in die versäumte Klagefrist beantragt.

In allen drei Instanzen hat der Kläger verloren. Zu Recht hat das LAG auch nach Ansicht des BAG die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, als unzulässig angesehen, da die Sechsmonatsfrist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war.

Mit dem Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten begann die Frist zu laufen. Etliche Monate nach Fristablauf erfolgte die Klageerhebung erst (BAG, Urteil vom 28. Januar 2010 – 2 AZR 985/08).

Ein Zugang der Kündigungserklärung wäre nicht erfolgt und der Lauf der Fristen hätte nicht begonnen, wenn er zu diesem Zeitpunkt geschäftsunfähig iSd. § 104 Nr. 2 BGB gewesen und eine Zustellung an den gesetzlichen Vertreter iSd. § 131 Abs. 1 BGB nicht erfolgt sei. Der Kläger hat die die Geschäftsunfähigkeit begründenden Tatsachen und Umstände jedoch weder rechtzeitig noch hinreichend substantiiert dargelegt.

Er hat lediglich vorgetragen, er sei nicht fähig gewesen, Klage einzureichen oder jemanden hiermit zu beauftragen. Daraus folgt noch nicht seine Geschäftsunfähigkeit. Soweit der Kläger auf das – unstreitige – Vorliegen einer Depression verwiesen hat, hat er deren Folgen nur vage beschrieben. Dass der Kläger dauerhaft oder zumindest für einen längeren Zeitraum nicht mehr in der Lage ist, Alltagstätigkeiten auszuführen, folgt daraus nach Ansicht des Gerichts nicht.

Weder eine analoge Anwendung von § 233 ZPO (Wiedereinsetzung) auf die Versäumung der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG kommt nicht in Betracht, da § 5 KSchG so eine Möglichkeit nicht vorsehe und es an einer Regelungslücke fehle.

Dies sei entgegen der Anicht des Klägers auch verfassungsgemäß, da die Vorschriften der §§ 4, 7 KSchG dem Zweck dienen, im Falle einer Kündigung den Arbeitsvertragsparteien alsbald Klarheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu schaffen. Mit ihnen trage der Gesetzgeber dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung, zeitnah zu erkennen, ob er über den fraglichen Arbeitsplatz disponieren und die durch die Kündigung frei gewordene Stelle ggf. wieder besetzen kann.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 28. Januar 2010 – 2 AZR 985/08

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