Kürzung der Betriebsrente weil der Tod zu spät eintritt

VonRA Moegelin

Kürzung der Betriebsrente weil der Tod zu spät eintritt

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liftarn_Skull_with_bannersDas BAG hatte zu entscheiden, ob bei Betriebsrenten ein „biometrischer Faktor“ berücksichtigt werden darf. Dabei handelt es sich um die Regelung einer Kürzung für Bezieher von Betriebsrenten, die länger leben als Bezieher von Renten der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger erhält seit dem 1. Juli 1998 von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ein Ruhegeld nach der Leistungsordnung „A“ des Essener Verbandes. Das Ruhegeld wurde aufgrund von Anpassungsbeschlüssen des Essener Verbandes regelmäßig, zuletzt jeweils zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres angehoben. Zum 1. Januar 2008 erfolge eine Anhebung um 1,4 %, zum 1. Januar 2009 um 2,5 %. Zu beiden Anpassungsstichtagen brachte der Essener Verband einen biometrischen Faktor in Höhe von 0,765 % mindernd in Ansatz.

§ 1 der Leistungsordnung regelt, dass Leistungen im Sinne dieser Leistungsordnung insbesondere Ruhegeld und Hinterbliebenenbezüge sind.

Der Kläger wurde von der Anpassung schriftlich wie folgt informiert: „Sehr geehrter Herr Dr. F, gemäß Vorstandsbeschluss vom 13. 08. 2008 werden die laufenden Leistungen mit Wirkung vom 01. 01. 2009 um 2, 50 v. H. erhöht. …Bei der Anpassung zum 01. 01. 2009 wurde einerseits die erhöhte Inflation berücksichtigt, aber auch der gleiche biometrische Faktor wie im Vorjahr angewandt. Durch den Faktor wird die mit der erhöhten Lebenserwartung verbundene zusätzliche Belastung der Arbeitgeber – so auch beim Essener Verband – bei der gebotenen Interessenabwägung im Rahmen billigen Ermessens über die Rentenbezugsdauer verteilt. …“

Der Kläger hat mit seiner Klage eine Anhebung seines monatlichen Ruhegeldes zum 1. Januar 2008 und 1. Januar 2009 um jeweils 0,765 % begehrt.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Revision blieb vor dem Bundesarbeitsgericht erfolglos; der Kläger hatte mit seiner Anschlussrevision Erfolg.

Nach § 9 Abs. 2 der Leistungsordnung „A“ des Essener Verbandes hat der Essener Verband die von seinen Mitgliedsunternehmen gewährten Betriebsrenten regelmäßig zu überprüfen und ggf. den veränderten Verhältnissen anzupassen. Dabei muss seine Entscheidung billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) entsprechen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Essener Verband den von ihm ermittelten

Anpassungsbedarf der Betriebsrentner um einen sogenannten biometrischen Faktor mindert, mit dem

die höheren Belastungen der Mitgliedsunternehmen ausgeglichen werden sollen, die dadurch entstehen, dass die Betriebsrentner des Essener Verbandes länger leben als die Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (BAG, Urteil vom 30. September 2014 – 3 AZR 402/12).

Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage in vollem Umfang statt. Die zum 1. Januar 2008 und 1. Januar 2009 vom Essener Verband getroffenen Anpassungsbeschlüsse entsprachen wegen der Berücksichtigung des biometrischen Faktors nicht dem billigen Ermessen. Daher war das monatliche Ruhegeld des Klägers zu beiden Anpassungsstichtagen um jeweils weitere 0,765 % anzuheben.

Dazu führt das BGA wie folgt aus: Mit der Zusage laufender Versorgungsleistungen nach § 1 der Leistungsordnung „A“ des Essener Verbandes bringt der Arbeitgeber zum Ausdruck, dass er das Langlebigkeitsrisiko mit allen für die Arbeitnehmer und ihn damit verbundenen Vor- und Nachteilen tragen will. Diese Risikoübernahme ist der Versorgungszusage immanent. Deshalb kann der Arbeitgeber das Langlebigkeitsrisiko nicht einseitig, auch nicht im Rahmen einer nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung über die Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, auf die Betriebsrentner verlagern. Zwar bleibt es der Beklagten unbenommen, unter den Voraussetzungen des § 313 BGB wegen einer seit Erteilung der Versorgungszusagen erheblich gestiegenen Lebenserwartung der Versorgungsempfänger und einer damit einhergehenden beträchtlichen Ausweitung des ursprünglich zugrunde gelegten Dotierungsrahmens eine Anpassung der Versorgungszusagen nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage zu verlangen; im Rahmen der dem Werterhalt der zugesagten Versorgung dienenden Entscheidung über die Anpassung der Versorgungsleistungen kann eine längere Lebensdauer der Versorgungsempfänger hingegen nicht als Belang berücksichtigt werden, der eine Reduzierung des Anpassungsbedarfs rechtfertigt.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 30. September 2014 – 3 AZR 402/12

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