Kündigung eines Zugführers wegen Foto auf Facebook von KZ

VonRA Moegelin

Kündigung eines Zugführers wegen Foto auf Facebook von KZ

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Das LAG BW hatte über die Wirksamkeit der Kündigung eines Zugführers der Bahn AG wegen Fotos auf Facebook vom KZ Auschwitz zu entscheiden. In 1. Instanz wurde die Klage abgewiesen. Die an letzter Stellung der Prüfung erfolgende Interessenabwägung fiel nach Ansicht des Arbeitsgerichts zu Gunsten des Zugführers aus.

Das Arbeitsgericht Mannheim stellte in seinem Urteil folgenden Leitsatz auf:

Äußerungen eines Arbeitnehmers auf seinem privaten Facebook-Nutzerkonto, die einen rassistischen und menschenverachtenden Inhalt haben, können jedenfalls dann eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers rechtfertigen,wenn sich aus dem Facebook-Nutzerkonto ergibt, dass der Arbeitnehmer bei dem Arbeitsgeber beschäftigt ist und die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend sein kann (vgl. Urteil im Volltext: Arbeitsgericht Mannheim vom 19. Februar 2016 – 6 Ca 190/15).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine von der DB Regio AG ausgesprochene außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung eines Zugführers.

Der von der Arbeitgeberin angeführte Grund für die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ist ein Foto auf der Facebookseite des Arbeitnehmers, welches das Eingangstor des Konzentrationslagers in Auschwitz mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ zeigt. Auf dem Bild befindet sich eine Textzeile in polnischer Sprache. Auf eine Anfrage eines Lesers der Seite hin übersetzte der Arbeitnehmer diesen Text mit „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“. Es folgten darauf weitere Anmerkungen zu Bild und Text von zwei weiteren Facebooknutzern. Weiter befindet sich auf der Facebookseite ein Foto des Zugführers in Uniform vor einem Zug der DB Regio AG. Sein Steckbrief enthält überdies die Angabe, dass er bei der DB Regio AG/S-Bahn Rhein-Neckar und DB Bahn beschäftigt sei.

Die Arbeitgeberin hält das Verhalten des Fahrzeugführers vor dem Hintergrund, dass auch Flüchtlinge in ihren Zügen fahren, für untragbar.

Der Arbeitnehmer hat sich zunächst für die „unüberlegte dumme Tat“ vor Zugang der Kündigung entschuldigt. Als gebürtiger Pole habe er einen anderen Bezug zum Thema Auschwitz. Das Foto stamme aus einer polnischen Satirezeitschrift. Den Text habe er amüsant gefunden. Im weiteren Verlauf hat er erklärt, er habe Kritik am Umgang der polnischen Regierung mit der Flüchtlingsproblematik üben wollen. Das Arbeitsgericht hat am 19. Februar 2016 entschieden, dass sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Zugführers unwirksam sei. Zwar liege in dem Verhalten des Arbeitnehmers eine Pflichtverletzung. Die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung des Eingangstors von Auschwitz oder des Satzes „Arbeit macht frei“ sei in Deutschland tabuüberschreitend und mute in Verbindung mit Flüchtlingen menschenverachtend an. Dass es sich dabei um Satire gehandelt habe, sei objektiv nicht erkennbar. Dennoch falle eine abschließend vorzunehmende Abwägung der Interessen der Parteien zu seinen Gunsten aus. Dies gelte insbesondere angesichts des ungestörten Verlaufs des Arbeitsverhältnisses über 14 Jahre hinweg und mit Blick auf den Umstand, dass sich der Arbeitnehmer noch vor Ausspruch der Kündigung entschuldigt und das Foto auf seiner Facebookseite gelöscht habe, zu seinen Gunsten aus.

Die Arbeitgeberin hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Das Verfahren Az. 19 Sa 3/16 wurde durch Rücknahme der Berufung seitens der Beklagten in der Berufungsverhandlung vom 9. September 2016 erledigt.

(Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 06.09.2016)

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