Haftung des Händlers für Explosion einer Limonadenflasche

VonRA Moegelin

Haftung des Händlers für Explosion einer Limonadenflasche

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oldbottle-brokenEin Kunde macht gegen den Betreiber eines Supermarktes Schadensersatzansprüche geltend, nachdem er durch die Explosion einer Limonadenflasche erheblich verletzt worden ist. Die Beklagte habe in ihrem Verbrauchermarkt kohlensäurehaltige Getränke trotz sommerlicher Temperaturen nicht kühl verwahrt. Hierdurch sei es zu der Explosion gekommen. Der Kläger behauptet, es habe eine Temperatur von 30 ° C im Verkaufsraum geherrscht.

Die Klage ist in allen Instanzen gescheitert. Die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Der Einzelhändler verstößt bei der Explosion einer Limonadenflasche nicht gegen die Verkehrssicherungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB und hat daher keinen Schadensersatz für erhebliche Verletzungen des Kunden zu leisten, selbst wenn er eine kühle Verwahrung unterlassen hat (Bundesgerichtshof, Urteil vom 31. Oktober 2006 – VI ZR 223/05).

Nach dem vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten sei das Explosionsrisiko temperaturabhängig. In den Verkaufsräumen könne allenfalls eine Temperatur von 24, 4 ° C erreicht worden sein. Neben der Temperatur seien jedoch deren Bruchfestigkeit sowie der CO 2 -Gehalt des Getränks Bestimmungsfaktoren für die Wahrscheinlichkeit eines spontanen Bruchs der Flasche. Bei einer Temperatur von 15 ° C entstehe ein Ãœberdruck von 2, 59 bar. Dieser steige bei 24, 4 ° C auf 3, 75 und bei 30 ° C auf 4, 57 bar. Dieser Gleichgewichtsdruck werde allerdings bei CO 2 – haltigen Getränken üblicherweise weder im Handel noch beim Verbraucher erreicht. Die Gleichgewichtseinstellung dauere nämlich in einer ruhig gelagerten Flasche mehrere Monate. Eine spontane Explosion bei den hier diskutierten Temperaturen setze eine Schädigung der Flasche in Form von nicht erkennbaren Mikrorissen voraus, die sich unter dem Einfluss des sich aufbauenden Ãœberdrucks vergrößerten und schließlich explosionsartig zur Zerstörung der Flasche führten. Trotz eines Mittelwerts der Innendruckfestigkeit von noch über 12 bar bei alten und stark verschlissenen Mineralwasserflaschen komme es immer wieder vor, dass einzelne Flaschen beim Verbraucher bzw. im Handel bei einem Ãœberdruck von weniger als 4 bar explodierten. Die Geschwindigkeit des Risswachstums sei nicht berechenbar. Sie liege zwischen praktisch unendlich langsam und etwa 1 mm/sek.

Der BGH ist aufgrund der gutachterlichen Feststellungen der Auffassung, dass eine durch Klimatisierung herbeigeführte künstliche Kühlung vom Einzelhändler nicht verlangt werden kann. Zwar sei derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist aber im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr deshalb erst dann, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Auch dann sind jedoch nur solche Sicherheitsvorkehrungen erforderlich, die dem Verkehrssicherungspflichtigen den Umständen nach zuzumuten sind. Selbst wenn die vom Kläger behauptete Temperatur von 30 ° C bestanden hat, sei es nicht gerechtfertigt, dem Einzelhändler den für eine Kühlung erforderlichen Aufwand aufzuerlegen. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen beruht die Explosion derartiger Flaschen im Wesentlichen auf vorhandenen Mikrorissen. Dieses Risiko hat der Gesetzgeber dem Hersteller zugewiesen, der dafür regelmäßig nach dem Produkthaftungsgesetz, jetzt auch auf Schmerzensgeld, haftet. Auch würde sich bei einer Kühlung von Verkaufsräumen das Risiko nicht so signifikant verringern, dass dies den erforderlichen Aufwand für die Kühlung rechtfertigen könnte. Im Übrigen würde die Kühlung für die Verbraucher ihrerseits Explosionsrisiken mit sich bringen, etwa beim Verbringen in ein warmes Fahrzeug oder Berühren mit warmer Hand.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 – VI ZR 223/05

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