Freier Arbeitsplatz im Ausland bei betriebsbedingter Kündigung

VonRA Moegelin

Freier Arbeitsplatz im Ausland bei betriebsbedingter Kündigung

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gnu-d-Development-factoryVor einer betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber stets anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Das Bundesarbeitsgericht hatte zu klären, ob dazu auch freie Arbeitsplätze im Ausland gehören.

In dem zu entscheidenden Fall ist der beklagte Arbeitgeber ein Unternehmen der Textilindustrie mit Sitz in Nordrhein-Westfalen. Er unterhält seit geraumer Zeit in der Tschechischen Republik eine Betriebsstätte, in der sie Verbandsstoffe herstellt. Die Endfertigung der Stoffe erfolgte in einem am Sitz des Beklagten gelegenen Betrieb. In diesem war die Klägerin seit 1984 als Textilarbeiterin tätig. Im Juni 2011 beschloss der Beklagte, seine gesamte Produktion in der tschechischen Betriebsstätte zu konzentrieren. In Deutschland sollte lediglich die Verwaltung nebst kaufmännischem Bereich bestehen bleiben. In Abetracht dessen erklärte der Beklagte gegenüber den an ihrem Sitz beschäftigten Produktionsmitarbeitern eine ordentliche Beendigungskündigung. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Der Beklagte habe ihr durch den Ausspruch einer Änderungskündigung die Möglichkeit geben müssen, über einen Umzug zumindest nachzudenken.

Die Kündigungsschutzklage blieb in allen Instanzen erfolglos. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die aus § 1 Abs. 2 KSchG folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung -ggf. im Wege der Änderungskündigung- eine Weiterbeschäftigung zu geänderten, möglicherweise auch zu erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen anzubieten, bezieht sich grundsätzlich nicht auf freie Arbeitsplätze in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Arbeitgebers. Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes ist gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur auf Betriebe anzuwenden, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. In diesem Sinne muss auch der Betriebsbegriff in § 1 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 KSchG verstanden werden. Ob dies der Berücksichtigung von Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland entgegensteht, falls der Arbeitgeber seinen Betrieb als Ganzen oder einen Betriebsteil unter Wahrung der Identität verlagert, war nicht zu entscheiden (BAG, Urteil vom 29. August 2013 – 2 AZR 809/12).

Aufgrund der Verlagerung der „Endfertigung“ in die – mehrere hundert Kilometer von ihrem Sitz entfernte – tschechische Betriebsstätte hatte der Beklagte keine Möglichkeit mehr, die Klägerin in einem inländischen Betrieb weiterzubeschäftigen. Umstände, unter denen ausnahmsweise eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu erwägen wäre, Arbeitnehmer im Ausland weiterzubeschäftigen, lagen nach den richterlichen Feststellungen nicht vor. Das wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn unweit der Ländergrenze im In- und Ausland mehrere einheitlich gelenkte Betriebsstätten unterhalten worden wären.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 29. August 2013 – 2 AZR 809/12

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