Das Verwaltungsgericht Berlin hat beim EuGH die Vereinbarkeit des Nachweises deutscher Sprachkenntnisse als Voraussetzung für den Nachzug ausländischer Ehegatten mit europäischem Recht zur Prüfung vorgelegt (VG 28 K 456.12 V, Beschluss vom 23. Oktober 2014).
Die Vorlagefrage an den EuGH lautet:
Ist Artikel 7 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 vom 3. Oktober 2003, S. 12) so auszulegen, dass er einer Regelung des nationalen Rechts entgegensteht, mit der die erstmalige Einreise eines Familienangehörigen eines Zusammenführenden davon abhängig gemacht wird, dass der Familienangehörige vor der Einreise nachweist, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können?
Ehe und Familie stehen gemäß Art. 6 GG unter besonderem Schutz. Der Zumutbarkeit eines Sprachtests wird derzeit unter anderem durch das öffentliche Interesse an einer Integration oder auch der Verhinderung von Zwangsehen als gerechtfertigt angesehen. Der EuGH hat zu entscheiden, ob diese Praxis aufrecht erhalten bleibt.
Der Vorlagefrage liegt folgender Sachverhalt zugrunde (vgl. Pressemitteilung vom 19.11.14):
Die Klägerin ist eine 1978 geborene nigerianische Staatsangehörige; sie begehrt ein Visum zum Zwecke des Familiennachzuges zu ihrem in Deutschland lebenden nigerianischen Ehemann. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland lehnte den Antrag ab. Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin meint, ihr sei ein Kurs zum Erwerb einfacher deutscher Sprachkenntnisse beim Goethe-Institut in Lagos nicht zuzumuten. Denn von ihrem Wohnort benötige sie dorthin mit dem Bus 10 Stunden.
Nachdem der Generalanwalt beim EuGH in der ebenfalls vom Verwaltungsgericht Berlin vorgelegten Sache „Dogan“ (C-138/13, ECLI:EU:C:2014:287) Zweifel an der Vereinbarkeit des Sprachnachweises für türkische Staatsangehörige mit der sog. Familiennachzugsrichtlinie geäußert hat, sieht das Verwaltungsgericht Berlin nunmehr Klärungsbedarf für sonstige Staatsangehörige. Im Fall „Dogan“ hat der EuGH diese Frage nicht beantwortet, weil das für türkische Staatsangehörige geltende Assoziationsrecht insoweit vorrangig war. Das Gericht hat das Klageverfahren daher ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt.
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