Ein in Spanien aufgewachsener Angestellter eines Unternehmens der Automobilzulieferer-Industrie hält die Kündigung seines Arbeitsverhältniss für unwirksam, da er wegen seiner ethnischen Herkunft diskriminniert worden sein soll.
Zu seinen Hauptaufgaben zählten das Überwachen der automatischen Behälterfüllung, das Einpacken von Teilen sowie die Produktionskontrolle, jeweils nach mündlichen und schriftlichen Anweisungen. Er sollte ggf. Fehler und Störungen an den Produktionsanlagen und an den Produkten erkennen und melden. In einer am 30. Oktober 2001 erstellten und vom Kläger unterschriebenen Stellenbeschreibung war unter „Anforderungen an den Stelleninhaber“ auch die Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift aufgeführt.
Die von ihm verlangten Prüfungskontrollen nahm der Kläger nur nach Augenschein, unspezifisch und nicht nach Maßgabe des vom Arbeitgeber vorgegebenen Prüfplans vor. Die Fehlercheckliste füllte er unvollständig aus. Zu der an sich vorgesehenen sogenannten messenden Prüfung war er nicht in der Lage. Sie wurde von einer dritten Person erledigt.
Bei internen Checks wurde festgestellt, dass der Kläger nicht in der Lage war, Arbeits- und Prüfanweisungen zu lesen und zu verstehen, da ihm die geforderten Deutschkenntnisse fehlten.Nach erfolgloser Aufforderung, seine Deutschkenntnisse zu verbessern, erhielt er die Kündigung.
Das Arbeitsgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab. In 2. Instanz erhielt der Arbeitnehmer Recht. Auf die Revision des beklagten Arbeitgebers wurde das Urteil des Arbeitsgerichts vom BAG wiederhergestellt.
Kann ein Arbeitnehmer keine Arbeitsanweisungen in deutscher Sprache lesen, so kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein. Es stellt keine nach § 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern die Kenntnis der deutschen Schriftsprache verlangt, soweit sie für deren Tätigkeit erforderlich ist. Der Arbeitgeber verfolgt ein im Sinne des Gesetzes legitimes, nicht diskriminierendes Ziel, wenn er – zB aus Gründen der Qualitätssicherung – schriftliche Arbeitsanweisungen einführt (BAG, Urteil vom 28. Januar 2010 – 2 AZR 764/08).
Hierzu führt das BAG wie folgt aus: Sieht man als Ziel des Verlangens nach deutscher Schriftsprache iSd. § 3 Abs. 2 AGG die möglichst optimale Erledigung der anfallenden Arbeit, so ist dieses Ziel rechtmäßig. Der Arbeitgeber hat ein durch Art. 12 GG geschütztes Recht, seiner unternehmerischen Tätigkeit so nachzugehen, dass er damit am Markt bestehen kann. Er darf auch die sich daraus ergebenden beruflichen Anforderungen an seine Mitarbeiter stellen. Wenn er dabei aus nicht willkürlichen Erwägungen schriftliche Arbeitsanweisungen gibt und Schriftkenntnisse voraussetzende Prüftätigkeiten seiner Arbeiter vorsieht, ist das nicht zu beanstanden. Es ist nicht Sinn der Diskriminierungsverbote, dem Arbeitgeber eine Arbeitsorganisation vorzuschreiben, die nach seiner Vorstellung zu schlechten Arbeitsergebnissen führt. Die Diskriminierungsverbote sollen vielmehr das wirtschaftliche Geschehen von sachlich nicht gerechtfertigten Entscheidungen freihalten.
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 28. Januar 2010 – 2 AZR 764/08
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