Die Gewerkschaft DAG klagte gegen die Lufthansa, um sie zur Einwirkung auf ihr konzerneigenes Mitgliedsunternehmen hinsichtlich einer tarifvertraglichen Regelung zu verpflichten. Bei der Umschulung (z.B. von der Boeing 737 auf die größere 747), sei das hierbei zu beachtende sogenannte Senioritätsprinzip verletzt worden. Dem zugrunde liegt der „Tarifvertrag über Wechsel und Förderung“. Dieser regelt für die Cockpitbeschäftigten die Bedingungen eines Wechsels auf ein anderes Flugzeugmuster, im hier einschlägigen Fall von der Boeing 737 auf die 747-400).
Auszugsweise lautet der Wortlaut wie folgt:
„(2) Wechsel im Sinne dieses Tarifvertrages sind Personalveränderungen, die im Zuge der Umschulung von einem Ausbildungsmuster auf ein Wechselmuster in derselben Funktion (Kapitän, Copilot, Flugingenieur) entstehen. Je einmal während der Copiloten- und Kapitänszeit soll ein Wechsel zwischen den Flugzeugmustern möglich sein, wenn Bedarf besteht und der Bewerber die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt.“
Ausgeschriebene Stellen für eine Umschulung werden nach der näher geregelten Seniorität der geeigneten Bewerber vergeben. Einen für vier Flugkapitäne ausgeschriebenen Umschulungskurs besetzte das Luftfahrtunternehmen darüber hinaus mit einem fünften Flugkapitän, der nicht über die erforderliche Seniorität verfügte. Diesem sollte eine Position im Management als Abteilungsleiter übertragen werden, dessen Anforderungsprofil die Berechtigung für das Flugzeugmuster des betreffenden Kurses verlangt. Die Gewerkschaft meint, die Senioritätsregelungen würden auch für diesen Fall gelten. Sie begehrt eine entsprechende Feststellung über die Auslegung des Tarifvertrages und verlangt von der Beklagten, auf ihr Mitglied einzuwirken, entsprechend zu verfahren.
Die Revision der Gewerkschaft gegen die klageabweisende Entscheidungen der Vorinstanzen blieb vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Das Begehren der Gewerkschaft war unbegründet, da das Luftfahrtunternehmen den Tarifvertrag nach den Feststellungen des BAG nicht verletzt hatte. Das Senioritätsprinzip greift nur bei einem „Wechsel“ auf ein „Wechselmuster in derselben Funktion“ als Kapitän, Copilot oder Flugingenieur. Diese Tätigkeiten sollte der fünfte Kapitän, der zudem die Kapazitäten des Umschulungskurses nicht verkürzte, aber nicht ausüben. Soweit mit seiner Managementaufgabe fliegerische Tätigkeiten verbunden sind, dienen sie lediglich der Wahrnehmung seiner Leitungsaufgaben im Management, nicht einer Tätigkeit als planmäßiger Copilot oder Flugkapitän (BAG, Urteil vom 17. November 2010 – 4 AZR 118/09).
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 17. November 2010 – 4 AZR 118/09
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