Der Anwalt der einen Arbeitnehmer vertritt, sollte sich gut überlegen, ob er den Arbeitgeber als „Rassist“ bezeichnet. Selbst wenn ein Arbeitnehmer im Kündigungsverfahren obsiegt, kann der Arbeitgeber trotz seiner unrechtmäßigen Kündigung gemäß § 9 KSchG das Arbeitsverhältnis unter gewissen Voraussetzungen auflösen lassen.
Dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers lagen zwei unwirksame Kündigungen eines Arbeitnehmers nigerianischer Herkunft zugrunde. Er arbeitete als Ladengehilfe in einem in Deutschland befindlichen Supermarkt der „Defense Commissary Agency“ (DCA), die zu den US-Streikräften gehört.
Der Arbeitgeber behauptet, im Laufe des Kündigungsschutzverfahrens soll der Anwalt des Arbeitnehmers den Personalreferenten des Arbeitgebers vorgeworfen haben, er sei ein Rassist. Er baue unter fadenscheinigen Gründen Fälle auf, um Schwarzafrikanern innerhalb der US-Streitkräfte kündigen zu können. Der Ausspruch der Kündigung liege allein an der „rassistischen Vorurteilsstruktur“ des Personalreferenten. Dieser Vorwurf berühre, so die Beklagte, das Selbstverständnis der US-Streitkräfte, die rassistische Verhaltensmuster von Beschäftigten mit Nachdruck verfolgten. Mit dem Kläger, der sich von den Äußerungen seines Prozessbevollmächtigten, die er durchaus habe verstehen und würdigen können, nicht distanziert habe, sei eine gedeihliche Zusammenarbeit in Zukunft nicht mehr möglich.
Die Beklagte hat beantragt, das Arbeitsverhältnis des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichtes gestellt werde, aber 12. 000, 00 Euro nicht überschreiten sollte, aufzulösen.
Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Auf die Revision des beklagten Arbeitgebers ist die Sache zur neuen Verhandlung an das LAG zurückverwiesen worden.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.
Auch das Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess kann nach der Rechtsprechung die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Dies gilt für vom Arbeitnehmer nicht veranlasste Erklärungen des Prozessbevollmächtigten jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer sich diese zu eigen macht und sich auch nachträglich nicht von ihnen distanziert (BAG, Urteil vom 10. Juni 2010 – 2 AZR 297/09).
Beim Verhalten eines Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers ist nach Ansicht des BAG zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer sich seiner im Verhältnis zum Arbeitgeber bewusst bedient und Prozessverhalten des Bevollmächtigten dem Arbeitnehmer schon wegen des § 85 ZPO zugerechnet wird. Prozessvortrag des Bevollmächtigten gilt von vornherein als Vortrag der Partei. Tatsächliche Erklärungen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung sind für die miterschienene Partei „verpflichtend“, wenn sie die Erklärungen nicht sofort widerruft oder berichtigt
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 10. Juni 2010 – 2 AZR 297/09
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