Wegen der Vergütung nach einer tariflichen Entgeltgruppe verklagte ein Lehrer seinen Arbeitgeber. Dabei ging es um die Frage der Berufserfahrung für die Gewichtung bei einer tarifvertraglichen Stufenzuordnung.
Der Kläger war beim beklagten Land zunächst als beamteter Lehrer tätig. Er schied zum 31. Juli 1995 aus dem Staatsdienst aus und war anschließend an privaten Einrichtungen als Lehrer bzw. Schulleiter tätig. Seit September 2007 ist er als angestellter Lehrer beim beklagten Land beschäftigt, das ihn der Stufe 2 der Entgeltgruppe 11 TV-L zuordnete. Mit seiner Klage begehrt der Kläger für die Zeit seit seiner Einstellung eine Vergütung nach der Stufe 5 seiner Entgeltgruppe. Er ist der Auffassung, die unterschiedliche Behandlung bei der Stufenzuordnung von solchen Lehrern, die vor ihrer Einstellung bei demselben Land beschäftigt waren, und den Lehrern, die von einem anderen Arbeitgeber zum Land wechseln, sei nicht gerechtfertigt.
Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) sieht eine Vergütung nach Entgeltgruppen und innerhalb der Entgeltgruppen nach fünf bzw. sechs Stufen vor. § 16 TV-L enthält eine differenzierte Regelung, inwieweit Beschäftigungszeiten, die in einem früheren Arbeitsverhältnis zurückgelegt worden sind, bei der Stufenzuordnung Berücksichtigung finden. Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen, nicht länger als sechs Monate zurückliegenden Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber werden gem. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L bei der Stufenzuordnung berücksichtigt. Ist die einschlägige Berufserfahrung bei einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TV-L eine Einstufung in die Stufe 2 bzw. bei Einstellungen nach dem 31. Januar 2010 und einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren in die Stufe 3. Auch bei Vorliegen längerer einschlägiger Berufserfahrung kann der Arbeitgeber gem. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L diese Zeiten nur dann ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen und den Beschäftigten einer höheren Stufe als der Stufe 3 zuordnen, wenn die Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs erfolgt ist und die frühere Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Diese unterschiedliche Berücksichtigung von Zeiten der Berufserfahrung beim selben Arbeitgeber und bei anderen Arbeitgebern verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (BAG, Urteil vom 23. September 2010 – 6 AZR 180/09).
Das BAG hat daher wie die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Die betroffenen Beschäftigtengruppen sind bereits nicht vergleichbar. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L dient dem Schutz des Besitzstandes von bereits früher bei demselben Arbeitgeber Beschäftigten bei kurzfristigen Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses. Beschäftigte wie der Kläger, die von einem anderen Arbeitgeber zum beklagten Land wechseln, weisen einen solchen, von den Tarifvertragsparteien als schutzwürdig angesehenen Besitzstand nicht auf. Darüber hinaus durften die Tarifvertragsparteien bei typisierender Betrachtung annehmen, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl von Fällen eine nicht länger als sechs Monate zurückliegende Tätigkeit beim selben Land, die eine einschlägige Berufserfahrung vermittelt hat, den Beschäftigten befähigt, nach seiner Wiedereinstellung die im vorherigen Arbeitsverhältnis erworbene Berufserfahrung schneller in vollem Umfang im neuen Arbeitsverhältnis einzusetzen als dies einem Arbeitnehmer möglich ist, der seine Berufserfahrung in den oftmals gänzlich andersartigen Strukturen bei anderen Arbeitgebern, namentlich bei solchen der Privatwirtschaft, erworben hat. Außerdem durften sie einen Anreiz zur Rückkehr solcher Beschäftigten in den öffentlichen Dienst schaffen, die bereits einschlägige Berufserfahrung beim selben öffentlichen Arbeitgeber erworben hatten.
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 23. September 2010 – 6 AZR 180/09
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