Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede

VonRA Moegelin

Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede

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Former-Sera-Hiroshima-chapterDas BAG hatte zu klären, wie arbeitsvertraglich vereinarte dynamische Verweisungen auf einen Tarifvertrag auszulegen sind, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind.

Die Parteien hatten im Jahr 1992 einen formularmäßigen Arbeitsvertrag unterzeichnet, in dem die Vergütung nach einer bestimmten Tarifgruppe des damals geltenden Tarifvertrages für den Einzelhandel Brandenburg vereinbart worden war.

Maßgeblich war folgende arbeitsvertragliche Regelung:

„§ 3  Gehalt: Der Angestellte erhält monatlich nachträglich ein Gehalt von brutto DM 1743, – + 200, – brutto übertarifl. Zulage, da stell. FL unter Vereinbarung der Tarifgruppe K 2 5. Bj. … Im übrigen richtet sich das Anstellungsverhältnis nach den jeweils geltenden Tarifverträgen der infrage kommenden Sparte. …“

Die beklagte Arbeitgeberin trat 1997 aus dem Arbeitgeberverband aus. Im März 2008 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung entsprechend des aktuellen Tarifvertrages des Einzelhandels Brandenburg. Die Beklagte verweigerte dies, weil aus ihrer Sicht in der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel eine Gleichstellungsabrede zu sehen sei.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Vergütungsdifferenzen zwischen dem aktuellen Tarifentgelt und der an sie tatsächlich gezahlten Vergütung geltend. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb vor dem Bundesarbeitsgerichts erfolglos.

Eine vor dem 1. Januar 2002 arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag („Altvertrag“) ist gewöhnlich dann als Gleichstellungsabrede auszulegen, wenn sie auf den einschlägigen Tarifvertrag verweist, an den der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt selbst gebunden ist. Endet seine Tarifgebundenheit zu einem späteren Zeitpunkt, entfällt die Dynamik der Verweisung. Der Tarifvertrag bleibt dann statisch in der zur Zeit des Wegfalls der Tarifgebundenheit geltenden Fassung Inhalt des Arbeitsvertrages. Diese Rechtsprechung hat das BAG für vertragliche Verweisungsklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben (vgl. BAG, Urteil vom 18. April 2007 – 4 AZR 652/07). Es gewährt hinsichtlich sogenannter „Altverträge“ jedoch Vertrauensschutz, zu dessen zeitlicher Begrenzung kein Anlass besteht (BAG, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 4 AZR 79/10).

Die Verweisungsklausel im betreffenden Arbeitsvertrag ist demnach als Gleichstellungsabrede auszulegen. In ihrer Gesamtheit nimmt sie hinreichend klar auf den zu jener Zeit geltenden Tarifvertrag für den Einzelhandel Brandenburg Bezug.  Es handelt sich somit um eine Verweisungsklausel, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart wurde.

Das BAG gewährt, wie zuvor angemerkt, Vertrauensschutz hinsichtlich seiner „alten“ Rechtsprechung, so dass es auch im vorliegenden Fall bei der früheren Auslegungsregel verbleibt. Endet demnach die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers -wie hier- zu einem späteren Zeitpunkt, entfällt die Dynamik der Verweisung. Die Klägerin kann deshalb keine Vergütung nach dem aktuellen, höheren Tarifstand verlangen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 4 AZR 79/10

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